GESCHICHTE DER KATH. PFARREI WIRGES

(ca.300-1988 n.Chr.)

Lit. und Quellenangaben: 

Staatsarchiv Wiesb. 211/7 Abt. 211,  Pfarrei 307,  Pfarrei Novalzehnt 970, Kirchenvisitation 99, Kirchenvorstände 99. Abt. 211/1.Bd., 922 Die Besetzung der kath. Pfarrei zu Wirges 1818-1868,  1146  Die  Aufstellung eines Inventars  über  das  gesamte Vermögen  der  kath. Pfarrei  zu  Wirges,   1340  dto.,  1734  Die Zehntgerechtsame der Pfarrei Wirges 1827-1843.

[1] Inspektor J. Diefenbach, Geistl. Rat: Zur Geschichte des Bannes und des Fabrikortes Wirges

[2] Rektor Paul Burghardt: Unser Heimatort Wirges im Wandel  der Zeiten

[3] C.W. Schnell: St. Bonifatius Wirges

[4] Nassauische Annalen; Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes; Die Anfänge von Montabaur, Limburg und Weilburg; F. Flaskamp: Die hessische Missionierung durch den hl.Bonifatius

[5] Geschichte der Stadt Montabaur

[6] Fritz Michel: Geschichte der ehemaligen Grundherrschaft Humbach  (Jahrbuch der Geschichte d. Mittelrheines I 29)

[7] Pfr. Robert Flink: Die Geschichte der Pfarrei Wirges

[8] Verein für Denkmalschutz und Heimatpflege in Dernbach 1926; Geschichte von Dernbach: 1. Dr. Domarus: Geschichte von Dernbach; 2. Domdekan Dr. Hilpisch: Die Genossenschaf der Armen Dienstmägde Jesu Christi; 3. Pfr. B. Meurer: Geschichte der Pfarrei und Schule

[9] Großer Westerwaldführer, Westerwaldverein e.V.

[10] C.W. Schnell, 1985: Kommentare zur Geschichte des Bannes und Fabrikortes Wirges v. J. Diefenbach

[11] 1000 Jahre Montabaur 930-1930, Festschrift, Stadtverwaltung Montabaur

[12]   mdl. Angaben von Katharina Schlotter, Jahrg. 1899 (Anfang des 20. Jh. wurde von Lehrer Urban im Heimat­kundeunterricht über Wirges die genannte mdl. Überliefe­rung mitgeteilt.)

[13]   Pfarrchronik der Pfarrei Wirges

[14]   Dehio-Gall: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (südl. Hessen)

[15]   mdl. Angaben von Sophie Schlotter, geb. Weiand, Jahrg. 1998 (Ihre Mutter Anna Maria Weiand, geb. Munsch, Jahrg. 1857, hat ihr dies als Kind erzählt.)

[16] Volk, 1846: Protokolle des Landkapitels Engers 1660

[17]   Schulchronik von Wirges

[18]   Bruderschaftsandacht zu Ehren des hl. Sebastian, wie dieselbe gehalten wird in der Pfarrkirche zu Wirges, - Coblenz 1896 -, Druck Ph. Werle, Coblenz      

[19]   Wendelin Meyer OFM: Heiliges Magdtum vor Gott, 1937, Matthias Grünewald-Verlag/Wiesbaden

[20]   mdl. Angaben von Sophie Schlotter, geb. Weiand, Jahrgang 1998, von Katharina Schlotter, Jahrgang 1899, sowie von weiteren Pfarrangehörigen

[21]   Dr. M. Pöller-Salzmann: Chronik von Dernbach

[22]   Archiv-Unterlagen der Diözese Limburg, Abt.W31

[23]   Pfr. Gessner: Das Steimelskapellchen

[24]   Briefe des Jacob Alois Gerz S.J., geb.18?? in Wirges

[25]   mdl. Angaben von Katharina Schlotter, Jahrg. 1899, Enkelin des Krugbäckers Wilhelm Gerz und Tochter des Peter Schlotter, geb.1851 in Wirges

[26]   Briefe des Krugbäckers Wilhelm Gerz, geb. 18?? in Wirges

[27]   1975, Stadt Wirges, Stadtverwaltung Wirges

[28]   Feldpostbriefe des Peter Schlotter und Kinder aus dem 1. Weltkrieg (heute im Besitz von W.Schlotter, Hillscheid, Enkel von Peter Schlotter)

[29]   Zeitungsbericht aus dem Jahre 1935 (Archiv W.Schlotter, Hillscheid)

[30]   Eigene Erinnerungen und Aussagen von Zeitzeugen

[31]   Klaus Schatz S.J., 1983: Die Geschichte des Bistums Limburg

[32]   Dr. Franz Baaden, Der Westerwälder Dom feiert Geburtstag, Wäller Heimat 1987

[33]   Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 116 Wirges, Abt. 211

[34]   Nassauer Bote, 1882

[35]   100 Jahre Pfarrkirche St. Bonifatius Wirges, Festbuch anlässlich der 100-Jahrfeier der Pfarrkirche St. Bonifatius Wirges, herausgegeben von der kath. Kirchengemeinde St. Bonifatius Wirges, September 1987

[36]   Festvortrag Dr. Franz Baaden anlässlich der 100-Jahrfeier des Westerwälder Domes

[37]   Zeitung "Der Sonntag", März 1988

 

ca.300

Der Überlieferung nach kam bereits in der 1. Hälfte des 4. Jahrhunderts der hl. Lubentius von Trier, der ältesten Bischofsstadt Deutschlands, in die Gegend von Wirges und verkündete hier das Christentum. Wenn dies historisch auch nicht gesichert ist, so deutet die Tatsache, dass  er sein Grab in Dietkirchen an der Lahn gefunden hat, doch darauf hin, dass er auch zu Lebzeiten bereits Beziehungen zu unserem Raum hatte.

 

498
Nachdem sich im Jahre 498 der Frankenkönig Chlodwig taufen ließ, werden sich in der Folge auch die Menschen des Westerwaldes, der ja damals zum Kernland des Frankenreiches gehörte, mehr und mehr dem Christentum zugewandt haben.

 

nach 718

Spätestens jedoch unter dem hl. Bonifatius, einem Benediktinermönch aus Crediton, der Grafschaft Devon in England, namens Winfrid, der nach 718 im Auftrag des Pap-stes Gregor II. in Hessen und  Thüringen missionierte und auch in unserer Heimat predigte, dürfte es zur allgemeinen Annahme des Christentums auch unter den Bewohnern von Uidherigis, wie Wirges mit seinem keltischen Namen ursprünglich einmal hieß, gekommen sein.

Der hl. Bonifatius soll über die "Koblenzer Straße" kom­mend nördlich Humbach (Montabaur), über die "steiner­nen Brücken" von Almannshausen und Heiligenroth, über Potenhain (wüst geworden) nördlich Weroth, südlich Hundsangen, Hadamar, Oberweyer, Wetzlar nach Osten gezogen sein.

 

739 

Dass es in jenen Jahren bereits viele Christen auch in unserer Gegend gab, geht aus einem Sendschreiben des Papstes Gregor III. hervor, das dieser 739 an den Missionssprengel des hl. Bonifatius, u.a. an die Nistreci, Uedricii und Logai (Bewohner der oberen Lahngegend und Wetterauer) richtete [4]. 

Kenntnis von deren Christentum hatte er durch den  hl. Bonifatius erhalten, welcher damals auf seiner 2. Romreise dem Kirchenoberhaupte über die Ausbreitung des Christentums an der Lahn und am Main berichtet hatte [1].   

Bonifatius wurde vom Papst zum Bischof geweiht und mit einem Schreiben an jene Gläubigen entlassen, in wel­chem er sie ermahnt, fest zu stehen im Glauben, den Göt­zendienst der Heiden abzuweisen, auch die Wahrsager, Losdeuter, Totenopfer, die Amulette, die Zauberer, Behe­xer und mancherlei gotteslästerliche Gebräuche, welche bei ihnen gefunden werden; gleichzeitig ermahnte er sie, die Kirchen, diese Gedächtnisplätze der Heiligen, fleißig zu besuchen [1].

Hieraus ersieht man, dass die heidnischen Bräuche in jener Zeit in unserem Raum offensichtlich noch stark verbreitet waren.

 

ca.900-1000

Als Uidherigis zum erstenmal urkundlich erwähnt wird, - dies geschah anläßlich einer Synode von 16 Bischöfen mit dem König Otto I. im Jahre 958 in Ingelheim am Rhein - gehörte es zum Zehntbezirk der alten Humbacher (Montabaurer) Terminei, womit die Zehntrechte in Wirges dem Koblenzer Florinsstift zustanden. Ebenso war Wirges Teil der Pfarrei Humbach.

In Humbach bestand im Jahre 930 bereits eine hölzerne Kirche, die bald darauf durch Abt Wiliman vom Florinsstift in Koblenz durch eine steinerne Kirche ersetzt wurde. Die Begräbnisstätte für die Wirgeser war der Friedhof in Humbach. [5]  

Die Toten von Wirges trug man über Staudt und Almannshausen dorthin [35].

 

958

Politisch gehörte Wirges zur Zeit seiner ersten urkundlichen Erwähnung zum Engersgau, dessen Besitzer bis zu seinem Tode im Jahre 949 der Gaugraf Herzog Hermann von Schwaben war. Neben vielen anderen Höfen gehörte zu dieser Grundherrschaft auch ein Hof in Uidherigis. Anläßlich der Synode von Ingelheim wurden die Besitzrechte von Uidherigis an seine Witwe Reginlind übertragen. In dieser Schenkungsurkunde Kaiser Ottos I. vom 29. April 958, die sich als 4.ältestes Dokument im Staatsarchiv in Wiesbaden befindet, wird zum erstenmal die Existenz des Ortes Wirges dokumentiert.

Reginlind war zu diesem Zeitpunkt bereits an Lepra erkrankt und lebte zuletzt bis zu ihrem Tode am 16. August 958 isoliert auf der Insel Ufenau im Züricher See. Den nahen Tod vor Augen schenkte sie die Güter von Wirges dem Marienkloster, dem späteren Florinsstift, in Koblenz zu ihrem eigenen Seelenheil, wohl aber auch zu dem ihrer beiden Ehegatten. So kam das Kloster St. Florin in den Besitz der Wirgeser Güter, die es als Zehntherr bis 1803 innehatte. Die Zehntherren hatten umgekehrt die Verpflichtung, die Kirche zu unterhalten und zu bauen, was auch für Wirges zutraf [35].

 

nach 1000

Es ist nicht bekannt, wann Wirges eine eigene Kirche be­kam und mit den umliegenden Orten von der Pfarrei Hum­bach abgetrennt wurde. Wenn auch der Bau der soge­nannten 1. Kirche von Wirges aufgrund ihrer romanischen Bauweise frühestens in das 11.-13. Jahrhundert datiert werden kann und die selbständige Pfarrei Wirges erst Anfang des 13. Jahrhunderts nachgewiesen ist, so darf man doch nicht ganz ausschließen, dass bereits früher eine kleine hölzerne Kapelle in Wirges existierte, da die Abtei Fulda aufgrund ihres Besitztums in Wirges hier ver­mutlich schon frühzeitig eine kleine Hofkapelle besaß [35].

 

1018

Eine wichtige Veränderung trat für Wirges ein, als Kaiser Heinrich II. (1002-1024) im Jahre 1018 dem Erzbischof Poppo vom Erzstift in Trier, dem Wirges bisher nur kirchlich unterstand, Koblenz mit dem Florinsstift und dessen gesamten Besitz und damit auch den Bann Humbach mit Wirges als Schenkung übereignete. Es wird vermutet, dass Wirges zu diesem Zeitpunkt auch von der Urpfarrei Humbach abgetrennt und als Filiale nach St. Florin incorporiert wurde [6].

Der Propst von St. Florin hatte Archidiakonsrecht. Damit war er Hauptpfarrer aller in seinem Bezirk  liegenden Einzelkirchen [36].

 Wirges blieb bis 1803 sowohl kirchlich als auch politisch bei Kurtrier. Das Kurfürstentum Trier und damit auch die Ausdehnung dieser Diözese umfasste außer den links-rheinischen Gebieten den Engersgau sowie den Unter- und Oberlahngau.

 

ca. 1200-1354

Aus der Zeit des Mittelalters ist nur wenig geschichtlich Nachweisbares über Widergis (1217), Widirgiis (1243), Weidergys (1326), Wydergis (1336) bzw. Widdirgiz by Montabur (1354), wie Wirges seinerzeit in verschiedener Schreibweise genannt wurde, überliefert.

 

ca. 1200

Die Rechte des Trierer Erzbischofs und des Stiftes Trier umfassten um 1200  mit dem Bann Humbach, wie Montabaur bis 1217 genannt wurde, auch die Kirchspiele Wirges, Holler, Kirchähr, Oberelbert und Heiligenroth, die sämtlich zu dem Banne bzw. Gerichte Montabaur gehörten.

Zu diesem Zeitpunkt ist Wirges also schon selbständige Pfarrei. Allerdings ist, wie schon gesagt, nicht sicher,  wann Wirges aus dem Kirchspiel Humbach ausschied und damit direkt dem Florinsstift in Koblenz unterstellt wurde.

 

vor 1211

Aus dem Jahre 1211 ist bekannt, dass das Erzstift in Trier einen Fronhof in Widergis besaß, der jährlich 3 Scheffel Hafer an den Grund- und Gerichtsherrn zu liefern hatte.          

Wahrscheinlich stand dieser Fronhof in Zusammenhang mit dem ® ehemaligen "Königshof" in Uidherigis, der im Bereich der "Festung" an der "Huh Betz" lag und vermutlich durch Graben und Pallisadenzaun befestigt war. [10]

Interessant ist ferner eine mündliche Überlieferung, wonach ein Ritter von Wirges, der Besitzer des Hofes an der "Huh Betz" gewesen sein soll, an einem der Kreuzzüge teilgenommen habe, jedoch aus dem Hl. Land nicht zurückgekehrt, sondern an einer ansteckenden Krankheit gestorben sei. Seine Frau habe sich an Erinnerungsstücken ihres Mannes,  die aus dem Hl. Land nach Hause geschickt wurden, infiziert, sei an Lepra erkrankt und habe anschließend mit ihrer Hofdame in der Nähe des Hofbrunnens in einer kleinen Hütte, die eigens für sie gebaut worden sei, gewohnt und sei von ihrer Hofdame dort bis zum Tode gepflegt worden. Ihre beiden Söhne sollen als Benediktinermönche im Kloster St. Gotthard in der Schweiz gelebt haben. [12]

 

1217

Im Jahre 1217, in dem Erzbischof Dietrich II. von Trier den Namen der Burg Humbach in den Namen "mons Tabor" (Montabaur) in Erinnerung an den Kreuzzug ins Hl. Land umbenannte, wurde der Schutz und die Verteidigung dieser Burg dem Grafen Heinrich von Nassau in Verbindung mit anderen Rittern der Umgegend übertragen. Unter diesen 27 Mannen der Burgbesatzung wird auch ein Ritter "Conradus de Widergis" aufgeführt. Conradus de Widergis führte als Wappen eine weiße Rose im blauen Feld. [11]

 

1218

1218 besiegelt ein Adliger "Manegoldus von Wirges" eine Urkunde des Klosters Rommersdorf. [9]

 

1243

1243 tauscht der Propst Konrad vom Florinsstift die zum Hof Widirgiis  gehörige Landshube gegen ein Gut in Hundsdorf.

 

1249

Auch 1249 wird ein Hof des Stiftes in Wirges erwähnt.

 

vor 1326

Erst im Jahre 1326 ist in Wirges eine eigene steinerne Kirche, die besagte 1. Kirche von Wirges, nachgewiesen, in der ein Pfarrer Arnoldus plebanus de Weidergys (plebanus = Leutepriester), dessen Name als ältester bekannter Pfarrer von Wirges überliefert ist, die hl. Messe las.  Geistlicher Rat Johann Diefenbach, der die 1. Chronik von Wirges schrieb,  sagt in derselben, dass die 1. Kirche ebenso wie die 2. Kirche vom Florinsstift in Koblenz gebaut wurde, und schätzt das Alter des romanischen Turmes beim Bau der 2. Kirche im Jahre 1775 auf 500 Jahre [1].

Der Heimatforscher Dr. Baaden schätzt den Bau dieser romanischen Kirche in die Zeit von 1150-1200 n.Chr. [36].

Diese 1. Kirche war eine sogenannte Eigenkirche aus Bruchstein, und es darf nach dem oben Gesagten angenommen werden, dass sie von dem Zehntherren St. Florin erbaut wurde, und zwar an derselben Stelle wie die jetzige Kirche. Auch sie war wie die späteren Pfarrkirchen dem hl. Bonifatius geweiht, so dass man davon ausgehen kann, dass das Bonifatiuspatrozinium so alt ist wie die Pfarrei Wirges selbst, obwohl es erst 1660 urkundlich nachgewiesen ist. Es geht vermutlich auf eine Schenkung zurück, die ein gewisser Regenmar  im 9. Jahrhundert dem Kloster Fulda mit Gütern im Engersgau, und zwar Steinedorf, Hohdorf, Eigenfelden und Butinebrunn machte. Nach Archivrat Dr. Gensicke ist Butinebrunn bzw. Dedinsburiam in alter Zeit der Name für Desper, das zu den Wirgeser Gütern zählte [2].

In dem seit 1827 bestehenden Bistum Limburg ist Wirges die älteste Bonifatiuspfarrei.   

Der romanische Wehrturm dieser 1. Pfarrkirche von Wirges wurde erst im Jahre 1879 beim Baubeginn der jetzigen 3. Kirche niedergelegt. Er wird in den Akten der Diözese Limburg als "einfach, stattlich und repräsentativ" geschildert. Ähnliche, aus gleicher Zeit stammende Türme befinden sich, wenn auch verändert, in Helferskirchen, Nord-hofen und Rückeroth.

Der Turm dieser Kirche stand dort, wo sich heute Mittel- und Seitengang kreuzen. Die Größe des Kirchenschiffes entsprach etwa dem heutigen Mittelschiff ohne den Chor [3].

Nach der Abtrennung von der Urpfarrei Montabaur bestattete das neugebildete Kirchspiel Wirges seine Toten rund um die Pfarrkirche [35].

 

ca. 1326

Filialen von Weidergys waren zur Zeit des Pfarrers Arnoldus Dernbach, Ebernhahn, Siershahn, Staudt, Bannberscheid, Moschheim, Leuterod und Ötzingen. In Leuterod-Ötzingen stand eine kleine Kapelle, in der die capellane (Kapläne) von Wirges werktags je eine hl.Messe lasen. [7]        

Die Enstehung der Laurentiuskapelle in Dernbach wird bereits in die Zeit des 12./13.Jahrh. datiert. [8]   

Als sich mit der Zeit die Bevölkerung vermehrte, wurde Wirges auch mit eigenem Bannrechte ausgestattet, das insgesamt 14 Ortschaften umfasste. Außer den 8 Kirchspielorten waren dies zusätzlich die Orte Helferskirchen, Hosten, Boden, Eschelbach und Elgendorf.

 

nach 1326-1354

Nach Arnoldus plebanus war ein Pfarrer namens Franko, Sohn des Zacharias, bis 1354 n.Chr. Pfarrer von Wirges.

 

1354-ca.1358

Sein Nachfolger ab 1354 war Johannes von Rübenach. Mit diesem hatte sogar der damalige Papst Innozenz seine liebe Not. Der Geburt des Johannes von Rübenach haftete nämlich ein kleiner Makel an, da er der Sohn eines Verheirateten und einer Ledigen war. Aufgrund einer Dispenz war der Pfarrer Johannes von Rübenach in den Besitz der Pfarrei Heiligenroth gekommen. Als er diese Pfarrstelle in Heiligenroth antrat, war er noch nicht Priester, wie dies früher öfters vorkam. Er musste daher die Seelsorge zunächst durch einen ordinierten Priester ausüben lassen. Ohne sich die Priesterweihe erteilen zu lassen, vertauschte dann Johann von Rübenach die Pfarrstelle in Heiligenroth mit derjenigen zu Wirges, und zwar ohne Dispenz. Erst danach richtete er ein Bittgesuch an Papst Innozenz. Dieser gestattete ihm, dass er die Pfarrstelle in Wirges behalten könne. Die Einkünfte aus früheren Pfarreien, die er bezogen hatte, solange er noch nicht Priester war, musste er zurückerstatten.

In der 2. Urkunde vom 17.05.1354 aus Südfrankreich - es war damals die Zeit der Päpste in Avignon - sprach der Papst den Johann von Rübenach von dem Makel verschiedener Vorwürfe frei und rehabilitierte ihn. Der Papst hielt den Propst von St. Florin als Hauptpfarrer an, Johannes von Rübenach mit der Pfarrei Wirges zu beauftragen. Vier Jahre später, 1358 n.Chr., finden wir Johann von Rübenach als Pfarrer von Montabaur wieder. [36]

 

1367

 Aus dem Jahre 1367 existiert eine Urkunde über die Verpachtung des Zehnten zu Wirges durch das Florinsstift.

 

1385

In einer weiteren Urkunde von 1385 ist festgelegt, dass 2/3 des Zehnten von Wirges dem Florinsstift zustehen, während das restliche Drittel  vom Stift als Lehen an Adelsfamilien übertragen wurde. Bis zum Ende der kurtrierischen Zeit blieb es bei dieser Aufteilung.

 

vor 1474 - nach 1491

Pfarrer von Wirges waren zu jener Zeit der vor 1474 gestorbene Johann Schanz, dann wird 1490 ein Pfarrer Eberhard erwähnt, 1491 ein Christ Moele mit dem Zusatz "Frühmesser zu Wirges". [36]

Erst ab dem Jahre 1572 sind uns die Pfarrer von Wirges mit wenigen Unterbrechungen lückenlos überliefert.

 

1495

Aus dem Jahre 1495 ist uns überliefert, dass der Pastor von Wirges 1/3 des Zehnten von Nieder- und Oberötzingen besaß. [9]

Im selben Jahr wurden im Kirchspiel Wirges Bücher und Gelder gestiftet, damit am damaligen Johannesaltar einmal in der Woche eine Frühmesse gelesen werden konnte. Die Kirchendelegierten sollten dazu einen Geistlichen auswählen. Die Frühmesse in der Woche kam jedoch nicht zustande, da ein neuer Pastor nach Wirges kam und dieser das Stiftungskapital für die Frühmesse nicht freigab.

Das Dorf Wirges zählte damals, also 1495, insgesamt 16 Feuerstätten, d.h. 16 Familien. [36]

 

ab 1517

Als der Augustinermönch Luther seine 95 Thesen an die Schloßkirche von Wittenberg heftet, beginnt ein neues Zeitalter. Es ist die Zeit der Reformation, die sich allmählich in ganz Deutschland ausbreitet.

Die Kirchen- und Pfarrverhältnisse waren in jener Zeit besonders schwierig. In der Grafschaft Wied und Sayn wurde die Reformation eingeführt. Wirges, als Bestandteil des geistlichen Kurfürstentums Trier, blieb jedoch von den reformatorischen Bestrebungen weitgehend unberührt.

 

1520

In diesem Jahr erhält die Wirgeser Kirche einen spätgotischen Altarschrein, in dem eine Holzplastik, die "Gottesmutter auf der Mondsichel mit Kind und Traube" und zwei Holzskulpturen "St. Laurentius" und "St. Jakobus der Ältere" standen.

Dieser Altar sowie 2 weitere aus dieser Zeit stammende Holzfiguren der hl. Agnes und Agatha werden in mehreren wissenschaftlichen Werken ausgewiesen. [14]

So finden wir eine Beschreibung dieses Altares im "Handbuch der deutschen Kunstschätze" von Dehio-Gall:

"In der Kath. Pfarrkirche zu Wirges befindet sich ein spätgotischer Altar  mit Mutter auf Mondsichel mit Kind und Traube zwischen den Statuen   St. Laurentius, St. Jakobus dem Älteren, St. Agnes und St. Agathe (1520).

Flügel mit vier gemalten Figuren:

(links)        - St. Blasius mit Bischofsstab und Kerze

                   - St. Katharina mit Zackenrad und Schwert

(rechts)     - St. Christophorus auf Pfahl gestützt, das Kind

                     durch den Fluss tragend

   - St. Margarethe mit weißem Mantel und Kreuzstab

auf den geschlossenen Flügeln:

                   - die Verkündigung Mariae." [14]  

Die bemalten Flügeltüren dieses Altares sind noch erhalten. Der Schrein wurde erneuert und steht heute als Sebastiansaltar in der rechten Seitenapside. Die genannten Skulpturen sind nicht mehr vorhanden. 

 

1521

Die älteste bekannte Glocke von Wirges "St. Lambertus" wird in Trier gegossen. Sie war aus Bronze, hatte einen Durchmesser von 95 cm, wog ca. 600 kg und hatte den Schlagton "gis". Unter ihrer Haube zeigte sie einen Blütenfries, auf der Flanke das Heiligenbild "Maria Selbdritt" und in Minuskeln (Kleinbuchstaben) die Inschrift:

 

"lambertus heischen ich

 tzu den dienst gotz louden ich

 den doner verdriven ich

 jan van trier gous mich

 anno dni mvcxxi" (1521)

 

1522

Im Jahre 1522, als Johann von Sickingen in den Kurstaat Trier einfiel, zogen 120 Mann aus dem Amte Montabaur, auch mancher Wirgeser, auf der Seite des Kurfürsten Richard Greiffenklau ins Feld.

 

1548
Im Feuerstellenverzeichnis der Gemeinde Dernbach ist uns aus dem Jahre 1548 nachstehende interessante Aufzeichnung überliefert:

"Item ist noch im dorff Dernpach ein capell, filia der Kirche zu Wirges, sanctus Laurentius ist patronus." Wegen der Laurentiuskapelle hatte der Pfarrer von Wirges - sein Name ist leider nicht überliefert - einigen Ärger, und er musste manche "spitze Wort" hören, als er sich bemühte, die in seinem Pfarrspiel ansässigen Erben der Ampelstiftung der Laurentiuskapelle zu bewegen, sich nicht mehr ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Unterhaltes "einer immer dagh und nacht brennende ampull in der St. Lorenzkapell" zu entziehen. [8]

 

1563

Das Dorf Wirges war bis 1563 auf 53 Feuerstätten angewachsen.

 

1568
Im Jahre 1568 mussten ausgehobene kurfürstliche Soldaten an der Niederwerfung eines Aufstandes  der Stadt Trier, der auf Veranlassung des lutherischen Predigers Olivianus zustande kam, teilnehmen. [1]

 

1568-1569

Die Bonifatiusglocke wurde 1568 wie ihre Vorgängerin St. Lambertus in Trier gegossen und war auch aus Bronze. Sie war wesentlich größer und schwerer als die "St. Lambertus". Sie hatte einen Durchmesser von 116 cm und wog insgesamt 1100 kg.  Sie war auf den Schlagton "fis" abgestimmt und ihre Aufschrift in Majuskeln (Großbuchstaben) lautete:

 

"BONIFATIUS HEISCHEN ICH

IN DIE ER GODDES LOUDEN ICH

HEINRICH VAN TRIER GOUS MICH

ANNO DMI MDLXVIII" (1568). [13] [35]

 

Sie wurde 1569 neben der „St. Lambertus“ im alten romanischen Wehrturm der Kirche installiert.

 

1572-1586

1572 übernimmt Pastor Abel die Pfarrstelle von Wirges. Mit diesem Pfarrer Abel hatte es etwas Besonderes auf sich, wie Dr. Baaden in seiner Festrede anläßlich der 100-Jahrfeier des Westerwälder Domes berichtete. [36]

Danach gab es vor 1572 in Ransbach einen Geistlichen namens Abel, der seit Jahr und Tag keinen Gottesdienst mehr gehalten hatte und schließlich bei Nacht und Nebel verschwunden war. Und genau ab 1572 taucht in Wirges ein Pfarrer Abel auf, der nun noch 14 Jahre in Wirges blieb und sein Amt ausübte. Während Wirges damals zu Kurtrier gehörte, gehörte Ransbach zu Isenburg-Grenzau, so dass vermutet werden kann, dass der Pfarrer Abel von Ransbach nach Wirges auswanderte, ohne dass die Ransbacher zunächst davon Kenntnis erhielten.

Es  sind über ihn noch folgende interessante Aufzeich­nungen erhalten: 1584 schreibt der Dechant des St. Flo­rinsstiftes in Koblenz, Johann Werl, an den Pfarrer von Wirges und bittet um Auskunft über die Einkünfte "des Altars der Burg Dernbach". Pfarrer Abel schickte ihm dar­auf am 01.05.1584 als "eine kleine Gab" ein "botter we­ckelegen" und gab ausführliche Auskunft über die Dotie­rung des Altars: "Item haben die junckern (gemeint sind die Besitzer der Burg Dernbach) einen capellan, geben jars 3 amen weinß." [8]

 

ca.1584-1587

Vor dem Jahre 1586  hat in Wirges ein größerer Brand gewütet, denn es heißt, dass sich Pastor Abel nach dem Brande von Wirges, und zwar im Jahre 1586, wegen Alters nach Montabaur zurückzog. [8]

Zudem ist aus dem Jahre 1586 eine Eingabe des ganzen Kirchspieles Wirges an den Erzbischof von Trier überliefert. Aus dieser Urkunde geht hervor, dass das Dorf Wirges einige Jahre vor 1586 von einer Feuersbrunst heimgesucht wurde, wobei außer dem Dorf auch die Kirche und der Pfarrhof abgebrannt sind mit Ausnahme des Kirchturms. Die Kirche musste also wieder aufgebaut werden, was wohl einige Jahre gedauert hat.

So wie es heißt, konnte erst 1585 die Kirche auf einer Seite mit Leien gedeckt werden und man sei willens, in kurzem auch das andere Teil mit Leien zu decken.

Das Florinsstift wollte bei diesem Wiederaufbau nur 1/3 der Baukosten übernehmen, weshalb sich das Kirchspiel Beschwerde führend an den Erzbischof von Trier gewandt hat.

Dieser ermahnte das Stift, wenigstens die alten Kosten zu tragen, zumal die Wirgeser weit über ihre Verpflichtungen hinaus die andere Hälfte freiwillig übernehmen würden.

Schließlich war 1587 die alte romanische Kirche in erweiterter Form wiederaufgebaut. [35] [36]

An Stelle von Pfarrer Abel schickte das Florinsstift einen anderen Pfarrer nach Wirges, der, wie es heißt, in einer gelehnten Behausung wohnen musste, weil der Pfarrhof noch nicht wieder aufgebaut war. [36]

 

1592

1592 wird ein Pfarrer Johann N. erwähnt. [8]

 

1599-1602

Von 1599 bis 1602 ist Konrad Tholis Pfarrer von Wirges.

 

1603

Auf Konrad Tholis folgt Philippus Arnoldi, der 1603 Pastor von Wirges war. Es ist die Zeit der Hexenverfolgungen unter dem Trierer Kurfürsten Johann VI. Doch ist unsere Gegend davon offensichtlich verschont geblieben. Aus dem Bann Wirges sind jedenfalls keinerlei Vorfälle be­kannt geworden.

Im Jahre 1603 konnte die Pfarrgemeinde für das abgebrannte Pfarrhaus Ersatz schaffen. Sie erwarb im Tausch von einem Wirgeser Bürger namens Abel Zimmermann ein im Rohbau befindliches Bürgerhaus und baute dieses zum neuen Pfarrhof mit Stall und Scheune um. [36]

Dieses Pfarrhaus befand sich im Bereich der "Festung" an dem Platz, der bis ins 20. Jahrhundert noch "Pfarrgarten" genannt wurde. [3]

 

1604

Im Jahre 1604 wurde Nicolaus Bredburg Pfarrer von Wirges. Aus demselben Jahr ist uns auch eine Urkunde des Florinsstiftes in Koblenz bekannt, in der die Bezahlung "des Ampelgeleuchtes" der Dernbacher Burgkapelle geregelt wurde. Die Urkunde wurde mit dem großen Kapitelsiegel des Florinsstiftes versehen und sollte in der Kirchenkiste in Wirges aufbewahrt werden. [8]

 

1606

Wegen der Besitzverhältnisse des Burgaltars wurden 1606 auch die ältesten Leute der zur Pfarrei Wirges  gehörigen Dörfer als Zeugen vernommen. Interessant ist die Aussage des damals 78-jährigen Arnoldts Hen Peter zu Dernbach: "Bey dem alten juncker Friderich Hildtgen sey ein behaußungh gewesen und darinnen ein Scheur und darin gewont ein priester her Johan, hat sondagh und fyerdagh ahn dem althar meß gehalte; das auch welche nit mogten nach Wirges komen, daselbst meß hören." [8]

 

1618-1648

Während solcherlei Sorgen den Alltag in der Pfarrei Wirges bestimmten, braute sich über Deutschland ein großes Unwetter zusammen, das in der Folge auch unsere Gegend heimsuchen sollte.

Mit dem Prager Fenstersturz brach am 23. März 1618 ein 30-jähriger Streit los, der schließlich ganz Deutschland in Flammen aufgehen ließ und Schrecken und Entsetzen auch in unsere Heimat brachte.

Die schlimmste Zeit für unser Gebiet begann, als 1630 die Schweden in Deutschland einfielen, und mehr noch als 1635 die Franzosen als ihre Verbündeten am Rhein erschienen.

Die Soldaten raubten, plünderten und zerstörten überall, einerlei ob die Einwohner lutherisch oder katholisch, ob sie Freund oder Feind waren. [1]

 

1633

Der 1. Einfall der Schweden ins Trierische erfolgte 1633. Die Dorfbewohner flüchteten mit ihrem Vieh und ihren Habseligkeiten in die Wälder, den Malberg, den Moseberg und den Montabaurer Wald, um den Scheußlichkeiten und Quälereien, die die Soldaten überall mit den Bauern trieben, zu entgehen. Die Soldaten, die sich in ihrer Hoffnung auf reiche Beute getäuscht sahen, rächten sich durch Niederbrennen der verlassenen Häuser. [1]

Auch Wirges war diesem Schicksal geweiht. Die Tradition berichtet darüber wie folgt:

Der in Wirges einquartierte schwedische Oberst gab den Befehl, weil die Einwohner geflüchtet waren und Vieh und Habseligkeiten weggebracht hatten, den Ort anzuzünden. Wahrscheinlich war Nordwind, deshalb wurden die Häuser an der "Unnerbach" angezündet, damit der Wind das Feuer in das Oberdorf zwischen Kirche und Oberbach trage. Als das Feuer angelegt war, ritt er fort nach Montabaur. Auf der Höhe der Ritzmühle habe er sich von dem Fortgang des Feuers überzeugen wollen und sei willens gewesen, weil die Kirche nicht brannte, zurückzureiten. Sein Pferd sei jedoch so störrisch gewesen, dass er davon abstand. Der ganze untere Ort mit Pfarrhaus verbrannte. Die Kirche und der obere Ort blieben verschont. Urkunden und Kirchenbücher gingen mit dem Pfarrhaus zugrunde. [1]

 

Noch viele Jahre später nach dem Krieg rief man den unartigen Kindern in Anspielung auf den schwedischen General Oxenstierna zu:

"Kinnercher, Kinnercher, bet, morje kimmt de Schwed, morje kimmt de Oxenstiern, wird die Kinnercher bete liern!" [1]

Auch ist in Erinnerung an den Schwedeneinfall und den berüchtigten Schwedentrunk, bei dem den Bauern Jauche, Seifenlauge oder anderes üble Getränk in den Hals eingetrichtert wurde, noch Ende der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts in der Pfarrei ein bäuerliches Theaterstück aufgeführt worden.

 

um 1641
Aus jener Zeit ist bekannt, dass die Seelsorge der Pfarrei Wirges vorübergehend von den Franziskanern aus Montabaur ausgeübt wurde.

 

nach 1648

Wirges, welches vor dem Krieg 54 Familien zählte, hatte nach demselben nur noch 29. Vieles war zerstört. Es dauerte etliche Jahre, bis sich allmählich das Leben wieder normalisierte. [1]

 

1657/05/26

Am 26. Mai 1657 fand in Wirges eine Kirchenvisitation durch das Florinsstift statt, die auf Veranlassung des Archidiakon von Dietkirchen, Karl Heinrich Baron von Metternich, in allen Pfarreien der rechtsrheinischen Gebiete der Erzdiözese Trier mit Ausnahme der Pfarreien im Hadamarer und Isenburger Gebiet, deren Landesherren dies nicht duldeten, abgehalten wurde. Der Visitationsbericht gibt einen guten Eindruck von den damaligen Verhältnissen.

In der Pfarrei Wirges gab es zu dieser Zeit 300 Kommunionpflichtige in 9 Orten sowie 8 Synodales oder Sendschöffen, die namentlich benannt sind:

Aus "Uetzingh (Ötzingen) Peter Heybell, Leuthern (Leuterod) Peter Georg, Ebernhain (Ebernhahn) Johannes Söhnigh, Wirrges Johannes Müllher, Dehrnbach Johannes Güsch (Jösch), Moscheimb Jakob Homerich, Berscheidt (Bannberscheid) Johann Busch, Syrscheidt (Siershahn) Adam Hömerich, Stauth (Staudt) Nikolaus Heybell." [8]  

Wie es heißt, war die Kirche 1657 in einem ordentlichen Zustand. In der Kirche befänden sich 4 Altäre, die alle außer dem Hauptaltar durch Kriegsschäden entweiht worden seien.

Das 2. Pfarrhaus und die Scheune neben der Kirche an der Stelle des heutigen 3. Pfarrhauses waren damals noch nicht wieder ausreichend hergestellt. Dies sollte aber innerhalb eines Jahres geschehen. [36]

Dieses 2. Pfarrhaus soll ein Holzbau mit dünnen Wänden gewesen sein und auf der Nordwestseite eine Schieferbedeckung gehabt haben. Es wurde beim Bau des jetzigen Pfarrhauses 1895/96 niedergelegt und angeblich in der Waldstraße wiederaufgebaut. [35]

"Schola non erat" (Eine Schule gab es nicht in der Pfarrei), so meldet der Visitationsbericht von 1657. Es wurde aber von dem Visitator gewünscht, dass in Wirges eine Pfarrschule eingerichtet würde..

Die Kirchenfabrik (= Kirchenkasse) hatte an jährlichen Zinsen 15 Gulden, aus den Wiesen an Pacht 2 Gulden.

Der Visitationsbericht geht auch auf die Verhältnisse der Dernbacher Laurentiuskapelle als Filialkirche der Pfarrei Wirges ein:

"Sie ist in leidlichem Zustande, wird aus eigenen Mitteln im Stande gehalten und besitzt einen Altar. Eine heilige Messe für alle Freitage des Jahres ist gestiftet, die vom Pfarrer, damals Thomas Stein, gehalten werden müsste, aber bereits über 20 Jahre nicht mehr gehalten wurde außer dreimal im Jahre, da das Stiftungskapital zu gering geworden war."

Es wurde dem Pfarrer aufgetragen, dass er wenigstens jeden Monat einmal die heilige Messe dort lesen solle. Die notwendigsten Paramente seien vorhanden, auch ein silberner, vergoldeter Kelch. [8]

Weiter wird berichtet, dass von den 5 Maltern Korneinnahmen der Kirche 1 Malter den Armen gegeben und Freitag nach Pfingsten gebacken und verteilt werde. Pfarrer Thomas Stein habe während der Kriegszeit 7 Jahre lang kaum das tägliche Brot gehabt.

 

1660

1660 ist zum erstenmal das sicher alte Bonifatius-Patrozinium beurkundet. Zu diesem Zeitpunkt ist Adam Oster Pfarrer von Wirges.

 

1664

Unter Pfarrer Adam Oster wird 1664 eine Pfarrschule in Wirges errichtet. In diesem Jahr wurde vermutlich auch das Haus gebaut, das das 1. Schulhaus in Wirges war. Das 1. Schulhaus trug nämlich nach Angaben des Lehrers Johann Steinebach, des 1. Schreibers der Wirgeser Schulchronik, über der Haustür die Jahreszahl 1664. Die­ses 1. Schulhaus, ein kleines Bauernhaus am Pfarrgarten gelegen, existierte noch Anfang des 20. Jahrhunderts. Es hatte zunächst nur ein Stockwerk, bis später eine Aufsto­ckung nötig wurde, um Raum für ein 2. Klassenzimmer zu schaffen. Über dieses 1. Schulhaus erfahren wir: "Das hiesige Schulhaus, zwischen Johann Görgs (Johann Görg war von 1872-1904 Bürgermeister von Wirges) Wohnhaus und der Hohenbitze gelegen, war Eigentum des Kirch­spiels." [16]

 

1664/11/05

Am 5. November 1664 schlägt das Kirchspiel Wirges dem Florinsstift als Schulmeister und Glöckner Janes (Jonas) Wolff vor. Seine Besoldung sollte eineinhalb Simmern (ein Simmern war ein kreisförmiges Behältnis und fasste 25-30 Pfund Korn) Korn für jeden Monat neben dem "Schuldienerlohn" sein.

Die Aufsicht über die Schule übte der Pfarrer von Wirges aus. Im gleichen Jahr noch bestätigte das Florinsstift den neuen Schulmeister und Glöckner zu Wirges. [8]

 

1666-1668

Es gab aber auch Rückschläge in jener Zeit. So wütete bis 1668 die Pest im Westerwald. Das schlimmste Jahr war das Jahr 1666. Insgesamt starb damals etwa der dritte Teil der heimischen Bevölkerung an dieser Krankheit. Wohl aus Dankbarkeit für die Überwindung dieser Seuche und um für die Zukunft Schutz vor ähnlichen Katastrophen zu erbitten, wurde in Wirges in den Folgejahren die St. Sebastianus-Bruderschaft gegründet. Neben dem hl. Bo­nifatius als Kirchenpatron wurde der hl. Sebastian als Schutzpatron gegen die Pest und andere Seuchen in Wir­ges besonders verehrt. Der St. Sebastiansaltar in der jet­zigen Pfarrkirche erinnert noch an die besondere Vereh­rung, die diesem Heiligen in Wirges zuteil wurde.

Im 17. und 18. Jahrhundert, bis ins 19. Jahrhundert hinein kamen am 20. Januar, dem Feste des hl. Sebastian, viele Pilger, auch aus Ransbach und dem Amte Selters zur Verehrung dieses Heiligen in Prozessionen nach Wirges. [1] [12]

Auch führte die Pfarrei Wirges gemeinsam mit Helferskirchen, Ransbach, Breitenau und Nauort in der Notzeit nach dem 30-jährigen Krieg regelmäßige Sternprozessionen durch. Am Patronatstag einer jeden Pfarrei kamen die anderen Pfarreien in sternförmiger Prozession zur jeweiligen Patronsfeier zusammen. Alle, die nur halbwegs gehfähig waren, machten mit, wobei am Zielort verständlicherweise nicht nur gebetet und gesungen sondern auch tüchtig gezecht wurde. Leider gabe es bei diesen Anlässen auch Missbräuche und Auswüchse, so dass später die Mitnahme des Allerheiligsten während der Prozessionen untersagt wurde. [36]

 

1669-1748

1669 wird Peter Otto I. Pfarrer von Wirges, welches Amt er bis 1673 innehat. Sein Nachfolger ist Adam Hartenfels, der aber bereits 1675 durch Pfarrer Jakob Leuterod aus Montabaur abgelöst wird. Auf ihn folgt Pfarrer Peter Otto II., der von 1679-1693 Pfarrer von Wirges ist. Auch über dessen Nachfolger ist uns außer dem Namen und der Dauer seiner Amtszeit nichts überliefert. Es ist dies Johann Visen, der von 1693-1701 Pfarrer von Wirges ist. Auf ihn folgt von 1701-1748 Johann Jacob de Barrey (Jac de Barrey oder de Barre). Unter letzterem  ist Peter Mareshall als Vicekurat (Pfarrverwalter) tätig. [1] [3] [7]

 

ca.1700-ca.1900

Mit dem Geistlichen Rat Johann Diefenbach wollen wir anhand einer Beschreibung, die weitgehend seiner Chro­nik von Wirges [1] entnommen ist, einen Blick auf die Le­bensverhältnisse des 18. und 19. Jahrhunderts in der Pfarrei Wirges werfen, da sie anschaulicher als einzelne geschichtliche Fakten ein Verständnis für die damalige Lebenssituation der Bewohner der Pfarrei und des Ortes Wirges vermitteln, die sich auch in der nassauischen Zeit bis zum Beginn der Industrialisierung nicht wesentlich ver­ändert haben dürfte.

 

Hatte Wirges nach dem 30-jährigen Krieg nur noch 29 Familien, so war deren Zahl bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bereits auf über 100 angewachsen. Dennoch war Wirges nur ein bescheidenes Bauerndorf, dessen rund 100 Häuser sich zwischen Unter- und Oberbach um die Kirche mit ihrem alten romanischen Turm scharten.

(vgl. ® 1853, Lageplan von Wirges)

 

Die Wohnhäuser waren meist Holzbauten mit Fachwerk. Im Stall, der sich zusammen mit der Scheune an das Wohnhaus anschloß, standen meist nur ein paar Kühe, denn einen Großbetrieb kannte man nicht.

 

Im Sommer verdiente sich der Bauer ein wenig Bargeld, indem er mit seinem Fuhrwerk Ton nach Höhr oder Val­lendar fuhr, oder er arbeitete tagsüber als "Ergräwer" in der "Erkaut". Eine weitere Einnahmequelle war der Anbau von Flachs, der im Herbst in der "Brechkaut" vor dem Ei­met oder vor dem "Hölzbrich" gebrochen wurde. Der je­weilige Kaplan hatte das Privileg, auf einem Rundgang im Kirchspiel Flachs "aufzuheben". Die im Stall beim "Flachs­schwingen" beschäftigten Frauen sahen sich durch den Besuch des Geistlichen geehrt und gaben mehrere "Has­peln"(Gebinde) Kornflachs her. Dieses "Flachsaufheben" bildete eine schöne Nebeneinnahme für den Herrn Kap­lan. Im Winter kamen die Frauen mit ihren Spinnrädern in der "Spinnstube" zum Spinnen von Flachs und Schafs­wolle zusammmen. Während des Spinnens wurde zuerst der Rosenkranz gebetet. Nach dem Beten wurde geplau­dert, es wurden Lieder gesungen und Geschichten erzählt. Wenn es dann am Fenster klopfte, waren dies meist die Dorfburschen, welche den Mädchen das Spinnrad, "die Geiß", nach Hause tragen wollten.

 

An Festtagen trug der Bauer die alte trierische Tracht mit dem Dreispitzhut. Die Tracht der Frauen bestand aus kur­zen Röcken aus gefärbtem, halbwollenem, selbstgeweb­tem Stoff. Auf dem Kopf trug man ein kleines Häubchen, das sogenannte "Kommodche" mit langen, breiten, schwarzen Seidenbändern, die zum Rücken herabfielen.

 

Bei Begräbnissen änderte sich die Tracht der leidtragenden Frauen. Unter- und Oberkleid waren schwarz. Brust, Hals und Kopf aber waren ganz in weiße Schleier eingeschlagen [1].  Abends versammelten sich die Angehörigen und Nachbarn im Hause der Verstorbenen, um gemeinsam den Rosenkranz zu beten. Dabei kniete man in der Stube auf dem Fußboden nieder. Dieser Brauch verschwand erst nach dem 1. Weltkrieg, als man dazu überging, den Rosenkranz in der Kirche zu beten. [20]

 

Beim Traueramte gingen die Angehörigen und das Trauergefolge zum Offertorium (Opferung) um den Altar, welcher Brauch übrigens auch noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts geübt wurde. Zur kurtrierischen Zeit ging der nächste männliche Angehörige als Erster mit bedecktem Haupt. Zum Zeichen der Trauer trug er den Dreispitz verkehrt herum, mit der Spitze nach vorn und der Rundung nach hinten.

 

Ein besonderes Fest war die Hochzeit. Am Hochzeitstage zog der Bräutigam mit Gefolge vors Haus der Braut, um sie zur Kirche abzuholen. Die Haustüre fand man verschlossen. Der Bräutigamsführer klopfte und verlangte die Auslieferung der Braut. Die Tür öffnete sich, und eine alte Frau hinkte heraus. Unter lautem Protest des Führers verschwand sie. Abermals klopfte der Führer an die verschlossene Haustür mit gleichem Begehr. Die Tür öffnete sich abermals, und es erschien eine nicht mehr junge Frau, schielend und hinkend oder bucklig.- Abermals feierlicher Protest. Dann erfolgte die dritte Aufforderung. Jetzt machte der Humor dem tiefen Ernste Platz. Langsam öffnete sich die Tür, und tiefbewegt erschien die geschmückte Braut an der Schwelle. Der Bräutigam schritt auf sie zu und reichte ihr die Hand. Dann aber traten die Eltern heran, barhäuptig; die Brautleute knieten auf der Schwelle nieder und empfingen den elterlichen Segen, ehe sie das Haus verließen. Kein Auge blieb tränenleer bei dieser ergreifenden Zeremonie, wohl am wenigsten bei der Braut.

In der Kirche ging gewöhnlich eine hl. Messe oder ein Amt der Trauung voraus. Beim Ausgang der Kirche spannte man dem Brautpaar ein Seil. Die Brautführer mussten ein obligates Lösegeld werfen, um den Weg frei zu kaufen.

 

Das Hauptfreudenfest bildete jedoch die Kirmes. Sie wurde nach dem Bau der 2. Kirche, d.h. ab 1775 bis zur Einweihung der jetzigen Kirche stets am Sonntag nach Mariä Geburt gefeiert. Die Kirmes lag ganz in der Hand der "Kirmesburschen". Diese verteilten die Dorfmädchen, belegten die Wirtshäuser, errichteten den Kirmes- oder Maibaum, das äußere Wahrzeichen des Festes, welcher eine reich verzierte Krone mit Fahne trug. Am Sonntag­nachmittag nach der Vesper wurde die Kirmes eröffnet durch einen feierlichen Zug zum Maibaum. Jeder Kirmes­bursche trug Bänder an der Kappe, einen Rosmarinstrauß in der Hand und ein Kirmestuch an der rechten Seite, ein Geschenk seiner Kirmesbraut. Die Mädchen hatten einen Strauß an der Brust angeheftet. Ein durch Los erwähltes Paar hatte den "Vortanz". Nach dem Rythmus der Musik tanzte dieses den Ringeltanz um den Baum, so dass der Bursche immer geradeaus um den Baum im Takte hüpfte, während seine Tänzerin den Zeigefinger des Burschen in der Rechten haltend, sich fortwährend im Kreise tanzend um denselben wie ein Kreisel drehte. Danach setzten sich alle Paare in Bewegung und nach 3 vollzogenen Tänzen begann der Rückzug ins Dorf, wo man die Wirtshäuser aufsuchte. Am Kirmesmontag bewegte sich derselbe, oft noch verstärkte Zug nach dem Pfarrhofe, woselbst auch ein Maibaum errichtet war. Hier kredenzte der Pfarrer der in weißen Hemdsärmeln geputzten Schar eine Anzahl von Weinkrügen, während am Tage vorher nur ein Schnaps­krug die Runde gemacht hatte.

 

Am Montag wurde das offizielle Kirmestuch, welches der Vortänzer getragen hatte, verlost, um mit dessen Ertrag die Unkosten des Festes zu bestreiten. Waren am Sonntagabend die Tanzböden vielfach von Fremden besucht, so gehörte der Montagabend den Familien des Dorfes. An den beiden Kirmestagen war der Kirmesbursch bei seiner Kirmesbraut zum Abendessen einquartiert, was mit einem Krug Kirmeswein für die "Alten" honoriert wurde. Dass während der Kirmes auch für die Jugend gesorgt war durch allerlei Stände mit Naschwerk und Spielzeug, versteht sich von selbst. Auch das Karussell durfte nicht fehlen. Dieses war aber bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts sehr primitiv und ohne Musik. [1]

 

1714-1813

Es wird berichtet, dass von 1714 bis 1813 der Pfarrer bzw. Kaplan von Wirges jeden Freitag die heilige Messe in der Kapelle am "Heilborn" in Dernbach gelesen hat. [8]

 

1748-1766
Von 1748-1749 ist Johann Christoph Schunk, Priester der Diözese Lüttich, Pfarrer von Wirges. 1749 tauscht er mit Johann Heinrich Schwickart, Kanonikus von St. Clemens in Mayen, der dann vom 21. Juni 1749 bis 12. Januar 1766 Pfarrer von Wirges ist. In der Pfarrchronik von Wirges ist vermerkt, dass Pfarrer J.H. Schwickart vermutlich ein Sohn des Wirgeser Valentin Schwickart gewesen ist. [13]

 

1752

Unter Pfarrer Schwickart wird 1752 mit der Planung zum Bau einer neuen Kirche in Wirges, der sogenannten 2. Kirche, begonnen. Zum einen war die alte Kirche für die wachsende Zahl der Gläubigen zu klein, zum andern war ihr baulicher Zustand schlecht geworden, wie dies aus einem beim Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden vorliegenden Visitationsbericht hervorgheht [35]. Eine Untersuchung durch Sachverständige hatte 1752 ergeben, dass sich der mittlere Teil der Kirche zwischen Chor und Turm in einem baufälligen Zustand befand [36]. Der noch im gleichen Jahr von dem bekannten kurtrierischen Hofarchitekten Johannes Seiz, der auch das Schloß in Engers und die Kirche in Herschbach gebaut hat, gefertigte Entwurf einer Saalkirche wurde jedoch nicht ausgeführt. Die Original-Bauzeichnung ruht im Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden. [2] [32]

 

1754-1768

Im März 1754 schreibt der Wirgeser Pfarrer Schwickart, dass die Kirche kaum ein Drittel des Volkes fassen kann. Zudem stehe das Volk wie dichte Heringe aufeinander gepackt, so dass alles durcheinander stehe, Geheiratete und Unverheiratete durcheinander vermengt.

Auch in den nächsten Jahren wurden nacheinander noch mehrere Baupläne und Kostenanschläge eingereicht. Re­parieren oder Neubauen, das war schon damals die Frage. 1757 war schon die Urkunde für die Grundsteinle­gung angefertigt. Aber, bis es dann zu dem Neubau kam, vergingen noch lange Jahre. Da sich die zum Neubau verpflichteten Zehntherren über die Kostentragung immer noch nicht einig waren, wurden 1768 nochmals Reparatu­ren an der schon baufälligen Kirche vorgenommen. [36]

 

1766-1796/03/20

Als Nachfolger von Pfarrer Schwickart war von 1766 bis zum 20. März 1796  Pfarrer Johann Castor Pfarrer von Wirges.

 

1773

Erst unter Pfarrer Castor war es 1773 soweit, dass sich das Florinsstift in Koblenz, dem als Haupt-Zehntherrn von Wirges die Baupflicht oblag, mit den anderen Zehnt-Herren von Wirges über die Kostenbeiträge für den Kirchenneubau einigte und der Kirchenneubau vergeben werden konnte. Auf Vorschlag des Hofbaumeisters Seiz erhielt damals der teuerste Anbieter den Auftrag für 3.500 Reichsmark. [36]

Das Stift St.Florin übernahm 2/3 der Kosten. Das letzte Drittel steuerten der Graf von Walderdorff, die Herren von Stein, der Herr von Sohlern und der Graf von Elz-Rübenach sowie auch die Pfarrherren von Wirges und Helferskirchen bei. Für die Altäre und die Inneneinrichtung musste das gesamte Kirchspiel aufkommen.

 

1774

Unter Pfarrer Johann Castor wurde 1774 das Kirchenschiff niedergelegt, der Turm aber stehengelassen.

 

1774/05/06

Am 6. Mai 1774 fand die Grundsteinlegung statt. 

 

1774-1775

Von 1774 bis 1775 wurde an den alten Kirchturm ein basi­likaähnliches Langhaus im Stile des Spätbarock derart angebaut, dass sich dessen vordere Giebelwand beidsei­tig an ihn anlehnte. [3] [32] 

 

1775/09/08

Die Einweihung erfolgte am Feste Maria Geburt, am 8. Sept. 1775, durch Bischof d'Erban von Trier. Auch die 2. Kirche wurde wie ihre Vorgängerin dem hl. Bonifatius ge­weiht [7].  Der Grundstein dieser Kirche mit der Jahreszahl 1775 wurde beim Bau der jetzigen Kirche über dem West­eingang sichtbar eingemauert. Eine leider nur undeutliche Darstellung der 2. Kirche von Wirges befindet sich auf dem Flügelbild im Betsaal des Klosters in Dernbach, das der Maler Molitor 1876 aus Anlaß des 25-jährigen Beste­hens der Ordensgemeinschaft der Dernbacher Schwes­tern malte. In einer Beschreibung zu diesem Bild lesen wir: "Die Perspektive auf diesem (rechten) Flügel führt das Auge zur altehrwürdigen Kirche von Wirges und zum Schloß von Montabaur" [19]. Der Grundriss dieser Kirche ist aus dem Anbauplan, der im Rahmen der Planung der jetzigen Kirche von Wirges von dem Kreisbauinspektor Büchling aus Montabaur im Jahre 1878 erstellt wurde, er­sichtlich. [32]

 

Die Kirche besaß keine Orgel, sondern nur ein Harmonium wird ab 1868 erwähnt. [2] [32]

Die Kirche hatte 3 Altäre. Den Hauptaltar zierte eine lebensgroße Statue des hl. Bonifatius [1]. Der 2. Altar war der alte Marienaltar aus dem Jahre ® 1520 mit der Statue der "Gottesmutter auf der Mondsichel mit Kind und Traube". Dieser Altar soll in einer Nische links vom Hauptaltar gestanden haben, ungefähr an der Stelle, wo sich heute der Taufstein befindet. Der 3. Altar zeigte die Statue des hl. Sebastian [1]. Diesen Altar hatte zur Einweihung des neuen Gotteshauses die St. Sebastians-Bruderschaft gestiftet. Ihn sollen später noch zusätzlich gemalte Darstellungen des hl. Herzens Jesu und des hl. Herzens Mariae geschmückt haben. Der Altarschrein soll später an die Filialkapelle in Leuterod abgegeben worden sein. Die Gottesmutter auf der Mondsichel, St. Laurentius und St. Jakobus sollen nach Ebernhahn gelangt und dort, völlig verwurmt, verbrannt worden sein. Auch die Figuren St. Agnes und St. Agatha sind verschollen. Die Statue des hl. Sebastian von 1775 wurde später, ebenfalls wurmzerfressen, unter Pfarrer Flink durch eine neue ersetzt. Nur die Türflügel des Altarschreins des alten Marienaltares von 1520 blieben erhalten und befinden sich heute als Teil des Sebastiansaltares in der rechten Seitenapside der Wirgeser Pfarrkirche [3]. Die Statue selbst wurde beim ® Kirchenraub von 1986 entwendet und inzwischen durch eine Kopie ersetzt.

Auch der heutige Taufstein stand bereits in der 1775 geweihten Barockkirche. Seine klassizistische Form weist in die Zeit des 17. Jahrhunderts [3]. Er stand ursprünglich in der Nische rechts im Kirchenschiff der alten Taufkapelle. Nach 1918 befand er sich im hinteren Kirchenraum, von wo er bei der ® Renovierung von 1961-1963 in die linke Apside, die neue Taufkapelle, gelangte.

Nach ihrer Fertigstellung erhielt die Kirche eine kleine, dritte Bronzeglocke, die "Sancta Susanna", so dass von nun an zusammen mit der Bonifatius- und Lambertusglocke ein 3-stimmiges Geläut von dem alten Wehrturm der Wirgeser Kirche erklang. [13]

 

1777/03/10

Am 10. März 1777 erließ Papst Pius VI. einen Gnadenbrief für die Mitglieder der ® St. Sebastians-Bruderschaft, der folgenden Wortlaut hat:

"Zur größeren Flor und Aufnahme des hl. Martyrers Sebastiansbruderschaft in der Pfarrkirche zu Wirges haben Ihre Päpstliche Heiligkeit Pius der Sechste durch einen unterm 10. März 1777 erlassenen apostolischen Gnadenbrief allen und jeden Mitgliedern jeglichen Geschlechtes nachstehende Ablässe verliehen:

1. Allen und jeden Mitgliedern nach vorhergehender hl. Beichte und   Communion vollkommenen Ablass am Tage der Einschreibung.

2. Gleichen Ablass denjenigen Mitgliedern in ihrer Sterbestunde, welche   bei ihrem Lebensende nach reumütiger Beichte und Communion ihre arme   Seele Gott andächtig empfohlen oder, wenn solches füglich nicht   geschehen konnte, wenigstens bereut, wo nicht mit dem Mund, doch mit dem   Herzen den heiligsten Namen Jesus inbrünstig angerufen.

3. Allen Mitgliedern, welche an dem vornehmsten Fest gemeldeter Bruderschaft, welches das Fest des hl. Martyrers Sebastian ist, falls selbiges auf einen Sonntag fällt, wo nicht, so ist es der erste Sonntag nach dem Feste des hl. Sebastian, an welchem Tage morgens ein hohes Amt nebst mehreren hl. Messen, nachmittags aber Bruderschaft und Predigt gehalten wird, nach verrichteter Beicht und Communion die Pfarrkirche zu Wirges andächtig besucht und daselbst für die Erhöhung der hl. Mutter der christ-katholischen Kirche, Ausrottung der Ketzerei, Bekehrung der Ungläubigen und Vereinigung christlicher Fürsten, sodann für das Heil ihrer wirklichen regierenden Päpstlichen Heiligkeit andächtig werden zu Gott gebeten haben, vollkommenen Ablass.

4. Eben diese Mitglieder, welche an folgenden vier Tagen, nämlich an dem 2. Sonntag im April, am 2. Sonntag im Brachmond, am 2. Sonntag im Herbstmonat, und am 2. Sonntag im Wintermonat nach vorhergängiger Beicht und Communion besagte Pfarrkirche mit Verrichtung andächtiger Gebete zu vorerwähnter Meinung werden besucht haben, an jedem dieser Tage einen Ablass von sieben Jahren und ebenso viel Quadrenen.

5. Und letzlich, so oft sie der heiligen Messe und anderen Gottesdiensten nach dem Gebrauch der Mitglieder in besagter Pfarrkirche, oder den öffentlichen, auch stillen Versammlungen dieser Bruderschaft, der Beerdigung der Toten fleißig beiwohnen, der das hochwürdigste Sakrament, wenn solches bei Prozessionen oder zu den Kranken getragen wird, andächtig begleiten, oder bei desfallsiger Verhindernis nach gegebenem Glockenzeichen für den Kranken ein Vaterunser und englischen Gruß gebetet, oder die Kranken besucht und in ihren Trübsalen getröstet haben, oder Fried und Einigkeit unter ihren eigenen oder fremden Feinden gestiftet haben, oder wenn sie einen Irrenden werden auf den Weg des Heiles zurückgeführt, oder die Unwissenden in den Geboten Gottes und dem zum Seelenheil notwendigen Stücken unterrichtet haben, oder fünfmal das Vaterunser und den englischen Gruß für die verstorbenen Mitglieder der Bruderschaft beten, oder ein anderes geistliches als leibliches Werk der Barmherzigkeit verrichten, für jedes dieser gottseligen Werke ein Ablass von 60 Tagen der auferlegten oder sonst schuldigen Bußen, welche Ablässe alle und gesamt per modum suffragi bittweis den im Reinigungsort aufbehaltenen Christgläubigen Seelen zugeeignet werden können. [18]

(Heute besteht die St. Sebastianus-Bruderschaft zwar nicht mehr, doch finden zum Fest dieses Heiligen in Wirges noch immer St. Sebastiansbruderschaftsandachten statt.)

 

1786

Über die Besitzverhältnisse der Pfarrei Wirges wird aus dem Jahre 1786 wie folgt berichtet:

"1786 bestand das geistliche oder Pastorengut zu Dernbach noch in einem Stück obig der Pfaffenheck am Wald gelegen, sämtlich in Bauerngut untermenget, worauf Gemeind das Schutz- und Weidrecht hat; es benutzen solches des Pastoris Hofleut in Wirges." [8]

Der Pfarrzehnte aus diesem Besitz wurde erst 1850 durch die Zehntpflichtigen abgelöst. (® 1850)

 

1796/03/20

Am 20. März 1796 starb der damalige Pfarrer Johann Castor. Auf seinen Wunsch hin wurde er im Boden vor dem Altar der unter seiner Amtszeit erbauten 2. Kirche von Wirges beigesetzt.

 

1796/06/24

Am 24. Juni 1796 wird Heinrich Hannappel, geboren in Montabaur, Pfarrer in Wirges. Er schreibt am 24. Juni 1796 die Praefatio der Wirgeser Pfarrchronik:

"Neopastor in miserrimo tempore incedi".

"In trübseliger Zeit trat ich als neuer Pastor meine Stelle an. Jener grausame Krieg, der mit so großer Wucht zwi­schen dem römischen Reich und Kaiser einerseits und der gallischen Nation andererseits geführt wurde, dehnte sich bis in unsere Gegend aus. Im vorhergehenden Jahre hatte das Heer der Gallier mit 45 000 Mann an verschiedenen Stellen den Rhein überschritten, hatte die Häuser geplün­dert und zerstört, darunter besonders die Pfarrhäuser, in denen sie Reichtümer vermuteten. Sie verübten Grau­samkeiten jeglicher Art, verübten Morde, Vergewaltigun­gen und schreckten vor Schändung der Kirchen nicht zu­rück, bis sie einen Monat später durch einen Sieg unserer Soldaten teils auf die andere Seite des Rheins, teils an den Main und Neckar zurückgetrieben wurden. Im folgen­den Jahre wurde ein Waffenstillstand für eine bestimmte Zeit zwischen den Heerführern vereinbart. Aber durch den Kaiser selbst wurde infolge eines gegen alle Erwartung von einigen Heerführern des Kaisers begangenen sinnlo­sen Unrechts neues schlimmes Leid über uns gebracht. Der Feind wiederholte zum zweiten und dritten Male seine Rheinüberquerung mit noch größerer Heeresmacht. So wurde unsere traurige Lage wiederholt und die Raubgier der Feinde offenbar. In dieser trübseligen Zeit, deren Ge­dächtnis allzeit haften bleiben wird, habe ich meinen Ein­zug in diese meine Pfarrei am Feste des hl. Johannes des Täufers vollzogen. Es gab kaum ein festgefügtes Haus, es drohte immer ein feindlicher Überfall. Es war darum sehr schwer, für das Nötige im Haus zu sorgen und es in so großer Gefahr zu bewohnen. Aber mit göttlicher Hilfe und nach Überwindung gewisser Widerstände habe ich mei­nen Missionsauftrag erfüllt, das Pfarrhaus bezogen und meine Pfarrei im Namen des Herrn zu verwalten begon­nen. Und es fehlte nicht an göttlichem Beistand: die ganze Kriegszeit hindurch bin ich heil und gesund geblieben. Da ein Pfarregister für die Documente der Pfarrei, ihre Rechte, Einkommen und andere Erzbischöfliche Verord­nungen nicht existierte, sondern nur einige lose Blätter sich fanden, habe ich dieses Register anzulegen begon­nen, das meine Herren Nachfolger fortsetzen wollen."

H. Hannappel, Pastor. [13]

(Pfarrer Robert Flink fügt in seiner Geschichte der Katholischen Pfarrei Wirges aus dem Jahre 1959 diesem Text folgende Bemerkung hinzu: "Aber der gute Pfarrer und Kirchenrath hat obige Präfatio geschrieben und dann in den 41 Jahren seiner Tätigkeit in Wirges keine Zeile mehr der Pfarrchronik hinzugefügt.") [7]

 

Auch die Zeit des 18. Jahrhunderts war demnach eine unruhige Zeit, in der unsere Heimat unter den Überfällen der Franzosen besonders im Anschluss an die Französische Revolution zu leiden hatte.

Schon 1736 und 1756-1763 im Siebenjährigen Krieg zogen französische Truppen plündernd durch den Westerwald. Dasselbe wiederholte sich 1790, als französische Soldaten im Amte Montabaur wüteten und auch Wirges heimsuchten und plünderten.

 

1801-1803

In der Folge brach unter dem Ansturm Napoleons der Untergang des alten deutschen Reiches und auch des Kurstaates Trier herein. Im Jahre 1801 wurden die links­rheinischen kurtrierischen Gebiete französisch. Im Reichsdeputationshauptschluss 1803 wurde der rechts­rheinische Teil des Kurstaates und damit auch das Amt Montabaur mit Wirges dem Herzogtum Nassau-Weilburg einverleibt.

 

1803-1866

DIE NASSAUISCHE EPOCHE

 

Durch den Übergang der rechtsrheinischen trierischen Gebiete an Nassau waren die dem Florinsstift in Koblenz gehörigen Güter, Gilten, Zehnten etc. an den Fürsten von Nassau-Weilburg gelangt. Im Jahre 1806 vereinigten sich die beiden nassauischen Fürstentümer Dillenburg und Weilburg zu einem Herzogtum Nassau.

 

Pfarrer Hannappel, der seit Juni 1796 Pfarrer von Wirges war und dies bis zu seinem Tode am 27.02.1837 blieb, leitete den Übergang aus der trierischen Landeshoheit in die nassauische über. Er begleitete verschiedene Ehrenämter. Er war Dekaneiverwalter des Landkapitels Montabaur, welches dem früheren Dekanate Engers folgte, war nassauischer Schulinspektor und Kirchenrat. Er war, wie Johann Diefenbach in seiner Chronik berichtet, ein schöner Mann, in Montabaur geboren und trug die alte klerikale Tracht: Kniehosen, Schnallenschuhe, schwarze Strümpfe, lange Soutanelle und Dreimaster. [1]

 

Unter der nassauischen Regierung wurde der Schulunterricht sehr gefördert. Aus der früheren Pfarrschule wurde eine Volksschule, in der in 8 Jahrgängen ganzjährig Unterricht erteilt wurde.

 

1808-1824

In den Jahren 1808 bis 1824 wirkte Lehrer Hermann Steinebach als erster ständiger Lehrer an der Wirgeser Schule.

 

1809

Für Dernbach wurde 1809 von Pfarrer Hannappel ein ständiger Lehrer eingesetzt. Er hieß Matthias Steinebach, ein Bruder von Hermann Steinebach.

 

1810

Matthias Steinebach führte im Sommer 1810 auf Anraten des Pastors Hannappel eine Sonn- und Feiertagsschule ein.

 

1810-1816

Von 1810 bis 1816 wirkte Kaplan Quirin Klau in Wirges. Es wird berichtet, dass Kaplan Klau aus Wirges den späteren Lehrer Goldhausen in Dernbach in der deutschen, lateinischen und französischen Sprache unterrichtete. [21]  

 

1811/03

Im März des Jahres 1811 hielt Pastor Hannappel zum erstenmal mit seinen Pfarrkindern eine öffentliche Prüfung in der Pfarrkirche zu Wirges ab. Auch die Kinder der Filialgemeinden waren hierbei anwesend. Auch in der Folge wurden alle schulischen Prüfungen, die Frühlings- und Herbstprüfung in der Pfarrkirche zu Wirges abgehalten. Die Frühlingsprüfung war zu Ostern vor der Einschulung. [8]

 

1813-1814

Nach der Niederlage Napoleons im Russlandfeldzug und der Schlacht bei Leipzig (1813) zogen sich die Franzosen über den Rhein zurück. Ihnen folgten russische Kosaken. Sie waren ab November 1813 bis 1814 in Wirges einquartiert. Das Schlimmste, was sie brachten, war die sogenannte "russische Krankheit", der Typhus. Im Kirchspiel Wirges starben 1814  212 Personen, während es vorher ca. 70 pro Jahr gewesen waren. [1]

 

1817-1832

Pfarrer Hannappel wurde 1817 zum Schulinspektor über alle Schulen des Amtes Montabaur mit Ausnahme der Stadt Montabaur selbst ernannt, welches Amt er bis 1832 ausübte.

 

ab 1819

Ab 1819 war Pfarrer Hannappel auch Landesdechant über 20 Pfarreien des Dekanates Montabaur.

 

1819

Der alte Kirchhof an der Pfarrkirche, auf dem die Verstorbenen der Pfarrei Jahrhunderte lang begraben worden waren, wurde auf Dauer zu klein, so dass 1819 ein neuer Friedhof hinter dem Reginlindis-Park angelegt wurde.

Zuerst wollte man einen Friedhof in der Gewann Hopfengarten einrichten. Aus praktischen Gründen legte man aber  1819 den zur Kirche näher gelegenen Nordfriedhof für das ganze damals 3.000 Seelen umfassende Kirchspiel an. Zur Unterhaltung der beiden Friedhöfe mussten sämtliche Filialorte Unterhaltskosten zahlen. [17]

 

nach 1819

Der alte Kirchhof wurde vermutlich erst nach dem Bau des 1819 neu angelegten Nordfriedhofes eingeebnet.

 

1824-1881

Auf Lehrer Hermann Steinebach folgten sein Sohn Johann Steinebach, Lehrer Jacob Diefenbach und Joseph Conradi. Jacob Diefenbach wirkte von 1825 bis 1871 als Lehrer und Kantor in Wirges. Die Bedeutung von Lehrer Jacob Diefenbach für den Ort und die Pfarrei Wirges wird deutlich, wenn die Schulchronik über sein goldenes Lehrerjubiläum berichtet:

"Es ging wie ein Sturmeswehen durch die Herzen aller, den lieben alten Lehrer zu ehren, ihm zu zeigen, dass der Same, den er unermütlich ausgestreut hatte, nicht auf felsigen Boden gefallen sei. Unter dem herrlichen Gesang der Seminaristen, die zur Verherrlichung des Festes von Montabaur herübergekommen waren, begann die Feier des hl. Messopfers, dargebracht von den 3 Söhnen des Jubilars, während ein vierter den Gesang auf dem Harmonium begleitete und die zwei jüngsten mit dem einzigen Enkel als Messdiener bei der hl. Handlung mitwirkten. Es war ein ergreifendes Schauspiel für alle Anwesenden." [2]

Jacob Diefenbach starb 1881. Nach dem Bau der Kapelle auf dem Wirgeser Nordfriedhof im Jahre 1910 wurde er dorthin umgebettet.

 

1827

Mit der Neugründung des Bistums Limburg im Jahre 1827, das sich weitgehend mit den Grenzen des Herzogtums Nassau deckte, ging die kurtrierische Zeit, die für Wirges vom Jahre 1018 an gedauert hatte, endgültig zu Ende.

 

1832

1832 wird Pfarrer Heinrich Hannappel in den Ruhestand versetzt. Er wohnt jedoch weiterhin in Wirges.

 

1835

Im Jahre 1835 feiert Pfarrer Hannappel sein goldenes Priesterjubiläum. Das Fest wurde zugleich mit seinem Namenstag am 15. Juli gefeiert. [7]

Kaplan Wolf, der spätere Pfarrverwalter von Wirges, hat den nachstehend überlieferten Teil eines Festgedichtes verfasst:

 

Heil dem Manne, dem das höchste Wesen

Seine Lebenstage mild verschönt!

Heil dem Greise, den in diesem Jahre

Gott zum Jubelpriester hat gekrönt!

Dir, dem Gott so große Freuden spendet,

Dem des Himmels voller Segen blüht;

Dir, dem in dem hohen Greisenalter

Stets das Herz voll Menschenliebe glüht!

Dir ertönen heute unsre Freudenlieder,

Dir ergeben sich mit frommem Sinn

Heut aufs Neue alle Deine Kinder.

Nimm, o nimm die Herzenswünsche hin!

 

1837

Pfarrer Hannappel stirbt am 27.Februar 1837 am Tische sitzend durch einen Schlaganfall [1]. Er wird auf dem Friedhof seiner Heimatstadt Montabaur beigesetzt. [35]

Nach dem Tode von Pfarrer Hannappel wird bis zur Wiederbesetzung der Pfarrei Kaplan Wendelin Wolf als Pfarrverwalter von Wirges eingesetzt.

 

1838-1868

Im April 1838 kommt der frühere Kaplan von Wirges Quirin Josef  Klau, ebenfalls in Montabaur geboren, als Pfarrer nach Wirges. Er wurde gleichzeitig Schulinspektor. Später bekommt er auch noch den Titel eines Geistlichen Rates. Pfarrer Klau war bis zum 3. Juni 1868 Pfarrer von Wirges. [1] [32]

 

1833-1840

Nachdem die Schülerzahlen an der Wirgeser Schule gewachsen waren - 1840 gab es 150 Schüler an derselben -  und die Verantwortung für den Neubau von Schulen von der nassauischen Regierung auf die Ortsgemeinden übertragen worden war, kaufte die Gemeinde Wirges 1833 wohl zu Erweiterungszwecken das 1. Schulhaus, das der Pfarrei Wirges gehörte, und von dem Kaufschilling erhielt jeder der Kirchspielortschaften seinen Anteil [2]. Doch bereits 1838 musste mit dem Bau einer neuen Schule, dem späteren Bürgermeisteramt, an der Obergasse, an der Stelle der heutigen Wirgeser Bank, begonnen werden. Über die Einweihung im Jahre 1840 ist in der Schulchronik nachzulesen:

 

"Nach beendigtem Gottesdienst begaben sich die Schulkinder mit Fahnen in einer Prozession unter Gesang und Glockenklang zum neuen Schulhause. Herr Pfarrer Klau sprach Segensgebete, und ein Schulmädchen trug ein Gedicht vor. Ich (Lehrer Diefenbach) öffnete die Tür, und die ganze Versammlung betrat die neue Schule.." [17]

 

1838

Pfarrer Klau gründete im Jahre 1838 auch den Kirchenchor von Wirges, indem er unter Leitung des Lehrers und Kantors Jacob Diefenbach aus Wirges junge Männer und Frauen aus der Pfarrei zu einem kirchlichen Singekreis zusammenführte.

 

1842-1843

Mit der Ernennung von Dr. Peter-Joseph Blum im Jahre 1842 als Bischof der 1827 neu geschaffenen Diözese Limburg nahm das kirchliche Leben nach den Stürmen der Säkularisierung während der napoleonischen Zeit einen beachtlichen Aufschwung.

Die erste Firmung durch den neuen Bischof im Jahre 1843 wurde sehr glanzvoll begangen.

 

1844

Im folgenden Jahre fand eine große Wallfahrt nach Trier statt, wo vom 18. August bis 6. Oktober 1844 der hl. Rock durch Bischof Wilhelm Arnoldi zur öffentlichen Verehrung ausgestellt wurde. Aus der Pfarrei Wirges gingen 2 Pro­zessionen dorthin, die erste geführt von Pfarrer Klau, die 2. von Kaplan Auer, der im gleichen Jahr als Kaplan nach Wirges gekommen war. Wirges hatte zu jener Zeit 834 Katholiken, während vergleichsweise nur 8 evangelische Bürger in Wirges wohnten. [1] [2]

 

1845

In Dernbach gründete zu dieser Zeit die am 26.05.1820 in Dernbach geborene Katharina Kasper einen Krankenpflegeverein mit ersten Statuten im Jahre 1845, aus dem später die Kongregation der Armen Dienstmägde Jesu Christi hervorgehen sollte. Katharina Kasper besuchte häufig Pfarrer Josef Klau, dessen Pfarrkind sie ja war und Kaplan Rasbach, der ab 1838  Pfarrer von Wirges war und mit dem sie häufigere Unterredungen hatte. [21] [35]

 

Domdekan Prälat Dr.Hilpisch schreibt hierzu:

"Der fromme Verein der Katharina Kasper fand den vollen Beifall und die tatkräftige Förderung des zuständigen Pfarrers von Wirges, Quirin Josef Klau, der ein sehr würdiger Priester und Katharina wie ihrem Verein stets sehr wohlwollend war." [8]

 

ab1847

Ab 1847 war Kaplan Petry in Wirges tätig, dem, wie aus der Chronik von Dernbach zu entnehmen ist, am 26. Februar 1847 die facultas binandi, d.h. die Vollmacht, 2 hl. Messen an Sonn- und Feiertagen zu lesen, gegeben wurde, um sonn- und feiertags einen Gottesdienst in der St. Laurentiuskapelle zu Dernbach halten zu können. Am 21. Dezember 1848 wurde diese Vollmacht auf ein Jahr verlängert. [8]

 

1848

1848 bezog Katharina Kasper das 1. Haus in Dernbach, zu dessen Bau ihr Pfarrer Klau 200 Gulden als Grundstock geschenkt hatte. [35]

 

1848

Ein schönes Bild des damaligen kirchlichen Lebens schildert Geistlicher Rat Johann Diefenbach:

"Das Fronleichnamsfest wurde feierlich gehalten durch Umgang durch die Flur, durch das Kornfeld. Die Altäre wa­ren höchst einfach; sechs Birken bezeichneten den Platz des Altares. Ein transportabler Altar, der mit einem Fuße in die Erde eingesenkt wurde, umstellt von ein paar mit­getragenen Wandlichtern, diente zur Segensspendung. Und doch hatte der Zug durch die wallenden und wogen­den Kornfelder auf grasigen Feldwegen, der Zug, welcher 1848 bis ins Eimet sich erstreckte und am Fuße des Stei­mel sich hinbewegte, etwas wunderbar Erhabenes. Die Gesänge, von der Musik begleitet, die im Walde den Voll­gesang der Vögel reizte, im Anblick der lachenden Natur, waren Momente von unbeschreiblicher Schönheit. - In der Karwoche spielte das heilige Grab mit seinen farbigen Leuchtkugeln eine große Rolle. Es bildete eine Kapelle in der Kirche. Am Ostersonntag, morgens 5 Uhr, war die Auferstehungsfeier. Ohne Geläute, ohne Gebet und Ge­sang, schritt die Prozession dreimal um die Kirche. Der Pfarrer trug das Kruzifix und klopfte dreimal an die ver­schlossene Portaltüre mit der Aufforderung: "Eröffnet euch, ihr ewigen Pforten, damit der König der Ehre ein­ziehe", worauf im Innern eine Stimme antwortete:"quis est iste rex gloriae ?" (Wer ist der König der Ehre?) Erst beim drittenmale gab der Priester die Antwort: "Dominus ipse est rex gloriae." (Der Herr selbst ist der Ehrenkönig.) Dar­auf öffnete sich das Tor, die Glocken läuteten und das Volk zog in die offene Kirche mit dem Gesang: "Christus ist erstanden."

Während der drei letzten Tage der Karwoche schwiegen die Glocken. An ihre Stelle traten die Schulbuben mit ihren Klappern. Zu jedem Hauptgottesdienste zogen sie eine halbe Stunde vor Beginn laut klappernd zweimal durch den Ort, abwechselnd mit dem lauten Ruf: "Das ist das erstemal", dann "das ist das zweitemal." Dafür hatten sie das Privileg, am Samstagmorgen nach dem Amte mit einem Korbe durch den Ort zu ziehen, um bei den Hausfrauen Ostereier einzusammeln, welche dann später unter die älteren Jahrgänge brüderlich geteilt wurden". (Dieser Brauch hat sich erfreulicherweise in Wirges bis in unsere heutige Zeit erhalten.) [1]

 

1848

Die 1848er Revolution ging auch an Wirges nicht ganz spurlos vorüber. Geistl.Rat Diefenbach schreibt hierzu:

"Die Stürme des Jahres 1848 tobten auch in dem stillen Wirges. Die Versuche eines Böswinter, den Pfarrer zu stürzen, misslangen." [1]

 

1848

1848 erfolgte auch die Neueinweihung der wiederhergestellten Heilbornkapelle in Dernbach durch Pfarrer Klau von Wirges. [1] 

 

um 1848

Um diese Zeit wurde erstmals der Neubau der jetzigen 3. Kirche von Wirges erwogen und durch Verhandlungen mit der nassauischen Regierung ein Übereinkommen getroffen, wodurch diese die Baulast an die Pfarrei Wirges abtrug gegen eine Ablösungssumme von 75.000 Taler. Dies war der finanzielle Grundstock, mit dem der spätere Neubau der jetzigen Kirche möglich wurde. [1]

 

1850/03

Im März 1850 wurde in Wirges eine "große Mission" durch 6 Redemptoristen-Patres (Liguorianer) aus Bayern ab­gehalten. Auch dies diente der allgemeinen religiösen Er­neuerung, so dass ab 1850 auch der häufigere Empfang der Sakramente üblich wurde, während das kirchliche Le­ben bis dahin wenig geweckt war. Wer 2-3 mal im Jahre die hl. Sakramente empfing, galt als fromm. [1]

 

um1850

Infolge der allgemeinen religiösen Erneuerung, aber auch aufgrund der Zunahme der Bevölkerung entstand bei den Filialgemeinden der Wunsch nach Errichtung eigener Pfarreien mit selbständiger Seelsorge. Zuerst versuchte sich Dernbach von der Wirgeser Pfarrei zu lösen.

 

1850/03/15

Am 15. März 1850 schreibt der Dernbacher Bürgermeister Christian Paulus an Bischof Peter Josef Blum wegen des Wunsches nach einer eigenen Vikarie. Unter anderem heißt es dort:

"Den Wirgeser  Pfarrzehnten, welcher aus hiesiger Ge­markung nach Wirges fließt, haben die Zehntpflichtigen für 800 Gulden angekauft. Die Pfarrgüter der Pfarrey Wir­ges in hiesiger Gemarkung können jährlich ca. 40 fl. ein­tragen."

Über diese Pfarrgüter wird bereits im 18. Jahrhundert an anderer Stelle berichtet. (® 1786)

 

1850/05/24

Am 24. Mai des Jahres 1850 richtete der Gemeinderats- und Kapellenvorstand von Dernbach ein Gesuch  an das Bischöfliche Ordinariat und bemerkte dazu: "Über die Notwendigkeit und Nützlichkeit, Dernbach vorläufig durch eine Vikarie und später durch eine Pfarrey von der Pfarrkirche zu Wirges zu trennen, davon ist das Hochwürdigste Bischöfliche Ordinariat selbst überzeugt, da ihm ja die Verhältnisse der Pfarrey Wirges ausführlich bekannt sind; denn die Kirche zu Wirges ist viel zu klein, zum größeren Bauen fehlen die Mittel. Die Pfarrey Wirges zählt gegenwärtig 4090 Katholiken."

 

1850/06/04

Das Ordinariat stimmte dem zu und erwiderte in einem Schreiben an den Dekan Endres zu Montabaur am 4. Juni 1850:

"Wenn erwogen wird, daß die Pfarrei Wirges 4000 Seelen zählt, verteilt auf 9 Orte, Pfarrer Klau vorgerückteren Al­ters und mit einem bedauernswerten Augenleiden behaf­tet, dass ferner Dernbach schon 1837  785 Katholiken und 2 Schulen hatte, so ist es wohl möglich, deshalb einen Vi­kar in Dernbach anzustellen und das Gehalt für densel­ben, 400 fl. nebst freier Wohnung, aufzubringen. Der Vikar müsste dann noch Ebernhahn mitversehen."

 

1850/12/06

Doch der Gemeinde- und Kapellenvorstand von Dernbach war mit den finanziellen Bedingungen nicht einverstanden, so dass die bischöfliche Behörde am 6. Dezember 1850 den Bescheid gab, sie hätte aus den Äußerungen nicht diejenige Opferwilligkeit von Seiten der Gemeinde entnehmen können, welche die Gründung einer Vikarie in Dernbach ermöglichte; ja, man will nicht einmal auf die Bedingung, unter welcher Herr Pfarrer Klau erbötig ist, einen 2. Kaplan anzunehmen, der bei ihm logiert und jeden Sonn- und Feiertag zu Dernbach Dienst halte, wenn ihm nämlich 150 fl. aus dem Kapellenfonds zu Dernbach bewilligt werden, eingehen." [8]

Somit war der Gedanke an eine selbständige Pfarrei für Dernbach in weite Ferne gerückt.

Es dauerte noch bis 1890, und es sollte zuerst noch zur Klostergründung der Armen Dienstmägde Jesu Christi unter Katharina Kasper in Dernbach kommen, ehe sich Dernbach als 1. Filialgemeinde von Wirges ablöste.

 

1851/08/15

Die Gründung der Genossenschaft der "Armen Dienstmägde Jesu Christi"

Es war am Feste Mariä Himmelfahrt, am 15. August 1851, als Bischof Dr. Peter Josef Blum in Anwesenheit von Pfarrer Josef Quirin Klau Katharina Kasper zusammen mit 4 anderen Jungfrauen, nämlich Katharina Schönberger, Anna Maria Müller, Elisabeth Meuser und Elisabeth Haas in der Pfarrkirche zu Wirges vor dem alten Marienaltar, etwa an der Stelle der heutigen Taufkapelle, ein geistliches Kleid anlegte und sie zur Ablegung einfacher Gelübde zunächst für 3 Jahre zuließ. Nach der Gelübdeablegung zogen sie sich mit dem Bischof und dem Pfarrer in das Pfarrhaus zurück, wo sie, wie schon zuvor durch den Bischof persönlich in ihr zukünftiges Tun eingeführt wurden. Von da an erschienen dieselben als kirchliche Genossenschaft unter dem Namen "Arme Dienstmägde Jesu Christi" (A.D.J.Chr.). [21] [35]

 

ab1851

Der Orden wuchs schnell und gründete überall in Deutschland, später auch in Holland, England und den USA Zweigniederlassungen.

 

1852

1852 fanden für die Schwestern die ersten Exerzitien in der Pfarrkirche in Wirges statt, abgehalten von Pater Eichelsbacher aus Bornhofen. Bei diesem Anlass erhielten sie ihre Ordensnamen. Katharina hieß nun Schwester Maria und die anderen Schwester Theresia, Elisabeth, Clara und Agnes. [21]  

 

1854

1854 stirbt Schwester Alphonsa als erste Dernbacher Schwester und wird auf dem alten Wirgeser Friedhof begraben. Die Dernbacher Schwestern wurden noch bis 1870 in Wirges beerdigt. Ihr gemeinsames Gräberfeld befand sich unweit der Friedhofskapelle auf der Südseite des Friedhofes. Das Gräberfeld wurde in den 50er Jahren unseres Jahrhunderts eingeebnet und leider erinnert heute kein Hinweis mehr an diese historische Beziehung zu Wirges.

 

1854

Vorplanungen für den Bau der 3. Kirche:

(entnommen aus Dr. Baaden, Der Westerwälder Dom feiert Geburtstag) [36]

Die Zehntherren von Wirges, welche für die Unterhaltung der Wirgeser Pfarrkirche und den geplanten Kirchenneubau zuständig waren, hatten zum Teil gewechselt. Haupt-Zehntherr war nun die herzoglich nassauische Domänenverwaltung, welche als Rechtsnachfolger des Florinstifts in Koblenz den größten Kostenanteil zu tragen hatte. Daneben waren der Graf von Walderdorff zu Molsberg, der Freiherr von Heddesdorf zu Winningen und die Gräfin von Gieck zu Nassau als Rechtsnachfolgerin der Freiherrn vom Stein verpflichtet, ihren Anteil an den Baukosten beizutragen. Nur die Gräfin von Gieck war bereit, den auf sie entfallenden Anteil zu zahlen. Da die anderen Zehntherren sich weigerten, musste der Kirchenvorstand 1854 gerichtlich gegen sie vorgehen.

 

1855/10/25

Am 25.10.1855 erging das Urteil, wonach die Zehntherren verpflichtet waren, Chor und Schiff der Pfarrkirche zu erbauen bzw. zu vergrößern. Für den Bau des Turmes war die Kirchengemeinde verantwortlich. Die Gemeindemitglieder hatten außerdem unentgeldlich Hand- und Spanndienste zum Kirchenbau zu leisten.

Die Zehntherren gaben sich mit dem Urteil nicht zufrieden und wandten sich an das herzogliche Hof- und Appelationsgericht in Dillenburg. Ihre Berufung wurde 1858 von dem Gericht abgewiesen. Unterdessen gingen im Dorf die Meinungen darüber auseinander, ob ein Neubau oder ein Anbau der Kirche geplant werden solle. Der Kostenanschlag für eine neue Kirche, der von Dombaumeister Wolf in Limburg aufgestellt worden war, belief sich auf 48.380 Gulden. Da er den Wert der alten Kirche auf 3.200 Gulden veranschlagte, verblieben nach seiner Rechnung noch 45.180 Gulden, die von den Zehntherren aufzubringen waren.

 

1856/08/19

Am 19. August 1856 findet die Primizfeier des Neupriesters Johann Diefenbach, des am 25.01.1832 geborenen Sohnes des Wirgeser Lehrers Jacob Diefenbach, in der Pfarrkirche zu Wirges statt.

Der schon hochbetagte Pfarrer Klau zählte es zu seinen größten Freuden auf Erden, dass unter seiner Amtsführung die Gründung der zu so großer Blüte gelangten Kongregation der Armen Dienstmägde Jesu Christi erfolgte und seine Pfarrei begonnen hatte, eine Pflanzstätte und Schule vieler junger Priester zu werden. [1]

 

1859

Das weitere Wachsen der Gemeinde hatte zur Folge, dass seit dem Jahre 1859 ernsthaft erwogen wurde, die Pfarrei Wirges zu teilen und Dernbach und Staudt zu selbständigen Pfarreien zu machen. Auch Leuterod und Ötzingen drängten auf ihre Abtrennung von der Urpfarrei und auf den Bau eines ortseigenen Gotteshauses ­[22]. Hinzukam, dass die 1775 erbaute Wirgeser Kirche schon lange wieder zu klein war und sich  ferner  Risse an dem Bau zeigten, die vom Fundament bis zum Dach gingen. Pfarrer Quirin Josef Klau bemühte sich zusammen mit dem Kirchenvorstand um Abhilfe. 1050 Gulden und viel Baumaterial hatten sie schon gesammelt. Doch nachdem die Bemühungen für einen Kirchenneubau vorläufig keine Aussicht auf Erfolg hatten, reparierte man das Langhaus der Pfarrkirche sowie den klaffend gerissenen Kirchturm noch einmal. [3]

 

1861

1861 erstellte der herzogliche nassauische Bauinspektor Mäurer ein weiteres Gutachten, wonach der Kirchenneubau 68.000 Gulden kosten sollte. Sofern auch der Kirchturm und die Sakristei erneuert würden, kämen weitere 20.000 Gulden hinzu. Für drei neue Altäre, Kanzel, zwei Beichtstühle und neue Kirchenstühle hatte er zusätzlich Kosten von 8.300 Gulden ermittelt, so daß nach seinem Kostenanschlag die Gesamtkosten 96.300 Gulden betragen sollten.

 

1862

Bauinspektor Mäurer schlug 1862 als Bauplatz den Kirchhof mit der alten Kirche vor. Ein alternativ vorgesehener Bauplatz am Siershahner Weg liege in der Nähe der Krugöfen am äußersten Westende und daher zu weit draußen. Die Kirche solle "im Dorf bleiben!"- Ein Gegengutachten kam zu dem Ergebnis, daß der Baugrund an der alten Kirche ungeeignet und der Platz außerdem zu klein sei.

 

1862

Unterdessen hatten die nassauischen Behörden mit den Zehntherren verhandelt, die ihnen obliegende Kirchen­baulast endgültig durch eine einmalige Zahlung in Geld abzulösen. Der Kirchenvorstand und das herzoglich nas­sauische Finanzkollegium verglichen sich 1862 dahin, dass als Ablösungssumme für die Zehntverpflichtung 52.000 Gulden gezahlt werden sollten. Damit wäre die Bauverpflichtung der Zehntherren für eine neue Kirche für alle Zeiten abgelöst. Die vereinbarte Ablösungssumme er­schien der bischöflichen Behörde in Limburg jedoch zu gering. Es wurden neue Verhandlungen mit den Zehnther­ren aufgenommen. Rechtsnachfolger für den Freiherrn vom Stein als Zehntherr war inzwischen der Graf von Kielmannsegg.

 

1864/02/16

Schließlich erging am 16.02.1864 ein Urteil des herzoglichen Appelationsgerichts, durch welches die Ablösungssumme auf 69.706 Gulden 40 Kreuzer festgesetzt wurde. Die herzogliche Domäne hatte hiervon 59.089 Gulden 11 Kreuzer zu tragen. Mit der Zahlung der festgesetzten Summe sollte sowohl die Verpflichtung zum Neubau wie zur Unterhaltung der Kirche in Wirges abgelöst sein.

 

1864

1864 setzten sich 34 Gemeindemitglieder von Wirges in einer Eingabe an das bischöfliche Ordinariat in Limburg nachhaltig für einen Umbau der Kirche ein. [32]

 

1864

1864 wurde unter Pfarrer Klau auf Anregung von Pfr. Johann Diefenbach die Kapelle auf dem Steimel und der Kreuzweg auf dem entsprechend benannten Stationenweg gebaut [2]. Die 14 Stationen die vom Ortsausgang bis zum Steimel aufgestellt waren, waren im Gegensatz zu den jetzigen Stationen rechteckig geformt. Hinter einer Glasverblendung befanden sich jeweils die Farbdrucke der Kreuzwegstationen, im übrigen aber ähnelten diese mit ihrem weißen Kalkanstrich den heutigen Bildstöcken auf dem Steimel. [20]

Der Erbauer der Steimelskapelle war der Maurermeister und Junggeselle Johann Adam Quirmbach, genannt "Rurersch Hannes", der in dem heute abgerissenen alten "Bienersch Haus" in der Nähe der Kirche wohnte. Geholfen haben die Wirgeser an ihrem Kirchlein alle, gegraben und gerodet, Steine und Sand gefahren und getragen. Die Euler sorgten für den Bodenbelag. Von ihnen sind noch folgende Namen überliefert. Euler Pitter (Peter Pitz), Nauheims Pitter und Eyljock's Willem (Wilhelm Gerz). [23] [20]

Die Schulchronik berichtet: "Der Herr Kaplan hielt eine schöne Rede über den Zweck dieses Baues und wünschte, dass er allen Segen bringen möchte. Zum Schluss wurde das Danklied 'Großer Gott wir loben Dich' gesungen und mit Böllerschüssen begleitet." [25]

Von jenem Zeitpunkt an zog Pfr. Klau alljährlich nach der in der Kirche stattgefundenen Schulvisitation, die Kirchenfahnen voraus, mit den Kindern und Lehrern hinauf auf den Steimel. Dort fanden nach Gesang und Gebet allerlei lustige Spiele statt. [35]

 

1865

Ein Jahr nach dem Bau der Steimelskapelle baute auch Staudt auf Anregung von Pfarrer Quirin J. Klau und nach finanzieller Unterstützung durch ein Vermächtnis des Schultheißen Peter Metternich eine eigene Kapelle, die am 24.8.1865 zu Ehren des hl. Bartholomäus geweiht wurde. In ihr fand jedoch nur jeweils zur Kirchweih eine heilige Messe statt. [35]

 

1865/11
Wie im November 1865 berichtet wird, hatten die 3 kleine­ren Zehntberechtigten der Wirgeser Pfarrei ihre Ablö­sungssumme für den Bauunterhalt der Wirgeser Pfarrkir­che von 10.617 Gulden 29 Kreuzer bis dahin bereits ein­gezahlt. Mit dem Domänen-Fiskus musste noch jahrelang weiter verhandelt werden, da er den auf ihn entfallenden Anteil nicht anerkennen wollte. [32]      

 

1866

Wegen der Verbindung Herzog Adolphs von Nassau mit den Österreichern, die 1866 im Bürgerkrieg mit den Preußen standen, wurde nach dem Sieg Preußens das Herzogtum Nassau durch die Preußen besetzt.

Der Regierungsbezirk Wiesbaden wurde ein Teil der neu geschaffenen preußischen Provinz Hessen-Nassau.

Mit dem Übergang in die preußische Oberhoheit sollten sich für Wirges entscheidende strukturelle Veränderungen ergeben.

 

nach 1866

In der Zwischenzeit waren zwar die Planungen für den Kirchenneubau bzw. eine Erweiterung  der alten Wirgeser Kirche weitergegangen, doch die Auseinandersetzung, ob Neubau oder Umbau, war immer noch nicht zu Ende gekommen. In jedem Fall brauchte man nun die Zustimmung der preußischen Regierung. Sie hatte sämtliche Rechte der ehemaligen Zehntherren an sich gezogen. Deshalb musste sie auch deren Pflichten übernehmen, zumindest der Baumaßnahme zustimmen.

Eingabe um Eingabe wurden an diese neue Behörde und das Ordinariat in Limburg gerichtet, u.a. mit der Begründung:

"sonntags sei die Kirche so voll, dass das Aufschlagen der Gebetbücher unmöglich sei, die Mannesjugend während der Messe auf der Mauer der angrenzenden Wirtschaft,  ja, in derselben sitze und so sittlich gefährdet sei." [13]

 

1868

Es wird erwähnt, dass ab 1868 das Harmonium reparaturbedürftig und nicht mehr spielbar war.

 

1868/02/15

Der Bischof von Limburg schrieb am 15.02.1868 an die königlich preußische Regierung, dass die Zahl der Pfarrangehörigen inzwischen auf 4.765 angewachsen sei. Wenn zwei Drittel Sitzplätze erhalten sollten, so sei die vorgesehene Zahl von 2.664 Sitzplätzen zu wenig. Der Bischof lehnte es ab, dass 3/11 der Pfarrangehörigen nur Stehplätze bekommen sollten.

 

1868/06/03

Am 3. Juni 1868 starb Pfarrer Klau.

 

nach 1868/06/03-1879/03/10

Auf Pfarrer Klau folgte im gleichen Jahr Pfarrer Peter Prötz, der bis zum 10. März 1879 Pfarrer von Wirges blieb. [7]

 

1869/07/16

Am 16.07.1869 einigte sich der Kirchenvorstand von Wirges mit der königlich preußischen Regierung, als Rechtsnachfolgerin der herzoglich nassauischen Domäne, auf eine Abfindungssumme von 57.000 Gulden wegen des Kirchenum- oder neubaus.

 

1869/09/16 

Pfarrer Prötz und der Kirchenvorstand weisen am 16.09.1869  in einer Eingabe nach Limburg nochmals auf die außerordentlich beengten Raum- und Platzverhält­nisse hin. Pfarrer Prötz will um seine Versetzung bitten, wenn die Missstände nicht bald durch einen Neubau ab­gestellt würden, da er seine Pflichten als Seelsorger unter den bisherigen Umständen nicht erfüllen könne.

Das bischöfliche Ordinariat erklärte daraufhin, es wolle zunächst eine Kommission nach Wirges schicken, um auch die Wünsche der Filialgemeinden kennenzulernen.

Durch die Anhörung der Filialgemeinden ergaben sich un­erwartet neue Schwierigkeiten für den Kirchenneubau. Beim Diözesanarchiv in Limburg lagern Dutzende von Eingaben und Bittschriften der Filialgemeinden aus den 60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts, die einerseits von den Pfarrfamilien, andererseits aber auch von den Zi­vilgemeinden unterschrieben wurden. Mehrere Filialge­meinden des Kirchspiels vertraten die Auffassung, dass sie an der Ablösungssumme zu beteiligen seien, die von den Zehntberechtigten zwecks Befreiung von der Kirchen­baulast gezahlt wurde. Da der Kirchenneubau im Wesent­lichen mit der Ablösungssumme der Zehntherren finan­ziert werden sollte, würde bei Beteiligung der Filialge­meinden an dem Ablösungskapital ein Teil der Baufinan­zierung ausfallen. Dadurch würden zwangsläufig erhebli­che Schwierigkeiten für die Gesamtfinanzierung des Kir­chenneubaus entstehen. Einzelne Kirchenvor-standsmit­glieder gingen sogar soweit, zu behaupten, dass bei einer Abtrennung mehrerer Filialgemeinden die alte Kirche für die verbleibenden Pfarrangehörigen ausreichen würde, so dass ein Neubau nicht mehr notwendig sei. Desweiteren wurde das Anliegen damit begründet, dass die Filialge­meinden teilweise schon eigene Kapellen errichtet hätten bzw. dies beabsichtigten oder sie hätten erhebliche Stif­tungskapitalien angesammelt, um einen regelmäßigen Gottesdienst in ihren Gemeinden zu ermöglichen. Weitere Gründe: Der Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes in Wirges würde für viele Filialpfarrkinder eine Tagereise be­deuten, und es sei zu beschwerlich. Die Hausfrauen könnten sonntags nicht so lange von Küche und Herd und von ihren Kleinkindern wegbleiben. Dazu kämen die Unbilden der Witterung auf den langen An- und Abmarschwegen, was insbesondere den älteren Leuten nicht mehr zumut­bar sei. In Wirklichkeit steckte natürlich mehr hinter diesen Bestrebungen nach Selbständigkeit. Einige Filialgemein­den wollten nämlich keine anteiligen Kosten für die ge­plante neue Kirche in Wirges mehr übernehmen. Andere versuchten sogar, dass sie von dem Pfarrvermögen nach ihrer Abtrennung noch etwas ausgezahlt bekämen, insbe­sondere von dem Ablösungskapital von 57.000 Gulden.

Angesichts dieser neuen Entwicklung legte das Bischöfliche Ordinariat in Limburg die Pläne für einen Kirchenneubau zunächst auf Eis. Man wollte zunächst einmal abwarten, was aus den Abtrennungs- und Verselbständigungsanträgen der Filialgemeinden werden würde. Denn, so argumentierte man weiter, wenn einzelne Filialkinder aus der Pfarrei ausscheiden, wäre die alte Mutterkirche unter Umständen gar nicht mehr zu klein, so dass ein Kirchenneubau nicht mehr erforderlich wäre. [35] [36]

Pfarrer Prötz vertrat im Gegensatz dazu die Auffassung, dass auch bei einer Abtrennung einzelner Filialgemeinden eine neue Kirche gebaut werden müsse. Er hatte sich für diesen Fall schon einen Bauplan von Bauinspektor Nebel aus Koblenz entwerfen lassen.

 

1870/01/12

In einer Sondersitzung des Kirchenvorstands und der Sendschöffen des Kirchspiels am 12.01.1870 sprachen sich 10 Mitglieder für die Ausgliederung von Filialgemeinden aus; nur 6 Mitglieder einschließlich Pfarrer waren noch für einen Kirchenneubau. Damit war klar, dass die Filialgemeinden, die bestrebt waren, eine eigene Pfarrei zu errichten, wie Dernbach und Ötzingen-Leuterod, nichts mehr zu den Neubau- oder Umbaukosten beitragen wollten.

 

1870/05/09

Am 09.05.1870 hatte Regens Münzenberger nach Besichtigung der Wirgeser Kirche ein Gutachten an das bischöfliche Ordinariat über den baulichen Zustand erstattet. Die Kirche weise zwar viele Schäden auf, jedoch sei das Mauerwerk im Kern gesund. Der Kirchturm stamme aus dem 11., höchstens aus dem 12.Jahrhundert. Der Turmhelm sei noch gut. Der Turm sei bei aller Einfachheit stattlich und dürfe nicht abgebrochen werden. Die Kirche fasse 1200 Personen und biete genug Raum. Eine Reparatur sei dringend erforderlich und koste 4.000- 5.000 Taler.

 

1870

Inzwischen hatte das Dernbacher Kloster schon einenenormen Aufschwung genommen. 1870 gab es bereits über 80 Niederlassungen mit etwa 500 Schwestern, u.a. auch in Holland und den USA. [21] 30 Schwestern waren bereits  gestorben. Sie wurden noch alle auf dem alten Wirgeser Friedhof beerdigt.

 

ca.1870

Über die damaligen kirchlichen Verhältnisse in Wirges berichtet Geistlicher Rat Diefenbach:

"Die alte Kirche besaß keine Orgel. Der Kirchengesang wurde unterstützt von den Chorsängern unter Leitung des Kantors, Lehrer Diefenbach, welcher die Lieder anstimmte, worauf der Chor und Gemeinde einfielen. Der Chor hatte männliche Mitglieder, welche mit dem Kantor die zwei Chorstühle auf der Evangelienseite einnahmen, während ein Dutzend Chorsängerinnen die vordersten Stühle am Muttergottesaltar innehatten.

Es galt als große Ehre, zu den Chorsängerinnen zu gehören. Sie hatten stets einen bevorzugten sicheren Platz und konnten mit ihrer guten Stimme Lob verdienen. Als Entgeld für ihre Leistungen wurde jedes 2. Jahr den Chorsängern und -sängerinnen ein Fest gegeben, unter dem Namen 'Der Sängerwein'.

An einem Sonntagnachmittage im Sommer versammelten sich die sämtlichen Chorsänger mit sämtlichen Kirchspiellehrern in einem Schulsaale, wo ein Fässchen Wein auflag und Tische gedeckt waren zu einem kleinen Schmaus. Die Herren Geistlichen durften nicht fehlen.

Man pflegte fast ausschließlich den deutschen Kirchengesang nach dem Diözesan-Gesangbuche, und wenn den alten Leuten eine besondere Freude bereitet werden sollte, griff man noch zurück auf alte Lieder aus dem trierischen Gesangbuch."

 

Über das Leben am Sonn- und Feiertag sagt Johann Diefenbach an anderer Stelle: "Am Nachmittag gehen die Frauen zum Kreuzweg oder zur Kapelle auf dem Steimel oder zum Kirchhof, um zu beten, und dann folgt ein Spaziergang ins Feld, in den Garten oder in die Wiese, die Kleinen zur Seite." [1]

 

1871-1884

In  die Amtszeit von Pfarrer Prötz fällt der Kulturkampf, unter dem das Bistum Limburg und auch die Pfarrei Wirges besonders zu leiden hatten. 1871 begann Preußen, besonders auf Betreiben Bismarcks, die katholische Kirche an der Ausübung ihrer bisherigen Rechte zu hindern.

 

ab 1872/07/04

Am 4. Juli 1872 wurden in dem sogenannten Jesuitengesetz der Jesuitenorden und ihm verwandte Priesterorden im Reichsgebiet verboten. Im Bistum Limburg waren davon nicht nur die Jesuiten in Marienthal im Rheingau, sondern auch die Redemptoristen in Bornhofen und die Väter vom Heiligen Geist in Marienstatt betroffen. [31]

Der aus Wirges stammende Redemptoristenpater Adam Weiand ging nach Luxemburg und später in die Missionen, und Jacob Alois Gerz, der Sohn des Wirgeser Krugbäckers Wilhelm Gerz, verließ Deutschland, um zu den Jesuiten nach Österreich zu gehen. [24]

Die nächste Stufe des Kampfes war das Klostergesetz, das alle Orden, außer denen, die der Krankenpflege dienten, aus dem preußischen Staats­gebiet ausschlossen. Hiervon waren auch die Dernbacher Schwestern be­troffen, die ihre Schulen, Kindergärten und Waisenhäuser aufgeben muss­ten. [31]

 

1872/10/25
Am 25.10.1872 richtete der Wirgeser Kirchenvorstand ein dringendes Gesuch an das bischöfliche Ordinariat, möglichst bald einen Anbau an die Kreuzkirche für 12 000 -
14 000 Taler zu genehmigen. Die innere Ausstattung der Kirche müsse erneuert werden, da die "Altäre schwarz und schmutzig, die Statuen vom Holzwurm zernagt und zerstückelt" seien. Außerdem besitze die Kirche keine Orgel. Die Filialgemeinden Dernbach und Oetzingen-Leuterod protestierten gegen den Antrag, einen Anbau zu errichten.

 

ab 1873/05/11

Inzwischen verschärfte sich der Kulturkampf. Am bedrückendsten waren die sogenannten "Maigesetze" vom 11. Mai 1873, die dem Staat ein Mitbestimmungsrecht bei der Besetzung der Pfarr­stellen einräumten. Da die Bischöfe dies ablehnten, wurden die so ohne staatliche Anerkennung ernannten Geistlichen an der Ausübung geistlicher Amtshandlungen gehindert und mit Geld- und Gefängnisstrafen belegt. In vielen Orten konnten nur noch "geheime" Gottesdienste stattfinden.

Im Bistum Limburg übernahm Bischof Dr. Peter Josef Blum selbst die Führung des Widerstandes. Der Bischof wurde jedoch immer stärker unter Druck gesetzt.

 

1874

Pfarrer Prötz beantragte am 22.01.1874 in Limburg erneut die Restauration der Kirche. Da das Harmonium reparaturbedürftig und nicht mehr spielbar war, erbat er 1874 von der bischöflichen Behörde auch die Genehmigung zur Anschaffung einer Orgel. [2]

 

1874/03/26

In seiner Antwort vom 26.03.1874 wies das bischöfliche Ordinariat darauf hin, dass die Restauration unmöglich vor der Entscheidung über die Abtrennung der Filialgemeinden durchgeführt werden könne.

 

1875

1875 hatte die Orgelbaufirma Gebr. Keller aus Limburg einen Kostenanschlag über 2602 Taler für eine neue Orgel mit 23 Registern eingereicht. Ab 1875 stellte die Orgelbaufirma eine Notorgel für 52 Taler in der Kirche auf.

 

1875

1875 schrieb der Diözesanbaumeister Augener in einem Gutachten, dass jede Restauration und jede Erweiterung der Kirche unter Beibehaltung alter Teile nur ein Notbehelf für kurze Zeit sein könnten. Der Hauptschaden des Kirchengebäudes liege in der mangelhaften Fundierung auf schlechtem Untergrund. Zahlreiche senkrechte Risse hätten den Mauerverband aufgehoben.

 

1876/01/12

Mit Schreiben vom 12.01.1876  genehmigte die bischöfliche Behörde die notwendigen Reparaturen an der Kirche sowie die Anschaffung einer neuen Orgel, jedoch vorbehaltlich der Zustimmung des Kirchen- und Gemeindevorstandes.

 

1876

Im Kirchenvorstand kam es zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten. Die Probleme wurden noch dadurch verschärft, nachdem im Oktober 1876 der Bischof von Limburg wegen des Kulturkampfes verbannt und das bischöfliche Ordinariat aufgelöst worden war.

 

1876/10/27

Wegen des Kulturkampfes musste am 27. Oktober 1876 der Limburger Bischof zum Fürsten Löwenstein  im böhmischen Schloß Haid bei Eger ins Exil gehen. Am Tag vor seiner Verbannung besuchte der Bischof noch einmal das Kloster in Dernbach. Eine riesige Menge, unter ihr auch viele Wirgeser, bereiteten dem Bischof einen herzlichen Abschied. [8] [22]

 

1876/10/27-1884

Priesterweihen waren von nun an in Limburg nicht mehr möglich. Deshalb wurden die Pfarrer Adam Quirmbach? 1877, Johann Gramig und Jakob Herbst 1880 in Dillingen, Diözese Augsburg, geweiht. Der bereits oben erwähnte Jacob Alois Gerz wurde in Innsbruck geweiht und der spätere Wirgeser Pfarrer Geistlicher Rat Dr. Luschberger, der von 1878-1885 in Rom am Germanicum studiert hatte, war dort 1884 zum Priester geweiht worden. [36]

 

1876/10/27-1884

Dennoch wurden in jener Zeit die Planungen für den Neubau bzw. Weiterbau der Kirche vom Kirchenvorstand vorangetrieben.

Die gesamte Verantwortung lag damals in den Händen des Kirchenvorstandes, der von alters her dem jeweiligen Pfarrherrn bei der wirtschaftlichen Verwaltung zur Seite gestellt war. In jenen Jahren, also während der Bauzeit des neuen Gotteshauses, gehörten diesem Gremium, in dem normalerweise der Pfarrer den Vorsitz innehatte, aus Wirges an: Wilhelm Gerz, Krugbäcker, als Vorsitzender (da die Pfarrei verwaist war), Johann Görg, der damalige Ortsbürgermeister, als stellvertretender Vorsitzender; aus Ebernhahn: Adolf Haas; aus Siershahn: Johann Link, Christian Molsberger; aus Staudt: Christian Heibel.

Alle Planungen und auch der Abschluss von Verträgen lag in ihren Händen.

 

1877

Die zwischenzeitlich vom Kirchenvorstand beauftragte Orgel wurde 1877 von der Firma Keller fertiggestellt, doch sie konnte wegen Platzmangel nicht aufgestellt werden. [35]

 

1878

Der Kirchenvorstand schrieb 1878 eigenmächtig, ohne Genehmigung von Limburg, die Bauarbeiten für einen Anbau an der Kirche aus. Noch im selben Jahr wurde mit dem Anbau zur Vergrößerung der Kirche begonnen. Nach dem Bauplan des Kreisbauinspektors Büchling aus Montabaur sollte der Anbau zugleich die Vorstufe für einen späteren Neubau darstellen. Der alte Turm sollte abgebrochen und ein neuer Turm vorgebaut werden.

 

ab 1879/03/10

Pfarrer Prötz erlebte selbst nicht mehr die Fertigstellung des Anbaus und die Errichtung des neuen Turmes. Er starb am 10. März 1879.

Mit dem Tod von Pfarrer Prötz im März 1879 beginnt für die Pfarrei Wirges eine besonders schwere Zeit. Wegen der Verbannung von Bischof Dr. Blum konnte die Wirge­ser Pfarrstelle nicht neu besetzt werden, und sie blieb bis 1884 verwaist. Zwar wurde Kaplan Fr. Hannappel, der später Pfarrer von Kestert war, als Verwalter eingesetzt, doch war ein normales kirchliches Leben aufgrund staatli­cher Schikanen und Unterdrückungen kaum möglich. [1]

 

1879/06

Die bischöfliche Behörde versuchte im Juni 1879, die vor­gesehene Erweiterung des Anbaus der Wirgeser Kirche bis zu den Seitentüren der alten Kirche zu unterbinden. Auch die preußische Regierung wollte den romanischen Wehrturm als "unersetzbaren Kunstwert" erhalten. Doch auf ein Gutachten des Bauinspektors Büchling hin, in  dem der Turm als "baufällig" erklärt worden war, wurde er dann abgerissen. Den nun einmal begonnenen Kirchen­bau wollte man zwar nicht aus Sparsamkeitsgründen ver­unstaltet und turmlos lassen, jedoch sollte der widerrecht­lich begonnene Erweiterungsbau auch nicht noch weiter vergrößert werden. Die bischöfliche Behörde bat daher um Bericht, wieviel die jetzige Erweiterung von dem Baukapi­tal der Kirche schon verschlungen habe und wieviel nach Vollendung des Ganzen von dem Kapital noch übrig blei­ben werde.

Der Anbau wurde, wie es damals hieß, "zum Ärgernis für weite Kreise der Diözese ausgeführt." Schiff und Chor der alten Kirche blieben stehen. An Stelle des alten Turmes wurde ein neuer ansehnlicher Turm nach dem Plan des Kreisbauinspektors Büchling aufgeführt. [1] [3] [13] [32]

 

Geistlicher Rat Diefenbach, der mit der Niederlegung des alten romanischen Turmes nicht einverstanden war, schreibt in seiner Chronik:

"Pfarrer P.Prötz erlebte die ersten Jahre des Kulturkampfes und benutzte das Exil des Bischofs, um die alte Kirche zu vergrößern und den stillosen neuen Turm zu bauen. Man kannte den Wert des alten Turmes nicht. Unter dem Vorwande, dass er alt sei und einen großen Riss habe, wurde er als baufällig erklärt und niedergerissen zum Nachteile des Unternehmers, dem das alte feste Mauerwerk wie ein Fels Widerstand leistete und den Verdienst verschlang.

Man hätte bei Einbeziehung des alten Turmes in die Fassade einer dreischiffigen romanischen Kirche mit Querschiff in Kreuzesform ein gleich großes im Stil einheitliches Gotteshaus errichten und viel Geld sparen können." [1]

 

1879 od. 1880

Nebenbei sei noch erwähnt, dass beim Bau des neuen Turmes der Sohn des Dachdeckers Ritz aus Ötzingen tödlich abstürtzte. [3] [25]

 

1880

Als der Anbau 1880 fertiggestellt war, waren 80 000 Mark vom Baukapital verbaut. Mit Fertigstellung fand auch endlich die neue Orgel ihren Platz auf der dort eingebauten Empore. Hinter einem mit Silberbronze angestrichenen Holzattrappenprospekt befand sich ein Orgelwerk mit 25 klingenden Registern, die sich auf zwei Manuale und ein Pedal verteilten. Die Traktur war pneumatisch. Die für die Pfeifen erforderliche Luft wurde durch Treten eines Blasebalges erzeugt. Das Klangbild war stark von der Nachromantik geprägt. [35]

Die neue Orgel hatte auch Einfluss auf den Kirchengesang. Geistlicher Rat Diefenbach schreibt hierzu:

"Das Institut der Chorsänger hörte auf. Fortan sangen Kinder die Ämter an den Wochentagen und ein Kirchengesangverein an Feiertagen den lateinischen Choral. Die herrlichen Weihnachts-, Oster- und Marienlieder werden nicht mehr bei voller Kirche aus tausend Kehlen gesungen; sie treten in den Hintergrund, weil der Chor die lateinischen Ämter an Festtagen singt." [1]

Der Kirchengesangverein, der den Namen St. Gregorius angenommen hatte, geht in seinem Ursprung auf das Jahr ® 1838 zurück. Allerdings kann über seine Frühzeit nur wenig berichtet werden. [35]

 

1880

Wilhelm Gerz, dessen Briefe an seinen Sohn Jacob Alois Gerz S.J. noch zum Teil erhalten sind, schreibt 1880: "Der Herr Caplan hat in Wirges die Herz-Jesu-Andacht eingeführt. Leider verhindert der Culturkampf, dass durch Predigten alle Leute aufgeklärt werden. Es wird in Wirges noch täglich die Messe gelesen und Kranke und Sterbende werden versehen." [24]

 

ab1880

Doch es kommt schlimmer. So wird in der Folge unter dem Vorwand der Einsturzgefahr, wie die Wirgeser es sehen, die gesamte Wirgeser Kirche von der Regierung für den Gottesdienst gesperrt. Die Kirchentüren waren versiegelt und unter Strafandrohung durfte auch sonst keine hl. Messe in Wirges gehalten werden. [20]

Wilhelm Gerz, der während des Kulturkampfes und auch noch während des späteren Neubaus der jetzigen 3. Kirche Kirchenrechner und Vorsitzender des Kirchenvorstandes war, hatte in seinem Hause in der Siershahner Str. (späteres Haus Eschenauer) eine kleine Hauskapelle eingerichtet. Fremde Priester kamen als Bauern getarnt, um dort die hl. Messe zu lesen, während die Knechte oder sonstige Dorfbewohner das Haus von außen bewachten. Im Hause war ein Verschlag als Versteck eingerichtet, in das der Priester notfalls flüchten konnte. Der dort benutzte Altar wurde später noch bei der Fronleichnamsprozession verwendet. [25]

Auch aus anderen Quellen wird bestätigt, dass es verbo­ten war, Gottesdienst zu halten. Die Leute verständigten sich heimlich, wo der Gottesdienst stattfand. Der  Priester kam abends auf geheime Verabredung in die Häuser, um die Beichte zu hören. Vorübergehend wurden auch im Pfarrhaus zu bestimmten vereinbarten Zeiten die Sakra­mente gespendet. Selbst bei Beerdigungen war zeitweise kein Priester zugelassen. Der Leichnam wurde in diesem Fall im Hause  eingesegnet. Die Türen der Häuser wurden  verschlossen, damit niemand unbeobachtet ins Haus konnte [15]. So ist beispielsweise durch unabhängige Aus­sagen bezeugt, dass Verstor­bene, so z.B. der am 11.05.1880 verstorbene Peter Munsch aus Wirges, ohne Priester  beerdigt und  heimlich im Hause eingesegnet wurden. [20]

Die Schließung der Kirche sahen nicht nur die Gläubigen von Wirges als Schikane bzw. als Folge des Kulturkampfes an. Davon zeugen auch viele kritische Artikel in der damaligen Presse, dem "Nassauer Boten". Auf diese hin wurde dann das neuerbaute  erste Joch des Kirchenschiffes für den Gottesdienst freigegeben.

In der Geschichte des Bistums Limburgs wird wie folgt berichtet:

"In den 'illegal' besetzten Pfarreien fand dennoch Gottesdienst statt. Der Gottesdienst wurde vorher durch Flüsterpropaganda bekannt gegeben. Um den Ort standen 'Wachposten', die das eventuelle Herannahen von Polizei meldeten." [31]

 

1882/03

Ab 1882 bessert sich die Situation ein wenig. Im März 1882 schreibt Wilhelm Gerz an seinen Sohn Jacob Alois in Österreich:

"Im preußischen Landtag sind mehrere Maigesetze abgeschafft worden, unter denen die Katholiken besonders zu leiden hatten; doch kann von Freiheit der Kirche noch keine Rede sein. Zum Beispiel können die Priester immer noch nicht die notwendigen Amtshandlungen verrichten. Der Limburger Bischof ist immer noch verbannt. Doch man hegt Hoffnung, dass er in seine Diözese zurückkehren kann. Für die Katholiken ist der Abgeordnete Tripp aus Dernbach im preußischen Landtag" [26]

 

1882/06

Im Kirchenvorstand hatte man trotz aller Schwierigkeiten den Gedanken an einen Kirchenneubau nie ganz aufgegeben. Seit Juni 1882 zeigten sich zudem Schäden im Gewölbe des alten Kirchenschiffes, die z.T. als eine Folge des Anbaus und des dabei erfolgten Abbruches der Vorderseite der alten Kirche angesehen wurden. [32]

Wegen der Schäden an der alten Kirche kam es 1882 zu Meinungsverschiedenheiten in der Bevölkerung, woraus deutlich wurde, dass nicht alle Wirgeser mit dem Vorgehen des Kirchenvorstandes einverstanden waren. Auch an früherer Stelle wurde ja bereits auf die kritischen Äußerungen des Geistlichen Rates Diefenbach hingewiesen. 

Im Nassauer Boten vom 18.06.1882 erschien ein Leserbrief:

"...ist nun diese Katastrophe (gemeint ist die Einsturzgefahr der Decke im Altbau) eine Folge des Neubaues, dann wäre es ratsam, einen anderen Architekten zu nehmen. Schade, dass der begabte Diözesanbaumeister Augener aus dem Leben geschieden ist. Derselbe hätte für das bedrängte Kirchspiel ein Retter sein können. Wie wir hören, will der Kirchenvorstand Rekurs an dem Regierungsbaumeister ergreifen."

In einer zum 28.06.1882 angeordneten Vernehmung erklärten Wilhelm Gerz, als Vorsitzender des Kirchenvorstandes, und Bürgermeister Görg für den Gemeinderat, der (vorstehende) Artikel sei tendenziös gefärbt von einer mit dem bisherigen Bau nicht einverstandenen Person ausgegangen.

 

1882/07

Daraufhin erschien am 04.07.1882 eine Entgegnung im Nassauer Boten, der mit dem Satz endete:

"Wir wollen mit jedem Unbefangenen des Kirchspiels Wirges wünschen, dass an Stelle der alten Kirche ein Neubau im Stile des Turmes und des Anbaues recht bald erstehen möge, wobei wir dem Kirchspiel nur Glück wünschen können, wenn es diesen Neubau denselben Händen anvertraut, die den Turm und den Anbau in so würdiger, kunstsinniger und solider Weise geschaffen haben." [34]

 

1882

Auf Veranlassung des Herrn Dekan Laux in Montabaur wurde 1882 die Decke des alten Teils der Pfarrkirche entfernt und durch eine Bretterdecke ersetzt.­ [22]

 

1883

Wegen des Kulturkampfes waren 1883 30% aller Pfarreien der Diözese Limburg verwaist, unter ihnen auch weiterhin die Pfarrei Wirges. [31]

 

1883

1883 ließ der Kirchenvorstand entsprechend den eigenen Vorstellungen und mit Einverständnis des Dekan Laux vom Regierungsbauinspektor Büchling neue Pläne für einen vollständigen Neubau der Kirche anfertigen. Der Plan wurde vom Dekan Laux für gut befunden und, wie der Kirchenvorstand in einem Brief vom ® 02. Juni 1884 meint, auch genehmigt.

Eine Deputation des Kirchenvorstandes hatte den Bauplan dem Geistlichen Rat Roos bei dessen Anwesenheit im Dernbacher Kloster vorgelegt, und dieser hatte bei einzelnen Änderungswünschen sein Einverständnis erklärt.

 

1883/08/16

Daraufhin wurde mit Datum vom 16. August beim damals noch bestehenden Königlichen Kommissariat um Bauerlaubnis nachgesucht.

 

1883/09/03

Diese wurde am 3. September 1883 erteilt. Darüberhinaus ging nochmals eine Deputation von zwei  Mitgliedern des Kirchenvorstandes aus Wirges und Siershahn mit dem Bauplan nach Limburg, um diesen auch noch den anderen Mitgliedern des Bischöflichen Ordinariats zu unterbreiten.

 

1883/09/08

Als Antwort auf einen Brief vom 2. September 1883, in dem Jacob A.Gerz S.J. aus Österreich an seinen Vater in Wirges die Hoffnung ausdrückt, dass die neue Kirche wohl jetzt vollendet werden soll, schreibt der damalige Vorsitzende des Kirchenvorstands Wilhelm Gerz:

"... Am 8. des Monats (September 1883) erhielt ich  die Genehmigung von Limburg. Jetzt kommen wir zum Ausschreiben und die Arbeiten zu vergeben. Die alten Meister rechnen fest auf das Ausführen des Baues. Herr Bauinspektor Bigling (Büchling) wünscht, dass der Maurermeister Gerharz die Arbeit übernehmen soll. Dem Hochw. Herrn Domcapitel haben wir die Zeichnung vorgelegt, das hat dem Herrn Bauinspektor Bigling große Ehre gemacht. Die Hochwürdigen Herrn Geistlichen Räthe haben sich ausgedrückt: 'Die Zeichnung sei ganz kirchlich. Es gäbe die schönste Kirche in der Diözese Limburg.' Die Hochwürdigen Herrn freuten sich, dass der Bau vollendet wird." [26] Doch es kommt wider Erwarten ganz anders.

 

1883/12

Ende 1883 kann Bischof Peter Josef Blum aus dem Exil nach Limburg zurückkehren.

 

ab 1884

Jene Zeit war auch noch in anderer Hinsicht für Wirges von großer Bedeutung. Durch die Inbetriebnahme der Westerwaldbahn im Jahre 1884 und den damit in Zusam­menhang stehenden Einzug der Großindustrie erfuhr Wir­ges in der Folge eine totale Umwandlung. Der frühere Bauernort, in dem zwar schon die Tongewinnung und das Krugbäckergewerbe heimisch waren, wurde in der Folge zu einem Fabrikorte. Schamotte- und Glasfabrik wurden gebaut. In den Folgejahren kam es zum Bau der Siedlun­gen auf dem bis zu diesem Zeitpunkt noch bewaldeten "Dornberg" und "Vor der Asbach", um den zuziehenden Arbeitern Wohnungen zu beschaffen. Damit entstand ne­ben dem alten Wirges, das sich um die Kirche herum ent­wickelt hatte, ein neuer Ortsteil, in dem nun viele Men­schen wohnten, die, sei es wegen ihrer anderen Konfes­sion oder fremden Herkunft, nur wenig Beziehungen zu dem alten Wirges und seiner Pfarrei hatten.   

Geistlicher Rat J.Diefenbach schreibt: "Aber auch die Lebensart und die Sitten folgten dem Wandel der Zeit. Es verschwand die uralte trierische Tracht der Männer und Frauen und machte der  modernen sogenannten städtischen Tracht Platz. Zugleich schwand die alte Einfachheit und Genügsamkeit, und manche schöne Sitte sank mit ins Grab." [1]

                                                                                                    

1884/Frühjahr

Mit der Rückkehr des Bischofs aus dem Exil wird die Bischöfliche Verwaltung wiederhergestellt, neue Leute haben das Sagen und vielleicht nicht zuletzt wegen des belasteten Verhältnisses zwischen Staat und Kirche und alter Vorbehalte gegen den Bauinspektor Büchling beauftragt das Bischöfliche Ordinariat "seinen" Architekten, den aus Freiburg im Breisgau stammenden und jetzt in Frankfurt arbeitenden Architekten Max Meckel, statt des vorliegenden Planes einen "stilgerechten" Plan für eine neugotische Kirche mit fünf Schiffen zu entwerfen.

 

1884/05/04

Der Kirchenvorstand stimmte am 04.05.1884 auch dem neuen Plan zu und fasste den offiziellen Beschluss, nach diesem Plan weiterzubauen.

Doch inzwischen war von den Dernbachern die Frage der Lostrennung von der Pfarrei Wirges wieder ins Spiel gebracht worden, und das Bischöfliche Ordinariat sah sich dadurch veranlasst, diese Frage noch vor einer endgültigen Genehmigung zum Weiterbau zu klären.

 

1884/05/18
Wilhelm Gerz beklagt sich in Briefen an seinen Sohn darüber, dass die Notwendigkeit des Kirchenbaues in Limburg nicht richtig erkannt werde. In einem Brief des Jacob A. Gerz vom 18. Mai 1884 heißt es:

"Wie es scheint, wird die Kirche in diesem Jahr nicht gebaut; vielleicht wird es auch noch länger dauern, weil wohl nicht so leicht ein Pfarrer eingestellt werden wird."

 

1884/06/02

Am 02. Juni 1884 macht der Kirchenvorstand von Wirges eine Eingabe an das Bischöfliche Ordinariat, in der dieser einmal sein bisheriges Vorgehen rechtfertigt und sich zum anderen gegen eine weitere Verzögerung des Bauvorhabens wehrt.­ [22]

 

1884/Sommer

Im Sommer 1884 kommt Kaplan Braun neu in die Pfarrei Wirges. Von Kaplan Braun wird berichtet, dass er Schwierigkeiten bei den Leuten wegen seines Gesanges und seiner Predigt hatte. [24]

 

1884/07/06

Wegen des Anwachsens der Pfarrei und im Hinblick auf die Wünsche der noch zur Pfarrei Wirges gehörigen Gemeinde Dernbach wird die Einstellung eines 2. Kaplanes beschlossen. In der Kirchenvorstandssitzung in Wirges vom 6. Juli 1884, an der als Vertreter der Kirchenbehörde Domkapitular Dr. Höhler teilnahm, erklärte sich der Kirchenvorstand von Wirges damit einverstanden, dass ein 2. Kaplan in der Pfarrei Wirges bestellt wird, welcher seinen Wohnsitz in Dernbach nimmt und die volle Pastoration dieser Gemeinde besorgt. [8] 

 

1884/09/18

Am 18. September 1884 schreiben Wilhelm Gerz als Vorsitzender des Kirchenvorstandes und Johann Görg als Stellvertreter nochmals an das Bischöfliche Ordinariat:

"Hochwürdigstem Bischöflichen Ordinariate beehren wir uns in der Anlage nunmehr die Kosten-Anschläge, Pläne u.s.w. über den Ausbau unserer Pfarrkirche nebst einem Entwurfe für einen zwischen dem Kirchenvorstande und dem Herrn Architekten Meckel aus Frankfurt  abzuschließenden Vertrag über die Ausführung des Baues zur hochgeneigten Genehmigung ganz ergebenst vorzulegen."

 

1884/09/21

Am 21. September 1884 fasst der Kirchenvorstand nochmals einen Beschluss, zu dem auch die Gemeindevertretung ihr Einverständnis erklärt:

"In der heutigen Sitzung des Kirchenvorstandes wurde beschlossen, daß nach dem neuerdings durch den von dem Architekten Max Meckel gefertigten Plan und Zeichnungen mit Kostenvoranschlag der Weiterbau der Pfarrkirche gebaut werden soll."

 

Es unterschreiben für den Kirchenvorstand:

W.Gerz, Vorsitzender

J. Jörg

Hans

Molsberger

Link

Manns

 

Für die Gemeinde unterschreiben wie folgt:

"Mit obigem Schluß des Kirchenvorstandes erklärt sich die Gemeindevertretung einverstanden"

 

Johann Manns, Vorsitzender

Christian Schütz

Peter Zirfas

Christian Bach

Joh. Adam Schwickert

Joh. Ritz

Adam Schräder 2.

Christian Heibel

 

1884/09/24

Auch in Limburg hat man inzwischen offensichtlich erkannt, dass die Situation in der Pfarrei Wirges ein weiteres Aufschieben der Probleme nicht mehr zulässt.

Am 24. September 1884, noch vor der Wiederbesetzung der Wirgeser  Pfarrstelle, erhält der Kirchenvorstand die endgültige Genehmigung  für den Weiterbau der Pfarrkirche nach den Plänen des Architekten Meckel. [22]

 

nach 1884/09/24

Noch 1884 wurde mit dem Abriss der alten Kirche begonnen. [13]

 

1884/10/01-1886/10/01

Am 01.10.1884 kommt Bernhard Feldmann als Hilfsseel­sorger nach Wirges. Ihm wurde jedoch erst am 01.10.1886 die Wirgeser Pfarrstelle offiziell übertragen.

 

1884/12-1885
Weiterhin kam im Dezember 1884 Kaplan Johann Roerig nach Wirges, der auch 1885 noch Kaplan in Wirges war.

 

1884/12/30

Am 30. Dezember 1884 stirbt Bischof Dr. Peter Josef Blum. Es ist für das Bistum Limburg ein großer Verlust.

 

1885

Allerdings wird der Fortgang des Kirchbaus in Wirges hierdurch nicht beeinträchtigt. Zum neuen Bischof von Limburg wird Johann Christian Roos ernannt. Dieser wird jedoch bereits knapp zwei Jahre später Erzbischof in Freiburg. Die Pfarrei Wirges, die sich auch die Gunst des neuen Bischofs sichern wollte, überbrachte ihre Glückwünsche mit einem eigens zu diesem Anlass verfassten Gedicht:

 

"Wirges naht in Ehrfurcht Dir
Oberhirt, am Tag der Weih,

bringt zum Angebinde hier

Dir den Schwur der Lieb und Treu.

 

Seinem neuen Hirten thut

es den Schwur der Lieb mit Lust,

wie er in dem Herzen ruht,

kommt im Wort er aus der Brust.

 

Und es steigt empor der Blick

auf zu Gott und fleht ihn an:

O, erhalte und gib Glück,

Bischof Johann Christian."  [24]

 

1885-1886

1885/86 wird auch in dem Filialort Leuterod eine eigene Kirche gebaut. [7]

 

1885/05/09

In Wirges legt Pfarrer Bernhard Feldmann am 9. Mai im Beisein des bauleitenden Architekten Meckel den Grundstein für die neue Kirche. [13]

 

1885/05

Wilhelm Gerz schreibt noch im gleichen Monat an seinen Sohn: "Der Kirchbau macht gute Fortschritte. Die Leute zeigen große Opferbereitschaft und helfen mit Geld und durch ihrer Hände Arbeit. Der Kirchbau geht schnell voran." [26]

 

1885/07/08

Der "Vertrag über die Bauleitung und Bauausführung beim Anbau der neuen katholischen Kirche zu Wirges zwischen dem kath. Kirchenvorstand  zu Wirges  und Herrn Architekten Max Meckel zu Frankfurt a.Main" wird allerdings erst am 8. Juli 1885 abgeschlossen, nachdem ein Mahnschreiben des Bischöflichen Ordinariats in Limburg mit gleichem Datum den Kirchenvorstand um Bestätigung des Vertragsabschlusses mit dem Architekten Meckel ersucht.

Neben dem Kirchenvorstand musste auch eine "Gemeindevertretung" aller zur Pfarrei Wirges gehörenden Zivilgemeinden diesem Vertrag zustimmen.

Die damaligen Gemeindevertreter waren

 

aus Wirges              Johann Manns, Vorsitzender

                                   Christian Bach

                                   Johann Schwickert

 

aus Ebernhahn      Adam Schräder

                                   J.Wagner

 

aus Staudt               Johann König

                                   Müller

 

aus Siershahn        Peter Zirfas

                                   Christian Schuh

                                   J.Quirmbach III.

 

aus Bannberscheid Christian Heibel

                                   P. Pfaffhausen

 

aus Moschheim     Neust

Müller

 

aus Leuterod          Johann Marx

 

aus Ötzingen           Peter Ritz

 

1885-1887

Die Steine wurden von den Bauern des Ortes mit Fuhrwagen aus dem  nahen "Hölzbrich" geholt. Die Pfarrangehörigen leisteten außer Fuhr- und Spanndiensten auch sehr viele sonstige freiwillige Arbeiten. [15]

Die Kirchenfenster wurden teils von Privatpersonen gestiftet. Insgesamt wurden 10.000 Mark an Privatspenden aufgebracht. [32]

 

1886

Ursprünglich bestand wohl die Absicht, noch 1886 die Einweihung der Kirche vorzunehmen. So jedenfalls liest es sich in einem Brief des J.A.Gerz S.J. vom 27. August 1886 an seine Eltern:

"Auch der Fortgang des Kirchenbaues interessiert mich sehr. Eine Photographie wäre mir sehr erwünscht. Wegen des späten Ausbaues der Kirche und der Versetzung des Hochw. Herrn Bischofs Roos wird man wohl den Plan aufgegeben haben, die Einweihung in der besprochenen Weise feiern zu wollen." [24] 

 

1886/09

Ende September 1886 kann Wilhelm Gerz an seinen Sohn schreiben:

"Unser Kirchbau geht zur Vollendung. Bis zum 1. Oktober soll eingezogen werden, wenn auch noch etwas an der 'Ausstaffierung' fehlt. Die eigentliche Einweihung ge­schieht erst nächstes Jahr, bis wir wieder einen Bischof haben; denn unser Bischof ist in Freiburg Erzbischof ge­worden. Er ist dort am 20. September eingeführt worden. Der Verlust ist für unsere Diözese recht hart in dieser Zeit; denn er war für uns der rechte Mann." [26]

 

1886/10/01

Der bisherige Hilfsseelsorger Pfarrer Feldmann wird mit Wirkung vom 01.10.1886 noch von Bischof Johann Christian Roos als Pfarrer von Wirges eingesetzt. Er übernimmt damit auch die Aufgabe des Vorsitzenden des Kirchenvorstandes, welches Amt seit 1879, als die Wirgeser Pfarrstelle nach dem Tod von Pfarrer Prötz wegen des Kulturkampfes verwaist blieb, von dem Krugbäcker Wilhelm Gerz ausgeübt wurde.

 

1886

Wilhelm Gerz wurde vom Limburger Bischof für seine Verdienste um den Bau der Wirgeser Kirche und um die Pfarrei während der Zeit des Kulturkampfes ausgezeichnet. [25]

 

1886-1887

1886/87 wurde eine Anleihe von 60.000 Mark für die Restschuld des Kirchenneubaus und für die innere Einrichtung aufgenommen. Die Baukosten beliefen sich auf rund 105.000,- Mark. Weitere 35.000,- Mark wurden für die Innenausstattung gezahlt, Sammlungen und Stiftungen nicht mit eingerechnet, die vom ganzen Kirchspiel mit seinen damals 4.688 Seelen aufgebracht wurden. Von letzteren wohnten in

 

Wirges                 1054            Oetzingen              219

Dernbach                 987          Staudt                    310

Siershahn                657         Moschheim           297

Ebernhahn              487          Bannberscheid    219

Leuterod                  363                                                          [3]

 

1887

Nach ihrer Fertigstellung zeigte sich die Kirche in ihrer Gesamtheit in einem wohlgelungenen neugotischen Stil.

 

1887/08/30

Die Einweihung der Kirche erfolgte am 30. August 1887 durch den neuen Bischof Dr. Klein. Die Einweihung war ein erhebendes Fest.

"Wirges legte ein Feierkleid und einen Festschmuck an, auf welchen eine Stadt stolz zu sein allen Grund gehabt hätte. Am Vorabend zog ein Fackelzug von der Schule auf der Obergass aus zur neuen Kirche.

Ein brillantes Feuerwerk in vielfacher Gestaltung durchleuchtete die Abendluft. Festliche Lieder klangen auf. Am Morgen des eigentlichen Festes begann die Einweihung der neuen Kirche um 1/2 acht, worauf das feierliche Hochamt durch den Pfarrer Johann Diefenbach abgehalten wurde.

Nach Vollendung der kirchlichen Feier begab sich eine zahlreiche Gesellschaft zum Festessen in den Saal der Witwe Gerz. Herr Architekt Meckel wurde zum Diözesanbaumeister ernannt." [17]

 

Rund 100 000 Mark hatte der Bau bis dahin gekostet. Für die innere Einrichtung wurden rund 30 000 Mark vorgesehen. Zusammen mit dem 1879 gebauten Teil beliefen sich die Gesamtkosten auf 170 000 Mark.

Die neue Pfarrkirche von Wirges, ebenfalls auf den Namen des hl. Bonifatius geweiht, im Volksmund wegen ihrer imposanten Größe "Westerwälder Dom" genannt, beherrschte von nun an als neues Wahrzeichen von Wirges weithin das Tal.

Die häufig nachlesbare pauschale Aussage, dass der Westerwälder Dom in der Zeit von 1885 - 1887 nach den Plänen des Diözesanbaumeisters Max Meckel errichtet worden sei, bedarf allerdings nach dem bisher Gesagten einer Richtigstellung.

Die Bedeutung des Kreisbauinspektors Büchling, nach dessen Plan der Turm und das erste Joch 1879 erstellt wurden, darf nicht zu gering eingeschätzt werden, zumal  Meckel, gewollt oder ungewollt, auf den Vorplanungen Büchlings aufbauen musste.

 

Die zwei Bauperioden 'Turm mit erstem Joch' und 'Kirchenschiff mit Chor' lassen sich am Äußeren der Kirche gut erkennen:

Der Turm mit erstem Joch wurde in Bruchstein ausgeführt, wobei die Hausteingesimse Backsteineinfassungen haben. Der Restbau erfolgte in reiner Bruchsteinausführung.

Die alte Kirche wurde abgebrochen, wobei die freistehenden Säulen des Mittelschiffes belassen wurden. Der Neubau wurde an den 1879 erstellten Anbau und den neu errichteten Turm angegliedert. [32]

 

In einer Baubeschreibung von J.G.Schnell, eines Sohnes von C.W.Schnell, heißt es hierzu:

 

"Die Pfarrkirche St. Bonifatius, der 'Westerwälder Dom', zeigt in seiner Gesamtheit einen einheitlichen neugotischen Stil. über einen Grundriss von 27,61 m Breite und 53,86 m Länge erhebt sich das Kirchenschiff,  dem der hochaufragende Turm vorgesetzt ist. Die Wände des Kirchenschiffes sind außen durch abgetreppte Strebepfeiler gegliedert. Zwischen diesen lassen hohe Fenster dem Mauerwerk nur wenig Raum. In das hohe Dach des Langhauses schieben sich beidseitig je drei Walmdächer, die das kurze Querhaus decken.

 

Die Wände des Chores sind der Höhe des Mittelschiffes entsprechend höher gezogen als die Wände des Hauptschiffes. Auch hier gliedern Strebepfeiler und Fenster das Äußere des Chores, den ein eigenwilliges helmartiges Dach deckt. Dieses Dach überragt das Dach des Kirchenschiffes um einige Meter und bildet ein Gegengewicht gegen die Masse des Turmes. Der an den Westgiebel gelehnte mächtige Turm hat ebenfalls an den Mauerecken je zwei Strebepfeiler, die nach oben hin treppenartig zurücktreten. Die Rücksprünge sind durch horizontale Gesimse miteinander verbunden. Über den beiden Strebepfeilern umrahmen je ein Stützenpaar mit einem Tympanon und darüber einer schlanken, achteckigen Turmpyramide den Fuß des sehr hohen Turmhelmes, dem ebenfalls eine achteckige Turmpyramide aufgesetzt wurde.

 

Das Dach des Kirchenschiffes war bis in die 50er Jahre mit Gauben geschmückt, die der Durchlüftung des Dachraumes dienten. Ebenfalls zierte das Hauptdach ein sehr spitzer, achteckiger Turm, der wiederum ein Pendant auf dem Turmhelm hatte. (Anmerkung: Dachgauben und Mittelturm wurden im Rahmen der Restaurierung im Jubiläumsjahr 1987 wieder hergestellt.)

 

Der Grundriss der Kirche lässt zwei grundsätzlich ver­schiedene Bauabschnitte erkennen. Der erste Bauab­schnitt besteht aus der Eingangsanlage mit Turm und zwei Schiffjochen. Die dreiportalige Eingangsanlage ist zu­sammengesetzt aus den schweren, den Fuß des Kirch­turms bildenden Wänden, zwei an diese angelehnten Treppenhäuser zu der Empore, die daran anschließenden Nebeneingänge mit Windfängen, einem nordseitig angeschmiegten Treppenhaus zur Glockenstube und der Gie­belwand in Höhe und Breite des Langhauses. An die Ein­gangsfront schließt sofort ein Mittelschiff mit zwei Seiten­schiffen an.

 

Das erste Joch ist überspannt von einer Empore. Die Empore im zweiten Joch wurde erst in den 50er Jahren angefügt. Der ursprüngliche Plan sah Kreuzpfeiler vor, die die Last der beiden hinteren Joche heute noch tragen. Die alte Empore wird von zwei Kreuzpfeilern, denen zwei schmale Säulen vorgesetzt sind, und zwei Säulen mit vorgelagerten Diensten zur Aufnahme der Gurtbögen aus dem Emporenjoch getragen.

 

Der Grundriss des zweiten Bauabschnittes zeigt deutlich die Anlehnung des Architekten an die hochgotischen Ka­thedralen des Mittelalters in Frankreich. Die Erweiterung der Empore begrenzt vom Eingang her den Blick ins Kir­chenschiff. Dem siebenjochigen Mittelschiff ist je ein Sei­tenschiff zugeordnet, das jeweils von einem dreischiffigen Querhaus durchbrochen wird. (Anmerkung: Der  Chor­raum  des südlichen Seitenschiffes musste  kleiner  ge­baut werden,  da das vorhandene Grundstück an dieser Stelle zu klein war). In die Zwickel zwischen Querhaus und Seitenschiff ordnete der Planer auf der Seite des Haupt­einganges je einen Seiteneingang an. Im Ostteil hat er nach Süden hin an das Seitenschiff eine kleine Kapelle angefügt. Dem Chor, in der Breite des Mittelschiffes an­gelegt, wurde an der Südseite eine kleine Kapelle, an der Nordseite eine in der Tiefe und Höhe größere Kapelle an­gegliedert. Letztere wurde wohl wegen des Zuganges von der Sakristei zum Chor einfach um ein Zwischenjoch ver­tieft. Heute ist dieses kurze Zwischenjoch Taufkapelle. Ein Umbau der Sakristei brachte die Verlegung des vorge­nannten Zuganges mit sich.

Das Hauptschiff des neueren Teiles bilden fünf weitere Joche auf Rundsäulen. In diese leiten in der Längs- und Querachse angeordnete Dienste die Lasten aus den Gurten der Gewölbe von den Schildbögen der Längswände des Mittelschiffes. Sie laufen optisch bis in den Chorraum durch, erweitern sich aber vom zweiten bis vierten Joch zu einem Querhaus, dem jeweils ein zweites Seitenschiff angefügt und deren Höhe fast auf die Höhe des Mittelschiffes gezogen wurde. Überwölbt sind diese Seitenschiffe mit Spitzbogen-Tonnen.

 

Der Chor ist mit schweren viereckigen Pfeilern gegen das Langhaus gesetzt, dessen letzte Säule als Halbsäule an dieser Steinmasse anlehnt. Ein eingeschobenes schmales Joch gibt der fünfeckigen Apsis des Chores größere Tiefe. Die Seitenschiffe werden ebenfalls von fünfeckigen kleine­ren Apsiden abgeschlossen. Die nördliche Apside hat ein vorgelagertes Zwischenjoch. Zusammen bilden diese Grundrissteile ein Kreuz, in dem das Schiff Sammlungs­raum, die Eingangsanlage zweckgebundenes dienendes Glied und das Kopfstück in seiner Staffelung von der klei­neren über die größere Apside zum Hochaltar hin, beson­ders durch die Überhöhung der begrenzenden Fenster, Krone und Höhepunkt des Raumes sind.

 

Der Raum hüllt den Besucher zunächst in dämmriges Licht. Schwere Pfeiler tragen ein Kreuzrippengewölbe in den Raum und nehmen die Empore auf. Die Seitenschiffe werden von schwerem Mauerwerk mit je zwei Kreuzgratgewölben begrenzt. Je zwei Rundfenster spenden sparsam Licht. Der gleiche Raum wirkt in den Emporen licht, da hohe Spitzbogenfenster das Mauerwerk verdrängen. Leichte Kreuzrippengewölbe überspannen den Raum.

 

Aus der Schwere und der Sammlung unter dem Emporenraum zieht es den Besucher in den transparenten Raum des Hauptschiffes. Zarte Dienste, sparsam aufgebaute Kapitelle nehmen den dort aufsteigenden  Rundsäulen die Schwere, zugleich auch die Last der Kreuz- und Querripppen der Gewölbe und der die Mittel- und Seitenschiffe begrenzenden Schildbögen ab.

 

Das Querhaus wird durch senkrecht zur Längsachse gestellte Spitzbogen-Tonnen überspannt. Die Wände der Seitenschiffe sind wie die des Chorraumes von weiten und hohen Spitzbogenfenstern geöffnet, die das Licht ungehindert einströmen lassen. Licht durchflutet den Raum und nimmt den Mauern alle Schwere. Scheinbar spielend tragen die Säulen die weitgespannte feingliedrige Decke. Der Chorraum schiebt sich mit seinem hochstrebenden Scheidebogen an das Langhaus und mit Scheidebögen unterschiedlicher Höhe an die beiden Seitenschiffe. In den Seitenapsiden geben schmale Fenster nur sparsam Licht. In die Wände sind Dienste eingebunden, die das Gewölbe, einer Krone ähnlich, über den Apsiden tragen.

 

Im Hochchor sind die Wände aufgelöst in Fenster, Fensterbekleidung und kräftige Pfeilervorlagen. Die vor diesen angelegten Dienste sind mit reich geschmückten Kapitellen versehen, die voll Würde die Krone des Rippengewölbes über der Apsis aufnehmen. Die unter den Fenstern befindlichen Wandreste treten durch die Lichtfülle und die Leichtigkeit der übrigen Konstruktion kaum in Erscheinung, trotzdem bilden sie horizontal gelagert das Gegengewicht zur Höhe des Raumes. Die einzelnen Apsiden bilden, wie im Grundriss mit unterschiedlicher  Tiefe, durch die gestaffelte Höhe und den sich steigernden Schmuck den optischen Zentralpunkt der Raumfolge." [3]

 

Schiff, Chor und Sakristei waren 1887 mit gehauenen Steinen geplättet. Kommunionbank und Kanzel waren aus Holz geschnitzt. An den Wänden standen  vier neue gotische Beichtstühle, die 1889 angeschafft wurden. In der Kirche waren 42 Kirchenbänke zum Knien und Sitzen aufgestellt. [32]

  

Der innere Kirchenraum wurde erst nach und nach ausgestaltet. 14 kunstvolle, gemalte Kirchenfenster mit ihren leuchtenden Farben gaben jedoch bereits der damals noch nicht ausgemalten Kirche eine anziehende Wärme.

 

Nachstehende Beschreibung entnehmen wir aus "St. Bonifatius Wirges" von C.W.Schnell:

 

"In der Hauptapsis hinter dem prunkvollen Hochaltar steigen die drei Hauptfenster empor, die bei einfallenden Sonnenstrahlen in Goldton leuchten und den Blick jeden Kirchenbesuchers sofort nach Eintritt in das Gotteshaus auf sich ziehen.

 

Im Spitzbogen des Mittelfensters thront über einem angedeuteten Regenbogen, dem Zeichen des Bundes zwischen Gott und den Menschen, die Allerheiligste Dreifaltigkeit, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist in Gestalt einer Taube.

 

Auf dem Regenbogen schweben in symbolischen Darstellungen die vier Evangelisten:

 

                                   - Markus als geflügelter Löwe

                                   - Matthäus als Adler

                             - Johannes als Engel

                                   - Lukas als geflügelter Stier.

 

Unterhalb des Bogens halten der Patron der Kirche, Bischof St. Bonifatius, und der Patron des Bistums Limburg, St. Georg, die Wacht an Kirchenportalen.

 

In den seitlichen Fenstern erinnern die eingefügten Rundbilder an die wichtigsten Daten der Heilsgeschichte:

 

links (aus dem alten Testament)

                                   - Die Vertreibung aus dem Paradies

                     (Verstoßung des Menschengeschlechts)

                                   - Isaaks Opferung

                      (Vorbild des Vaters vieler Völker)

                                   - Abraham und Melchisedech 

                     (Vorbild der Eucharistie)

 

rechts (aus dem neuen Testament)

                                   - die Geburt Christi

                    (Annahme der Menschennatur)

                                   - derOpfertod Christi

                     (Gott Vater opfert seinen Sohn)

                                   - Jesus mit den Jüngern in Emmaus

                    (Vater des neuen Gottesvolkes)

 

und in den Dreipaßformen dieser beiden Spitzfenster

 

 links                          - ein sich für seine Jungen opfernder Pelikan

 rechts                       - das Opfer des Lammes Gottes

 

Auf dem großen, mittleren, zum Pfarrhaus hin befindlichen Mittelfenster erkennt man

 

   - St.Johannnes d.T.    im Büßergewand mit Kreuzstab

   - St.Agnes                    vom Schwerte durchbohrt

   - St.Katharina              mit Zackenrad und Schwert

   - St.Petrus                    mit Buch und Schlüssel

 

auf dem gegenüber zu sehenden Mittelfenster

   - St.Jakobus d.Ältere   mit Pilgermuschel an Mütze

                                       und Stab

   - St.Magdalena            mit einem Salbengefäß

   - St.Anna Selbdritt

   - St.Johannes              mit Kelch, aus dem Schlangen

                                          züngeln.

 

In das Maßwerk der Drei- und Vierpässe eingefügte Bilder zeugen durch ihre Wiederholung im Kirchenraum von der großen Verehrung der Gottesmutter durch die Gläubigen von Wirges zum Ende des 19. Jahrhunderts. Sie führen durch das Leben Mariens:

 

 links von  - Maria Verkündigung zu

                   - Maria Empfängnis (Taube)

                   - Maria Heimsuchung

                   - Christi Geburt

 

 rechts zu - Maria der Königin des Himmels und der Erde,

                     der Herrin des Kosmos, umgeben von den

                     zwischen Sonne, Mond und Sternen

                     schwebenden Symbolen der vier Evangelis­ten.

 

In der ehemaligen Marienkapelle (jetzige Taufkapelle) zeigen die beiden Fenster Darstellungen aus dem Leben Marias und Josefs. In ihr stand der jetzt im linken Seitenschiff befindliche Marienaltar.

 

Man erkennt in den Fenstern

                   - Mariens Vermählung      

                   - die Flucht nach Ägypten

                   - Marias Tod                         

                   - die hl.Familie in Nazareth

                   - Josefs Tod                         

                   - Jesus im Tempel zu Jerusalem

 

Der Heilige in den Fenstern über dem Sebastiansaltar ist

- St.Bernhard von Claireveaux, und zwar

                     als Cisterzienserabt mit dem Kreuz, den

                     Leidenswerkzeugen und der Dornenkrone in

                  der Hand, die Kreuzritter zum Kampf für

  Christi Lehre aufrufend.

 

In einem kleinen Gefach des Fensters über der Tür zur Sakristei tritt

                   - St.Barromäus im Büßergewand, einen Strick

                     um den Hals, umhüllt von einem kardinalroten

                     Mantel, als Priester und Abt, für eine

                     Kirchenreform ein.

 

Ein entsprechender Fensterausschnitt auf dem gegenüber befindlichen Fenster bringt

                   - St.Sebastian mit Pfeilen beschossen in

                     ständige Erinnerung.

 

Alle Heiligen auf den genannten Fenstern waren Namenspatrone von Angehörigen der Stifterfamilien. Die Namen derselben stehen am unteren Rand der beiden großen Fenster:

 (links)       - Peter Neeb, Lehrer in Siershahn

                   - Johannes Cramig, Pfarrer in Lorchhausen

(rechts)     - Jacobus Diefenbach, Magister (Lehrer) in

                     Wirges

 

Jene hinter dem Sebastiansaltar bezahlte

                   - Peter Weiand II., Uster- oder auch

                     Klusterpitter genannt,

weil er sich sehr um die Gründung der Schwesternnieder-lassung bemüht hatte." [3]

 

 Die früheren Klarglasfenster wurden bei der Renovierung 1962/64 durch bunte Ornamentfenster, die der Künstler Josef Jost aus Hattenheim/M. gestaltete, ersetzt. Sie ergeben eine gelungene Synthese mit den alten Fenstern von 1887.

 

Auch die klaren Rundfenster unter der Empore wurden 1964 durch Buntfenster ersetzt. Sie erzählen von Begebenheiten des Alten Testamentes, die auf das Opfer des Neuen Bundes hinweisen:

 

links vorne

                   -  das Opfer Noahs                                

Im Hintergrund Noahs Arche, darüber die

Taube mit dem Ölzweig. Noah kniet vor einem zum Himmel steigenden Feuer. Als Zeichen des Bundes zwischen Gott und den Menschen überspannt ein Regenbogen das Bild.

 

 links hinten

- das Opfer Abrahams

Eine Hand hält die zur Opferung seines

    Sohnes bereite Hand Abrahams fest, die

andere weist auf einen Widder.

 

 rechts vorne

- das Opfer Moses

Nach der Verkündigung der zehn Gebote

besprengt Moses das Volk mit dem Blute des

Lammes als Bundeszeichen.

 

 rechts hinten

-  das Opfer des Melchisedech

Melchisedech bringt im Beisein von Abraham

Brot und Wein dar. Dieses Opfer gilt als

alttestamentliches Zeichen, das im Opfer Jesu seine Erfüllung findet. [35]

 

1887

Noch im Jahre 1887 schuf der "neugotische" Bildhauer und Maler Caspar Weis aus Frankfurt den prunkvollen Hochaltar. Eine Beschreibung ist ebenfalls entnommen aus "St. Bonifatius Wirges" von C.W.Schnell [35]:

"Der Altar zeigt ein sehr schönes, hochaufsteigendes, feingliedriges Gesprenge. Eine Auswahl von Heiligen der Litanei dieses Namens gruppiert sich, der mittelalterlichen Feudalordnung entsprechend, um den Thron des (ausgesetzten) Allerheiligsten, dem ein drehbarer Tabernakel diente.

 

Die Rangfolge entsprach der Allerheiligen-Litanei. Leider wurden die Statuen nach der Restaurierung 1962 nicht nach dieser, sondern "paarig" aufgestellt. Sie stehen zur Zeit folgendermaßen:

 

obere Reihe: (von der Mitte aus nach links)

- St.Johannes                       mit Kelch

- St.Bartholomäus               mit Messer

- die Mutter Jesu

- St.Josef

- St.Franziskus                     in Mönchskutte mit

                                                                   Wundmalen

- St.Georg                              mit Drachen und

                                                                   Schwert

- St.Laurentius                      als Diakon mit Rost

- St.Hildegard                       Kaiserin mit Krone

                     od.St.Hildegunde              den Bischofsstab reichend

 

untere Reihe: (wie oben)

- St.Hieronimus                    Kirchenlehrer mit

                     od.Karl Barromäus           Buch ohne Druck

- Alexander od.                     Papst mit Tiara und

                     Gregord.Gr. oder               dreifachem

  Leo I. bzw. Sixtus               Kreuzstab

- St.Jakobus d.Ältere(?)      mit Keule

- St.Thomas                          mit rechts

                                                                   abgestrecktem

                                                                   Winkel

- St.Hildegard v.Bingen       Äbtissin mit Stab

                                                                   und Buch

- St.Mechtild v. Helfta           Seherin mit

                     od.Hackeborn                    Adelskrone und

                                                                   Buch

- St.Barbara                           Verehrerin der

                                                                   hl.Eucharistie mit

                                                                   mehrstöckigem

                                                 Turm, eine

                                                Monstranz im

                                                                    Fenster

   

obere Reihe (von der Mitte aus nach rechts)

- St.Paulus                            mit dem Schwert

- St.Matthäus                         mit langem Bart; Schwert fehlt

- St.Petrus                             mit Schlüssel

- St.Simon                             mit Säge

- St.Johannes d.Täufer       in Fellkleid mit

                                                                   Kreuzstab

- St.Antonius v.Padua          Prediger/Mönch;

                                                                   Franziskaner mit

                                Rosenkranz, Kind

                                tragend

- St.Dominikus                     Prediger/Mönch mit

                                                                   Lilie

- St.Helena                            Kaiserin mit Kreuz

         

untere Reihe (wie oben)

- St.Philippus                        mit Kreuzstab

- St.Thaddäus                       mit Lanze und

                                                                   Hellebarde

- St.Andreas                          mit Andreaskreuz

- St.Jakobus d.Ältere           mit schwarzem

                                                                   Mantel und

                                                                   Pilgermuschel                   

- St.Benedikt                         Abt mit weißem

                                                                   Habit und

                                                                   schwarzem Mantel

- St.Katharina von                Seherin mit

  Alexandrien                         Zackenrad und

                                                                   und Schwert

- St.Anna                                das Kind belehrend

- St.Clara                               Verehrerin der

                                                                   hl.Eucharistie in

                                Clarissinnentracht

                                mit Monstranz

 

In der Predella, dem Unterbau des Altarschreines, stehen folgende Figurengruppen:

 

(links)        - Maria bei Mutter Anna

                   - Josef mit Maria und dem Kind

 

(rechts)     - Die drei Könige, dem Kind in der Krippe

                     huldigend

 

Zwei große Gemälde schmücken die Rückseiten der Flügeltüren:

 

(links)        - Die Verkündigung des Erlösers

(rechts)     - Die Krönung Marias

 

Die Anschaffungskosten des Hochaltares einschließlich der Mensa betrugen 7 200 Mark."               

 

1890-1891

Der Bildhauer Caspar Weis schuf auch den heute im lin­ken Seitenschiff befindlichen Marienaltar, der von 1891 bis 1962 in der jetzigen Taufkapelle stand, - ein weiteres schönes Stück gediegener Bildhauerarbeit. Der Name des Künstlers und ein Bittgebet sind in die Predella eingekerbt: "Meister dieses Werkes, bitt Gott für ihn! 1891" [35]

 

In der Mitte des Altarschreines steht mit königlichem Diadem

                   - "Maria Dei Genitrix"

die hl.Gottesgebärerin, die das Kind und ein Zepter trägt.

 

Ihr zur Seite drückt

- St. Franziskus    das Kreuz in Verzückung an

                                                   sich,

                   - St. Antonius        predigt den Fischen.

 

Die Altarstaffel enthält drei Büsten:

- St.Bernhard vom Claireveaux,

als Minnesänger unserer Lieben Frau

                     (oder nach anderer Deutung)    

- St.Bernhard von Morlus,

  dem das Lied "Aller Tage sing und sage"

  zugeschrieben wird

  oder

- St.Casimir von Polen,

  dem man den Text, nicht aber den Hymnus

  des Liedes zuschreibt, dessen Anfang auf der

  kleinen Tafel zu lesen ist.

- St. Maria Allacoque,

  die salesianische Herz-Jesu-Verehrerin;

  sie hält in ihrer Hand ein von einem Kreuz

  überhöhtes, flammendes Herz und

- St.Dominikus,

  der als Urheber des Rosenkranzgebetes gilt.

 

Die beiden Altarflügel sind hochreliefartig ausgefüllt mit Darstellungen aus dem Leben Marias:

- Die Darstellung Mariens im Tempel

- Die Weihe der Jungfrau

 

Auch die Rückseiten sind derart gestaltet:

- St.Nikolaus,        als Bischof mit Stab und

                                                   einem Buch, auf dem drei

                                                   Kugeln zu erkennen sind

- St.Helena            mit der Kaiserkrone und dem

                                                   aufgefundenen Kreuz.

 

Das schöne Gesprenge des Marienaltares, das dem des Hochaltares gleich war, konnte bei der Restaurierung 1962 wegen allzu starkem Wurmfraß nicht mehr erhalten werden. Dagegen wurde der

                - Schmerzensmann,

der in dem Gesprenge stand, restauriert. Er steht jetzt hinten im Kirchenschiff auf einem kleinen Altar.

Bei seiner Anschaffung kostete der ganze Marienaltar 2700 Mark.

 

Eine dritte Arbeit desselben Bildhauers ist der zwar einfacher gehaltene, aber dennoch sehr schöne Josefsaltar mit der Statue

                - Josefs, des Nährvaters in der Mitte

und zwei Hochreliefs:

                - die Flucht nach Ägypten

                - die hl.Familie in Nazareth. [3]

 

Weitere Altäre, die nach der Fertigstellung in der neuen Kirche ihren Platz fanden, waren der Herz-Jesu-Altar aus Holz mit Terrakotta-Statue (1890) und der St.-Josefs-Altar (1891). Die von Bildhauer Weis angefertigten schönen Altäre der hl. Muttergottes und des hl. Josefs kosteten zusammen 7000 Mark zuzüglich 484 Mark für die Mensa des Josefsaltares. Die Kosten wurden durch Spenden finanziert. [32]

 

Der Gestalter des Hochaltares, des Marien- und Josefsaltares, Caspar Weis, war ein heute anerkannter bedeutender Bildhauer und Maler der Neugotik. 1849 in Mehring/Mosel geboren, gründete C.Weis nach langen Lehr- und Wanderjahren in Frankfurt/M. ein Atelier für christliche Kunst. Für seine Verdienste um diese verlieh ihm Papst Pius X. den Orden "Pro ecclesia et pontifex". In mehr als 20 Orten stehen außer anderen Werken ca. 30 große Altäre, so z.B. in den Stadtkirchen von Limburg und Montabaur.

In Frankfurt schuf C.Weis fast die gesamte Ausstattung der Deutschordenskirche zu der Zeit, als Johann Diefenbach dort Inspektor und Pfarrer war. Dabei entstand zwischen den beiden Persönlichkeiten eine feste Freundschaft. Dem großen Einfluss des Geistlichen Rates J. Diefenbach, den derselbe in Wirges ausübte, ist denn auch zuzuschreiben, dass C. Weis mit der Gestaltung der Altäre für den neu erbauten Westerwälder Dom beauftragt wurde. Auf die enge Verbundenheit der beiden weist auch das Bildwerk "Die Beweinung Christi" in der kleinen Kapelle des jetzt aufgelassenen Nordfriedhofes hin. C.Weis schenkte es 1910 seinem Freund Diefenbach zur Ausschmückung des Familiengrabmals der Diefenbachs. [35]

 

1889/09/26

Am 26.09.1889 starb der Krugbäcker Wilhelm Gerz, der nach dem Tod von Pfarrer Prötz im März 1979 bis zur Wiederbesetzung der Pfarrei Wirges durch Pfarrer Feldmann im Oktober 1886, in der Zeit, da die Wirgeser Pfarrstelle wegen des Kulturkampfes und des Exils des Limburger Bischofs verwaist war und die wesentlichen Entscheiungen und Arbeiten beim Bau der neuen Pfarrkirche anfielen, Vorsitzender des Kirchenvorstandes gewesen war und der sich große Verdienste um den Bau des ´Westerwälder Domes´ erworben hatte.

Sein Grab links vor der Kapelle des alten Wirgeser Friedhofes, in seiner Art das älteste erhaltene Grab in Wirges, blieb auf Beschluss des Stadtrates von Wirges vom 26.08.1982 bei der Einebnung des südlichen Grabfeldes im Jahre 1982 erhalten.

 

1889/10/01-1898/10/01

Am 1.10.1889 wurde Adam Sturm Pfarrer von Wirges, nachdem Pfarrer Feldmann dieses Amt im gleichen Jahr abgegeben hatte. Pfarrer Sturm blieb bis zum 1. Oktober 1898 Pfarrer von Wirges. [7] 

Während der Amtszeit von Pfarrer Sturm wurde ein Bau­ernverein  mit einer Darlehenskasse zur Hebung der Landwirtschaft gegründet. Vorsitzende waren später u.a. "Wissemüllersch Matthes" und "Trumms Schorch". [20]

 

1890
1890 zersprang die kleine Glocke "Sancta Susanna" beim Totenläuten anlässlich des Ablebens der Kaiserin Augusta Victoria. Sie wurde daraufhin durch den Glockengießer Hermann in Frankental umgegossen und ebenfalls auf den Namen "Sancta Susanna" geweiht. Ansonsten blieb das alte dreistimmige Glockengeläut der Kirche erhalten und erklang weiterhin von dem neuen Kirchturm über das Land. [3]  

Bei jener Gelegenheit wurde auch der Glockenstuhl umgebaut und festgestellt, dass eine Instandsetzung des Kirchturms erforderlich sei. Diözesanbaumeister Meckel erstellte ein Gutachten, wonach die Kosten auf 3000 bis 10 000 Mark geschätzt wurden. 

 

 1890

Unter Pfarrer Sturm begann sich im Jahre 1890 Dernbach als 1. Filialort von der Pfarrei Wirges zu lösen und wurde selbständige Pfarrvikarie.

 

Eine Aufteilung des Kirchspieles von Wirges war wegen des Anwachsens der Anzahl der Gläubigen schon seit langem geplant. So befindet sich eine nach der Landkarte von Nassau angefertigte Skizze im Hessischen Staatsar­chiv in Wiesbaden, wonach beabsichtigt war, die Orte Dernbach, Moschheim, evtl. Bannberscheid sowie Ötzin­gen und Hosten aus der Pfarrei Wirges zu lösen. Dern­bach sollte selbständige Pfarrei werden, Moschheim und evtl. Bannberscheid sollten zu Boden kommen. Helferskir­chen erhielt danach Ötzingen und Hosten, während Staudt, Ebernhahn, Siershahn und evtl. Bannberscheid zunächst bei Wirges verbleiben sollten. [36]

 

In diesem Jahr wurde auch zum letztenmal die Bittprozes­sion am Dienstag in der Bittwoche von der Pfarrkirche zu Wirges nach Dernbach geführt.

Sie kam über das "Stöckelche", wurde am "Heiligenhäu­s-chen" von den Dernbachern in Prozession abgeholt und zur Laurentiuskapelle geleitet, wo das Bittamt gehalten wurde. Nach demselben fanden die Bäcker, die sich vor der Kapelle aufgestellt hatten und Weck verkauften, be­sonders von den Kindern reichen Zuspruch. Diese Bittpro­zession fand wohl lange Zeit hindurch alljährlich in dieser Weise statt mit dem Anliegen, eine eigene Pfarrkirche mit selbständiger Pfarrei zu erbitten. [8]

 

1890/10/11

Am 11.10.1890 bekam Dernbach einen eigenen Pfarrvikar.

 Auch ein eigener Friedhof für Dernbach wurde noch im gleichen Jahr angelegt, während die Dernbacher vorher in Wirges begraben wurden. Der Flurname "Leichenrast" in der Nähe des Grenzweges erinnert heute noch daran, dass der Leichenzug dort Rast machte. Die ältere Bezeichnung "Leichenrast" an der Straße nach Montabaur stammt noch aus der Zeit, da der Trauerzug von Dernbach nach Wirges diesen Weg nahm.

 

1890

Im gleichen Jahr, als die Pfarrfiliale Dernbach von der Mutterpfarrei abgetrennt wurde, erkannte der Heilige Stuhl zu Rom die Kongregation der "Armen Dienstmägde Jesu Christi" und ihre Konstitution endgültig an. Diese bestand inzwischen aus annähernd 2000 Schwestern, die in 166 europäischen und 27 nordamerikanischen Niederlassungen segensreich wirkten.   

 

ab 1891/05

Die Loslösung Dernbachs von der Pfarrei Wirges hatte auch zur Folge, dass ab 1891 am Feste Christi Himmel­fahrt die früher zur Laurentiuskapelle nach Dernbach stattfindende "Pestprozession" nun alljährlich zum Stei­melskapellchen zog. [35]

 

Die Fronleichnamsprozession, die bis zu dieser Zeit als Flurprozession mit einem tragbaren Altar begangen worden war, nahm ab jener Zeit einen neuen Weg, u.z. von der Kirche durch die Siershahner-, Kapellen-, Brücken-, Bach-, Linden-, Friedrich- und damalige Haupt-Straße zurück ins Gotteshaus.

Den Weg der Prozession schmückten Tannengirlanden, die sich an mit Fähnchen geschmückten Pfählen entlang rankten. Die Pfähle waren ebenfalls mit Tannengrün umwickelt und in späterer Zeit mehr und mehr weiß gestrichen. Von allen Häusern wehten die Fahnen, und vor vielen Häusern standen, von Blumen umgeben, Hausaltärchen. Am Boden davor waren oft kunstvolle Blumenteppiche gelegt.

Zu den 4 Segenserteilungen bauten Nachbarschaften reich geschmückte Altäre, den 1. an der Stelle des heuti­gen Kapellchen an der Ecke Siershahnerstraße/ Kapel-lenstraße, den 2. "an der Tränk", wo an der Nordstraße der Stationenweg zum Steimel begann, den 3.  "an der Unnerbach" Kreuzung Friedenstraße/Bachstraße und den 4. bei den Dernbacher Schwestern in der Hauptstraße.

Mitglieder des Kirchenvorstandes begleiteten das Allerheiligste, die Vereine gingen mit ihren Fahnen mit. In der Mitte der beidseitigen Doppelreihen der Gläubigen gingen klassenweise die Schulkinder, begleitet von den Lehrpersonen. Die Kleinkinder trugen kleine mit Christus- und Heiligenbildern geschmückte Fähnchen und streuten Blumen. [35]

 

1892

Im Jahre 1892, wurde am Malberg neben der Quelle am "Helje Burn" das Malbergkapellchen, als Marienkirchlein, gebaut. [9]

Schon vorher hatte man an dieser Stelle, an der sich das Wasser einer kleinen Quelle in dem natürlichen Becken eines großen Malbergfelsens sammelt und selbst in trockenen Sommern nicht versiegt, einen Bildstock errichtet. In früheren Jahren gingen die Mädchen der Umgebung am Ostersonntag dorthin und wuschen sich ihre Gesichter, um schön zu bleiben. Auch bei Augenleiden und Fieber sagte man dem Wasser der Quelle Heilkräfte nach.

Die Pieta in der Kapelle stammt aus Leuterod. Heute künden im Innern der Kapelle Votivtafeln von Gebetserhörungen. Seit Ende des 2.Weltkrieges wallfahren die Moschheimer, aber auch Gläubige der Nachbarorte, am Himmelfahrtstage zu diesem Kapellchen aus Dank, dass ihre Orte von Bombenabwürfen verschont geblieben sind. [35]    

 

1894

 An der neuen Kirche wurden die ersten Instandsetzungsarbeiten erforderlich.  Am 17.06.1894 beschloss der Kirchenvorstand die Restaurierung des Kirchturms und die Anbringung eines Blitzableiters. Die Ausführung übernahm der Dachdecker Hellbach aus Limburg. [32] 

 

1895/Herbst

Im Herbst 1895 wurden 2 Türen an den Zugängen zur Bühne angebracht. Drei Kirchentüren im Schiff wurden durch Kunstschreiner Herkenroth aus Marienrachdorf umgesetzt (Turm- und Seitentüren).

 

1895
In Wirges wird im Jahre 1895 von den Dernbacher Schwestern an der Stelle des späteren Kindergartens die erste Kinderbewahrschule errichtet, die bereits ein Jahr später der 2. Kinderbewahrschule weichen musste. [27]

 

1895

In Leuterod wird 1895 ein eigener Vikar eingestellt.

 

1895-1896

In den Jahren 1895/96 wird unter Pfarrer Sturm das jetzige Pfarrhaus erbaut. Geistlicher Rat Diefenbach schreibt:

"Das neue Pfarrhaus dürfte das 3. sein wie die Kirche, nachdem im Schwedenkrieg das älteste und erste niedergebrannt war." [1]

 

1895-1896
1895/96 erhielt auch Bannberscheid eine eigene Kapelle. Im Jahre 1895  hatten am Platze der jetzigen Kirche Bür­germeister Johann Adam Hehl (genannt Hansam), Chris­tian Reckenthäler, Andreas Keil u.a. auf privatem Grund eine Kapelle zu Ehren der "Maria, Hilfe der Christen" er­baut, die sie später der Zivilgemeinde überschrieben, wel­che sie dann nach der Bildung der Kapellengemeinde die­ser übereignete. Bis 1938 fanden in dieser Kapelle nur vereinzelt Gottesdienste statt. [35]

 

1896

1896 wurden 3 neue Monstranzen und 4 Kelche für 5000 Mark erworben. Die wertvolle neugotische Monstranz fertigte der Goldschmied P.Oediger aus Krefeld an.

Folgende Darstellungen sind auf ihr eingraviert:

 

      - auf ihrer Fußsäule die Heiligen Anna, Elisabeth,

        Rosa von Lima, Barbara, Aloysius und Augustinus

      - an ihrem Schaft symbolische Darstellungen bezüglich

        des Altarsakramentes: Hirsch, Adler, Phönix, Pelikan,

        Löwe und Lamm.

      - neben der Lunula: den Kirchenpatron St. Bonifatius

         und den Nebenpatron St. Sebastian

      - auf den Seitenstücken: den Evangelisten Johannes

        und St.Josef

      - auf anhängenden kleinen Medaillons:

        St.Klara und St.Helena

      - dazu viele anbetende und musizierende Engel.

 

1896/08/11
Der Nassauer Bote, die damalige Tageszeitung berichtetam 11. August 1896 von dieser Monstranz und zollt den Pfarrkindern von Wirges größten Dank und Anerkennung zu ihrer "unversiegbaren Freigiebigkeit", die es möglich gemacht hatte, nach der erst wenige Jahre zuvor erfolgten Beschaffung der herrlichen Altäre des Domes Gott im Sakramente eine so herrliche Wohnstätte zu schaffen. Sie schließt mit dem Wunsche, dass der "gute, alte, katholische Geist" der Pfarrei auch in aller Zeit fortbestehen möge.

Waren doch für die Beschaffung dieser Monstranz 2700 Mark gespendet worden, damals ein Vermögen. Die neue Monstranz wurde von jenem Jahre an auch zu den Fronleichnamsprozessionen benutzt. [35]    

 

1897/08/03

Nachdem Dernbach im Jahre 1890 als 1. Filialort aus der Pfarrei Wirges ausgeschieden war, wurden als nächste Filialorte am 3. August 1897 Leuterod und Ötzingen von der Pfarrei Wirges abgetrennt. In Leuterod war schon 1885/1886  eine eigene Kirche gebaut und seit 1895 auch ein eigener Vikar eingestellt worden. [7]

 

1898/02/02

Am 2. Februar 1898 stirbt die Gründerin der Dernbacher Schwestern, die "Ehrwürdige Mutter" Katharina Kasper, im 78. Lebensjahr. Sie wird unter großer Anteilnahme des inzwischen auf über 2000 Schwestern angewachsenen Ordens und der gesamten Bevölkerung am 5. Februar 1898 in Dernbach begraben. [8] 

 

1898/11/01-1938/03/01

Am 1. November 1898 übernimmt Dr. Josef Ignaz Luschberger die Pfarrei Wirges, nachdem Pfarrer Adam Sturm sich aus Altersgründen nach Koblenz zurückgezogen hatte. Dr. Luschberger bleibt als Dekan und Geistlicher Rat bis 1.März 1938 Pfarrer von Wirges [7]. Er übt bis 1912(?) auch noch das Amt des Schulinspektors aus.

 

nach 1898/11

Er begann seine Amtstätigkeit mit einer Missionierung der Pfarrei durch Jesuitenpater Bahlmann. Das kirchliche Leben nahm unter ihm einen kräftigen Aufschwung.

 

1899

Unter ihm gründeten die Dernbacher Schwestern im Jahre 1899 im Zusammenhang mit dem Kindergarten im jetzigen Schwesternhaus eine feste Niederlassung. Sie betreuten nicht nur die Kinder, sondern unterhielten auch eine Nähschule und betätigten sich in der Krankenpflege. [1]

 

Die im Mutterhaus lebenden Schwestern hatten sich von Anfang an nicht nur in Dernbach, sondern auch in Wirges und den anderen Nachbarorten aller Nöte der Bewohner angenommen.  In Wirges konnten sie aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr alle Wünsche erfüllen. Der durch die beginnende Industrialisierung des Ortes bedingte starke Zuzug von Glasfacharbeitern mit ihren Familien verlangte dringend nach einer örtlichen Schwesternniederlassung. Der erste Schritt dazu war bereits 1897 getan worden:

Die Eheleute Peter Weyand stifteten zu diesem Zwecke ihr Anwesen und Ländereien mit dem Vorbehalt, dass sie zwei Zimmer als Wohnung behielten und in ihren alten Tagen, besonders bei Krankheit Pflege bekamen. Die Schenkung an die Kirchengemeinde wurde notariell vollzogen, auch die bischöfliche Behörde war einverstanden. Die erforderliche Genehmigung der Stiftung durch den Staat erhielten die Schwestern 1899. Seine Majestät Wilhelm II. hatte sie am 24.10.1898 während seiner Reise ins "Heilige Land" an Bord des Schiffes "Hohenzollern" vor der Insel Rhodos unterzeichnet. 

 

ab 1899/08/16

Als Gründungstag der Wirgeser Niederlassung gilt der 16.08.1899, obwohl man wissen muss, dass schon seit 1897 drei Schwestern in Wirges regelmäßig in der Krankenpflege tätig waren.

Durch Umbau des bäuerlichen Anwesens an der heutigen Dr. Luschberger Straße entstanden aus Stall und Scheune nicht nur eine Verwahr- und Nähschule, sondern auch eine kleine Kapelle. Der Stifter des Hauses, auch "Ustersch- oder Klusterpitter" genannt, verstarb am 01.03.1907. Seine Frau Anna, geb. Alef, folgte ihm am 15.03.1911 in die Ewigkeit.

In den Folgejahren pflegten die "Wirgeser Schwestern" jährlich etwa 400 Kranke und hielten unzählige Nachtwa­chen. Täglich besuchten etwa 70 bis 80 Kinder die Ver­wahrschule und ca. 15 Mädchen die Nähschule der Schwestern. [35]

 

1899

1899 wurde auch der Gesellenverein, die heutige Kol­pingsfamilie, gegründet. Der 1. Präses des Gesellenver­eins, wie der Kolpingsverein damals noch hieß, war Kap­lan Bill, der im Juli 1899 sein Amt in Wirges angetreten hatte. [20] [35]

 

Ebenso gründete Pfr. Dr. Luschberger den kath. Arbeiterverein Wirges zur Bekämpfung der sozialen Notstände, der bis zum 1. Weltkrieg existierte. Sein letzter Vorsitzender war Peter Schlotter. [1] [25]

 

ab 1899

Wie rege das kirchliche Leben in jenen Jahren war, zeigen weiterhin die Gründung des "Marienvereins",  des "kath. Jünglingsvereins", des Müttervereins, eines Lesevereines (später Borromäusverein genannt), des Vereins für das katholische Deutschland und des Bonifatiusvereins.

 

Der Bonifatiusverein hatte keine eigene Ortsgruppe. Seine Mitglieder  waren nur fördernde Mitglieder zur Unterstützung von Diasporagemeinden in Deutschland. Der Volksverein für das kath. Deutschland lieferte regelmäßig Schriften, stellte Referenten für Vorträge und bildete in Seminaren Führungskräfte für den Arbeiterverein und die katholische Zentrums-Partei aus. Der Leseverein sorgte für guten Lesestoff und schuf eine Leihbücherei, die sich zuerst im Hause des Anton Kuch, dann im Pfarrhaus und heute im Jugendheim befindet.

 

Die "Marianische Kongregation", so der eigentliche Name des Marienvereins, wurde 1909 gegründet. Die Führung lag ganz in den Händen der damals in Wirges tätigen "Dernbacher Schwestern". Sie versammelten allsonn­täglich nachmittags die unverheirateten Mädchen und formten diese durch religiöse Betrachtungen, Gebet, Spiel und Volkstanz, nicht zuletzt durch kreatives Gestalten (Anfertigen von Paramenten und Laienspiel) in christli­chem Sinne.

 

Im "Jünglingsverein", der zur gleichen Zeit entstand, wurde unter Leitung eines der Kapläne und von Lehrern die heranwachsende männliche Jugend in ähnlicher Weise betreut.

 

1899/09

Der frühere Pfarrer von Wirges Adam Sturm stirbt am 16. September 1899 in Koblenz. Er wird am 19. September 1899 in Meudt begraben. [7]

 

1900

1900 eröffneten die Dernbacher Schwestern für den oberen Ortsteil in der Nähe des Dornbergs einen weiteren Kindergarten. Auch wurde 1900 eine 2. Schwesternstation in der Hochstr. 7 gegründet, von wo sie 1925 in das Haus "Am Dornberg 8" umsiedelte. [2]

 

ab 1901

In Dernbach selbst baute man im Jahre 1901 eine eigene Kirche, bei welcher Gelegenheit man leider die Laurentiuskapelle abriss.

Doch es dauerte noch bis zum 1.3.1914, bis Dernbach entgültig aus der Pfarrei Wirges ausschied und eine eigene unabhängige Pfarrei wurde. [21]

Die Filialen Bannberscheid, Moschheim und Staudt wurden 1901 zu Kapellengemeinden erhoben und durften ab 1912 das Allerheiligste Altarsakrament in ihren Gotteshäusern aufbewahren., blieben aber bis heute bei der Mutterpfarrei.

Die Verstorbenen dieser Kapellengemeinden wurden in der Folge, nachdem  in den Jahren 1907 in Staudt, 1908 in Bannberscheid und 1910 in Moschheim eigene Friedhöfe angelegt worden waren, nicht mehr in Wirges sondern auf den eigenen neuen Friedhöfen beigesetzt. [35]

 

1904/07

Im Juli 1904 wurde ein elektrischer Antrieb für die Orgel eingebaut. Den dazu erforderlichen Strom lieferte das 1898 in Betrieb genommene E-Werk des Sägebetriebes Adam Marx. [32]

 

1905

Im Jahre 1905 löst sich Siershahn als Filialgemeinde von Wirges ab und wird selbständige Pfarrei. [7]

 

1905-ca.1920

Die Wirgeser Kirche wird im selben Jahr von dem Frankfurter Kirchenmaler August Adam Potthast im "Jugendstil" ausgemalt, nachdem bereits im Februar 1903 ein Entwurf für die Ausmalung des Chores eingereicht worden war. Die Kosten beliefen sich auf 36.000 Mark.

 

 

 

In dieser Zeit entstehen von demselben Maler die sämtlich auf Kupferblech im "Nazarener Stil" gemalten Bilder:

                   - zwölf Bilder der Apostel im Obergaden                       

                   - zwei Darstellungen aus dem Leben des

                     hl.Bonifatius, die heute zu beiden Seiten des

                     Ausganges hängen.

Ursprünglich hingen sie in den Seitenschiffen über den Nebenältären.   

                   - die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes den

                     Täufer.

Dieses Gemälde bildete den Hintergrund der Taufkapelle in der Nische auf der rechten Seite des Schiffes; das Bild wurde nach dem 1.Weltkrieg 1923 wegen seines damals verpönten "unkünstlerischen Stiles" verschrottet.

Verschollen ist auch das ebenso große Bild

                   -  Christus Triumphator,

das sich hoch oben über der rechten Apside befand. [3]

 

Die 1905 ausgesparten Felder auf den Wandflächen im Chorraum und auf den vorderen Halbpfeilern wurden nach dem 1. Weltkrieg von Kirchenmaler Pfarrer A.Gessner und dem Kirchenmaler Busalt aus Limburg in Kalkputzmalerei ausgefüllt, und zwar

                   - die Hochzeit zu Kanaan

                   - das Opfer des Melchisedech

                   - die vierzehn Nothelfer

                   - die Opferung Isaaks

                   - Jesus mit den Jüngern in Emmaus

                   - die Bergpredigt

                   - St. Agnes

                   - St.Christophorus

(Leider wurden diese Bilder bei der Innenrenovierung von 1963 übermalt.)

 

 Vor den Halbsäulen standen Figuren der hl. Theresia vom Kinde Jesu und des hl. Aloysius.

 

 Die gemalten Ölbilder der Kreuzwegstationen kopierte A.Gessner, Limburg, nach Originalen von Prof. Martin Feuerstein aus München.  [35]

 

Eine weitere Ausmalung erfuhr die Kirche im Jahre 1911. In diesem Jahr wurde auch eine Dampfheizung in der Kirche installiert.[32]  

 

1909-1911

1909 führt Pfarrer Dr. Luschberger in Wirges die Frühkommunion ein, nachdem Papst Pius X. die Kommuniondekrete erlassen hatte. In diesem Jahr gingen die 12-jährigen am Weißen Sonntag zur Erstkommunion, während die 9-jährigen zu Pfingsten die hl. Kommunion empfingen. [7] [20]

 

Zwei Jahre später, vom 28. Oktober bis 5. November 1911, ließ Pfarrer Dr. Luschberger durch 2 Pallotiner-Patres eine eucharistische Woche abhalten, womit der eucharistischen Bewegung weiterer Auftrieb gegeben und der häufigere Empfang der hl. Kommunion grundgelegt wurde. Beteiligten sich an der ersten von ihm veranstalteten Volksmission nur Alteingesessene aus dem alten Kirchspiel, so nahmen an der zweiten zu seiner großen Freude auch viele Katholiken des oberen Ortsteiles teil. [7] [35] 

 

ab 1910

Im Jahre 1910 wurde die Friedhofskapelle auf dem alten Wirgeser Friedhof gebaut. An ihrer Stelle stand vordem ein großes Holzkreuz mit Korpus, eingerahmt von zwei Tannen. Die Kapelle wurde als Familiengruft von der Familie Diefenbach gestiftet und sollte für alle künftigen in Wirges versterbenden Pfarrer als Grabstätte dienen. Die Steine stammten vom Steinbruch am "Hölzbrich". Zur künstlerischen Ausgestaltung schenkte der Bildhauer C.Weis dem mit ihm befreundeten Geistlichen Rat Johann Diefenbach den sehr sorgfältig ausgearbeiteten Entwurf der" Beweinung Christi" der VI. Station eines "Leidensweges der sieben Schmerzen Mariens", der für den Wallfahrtsweg zum Allerheiligenberg in Niederlahnstein vorgesehen war. (Doch nur die VII. Station wurde von C.Weis in Stein gehauen und steht heute in einer Grotte auf dem Allerheiligenberg.) [3]

 

Am 28. November 1911 stirbt der Geistliche Rat Johann Diefenbach in Eltville. Er wird am 1. Dezember 1911 in der Friedhofskapelle des jetzigen Nordfriedhofes beigesetzt. Pfr. Dr. Luschberger hielt im Beisein vieler anderer Kleriker das Traueramt. Die Kirche fasste nicht die Trauergemeinde. Die Gläubigen standen teilweise auf dem Kirchenvorplatz. Alle Schulkinder nahmen an der Beerdigung teil. Sie bildeten einen Trauerzug von der Schule bis zur Kirche. Die älteren Kinder trugen Sträuße, die Kommunionkinder Kerzen in den Händen, die der kalte Dezemberwind jedoch allzu oft ausblies. Während der Beisetzung läuteten alle Glocken. [20]

 

Mit dem Geistlichen Rat Diefenbach, einem der Söhne des von 1824 bis 1871 in Wirges amtierenden Lehrers Jacob Diefenbach, der zwar nie direkt als Seelsorger in Wirges gewirkt hatte, - er war zuletzt Administrator und Inspektor des Deutsch-Ordensconvents zu Frankfurt/M.-Sachsen-hausen-, und der wie kaum ein anderer an seinem Heimatort hing und so vieles für die Pfarrei und den Ort Wirges getan hatte, sank gleichsam ein Teil des alten Wirges, das inzwischen mehr und mehr von einem neuen Geiste erfasst wurde, mit ins Grab.

 

Neben dem Geistlichen Rat Diefenbach fanden in der Friedhofskapelle des Nordfriedhofs auch die Wirgeser Pfarrer Josef Klau (+1868) und Pfarrer Peter Prötz (+1879) sowie sein Vater, der Lehrer Jacob Diefenbach, und sein Bruder, der Kaplan Kaspar Diefenbach, ihre letzte Ruhestätte. Die vor dem Bau der Friedhofskapelle Verstorbenen waren zunächst in Normalgräbern im Bereich der Kapelle bestattet und wurden in die Kapelle umgebettet. Die alten Grabsteine wurden in die Wände der Friedhofskapelle eingefügt und halten so die Erinnerung an jene bedeutenden Wirgeser des 19. Jahrhunderts wach. [20]

 

Die jetzt im Besitz der Zivilgemeinde Wirges befindliche Friedhofskapelle wurde von dieser renoviert und im Februar 1987 durch eine Rechtsverordnung der Kreisverwaltung einschließlich der Plastik von C. Weis und eines Stückes der alten Friedhofsmauer unter Denkmalschutz gestellt. [35]

 

ab 1910

Unter Geistl.Rat Dr. Luschberger bildete sich aus den stillen Freunden des Steimels eine Gebetsgemeinschaft, die sich auch des Steimels pflegerisch annahm und zum "Steimelverein" wurde. Dieser ließ 1910 die Steimelska­pelle gründlich überholen und vom späteren Ehrenbürger von Wirges, Peter Munsch, dem Stil der Domausschmü­ckung angepasst, im Jugendstil ausmalen. Leider wurde später wieder alles übertüncht.

Gleichzeitig erhielt das Kapellchen im Austausch mit einer unansehnlich gewordenen Maria-Königin-Statue eine "Schmerzhafte Muttergottes", hergestellt von dem Maler und Bildhauer Josef Henke aus Den Haag, der mütterli­cherseits von Wirges stammte. Mitglieder des Leseverei­nes trugen diese Plastik in feierlicher Prozession von der Pfarrkirche aus hinauf zur Kapelle. Auch ein großes Kreuz für die Stirnwand der Kapelle und die Statuen des hl. Jo­sef mit dem Kinde und des hl. Judas Thaddäus wurden später (1928) gestiftet.  [35]

Neben der Steimelskapelle und der bereits erwähnten Friedhofskapelle wurde zu jener Zeit in Wirges noch eine weitere kleine Kapelle errichtet, und zwar das Kapellchen an der Siershahner Straße. Diese kleinste der Wirgeser Kapellen wurde von dem Gemeinderechner Josef Gerz I. gemeinsam mit Verwandten auf seinem Wohngrundstück, das zu jener Zeit am Rande des Dorfes lag, erbaut. Ver­mutlich sollte ein Anlaufpunkt für die Fronleichnamspro­zessionen geschaffen werden.

An dieser Dorfecke wurde in der Folge bei der alljährlichen Fronleichnamsprozession der 1.sakramentale Segen er­teilt. Das Kapellchen gab der talabwärts führenden Straße den Namen "Kapellenstraße". [35]

 

Zu erwähnen ist auch noch die Lourdesgrotte, die Gstl. Rat Dr. Luschberger aus Anlass der Einsetzung des "Festes der Erscheinung von Lourdes" durch Papst Pius X. (1903-1922) zunächst am hinteren Ende des ehemaligen Kirchhofes mit der Rückwand zum Haus Schneider stehend errichten ließ. An einer, wie sich in der Folgezeit erwies, ungünstigen Stelle. Gehörten doch die entlang der Obergass liegenden Gärtchen noch den gegenüberliegenden Anwohnern und erschwerten nicht nur den Zugang zur Grotte, sondern auch zu dem seitlichen Eingang zur Kirche. Die Grotte wurde daher später (1931) an der jetzigen Stelle zwischen Pfarrhaus und Kirche neu errichtet. [35]

 

1914

Die Zeichen der Zeit standen auf Sturm. Man hatte in Europa allerorts einen glühenden Nationalismus geschürt und selbst die kirchlichen Kreise waren davon teilweise angesteckt.

 

Als in Sarajewo ein Schuss fällt und den österreichischen Tronfolger tötet, denkt allerdings in dem zu bescheidenem Wohlstand aufstrebenden Wirges noch niemand daran, dass damit eine schwere Zeit, vielleicht die schwerste Zeit für Wirges seit dem 30-jährigen Krieg anbricht.

 

1914-1915
Der Beginn des 1. Weltkrieges ist für Wirges noch relativ ruhig. Doch ein Jahr später sind schon viele Wirgeser an der Front gefallen und in Dernbach sind viele Verwundete im Krankenhaus untergebracht, die von den Dernbacher Schwestern betreut werden.

 

1916/08/20

Dennoch lässt man sich in Wirges nicht abhalten, Feste zu feiern. Am 20. August 1916 wird der Grundstein für das Jugendheim in der Siershahner Str. gelegt. Die vom Krieg unmittelbar Betroffenen sehen die Dinge jedoch durchaus kritisch. Am besten wird die Stimmung jener Kriegsjahre aus noch erhal­tenen Feldpostbriefen deutlich, die nachstehend auszugsweise wiedergegeben werden: [28]

 

1916/08/20

"Heute wird der Grundstein zum Jugendheim gelegt. Es ist für die Jugendwehr. Dieses Haus soll 30.000,- Mark kosten. Daraus kann man sehen, dass Wirges 'viel Geld' hat? Der Pastor gibt aus der Kirchenkasse über 5000,-Mark. Er ist übrigens ein eifriger Förderer der Jugendwehr.

Zu dieser Grundsteinlegung ist auch ein Fest notwendig, es werden Festreden und Musikconcerte, ja auch Gesangvorträge abwechselnd vorgetragen und dies alles, wo unsere Kinder, Brüder und Männer in der schrecklichen Todesgefahr schweben, wo an die 70 Wirgeser schon gefallen, und da jubelt und singt, musiziert und redet man von Glorie und Sieg, und diese Männer reden nur von Durchhalten und wieder Durchhalten."

 

1916/10/20

"Heute rief unser Pastor auf der Kanzel: 'Schafft Euer Korn auf die Speicher der Mühlen und Euere Kartoffel, Kappus, Wirsing, Möhren, Kohlraben und Obst in die Städte.' Und er sagte: 'Wenn die Landwirte nicht mehr Lebensmittel herausgäben, dann ist Deutschland verloren und muss einen Frieden schließen, wie die Engländer ihn wollen."

 

1916/12/06

"Es ist Donnerstagmorgen 1/2 sieben Uhr. Plötzlich fangen alle Glocken an zu läuten und warum? Natürlich ein Sieg. Was eigentlich los ist, weiß man ja nicht."

 

1916/12/31

"Heute am Sonntag wird in allen Fabriken Deutschlands gearbeitet, um Kriegsmaterial herzustellen. Auch in den hiesigen Fabriken wird gearbeitet. Es bläst wie an Werktagen."

 

1917/05/27

"Wenn du nicht bald kommst, so wirst du unsere Glocken nicht mehr alle 3 hören, sind sie doch beschlagnahmt und sollen bis zum 20. Juni abgeliefert werden. Die zwei größten gehen fort, nur die kleine Glocke behalten wir. Es heißt, Fronleichnamstag würden sie das letztemal läuten. Soweit ist es gekommen, was die Weltgeschichte noch nicht erlebt hat. Die Glocken, welche mit uns, unsern Eltern, Großeltern und Vorfahren Freud und Leid geteilt, welche mit ihrem harmonischen Ton uns beglückt am Tage unserer 1. hl. Kommunion, unsere Anverwandte und Vorfahren, unsere Eltern und Großeltern zu Grabe geleitet mit tiefem traurigen Ton, mit einem Wort, sie haben in Freud und Leid uns beglückt, diese Glocken, welche gesegnet, Gott zum Lob und Preis geweiht, sie sollen jetzt zum Morden dienen. Es ist haarsträubend, wenn man daran denkt. Wenn diese fort sind, was wird dann noch kommen."

 

1917/06/17
"Das Arbeiten am Sonntag auf dem Feld und die Heuernte ist vom Pfarrer erlaubt worden. Den Leuten geht es wirtschaftlich nicht mehr gut."

 

1917/06/11

"Denke dir, gestern Abend haben unsere Glocken das letztemal zusammen geläutet. Es war Bettag, da war die Kirche voll von Leuten. Beim Letzemal-Läuten hat alles geweint, der Pfarrer hielt eine kleine Ansprache und erklärte, die große Glocke habe die Bestimmung: 'Gott zur Ehr läute ich, Bonifatius heiß ich, für Gottesreich streite ich.' Die 2. hieße Lambertus, Lambertus heiß ich, für Gottes Ehr läute ich, gegen das Gewitter streite ich. Sie wurden in Trier gegossen. Die Große im Jahre 1564, die zweite 1571 (tatsächlich wurden die Glocken 1568 bzw. 1521 gegossen). Sie haben beide den 30-jährigen und den 7-jährigen Krieg überlebt, und niemand weder Schweden noch Franzosen haben daran gedacht, die Glocken zu vernichten. Ein Sozialdemokrat sagte im Reichstag, ehe man die Glocken hole, solle man die Denkmäler holen, er fand aber keine Unterstützung. Es wird nicht dabei bleiben, auch die hl. Kirchengefäße werden noch weg in die Presse kommen. Als es gestern  abend das letzemal läutete, konnte ich mich der Tränen nicht erwehren, ich musste an die Strophe im Liede denken:

'Wie mich dort als Kind erfreute, kommt mir wieder lebhaft vor, das bekannte Dorfgeläute widerhallt in meinem Ohr.' Es ist eine traurige Tatsache, wenn forthin jemand begraben wird, so wird ihm wie einem Verbrecher zur Ruhestätte die kleine Glocke geläutet werden, die 'arme Sünderglocke' genannt. Was würden unsere Voreltern sagen, wenn sie wiederkämen. Sie würden sagen: 'Die Glocken lasst ihr nicht nehmen, die euch und uns zur hl. Kommunion geläutet, die uns in Freud und Leid mit ihrem Klang begleiteten, die uns zu Grabe geleitet und Gott zur Ehre ihre Stimme erschallen ließen, die Jahrhunderte hindurch unsere und eure Freunde waren, die nur bestimmt waren, dem Heile der Menschheit zu dienen. Und jetzt als Mordwaffe zur Vernichtung der Menschheit zu verwenden, es wird kein Glück und Segen bringen, denn die Glocken sind vom Bischof geweiht, um Gott zu dienen." [28]

 

nach 1917/06

Doch die beiden größeren Glocken blieben zunächst wider Erwarten auf dem Kirchturm, nachdem sie vom Konser­vator als unersetzlicher Kunstwert eingestuft worden wa­ren. Stattdessen holte man  aber dann die kleine "Su­sanna", die eingeschmolzen wurde und nicht wieder zu­rückkam. [3] [13]  

Auch die Blitzableiter kamen von der Kirche und die Zinn­pfeifen der Orgel wurden beschlagnahmt und einge­schmolzen. [2]

 

1918

Anfang 1918 wurden dann doch die Bonifatius-Glocke ab­transportiert. Als die Glocke zum Abtransport auf dem Wagen stand, lief das "ganze Dorf" zusammen, um Ab­schied zu nehmen. Zum Glück gelangte die Glocke  nur bis Montabaur. So konnte der nach der Revolution auch in Wirges gebildete Arbeiter- und Bauernrat unter der Füh­rung von Christian Manns, genannt "Amtmann", im Herbst 1918 diese Glocke wieder zurückholen. Als  die  Glocken  nach  Wirges zurückkamen, war unter den Bewohnern eine große Begeisterung. Die Glocken wurden auf den Turm gezogen, als bereits die Quartiermacher der Ameri­kaner im Dorf Unterkünfte belegten. [2] [35]

 

1918-1919

1918/19 erfolgte der Rückzug deutscher Truppen durch Wirges. Schließlich kamen die Amerikaner als Besatzungsmacht. Insgesamt sind im ersten Weltkrieg 107 Wirgeser gefallen.

 

nach 1918

An den Verlust der vielen Söhne und Ehemänner erinnert heute noch die Mater dolorosa in der ehemaligen Taufka­pelle, der Nische auf der  Südseite des Kirchenraumes. Diese, von dem Bildhauer Pius Vierheiligen, Elt­ville/Rheingau, hergestellte Plastik, stiftete der Schreiner­meister Jakob Marx zum Gedenken an die Gefallenen je­nes Krieges. Ursprünglich stand diese Skulptur neben der Sakristeitür vor einem großen Bußkreuz, das von zwei Holztafeln mit den Namen jener Toten flankiert wurde. [35]

 

ab 1920

Das Leben nach dem entbehrungsreichen Krieg war in den sogenannten Zwanziger-Jahren auch in Wirges von Lebenshunger und Vergnügungssucht gekennzeichnet. Die Pfarrer beider Konfessionen klagten darüber.

Pfarrer Dr. Luschberger schreibt im Anschluss an die Mis­sion im Jahre 1920, die von 3 Cistercienser-Patres aus Marienstatt gehalten wurde, und obwohl die Teilnahme der Gläubigen sehr gut und ihre Opferwilligkeit rührend war:

"Es ist entsetzlich, wie alsbald nach der Mission die Ver­gnügungssucht ihre Nahrung sucht und findet: Tanzmusik, Kino, Operettentheater. Teilweise sind unsere Jungen entsetzlich gleichgültig geworden gegen die Kirchenge­bote. Auch das 7. Gebot existiert scheint's nicht mehr, ge­schweige das 6."

 

1921

1921 wurde zum Andenken an die gefallenen Wirgeser am Reginlindispark neben dem früheren Bürgermeisteramt auch ein Gefallenendenkmal errichtet und im November von Pfr. Dr. Luschberger eingeweiht. Der Erbauer des Denkmals war der Bildhauer Karl von Hörde aus Niederlahnstein. Beim Bau des Gedenkkreuzes auf dem neuen Südfriedhof entfernte man das Kriegerdenkmal. Es liegt heute unter dem Gedenkkreuz auf dem Südfriedhof.

 

1921

1921 wurde auch das Glockengeläut der Wirgeser Kirche wieder vollständig, nachdem sich der Sägewerksbesitzer Adam Marx bereit erklärt hatte,  die fehlende dritte Glocke zu bezahlen. Die Weihe dieser neuen Glocke erfolgte am 18. Januar 1921 auf den Namen ihrer Vorgängerinnen "Sancta Susanna" mit der Aufschrift:

 

       Ich zersprang MDCCCXC              (1890)

       Als Augustas Totenlied ich sang

       Manches Herz MCMXIV/XVIII          (1914/18)

       Brach im Weltkrieg durch mein Erz

       Wieder neu MCMXXI                        (1921)

       Ließen mich auferstehen Dank und Treu

       Adam Marx me donavit

       Otto von Hemmelingen me formavit

       Decanus Dr.Luschberger me consecravit

       * A.D.*     MCMXXI                             (1921)           [3] [13]            

 

1921

1921 löst sich Ebernhahn von der Pfarrei Wirges ab, während Staudt, Bannberscheid und Moschheim bis heute als Filialgemeinden bei Wirges blieben.

 

1923

1923 kann Pfarrer Dr. Luschberger sein 25-jähriges Orts­jubiläum feiern. Auf seinen Wunsch und ihm zur Ehre werden die Kreuzwegstationen auf dem Steimel gebaut, womit gleichzeitig die früheren Stationen auf dem Statio­nenweg entfernt werden.

 

1926

1926 wurden die im Krieg abgelieferten Zinnpfeifen der Orgel ersetzt und eine größere Reparatur an der Orgel durchgeführt, nachdem die Kosten für die Zinnpfeifen vom Staat erstattet wordn war. Die Orgel wurde von dem Orgelbauer Anton Feith, Paderborn, für 2000 RM restauriert. [2]

 

1928

Der Mütterverein, zu Beginn des Jahrhunderts gegründet, schloss sich ab 1928 dem Verband katholischer Mütter und Frauen Deutschlands an.

 

1929

1929 musste die Nordseite des Kirchendaches erneuert werden, auch sämtliche Türme wurden neu eingedeckt. [32] 

 

1930

Der Unterbau der Schmerzhaften Muttergottes wurde 1930 aufgestellt. [32]

 

1930

1930 wurde eine weitere Mission von Jesuiten gehalten, von denen ein Pater Schiefer wegen seiner 'wunderschönen, den Kindern ganz angepassten Kinderpredigten' besonders hervorgehoben wird. [7]

 

1935/07/09

Am 09.07.1935 wurde die Anschaffung einer elektrischen Läutemaschine für 3.244 RM beschlossen.

 

1935

1935 konnte der inzwischen zum Geistlichen Rat ernannte Pfarrer Dr. Luschberger sein goldenes Priesterjubiläum feiern. Es ist die Zeit, da auch in Wirges die Nationalsozi­alisten bereits das Sagen haben.

 

In einem Zeitungsartikel jener Tage lesen wir hierzu:

"Das Christkönigsfest wurde in diesem Jahr für die Pfarr­familie Wirges zu einem besonders denkwürdigen Ereig­nis; der langjährige hochverdiente und geschätzte Seel­sorger von Wirges, Geistlicher Rat Dr. Luschberger, konnte sein goldenes Priesterjubiläum festlich begehen. Überaus herzlich gestaltete sich die Anteilnahme aller Kreise der Bevölkerung, die in dem Jubilar nicht nur den pflichtgetreuen und opferfreudigen Priester verehren, son­dern auch den treusorgenden Vater erblicken, der stets bereit ist, die ganze Kraft seiner Persönlichkeit und seine reichen Fähigkeiten für seine lieben Westerwälder einzu­setzen. So erstrahlte denn der freundliche Ort in herrlich-stem Fahnenschmuck. Am Vorabend vereinigte sich die Einwohnerschaft von Wirges, Bannberscheid, Moschheim, Staudt, Ebernhahn und Siershahn zu einem imposanten Fackelzug, der zu einer eindrucksvollen Ovation für den Jubilar wurde. Anschließend  fand vor der Pfarrkirche eine Kundgebung statt, welche die SS-Kapelle Wirges mit dem machtvollen Priesterchor aus der 'Zauberflöte' eröffnete. Nachdem der Kirchenchor im Verein mit dem MGV. 'Froh­sinn' Wirges, dem MGV. 'Frohsinn' Staudt und der Sän­gervereinigung Moschheim unter Orchesterbegleitung den Festgesang zum Goldenen Priesterjubiläum von Wiltber­ger vorgetragen hatte, brachte Lehrer Schlaudt in einer herzlichen Ansprache die Glückwünsche der Pfarrfamilie zum Ausdruck und dankte für die langjährige priesterliche Tätigkeit und Fürsorge. Die Anteilnahme der politischen Gemeinde bekundete Bürgermeister Schönwetter (Wir­ges). Für die Filialen sprach Pfarrer Hehl (Siershahn). Be­wegt dankte der Jubilar für die herzliche und eindrucks­volle Ehrung und forderte die Festversammlung auf, treu wie bisher zusammenzustehen und zu Kirche, Volk und Vaterland zu halten. Den machtvollen Ausklang der abendlichen Feier bildete der gemeinsame Gesang des Ambrosianischen Lobgesanges. In schöner Geschlossen­heit beteiligten sich an dieser Feier Schule und Lehrer­schaft, die Gesangvereine, die Arbeitsfront, die Bauern­schaft, die Feuerwehren, SS. und SA., der Gesellenverein, die katholische Jugend, der Kriegerverein, der Sportverein und die Musikkapellen der Umgebung.

 

Den Höhepunkt der Feierlichkeiten brachte dann der Sonntag. Früh morgens kündete festlicher Glockenklang dem ganzen Westerwald den hohen Tag. Kurz nach 9 Uhr - der ganze Ort war von strahlender Herbstsonnne über­flutet - geleiteten die kirchlichen Vereine mit ihren Bannern und Fahnen den Jubilar zum Gotteshaus, wo er im Kreise zahlreicher geistlicher Brüder ein feierliches Hochamt dar­brachte. Die Festpredigt hielt der Hochwürdige Päpstliche Protonotar, Generalvikar Domdekan Göbel, der in ein­drucksvollen Worten das festliche Ereignis des goldenen Priesterjubiläums mit dem Christkönigsfest verknüpfte.

'Opera mea regi' - 'Mein Wirken gilt Christus dem König', diese Worte stellte der Prediger seinen Ausführungen voraus. Tiefergriffen folgte die Gemeinde, die dichtge­drängt das weite, festlich geschmückte Gotteshaus füllte, den Ausführungen des Predigers und dem heiligen Opfer. Der Kirchenchor sang unter der Leitung von Lehrer Wehlmann (Ebernhahn) die Margaretenmesse von Wilt­berger. Zum Offertorium erklang der stimmungsvolle Chor 'Ein Priesterherz ist Jesu Herz'. Eine besondere Note er­hielten die Vorträge durch die Mitwirkung eines geschulten Knabenchores, der auch den Choral würdig interpretierte. Tedeum und sakramentaler Segen bildeten den macht­vollen Ausklang des Hochamtes. Anschließend vereinig­ten sich der Kirchenvorstand, die Spitzen der Behörden und die Vertreter der kirchlichen und weltlichen Vereine zu einer Gratulation im Pfarrhaus.

 

Am Abend fand in der Kirche, wieder unter überaus zahl­reicher Anteilnahme der Gläubigen, eine weihevolle Feier­stunde statt, die Kirchenchor, Feuerwehrkapelle und MGV. 'Frohsinn' musikalisch aufs wirkungsvollste ausgestalte­ten. Die Orgel betreute meisterhaft Lehrer Hissen (Monta­baur). Zum Schluß ergriff der Jubilar, Geistlicher Rat Dr. Luschberger, das Wort, um in einer ergreifenden Anspra­che seinen Pfarrkindern für den schönen Tag zu danken und Gottes reichsten Segen auf sie herabzuflehen. Das Fest war für die Pfarrgemeinde und die ganze Umgebung ein Tag herzlicher Freude, stiller Einkehr und eines machtvollen Bekenntnisses zu Christus und seiner Kirche und zum katholischen Priestertum." [30]

 

1935-1938/03

Obwohl das Nachlassen der Kräfte Geistl. Rat Dr. Lusch­berger zwangen, die Amtsgeschäfte weitestgehend seinen Kaplänen zu überlassen, blieb er doch noch bis März 1938 in Wirges.

 

vor 1937

Bis 1937 und aushilfsweise teils auch danach versahen meist Lehrer der örtlichen Schule den Organistendienst nebenamtlich. Die Namen folgender ehrenamtlicher Orga­nisten sind überliefert: Anton Linn, Heinrich Kespe, Hein­rich Jäger, Erich Backes, Wehlmann, Walter Gerz.

 

1937

1937 wurde die Wirgeser Organistenstelle hauptamtlich mit dem Kantor  und späteren Kirchenmusikdirektor Ar­nold Freistühler besetzt.

 

1938

Der Altar der Immerwährenden Hilfe wird 1938 aufgestellt. [32]

 

nach 1938/03

Pfarrer Flink, der ihm in das Amt des Pastors von Wirges nachfolgte, war der Meinung, dass diese letzten Jahre es mit sich brachten, dass vieles von dem Guten, was Pfr. Dr. Luschberger geschaffen hatte, sich wieder verflüchtigte.

 

1938/03-1944/10/19

Geistlicher Rat Dr.Luschberger siedelte nach seiner Pen­sionierung nach Langendernbach über, wo er vorher Pfar­rer gewesen war und starb dort am 19. Oktober 1944. Er wurde dortselbst auch beerdigt. Der aus Langendernbach stammende, spätere Hillscheider Pfarrer Retagne hielt das Beerdigungsamt. Von Wirges konnte nur eine Abord­nung von etwa 15 Personen teilnehmen, da die Wester­waldzüge vielfachem Beschuss durch Tiefflieger ausge­setzt waren, so dass die meisten sich fürchteten, nach Langendernbach zu fahren. Umso größer war die Beteili­gung an dem Traueramte, das für den verstorbenen Pfar­rer in der Wirgeser Pfarrkirche gehalten wurde. [7]

 

1938/03/01-1938/03/20

Am 1. März 1938 wird Pfr. Robert Flink zum Pfarrer von Wirges ernannt und am Sonntag, dem 20. März, von Geistl. Rat Domkapitular Merkel in sein Amt eingeführt.

 

nach 1938/03

In der Seelsorge gab es die ersten Probleme mit den NS-Behörden. So wurden die Geistlichen aus den Schulen verwiesen. Man richtete in Wirges eine Pfarrstunde ein, die aber den systematischen Unterricht in der Schule nicht ersetzen konnte, wie Pfr.Flink hierzu bemerkt. [7] 

 

Die kirchlichen Vereinigungen wurden in ihrer Arbeit im­mer mehr eingeschränkt. Ihre Veranstaltungen fanden künftig im geheimen im Pfarrhaus, in dem vom Gesellen­verein ausgebauten Pfarrstall oder im Schwesternhaus statt. Es durften nur rein religiöse Themen behandelt wer­den.

 

Die Jugend wurde zunächst durch Schikanen oder Ver­sprechungen in Schule und Betrieb zum Eintritt in die Hit­lerjugend veranlasst, später durch Gesetz in diese einge­reiht.

 

Am 15. 09. 1939 wurde Kaplan Schlitt von der Geheimen Staatspolizei verhaftet und bis Juli 1940 in Frankfurt/a.M. eingekerkert, nur weil er in einer Predigt die Schutzengel mit dem Westwall verglichen hatte.

 

Auch Pfarrer R. Flink und Kaplan Falkenstein wurden we­gen einer nicht gemeldeten Gruppenstunde des Marien­vereins bzw. wegen Äußerungen in einer Predigt oder ei­nem Hirtenbrief zum Verhör geholt.

 

Am ehesten arbeitete noch der Frauen- und Mütterverein, selbst der NS-Frauenschaft zum Trotz, wenn auch still und verborgen. [35]

 

1938-1945

Zunächst wurde das Mitführen von Fahnen und Bannern bei der Fronleichnamsprozession untersagt.

Mit Beginn des Krieges wurde der Fronleichnamstag zum Arbeitstag erklärt, und schließlich wurde die Fronleich­namsprozession wegen "Fliegergefahr" ganz verboten und musste in die Kirche verlegt werden. Doch allem zum Trotz nahm die Beteiligung der Pfarrangehörigen an den Prozessionen nicht ab, 1943 erreichte sie, während der inzwischen eingerichteten Abendmesse veranstaltet, eine Rekordbeteiligung der noch in der Heimat verbliebenen Männer. [7] [35]

 

1938/12

Im Advent 1938 erhielten die Filialen Staudt und Bannber­scheid Sonntagsgottesdienste. Während die Geistlichen von Wirges vorher am Sonntag 3 Gottesdienste halten mußten, waren es dadurch insgesamt 5.

 

1939

1939 konnte Pfr. Flink unter großer Anteilnahme der Gemeinde sein silbernes Priesterjubiläum feiern, das durch ein Triduum eingeleitet wurde, das ein Franziskaner-Pater aus Bornhofen hielt.

 

Für die Kirche schaffte Pfr. Flink in jener Zeit eine Lautsprecheranlage an.

 

1940
Trotz des beginnenden 2. Weltkrieges blieb die Opferfreudigkeit der Gläubigen erhalten, so dass 1940 statt der alten Krippenfiguren mit der Aufstellung einer neuen handgeschnitzten Krippe begonnen werden konnte, die in den folgenden Jahren vervollständigt wurde. Auch wurden ein Liedanzeiger, neue Paramente und neue Altarwäsche angeschafft.

 

1941-1945

Die Kirchenfeindlichkeit der Nationalsozialisten war inzwi­schen immer offenkundiger geworden. Am 01. August 1941 wurden die Nähschule geschlossen und die Nähma­schinen beschlagnahmt. Am 12. August 1941 entzog der Staat den 'Dernbacher Schwestern' die Führung der Kin­dergärten und übergab diese der NSV, der nationalsozia­listischen Volkswohlfahrt. Doch die meisten Eltern leiste­ten passiven Widerstand, indem sie ihre Kinder zuhause behielten, um sie nicht der unchristlichen Beeinflussung auszuliefern. Erst am 16. April 1945 konnten die Schwes­tern ihre alte Arbeit wieder aufnehmen.

 

1942

1942 konnten die uralten, nicht mehr recht verschließbaren, allem Staub zugänglichen Sakristeischränke durch eine moderne Sakristei-Einrichtung ersetzt werden.

 

Doch der Verlust der Glocken im Jahre 1942 wog schwerer. Aufgrund der Verordnung der Reichsregierung in Berlin wurden alle Glocken vom Turm der Kirche geholt und nach Hamburg verfrachtet. Verfügungsgemäß durfte eine Glocke pro Ort zurückbleiben. Diese Regelung nutzte der damalige Bürgermeister Schönwetter aus:

Anstatt eine der Kirchenglocken zu erhalten, verblieb in Wirges nur das kleine, 1870 in Andernach gegossene Glöckchen aus der Steimelskapelle.

Zunächst versuchte man das Geläute durch eine kleine Glocke aus der Krugbäckerei Peter Nauheim zu ersetzen, dann mit einer Stahlplatte, einer Feldbahndrehscheibe, die Schmiede-Adams Albert aus einer Tongrube holte. Sie sollte wie ein chinesischer Gong geschlagen werden. Erst als sich auch das als unzureichend erwies, holte man das Glöckchen vom Steimel.

Sein dünner Klang rief bis zum Ende des grauenhaften Mordens und noch einige Zeit danach die seinem Ruf zahlreich folgenden Gläubigen zu den Gottesdiensten und zum Gebet, verkündete aber auch nur zu oft den Soldatentod eines Wirgeser Bürgers. [3] [35]

 

1945/03/26-1945/03/27

Als am 26. März 1945 zwei Panzerspähwagen der Ameri­kaner in Wirges auftauchten, wehte von den Häusern und auch vom Turm der Pfarrkirche die "weiße Fahne" bzw. Bettücher zum Zeichen der Kapitulation. Am Nachmittag tauchten SS-Leute, die noch in Privathaushalten unterge­bracht waren, auf und drohten damit, "Pastor's Scheune", die sich neben dem Pfarrhaus an der Stelle des jetzigen Pfarrheimes befand, "anzuzünden", da der Pfarrer und mit ihm die Wirgeser die weiße Fahne gehisst hatten. Doch beherzte ältere Wirgeser  stellten nachts Wachen auf, und als am Morgen des 27. März die Amerikaner Wirges mit Panzern besetzten, hatten sich die letzten SS-Leute aus dem Staube gemacht. Die Übergabeverhandlungen wur­den mit Pfarrer Flink geführt, auf dessen Vorschlag die Amerikaner Edmund Eschenauer zum Bürgermeister er­nannten. [30]

 

Der Krieg hatte viel Elend in die meisten Familien ge­bracht. Insgesamt sind im 2. Weltkrieg 289 Wirgeser ge­fallen. Doch war der Ort selbst  von jeder Bombardierung und Zerstörung bewahrt geblieben, obwohl z.B. in den Nachbarorten Ebernhahn und Staudt im letzen Kriegsjahr durch Bombenangriffe viele Menschen ums Leben kamen.

 

1945/Sommer

Im Sommer 1945 wurden die amerikanischen Besat­zungstruppen durch die Franzosen abgelöst. Aus der französischen Besatzungszone entstand später Rhein­land-Pfalz.

 

1945/12/31

Als Ausdruck des Dankes dafür, dass Wirges von jeder Zerstörung verschont geblieben war, verkündete Pfarrer Flink in der Silvesterpredigt des Jahres 1945 entsprechend dem Wunsche der Gläubigen ein "Dankgelöbnis", in dem sich die Pfarrgemeinde Wirges für ewige Zeiten verpflichtete, alljährlich am 15. August, am Feste Mariä-Himmelfahrt, nachmittags eine Prozession zum Steimel abzuhalten. [7]

Der Gebetstext für dieses Gelöbnis lautete: "Gütiger und barmherziger Gott! Du hast in Deiner erbarmenden Liebe unser Dorf vor den Schrecken des Krieges und jeder Zerstörung bewahrt. Zum Dank für diese Errettung geloben wir für ewige Zeiten:

Wir wollen alljährlich am Feste Mariä Himmelfahrt nachmittags eine Wallfahrt zum Steimel halten und uns auf diesen Tag des Dankes durch den Empfang der heiligen Sakramente vorbereiten! Nimm dieses unser Gelöbnis an durch die Hände der unbefleckten Jungfrau und Gottesmutter Maria! Amen." [35]

 

1946/11/03-1949

Ein denkwürdiger Tag war für die Gemeinde der 3. November 1946. Da erhielt die Kirche 4 neue Glocken, die im Oktober 1945 bei dem Bochumer Verein für Gussstahlproduktion in Auftrag gegeben worden waren. Die 4 Glocken wurden an diesem Tag auf die Namen St.Bonifatius, Sancta Maria, St. Georg und St.Conrad geweiht. Die Daten der einzelnen Glocken und  ihre Inschriften lauten:

 

St. Bonifatius:         
"cis"; d = 1782 mm; 3011 kg

   - Sancte Bonifati, clientum fidem serva

 

St. Maria:  
"e"; d = 1414 mm; 1475 kg

- Sancta Maria, gratiam nobis implora

 

St. Georg:
"gis"; d = 1189 mm; 807 kg

   - Sancte Georgi, tremendo praelio nos defende

 

St. Konrad:              

"ais"; d = 1058 mm; 780 kg

   - Sancte Conrade, campos agricolasque tuere 

 

Die Gesamtkosten des Geläutes betrugen einschließlich eines neuen Glockenstuhles 14 262.- RM.

 

Die lateinischen Inschriften lauten sinngemäß:

   - Heiliger Bonifatius, bewahre uns im Glauben

   - Heilige Maria, erflehe uns Gnade                 

- Heiliger Georg, verteidige uns im Kampfe

- Heiliger Konrad, beschütze den Landmann und die

     Fluren

 

In einem Gutachten des Glockensachverständigen H.Foersch im Frankfurter Glockenbuch S. 449 heißt es:

"Diese vier Glocken aus dem Jahre 1946 weisen alle auf­dringliche, penetrante Sekundennebenschläge auf. Die schon an sich ungewöhnliche Schlagtonlinie (cis-e-gis-ais) ist verworren und bis zur Unkenntlichkeit entstellt." 

 

Die Glocken mussten zunächst wie auch die alten Glocken mit Glockenseilen geläutet werden, welche Aufgabe meist die Messdiener übernahmen. Später wurde das heutige Motorläutewerk installiert.

 

Wider Erwarten stellte sich 1948 heraus, dass zwei der  historisch wertvollen Wirgeser Glocken, die aus den Jah­ren 1521 und 1568 stammende St. Lambertus und St. Bo­nifatius, allerdings ohne Klöppel, noch in Hamburg stan­den. Diese beiden Glocken holte der damalige Bürger­meister Edmund Eschenauer im gleichen Jahr wieder nach Hause. Die kleine "Susanna" erlitt das gleiche Schicksal wie ihre Vorgängerin.

 

Die beiden alten ehemals Wirgeser Glocken wurden nach Bannberscheid gegeben, nachdem die dortige Kapelle 1949 durch zwei Seitenschiffe und einen neuen Glocken­turm erweitert worden war.  Zwei der vorher in Bannber­scheid befindlichen Glocken hatten während des 2. Welt­krieges zur Munitionsherstellung abgegeben werden müs­sen und waren nicht wieder zurückgekehrt. Eine dritte Glocke, "Regina pacis", von Theodor Lehmann 1869 in Neuwied gegossen, blieb erhalten. Sie ist aber nicht läu­tefähig und soll repariert werden. Die beiden ehemaligen Wirgeser Glocken stehen heute unter Denkmalschutz. Sie rufen vom wuchtigen Kirchturm der Bannberscheider Kir­che - hoffentlich für immer in Frieden- zu Gebet und Got­tesdiensten. [3] [9] [13] [35]

 

1947

Am 5. Februar 1947 verschied in Limburg der damalige Bi­schof Antonius Hilfrich. Die Pfarrgemeinde versammelte sich am Montag, 17.Februar, zu einem Trauergottesdienst für den verstorbenen Bischof, der noch im Juli 1946 249 Kindern in der Pfarrei Wirges das hl.Sakrament der Fir­mung gespendet hatte.

 

1949-1959

Durch ein Vermächtnis der Frau Maria Wolf, mit dem diese ihr Hausgrundstück der Zivilgemeinde Bannberscheid zuwandte, das diese dann 1959 der Kapellengemeinde übereignete, war es möglich, dass in den Ruhestand getretene Geistliche in Bannberscheid ihren Alterssitz nahmen und alltäglich am Ort die Seelsorge verricheten. So lebte dort nach dem Umbau des Hauses von 1949-1951 Pfarrer Karl Rentz. [35]

 

1949/12

Im Dezember 1949 wurde im Hinblick auf die für 1950 geplante Mission eine neue Kirchenheizung montiert.

 

Am 31. Dezember wurde die Mission eröffnet. Sie wurde durch 7 Pallottinerpatres gehalten, von denen 4 für Staudt und Bannberscheid und 3 für die Pfarrkirche in Wirges vorgesehen wurden. Es nahmen in Wirges 90% und auf den beiden Filialen sogar 100% der Gläubigen an der Mission teil. Pfarrer Flink stellte fest, dass in der Folge eine erfreuliche Beteiligung am täglichen hl. Messopfer und ein reger Empfang der hl. Kommunion stattfand. Das Missionskreuz im Kircheneingang erinnert heute noch an jene Tage.

 

ab ca.1949

In jener Zeit wurde auch die katholische Jugendarbeit wieder aktiviert. Als Mitglied des Bundes der katholischen Jugend wurden auch in Wirges Jung- und Frohschar gebildet, in denen sich die einzelnen Schuljahrgänge zu Gruppen zusammenschlossen. [35]

 

Auch die Kolpingsfamilie, die 1949 ihr 50-jähriges Bestehen feiern konnte, wurde wieder aktiv, nachdem sich ein Teil der aus der kath. Jugend Entwachsenen dieser anschloss. Sie organisierte sich in Alt- und Jungkolping, je nachdem die Mitglieder verheiratet oder ledig waren. Später nahm sie auch Frauen in ihre Gemeinschaft auf. [35]

 

Einer besonderen Erwähnung bedarf auch noch die Chor­gemeinschaft Wirges-Staudt, die aus den Kirchenchören beider Orte bestand und unter Leitung von Arnold Freistühler, der 1937 als Organist und Chorleiter nach Wirges gekommen war, in den Jahren nach dem Kriege  zu einer großen Blüte gelangte.

So wurde am Karfreitag, dem 15. April 1949, unter Mitwir­kung namhafter Solisten und der Rheinischen Philharmo­nie von Koblenz die Matthäus- Passion von Johann Se­bastian Bach aufgeführt. Das Hochamt am  Kirchweihfest 1951 wurde durch die Aufführung der Maria Zeller-Messe von Joseph Hayden für Chor, Orchester und Solo ver­schönt. Das Kirchweihfest 1954 erhielt eine besondere Auszeichnung durch die Missa solemnis und das Te Deum von Anton Bruckner. Zum Kirchweihfest 1955 wagte man sich sogar an die C-dur-Messe von Ludwig van Beet­hoven, wobei hervorragende Solisten und das Sympho­nieorchester der Stadt Wiesbaden mitwirkten. Pfarrer Flink schreibt hierzu:"Es kam ein Gottesdienst zustande, der für die Gläubigen von erschütterndem und ergreifendem Ein­druck war. Die Darbietung der Chorgemeinschaft fand all­gemeine Anerkennung und der Dom war gefüllt wie noch nie." [7]

 

Einer Erwähnung wert sind auch die Theateraufführungen, vor allem "Jedermann" von H.v.Hofmannstal, die in der Nachkriegszeit von Laienschauspielern der Pfarrei unter großer Beteiligung der Bevölkerung aufgeführt wurden.

 

um 1950

In der Nachkriegszeit fanden auch wieder die Fronleichnamsprozessionen in der traditionellen Weise und unter großer Beteiligung der Gläubigen statt. Die folgenden Fotos vermitteln einen Eindruck davon, mit wieviel Liebe die Altäre und der Prozessionsweg geschmückt wurden.

 

ca.1950

Nachstehendes Foto zeigt einen der in jener Zeit jährlich im Winterhalbjahr im Saal Högner stattfindenden Pfarrfamilienabende. In der Mitte mit Zigarre ist Pfarrer Flink zu erkennen.

 

1950/06/11-1953 

Am 11. Juni 1950 konnte in der Filialgemeinde Mosch­heim die Feier der Grundsteinlegung der neuen Kapelle begangen werden. Bereits 1900 hatte man an einen Ka­pellenbau gedacht. Doch gingen zwei Vermächtnisse in den beiden Nachkriegsinflationen verloren, so dass erst 1950, begünstigt durch ein Landvermächtnis der Ge­schwister Römer und aufgrund der Initiative des damali­gen Bürgermeisters Franz Diehl mit dem Bau einer eige­nen Kirche begonnen werden konnte. Damit hatte auch Moschheim als letzte Filialgemeinde eine eigene Kirche.

 

Am 8. Oktober 1951 wurde die Kapelle in Moschheim, die in voller Eigenleistung durch Moschheimer Bürger nach den Plänen des Architekten Otto Balmert aus Wirges er­baut worden war, auf den Namen des hl. Apostels Paulus durch Pfarrer Flink unter Assistenz von Herrn Kaplan Weinriefer und Herrn Regens Kuch feierlich eingeweiht.

Zwei Jahre später baute man daneben auch ein Pfarr­haus. [7] [35]

 

1951-1954

Die Kapellengemeinde Bannberscheid  wurde von 1951-1954 von dem dort im Ruhestand lebenden Geistlichen Rat Johannes Böhm betreut.

 

Besondere Erwähnung verdient die von Papst Pius XII. eingeführte und erstmals am 24./25.März 1951 gefeierte hl. Osternacht, an der ähnlich wie an der Christmette sehr viele Gläubige teilnahmen. So wurden in der Osternacht des Jahres 1951 1203 Kommunionen gezählt.

 

1954

Am 27. März 1954 konnte Pfarrer Flink sein 40-jähriges Priesterjubiläum feiern. Am Sonntag, dem 28. März, war ein feierliches Levitenamt unter Assistenz von Regens Kuch aus Hadamar und einem Pallotinerpater. Das Phil­harmonische Blasorchester, die Chorgemeinschaft Wir­ges-Staudt und die Sängervereinigung Frohsinn ver­schönten den Gottesdienst. Die Festpredigt hielt Herr Re­gens Kuch. Am Abend versammelte sich die Pfarrfamilie im Saale Högner zu einem Familienabend.

In der Osternacht 1954 erstrahlte die Kirche in einer neuen Neonbeleuchtung, die die Pfarrgemeinde ihrem Pfarrer zu seinem Jubiläum gestiftet hatte. [7]

 

1954-ca.1970

Die letzten Jahre, in denen Pfarrer Flink Pastor in Wirges war, bis er 1960 in den Ruhestand versetzt wurde und sich nach Moschheim zurückzog, wie auch die Jahre unter seinem Nachfolger Pfarrer Karl Brand waren Jahre vieler Neuerungen und Erneuerungen in der Pfarrei Wirges, die ihren Ausdruck sowohl in baulichen Veränderungen wie auch in liturgischen Erneuerungen fanden.

 

In den Folgejahren wurde der alte Plattenbelag der Kirche durch einen neuen in Solnhofer Platten ersetzt. Das Geld hierfür kam aus dem Verkauf von Holz aus dem Pfarrwald, das ein Windbruch im Winter 1956 gefällt hatte und das, wie Pfarrer Flink schreibt, viele Tausende einbrachte.

 

Für weitere Renovierungen der Kirche, die inzwischen notwendig wurden, fehlte allerdings das Geld. Es wurde daher ein Kirchenpflegeverein gegründet, der für die Zukunft die nötigen Spendengelder sammeln sollte. So wurde aus Spenden der Gläubigen ein neuer Tabernakel beschafft. Weiterhin wurde die Empore erweitert, die sich im zweiten Joch an die alte Empore anfügt.

Unter Pfarrer Flink wurden auch die beiden Statuen des Bruder Konrad von Parzham und des hl. Antonius von Padua angeschafft, die sich an den Säulen des hinteren Kirchenraumes befinden.

 

1957

1957 wurde der neue Südfriedhof mit Leichenhalle eingeweiht, nachdem der alte Friedhof zu klein geworden war und man die Toten auch nicht mehr bis zur Beerdigung in den Wohnungen behalten wollte. Auch der Brauch, die Verstorbenen während der Totenmesse vor dem Hauptportal der Kirche aufzubahren, kam damit zum Erliegen.

 

1958-1959

Am 1. Juni 1958 konnte in Staudt die Feier der Grund­steinlegung für eine neue Kirche begangen werden, die anstelle der alten 1865 erbauten, aber im Laufe der Zeit der steigenden Bevölkerungszahl nicht mehr genügenden Kapelle errichtet wurde. Bereits seit 1937 fanden in der 1865 erbauten Kapelle, nachdem das Bischöfliche Ordina­riat einen entsprechenden Antrag von Pfarrer Dr. Lusch­berger genehmigt hatte, regelmäßige Sonntagsgottes­dienste statt. Doch erst am 1.6.1958 kam es zur Grund­steinlegung für den Kirchenneubau. Ausgeführt wurde der Neubau von Architekt Johannbroer aus Wiesbaden. Ein­geweiht wurde die Kirche St. Bartholomäus am 31.05.1959 durch den Geistlichen Rat Karell. [35]

 

1958 gründeten Jugendliche in Wirges einen Stamm der St. Georgspfadfinderschaft, der leider nur 10 Jahre exis­tierte. [35]

 

1960

1960 wurde Pfarrer Flink in den Ruhestand versetzt, und Pfarrer Karl Brand als dessen Nachfolger  Pfarrer von Wirges.

 

1960-1963

Pfarrer Flink zog sich nach Moschheim zurück und be­treute in den  letzten Jahren seines Lebens die dortigen Gläubigen. Er starb 1963 und wurde auf dem Moschhei­mer Friedhof beigesetzt.

 

ab 1960

Der Beginn der Amtszeit von Pfarrer Karl Brand in Wirges fiel zusammen mit dem Einsetzen der liturgischen Re­formbewegungen in der Kirche. Pfarrer Brand war diesen Neuerungsbewegungen gegenüber besonders aufge­schlossen.

 

So wunderte es denn nicht, dass die seit altersher jährlich stattfindenden Flurprozessionen und auch die Fronleichnamsprozession unter Pfarrer Brand nicht mehr in der traditionellen Form durchgeführt wurden. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch den Niedergang des örtlichen Bauernstandes. Waren doch vor allem die Flur- oder Bittprozessionen, die wohl seit Anbeginn der Pfarrei alljährlich während der Bittwoche an den drei Tagen vor Christi Himmelfahrt und am Markustage unter dem Gesang der Allerheiligen-Litanei nach allen Himmelsrichtungen durch die Fluren zogen, dazu bestimmt, Gott in ganz besonderer Weise zu bitten, die Fluren zu segnen, damit sie reiche Ernte erbrachten und von Frost und Unwetter verschont blieben. [35]

 

Bittgänge fanden in geänderter Form bei rückläufiger An­teilnahme der Bevölkerung zwar noch bis in die 80er Jahre statt, doch ist dieser Brauch inzwischen ganz erlo­schen.

 

In jenen Jahren der Erneuerung hatte Wirges das Glück, Pater Eberhard von den Kapuzinern in Koblenz-Ehren­breitstein häufig zur Unterstützung in der Seelsorge zu haben. Dieser bescheidene und fromme Pater, der oft zu Fuß von Ehrenbreitstein durch den Wald bis Wirges kam, hatte die Herzen vieler Gläubigen gewonnen. Wenn er vor Feiertagen in Wirges die Beichte hörte, standen die Gläu­bigen vor seinem Beichtstuhl, der im rechten Seitenschiff stand, oft bis in den hinteren Teil der Kirche Schlange, während auf der linken Seite, wo Pfarrer Brand im Beicht­stuhl saß, nur solche, die es etwas eilig hatten, zur Beichte gingen.

Doch auch die Beichtpraxis änderte sich in den kommen­den Jahren.  Aufgrund der neu eingeführten Bußandacht zogen es mehr und mehr Gläubige vor, nicht mehr zur Beichte zu gehen und vor den hohen Feiertagen lieber die Bußandacht zu besuchen.

 

1961-1964

1961/62 erfolgt unter Pfarrer Brand der 1. Abschnitt der Kirchenrestaurierung mit umfassenden Außenarbeiten an  der Kirche und um die Kirche. So wurde die Dachkon­struktion teilweise erneuert und der  Turm instandgesetzt. Hierbei wurden die Dachreiter und Dachgauben entfernt, was sich in der Folge nicht nur aus gestalterischer Sicht als Fehler erwies; denn aufgrund der dadurch verursach­ten mangelhaften Belüftung zeigten sich in den  kommen­den Jahren Feuchtigkeitsschäden am Innenputz der Kir­che.

 

Auch der neue Plattenbelag vor der Kirche, der das alte Kopfsteinpflaster ersetzte, war im Nachhinein betrachtet, kein Gewinn.

Der 2. Abschnitt der Kirchenrestaurierung, der in den Jahren 1963/64 die Erneuerung des Inneren der Kirche umfasste, brachte die Erweiterung des Chorraumes mit dem neuen Marmoraltar. Auch die Kommunionbank und der Bodenbelag der Apsis wurden im Zuge dieser Maßnahmen erneuert.

Der Innenputz der Kirche mußte teilweise ausgebessert werden und man entschloss sich zu einer Neuausmalung  der Kirche, wobei sicherlich auch die Kostenfrage eine Rolle spielte; denn eine Restaurierung der ursprünglichen ornamentreichen Bemalung wäre sicherlich sehr aufwendig und damit teuer geworden. So wurde die bisherige Ornamentik durch einen einfachen, dem gotischen Baustil und auch dem damaligen Zeitgeschmack entsprechenden Anstrich übermalt. Das Kanzeldach, das nun nicht mehr zu der Bemalung der Säulen passte, wurde abgerissen. 

Leider wurden bei der Ausmalung auch die Bilder der hl. Agnes, der Bergpredigt, der Hochzeit zu Kanaan und des hl. Christophorus von Gessner und Busalt, die sich an den Halbsäulen neben dem Chorraum befanden, übermalt.

Die Bilder aus dem Leben des hl. Bonifatius von Potthast, die bis dahin in den Seitenschiffen an den Wänden über den heutigen Nebenaltären hingen, erhielten einen neuen Platz an den hinteren Kirchenausgängen. Die Kreuzwegbilder blieben erhalten.

 

Der Marienaltar von C.Weis, der in der linken Seitenapside stand, wurde an seine heutige Stelle im linken Seitenschiff versetzt, wo vorher der Josefsaltar stand. Dieser erhielt seinen neuen Platz im gegenüberliegenden rechten Seitenschiff.

Die linke Seitenapside wurde als Taufkapelle eingerichtet und das Taufbecken erhielt den schönen Deckel mit dem großen Bergkristall und wurde aus dem hinteren Raum der Kirche in die neue Taufkapelle aufgestellt.

Die Skulptur der Schmerzhaften Muttergottes, die an der Stelle des jetzigen Sakristeieinganges stand, wurde in die Rundnische im rechten Seitenschiff, versetzt.

Im Rahmen der Renovierungen wurde auch eine neue größere Sakristei angebaut. Der alte Eingang der Sakristei zur Kirche, der sich innerhalb der linken Seitenapside befand, wurde zugemauert und der neue Eingang einige Meter zum Kirchenausgang hin geschaffen.

Weitere Maßnahmen, die im Rahmen der Restaurierung und Erneuerung durchgeführt wurden, waren die Anschaffung neuer, moderner Beichtstühle, die die alten vielleicht etwas unbequemen, aber mit ihrem  gotischen Schnitzwerk eher zum Stil der Kirche passenden Beichtstühle ersetzten, sowie die Renovierung der Fenster und Neuverglasung der alten Klarglasfenster. Diese neuen, bunten Ornamentfenster wurden von Josef Jost aus Hattenheim/M. gestaltet und ergeben eine gelungene Synthese mit den alten Fenstern von 1887.

Schließlich wurden auch notwendige Restaurierungsarbeiten an den  Altären durchgeführt.

Finanziert wurden die Maßnahmen zu einem großen Teil durch Spenden der Bewohner von Wirges, wobei der sich 1962 aus dem Steimelverein gebildete "Verein zur Pflege der heimatlichen katholischen Kirche und der Steimelskapelle" durch regelmäßige Haussammlungen in erheblichem Maße zum Gelingen der Finanzierung beitrug.

 

Auch das Steimelskapellchen wurde in dieser Zeit renoviert. Es erhielt eine neue Tür  mit einem bunten Oberlicht. Dieses Fenster symbolisiert die "Sieben Schmerzen Mariens". Es wurde von Bruno Wagner nach einem Entwurf von C.W. Schnell, beide aus Wirges, angefertigt. [35]   

 

vor 1963-1981

In Bannberscheid wohnte um diese Zeit vorübergehend Pfarrer Josef Markuschik, der für kurze Zeit diese Kapel­lengemeinde betreute. Erst ab 1963 hatte Bannberscheid mit dem seit dieser Zeit dort im Ruhestand lebenden Geistlichen Rat Jakob Schmidt einen eigenen Priester. Pfarrer Jakob Schmidt war am 02.01.1891 in Bannber­scheid geboren und 1914 in Limburg zum Priester geweiht worden. Seine Primiz feierte er im Westerwälder Dom. Er wirkte als Kaplan u.a. auch in Wirges. Er starb am 16.05.1974 und wurde auf dem Friedhof in Bannberscheid beigesetzt.

Ein zweiter Bannberscheider, der nach dem Krieg aus Schlesien vertriebene Georg Mainka, der in Bannber­scheid eine neue Heimat gefunden hatte, feierte 1959 seine Primiz in der Wirgeser Pfarrkirche. Als Karmeliter­pater ging er 1961 nach Brasilien und verstarb dort bereits 1970 in Paravenaia.

Ein eigener Friedhof war in Bannberscheid bereits 1908 angelegt worden. Dort hatte 1934 die Dorfjugend in Ei­genleistung ein kleines Kriegergedächtniskapellchen ge­baut, das 1981 der neuen Friedhofskapelle weichen musste. Als 1964 die alte Dorfschule abgebrochen wurde, ließ Pfarrer J. Schmidt das von altersher an dessen Wand befindliche Kruzifix restaurieren und auf dem Friedhof auf­stellen. [35]

 

1963

1963 wurde die 1926 gegründete Filiale der Dernbacher Schwestern in Siershahn aufgelöst, und so kamen die dort zuletzt tätigen zwei Schwestern nach Wirges hinzu, nachdem nach Beendigung des 2. Weltkrieges zunächst nur zwei Schwestern in der Krankenpflege und im Kindergarten in Wirges tätig waren. [35]

 

ab 1965

Die Fronleichnamsprozessionen wurden ab 1965 nicht mehr entlang des alten Prozessionsweges durchgeführt. Anlass boten die in jenem Jahr dort durchgeführten Kanalbauarbeiten.

 

Begründet wurde diese Änderung in der Folge mit der ge­wandelten Struktur des Ortes. Neue Baugebiete beider­seits der Bahnhofstraße, Am Merzenborn und vor allem auf dem sich an diesen nach Süden bis zum Dornberg reichenden Hang hatten aus Unter- und Oberdorf ein ge­schlossenes Wohngebiet werden lassen. Durch den Zu­zug vieler Neubürger hatte sich auch die Struktur der Ein­wohnerschaft geändert.

Der neue Prozessionsweg ging zunächst durch die Siers­hahner Straße zum dortigen Kapellchen, wo der 1. Segen erteilt wurde, dann durch die Kolpingstraße zum jetzigen Busbahnhof, wo der 2. und 3. Segen erteilt wurden, dann weiter durch den Merzenborn und die Baustraße zum Schwesternhaus, wo der 4. Segen gegeben wurde.

Wegen der sich zeigenden Verkehrsunruhe am Stadtplatz, aber auch aus der Überlegung heraus, den oberen Ortsteil in die Fronleichnamsfeiern mit einzubeziehen, fand ab 1968 die Eucharistiefeier nicht mehr in der Kirche, son­dern im Freien an einem auf der Kreuzung Kant-, Guten­berg-, Robert-Koch-Straöe errichteten Altare statt. Zum Te Deum und Schlusssegen zog man zum Westerwälder Dom, aber nicht mehr in der alten Form mit Fahnenabord­nungen und den Kindern in der Mitte, sondern in mehr oder weniger lockerer Form über die Bahnhofstraöe. Na­türlich wurden auch die Straßen nicht mehr mit Fahnen, Tannengrün und Fronleichnamsaltärchen wie früher ge­schmückt. Denn mit der Aufgabe des alten Proszessions­weges gehörte in der Folge auch dieser Brauch der Ver­gangenheit an. [35]

 

ab 1966

Auch die nach dem 2. Vatikanischen Konzil eingeführte Liturgiereform brachte viele Veränderungen. Der Priester las nun die Messe zum  Volke hingewandt, und die lateinische Sprache wurde fast ganz durch die deutsche Sprache ersetzt. Die Fürbitten, bei denen die Laien stärker in den Gottesdienst eingebunden wurden, wurden eingeführt, und die Handkommunion, jetzt auch von Kommunionhelfern ausgeteilt, wurde allgemein üblich.

In diesem Zusammenhang erhielt die Kirche auch einen neuen Altar aus rötlichem Marmor, der allerdings im Rahmen der Renovierung der Kirche zum 100-jährigen Jubiläum wieder durch einen mehr dem neugotischen  Baustil der Kirche entsprechenden Steinaltar ersetzt  wurde. Auch die alte, ganz im Stil  der neugotischen Kirche gehaltene  Steinkommunionbank  wurde damals abgerissen und durch eine moderne Kommunionbank ersetzt.

 

In jenen Jahren wurde auch die Christmette auf den Heiligen Abend verlegt. Die Samstagsvorabendmesse wurde eingeführt und die Sonntagsnachmittagsandachten entfielen weitgehend.

 

1966-1974

In den Jahren 1966/67 wurde der zu klein gewordene und veraltete Kindergarten am Schwesternhaus unter der Bauführung von Architekt Otto Balmert, der bereits während der Kirchenrestaurierung für die Pfarrei tätig gewesen war, umgebaut und 1974 noch einmal erweitert. [35]

 

1967-1968

In den Jahren 1967/68 erfolgte die Renovierung und Erweiterung der Bannberscheider Kirche. Die Mauern und Pfeiler der alten Kapelle wurden entfernt. Der mit der Planung und Bauleitung  beauftragte Architekt Otto Balmert aus Wirges schuf einen ganz neuen Raum. Durch das Aufmauern zusätzlicher Fensteröffnungen wurde das Licht im Innenraum wesentlich verbessert. Eine Empore für die Orgel und die Sänger wurde eingebaut. Die Altäre und der ganze Chorraum, der als einziger Bauteil der alten Kapelle erhalten blieb, ist aus Westerwälder Trachyt gestaltet, der Boden mit Ziegelfließen aus heimischem Ton belegt.

Gleichzeitig wurde die Orgel neu aufgebaut und durch eine zusätzliche Mixtur erweitert. Das wertvollste Stück der Kirche, eine Barockstatue der "Unbefleckten Empfängnis" von einem unbekannten Künstler  aus dem 17. Jahrhundert, die ursprünglich auf dem jetzt nicht mehr vorhandenen alten, einst von Sinzig übernommenen Altar stand, fand einen neuen Platz. Der schöne Keramik-Kreuzweg stammt aus der Werkstatt der Abtei Maria Laach. [35]

 

ab 1969

Das Jahr 1969 brachte eine weitere, wichtige, in die Zu­kunft weisende Neuerung in der Kirche. Gemäß der Empfehlung des 2. Vatikanischen  Konzils wurde der Pfarrgemeinderat als Laiengremium neu geschaffen. Er hat beratende Funktion im liturgischen Bereich und unter­stützt den Pfarrer in der Sozial-, Bildungs- und Jugendar­beit, bei Pfarrfesten, Ausländerbetreuung, Sammlungen usw. Seit 1975 hat er in der Laienarbeit auch beschlie­ßende Funktion.

 

1971

Im Jahre 1971 stirbt Pfarrer Karl Brand an Krebs. Er findet auf dem Südfriedhof in Wirges seine letzte Ruhestätte.

 

ab 1972/09/01

Am 1.9.1972 kommt Pfr. Albert Diefenbach als neuer Seelsorger nach Wirges. Er tritt ein schweres Amt an. Nicht nur, dass überall die Kirchlichkeit zurückgeht und die Zahl der praktizierenden Christen abnimmt, vor allem die gestiegene Erwartungshaltung, dass der Pfarrer nicht nur in Wirges, sondern auch in den Filialgemeinden ständig präsent sein soll, der gestiegene Verwaltungsaufwand und die Tatsache, dass die Zahl der Priester überall drastig zurückgeht und Aushilfe hier und dort erwartet wird, zehren an den physischen und psychischen  Kräften.

 

ab 1976

Eine neue Bedeutung gewann die Kranken- und Alten­pflege der Dernbacher Schwestern durch die Einrichtung von Sozialstationen unter der Leitung freier, kirchlicher und sozialer Träger. In Wirges nahm die Sozialstation Wirges/Selters im Jahre 1976 unter der Trägerschaft des Caritasverbandes ihre Arbeit auf. Leiterin war bis 1986 Schwester Chrysalda.

Im Jahre 1986 wurde die Leitung der Sozialstation von Schwester Helmtrudis übernommen, die Oberschwester Chrysalda in diesem Amte ablöste. Oberschwester Chry­salda, die 27 Jahre in Wirges tätig war, wurde für ihre Verdienste von der Stadt Wirges der Ehrenring der Stadt verliehen. [35]

 

Ansonsten  wurden auch in Wirges, teils notgedrungen, immer mehr kirchliche Aufgaben von Laien übernommen. Inzwischen bereiten Katecheten und ein Frauenkreis die Kommunionkinder und Firmlinge auf den Empfang der Sakramente vor. Die Kinder- und Jugendarbeit liegt in den Händen von Gruppenleitern, die vom Kath. Jugendamt in Montabaur geschult werden.

 

Auch die Frauen- und Müttergemeinschaft passte sich den Erfordernissen der Zeit an. Je nach Alter und Interessen treffen sich die Frauen zu Einkehrtagen, Bibel- und Ge­betsstunden, gemeinsam mit der Kolpingsfamilie zu Seni­orennachmittagen und Bildungsabenden. Aber auch Gymnastik, Wandern und Spielen, Handarbeiten und Basteln für die 3. Welt und Ausländerbetreuung finden sich in ihrem Programm. Viele von ihnen wirken treu und unermüdlich in einem Helferkreis bei der Fürsorge alter und kranker Mitbürger, beim Sammeln von Spenden und beim Verteilen von katholischen Zeitschriften. [35]

 

1977/05/19

Auch in diesem Jahr geht zu Christi Himmelfahrt wieder die Prozession zum Steimel.

 

1978

Am 16. April 1978 wurde die Gründerin der Armen Dienstmägde Jesu Christi, Katharina Kasper, durch Papst Paul VI. selig gesprochen, ein Ereignis, das in der Pfarrei Wirges seine besondere Ausstrahlung hatte. Nicht nur, dass viele Angehörige der Pfarrei Wirges, unter ihnen auch Pfarrer Diefenbach, an der Seligsprechungsfeier in Rom teilnahmen, auch in Wirges selbst entsann man sich, dass die neue Selige in der Marienkapelle der alten Wir­geser Kirche getauft und in diesem Gotteshaus auch die ewigen Gelübde abgelegt hatte. So wurde an dieser Stelle, an der Wand der neuen Taufkapelle, ein Bild der Seligen angebracht.

Pfarrer Diefenbach nahm das Ereignis zum Anlass, allen Dernbacher  Schwestern, die in der Vergangenheit und Gegenwart in der Pfarrei Wirges wirkten und noch wirken, herzlich zu danken:

"Mit dieser Seligen verbinden uns viele Berührungspunkte; die Selige  verpflichtet uns. Möge Maria Katharina Kasper, die erste seit Bestehen  der Diözese Limburg Seligge­sprochene, unser Mühen als christliche Gemeinde mit ih­rer Fürsprache weiterhin begleiten. Allen Schwestern ihrer Kongregation, die heute und früher für uns, unter uns, wir­ken und wirkten, danken wir aufrichtig." [35]

 

1983-1986

Gemeinsam mit der Familieninitiative Friedhelm Gerz/Bast entschloss sich 1983/84 der Steimelverein zu einer Überholung der gesamten Steimelanlage. Dank der vielen finanziellen Opfer, Sachspenden und vieler unentgeltlich geleisteter Arbeiten durch eine große Zahl Wirgeser Bürger und Firmen konnten Äußeres und Inneres der Kapelle sowie der Kreuzweg renoviert werden und erstrahlen seitdem wieder in neuem Glanze. Die Terrakottareliefs restaurierte der Künstler Erwin Meffert aus Cramberg, die Statuen in der Kapelle Rosemarie Balmert aus Wirges. Die errechneten Gesamtkosten in Höhe von 51.000 Mark erforderten aus der Vereinskasse nur etwa 12.000 Mark.

Ein Blitz beschädigte 1986 das Dach und die Regenwasserabläufe. Deshalb wurde das Kapellchen mit einer Blitzschutzanlage versehen. Bei der Reparatur des Turmdaches wurden einige der alten Kreuzwegbilder des ehemaligen Stationenweges, eines sogar mit Rahmen, wieder entdeckt. Sie haben inzwischen einen würdigen Platz in der Steimelskapelle selbst gefunden.

Aber nicht nur sporadisch wird des Steimels gedacht. Unermüdlich pflegen seine Freunde Kapelle und Kreuzwegplatz, wandern Besucher aus nah und fern zu diesem schönen Flecken Natur. Vor allem aber beten hier nicht nur viele Einzelpersonen, sondern halten ganze Gruppen allwöchentlich dort Einkehr und Andachten.

Mit einer Rechtsverordnung vom 12.09.1984 wurde die Kuppe des Steimels als "geschützter Landesbestandteil" bestimmt und "zur Erhaltung des Stationenberges Steimel" am 04.06.1986 Denkmalschutz angeordnet. [35]

 

In jenen Jahren entsann man sich in der Pfarrei Wirges auch der Tatsache, daß das 100-jährige Jubiläum der Vollendung und Einweihung des "Westerwälder Domes"  anstand und dass es richtig und wichtig sei, diesen Geburtstag angemessen zu begehen. Aber noch waren die Vorstellungen, was zu tun sei, recht vage.

Ein neuer Innenanstrich für die Kirche war sicher notwendig. Doch die kritischen Stimmen, die darauf hinwiesen, dass zunächst für eine richtige Belüftung der Kirche gesorgt werden müsse und dass deshalb die früheren Dachgauben und Dachreiter wieder angebracht werden müssten, mehrten sich. Andererseits waren die Kosten hierfür so hoch, dass eine Finanzierung unmöglich schien. Hinzu kamen weitere notwendige Renovierungsarbeiten an den Außenfassaden der Kirche.

 

1986

Nach schwierigen und langwierigen Verhandlungen mit der Diözese Limburg konnte im Jahre 1986 schließlich mit den Renovierungsarbeiten begonnen werden. Zu diesem Zeitpunkt stand allerdings der genaue Umfang der durchzuführenden Arbeiten noch nicht fest. Vor allem konnte man sich nicht auf das Wiederanbringen der teuren Dachreiter einigen.

 

Man begann zunächst mit dem Ausbessern der Schäden im Außenmauerwerk. Auf die Wiederherstellung der Dachgauben hatte man sich aus Belüftungsgründen geeinigt. Zudem zeigte sich, dass die Schallöffnungen am Glockenturm erneuert werden mussten.

 

Während dieser Arbeiten gab es am 10. Oktober 1986 eine böse Überraschung. Über Nacht waren Einbrecher über die Außengerüste an der Südseite der Kirche durch ein Fenster in das Gotteshaus eingestiegen und hatten insgesamt 22 Heiligenfiguren vor allem aus dem Hochaltar, aber auch die altehrwürdige Sebastianusstatue vom Sebastiansaltar entwendet. Am rechten Seitenschiff der Kirche hatten sie ein bleiverglastes Fenster ausgebaut. Auch zwei Opferstöcke, die jedoch leer waren, wurden aufgebrochen. Die Suche nach den Tätern und den gestohlenen Figuren blieb in der Folge ergebnislos.

 

Dass die Renovierungsarbeiten bis zum 100-jährigen Jubiläum am Kirchweihfest 1987 nicht abgeschlossen sein würden, stand bereits fest. Vor allem die geplante neue Innenausmalung der Kirche würde ein weiteres Jahr in Anspruch nehmen. Vielleicht war dies mit ein Grund, dass sich das Bischöfliche Ordinariat in Limburg überreden ließ, dem besonderen Herzenswunsch der Wirgeser nachzugeben, nämlich der Wiedererrichtung der in den Jahren 1963/64 wegen Baufälligkeit entfernten Dachreiter bei entsprechender Eigenfinanzierung durch die Pfarrei zuzustimmen.

 

1987/09
So konnte denn im September 1987 trotz fehlender Heiligenfiguren und noch ausstehender Innenausmalung der Kirche das 100-jährige Jubiläum des "Westerwälder Domes" in gebührender Weise gefeiert werden.

 

Ein würdiger Beitrag zu diesem Fest war auch das in langer Vorbereitungzeit erarbeitete Festbuch "100 Jahre Pfarrkirche St. Bonifatius Wirges",  bei dessen Erstellung sich vor allem der inzwischen verstorbene Carl Wilhelm Schnell besondere Verdienste erworben hat.

 

Ein umfangreiches Festprogramm erstreckte sich fast über den ganzen Monat. Eröffnet wurde das Festprogramm am 6. September 1987, dem Kirchweihsonntag, mit einem Pontifikalamt zusammen mit dem Limburger Bischof Dr. Franz Kamphaus und unter Mitwirkung der Chorgemeinschaft Wirges/Staudt unter Leitung von Kantor Reinhard Höbelt. Auch in den Filialgemeinden in Staudt, Moschheim und Bannberscheid fanden in der folgenden Woche  unter Leitung der aus Wirges stammenden Priester Toni Sode, Josef Gerz und Manfred Link Gedenkgottesdienste statt.

Ein großer Seniorennachmittag, ein Kindernachmittag, ein Tag der Gemeinde, ein Tag der Ökumene, ein Mysterienspiel in der Pfarrkirche, der Auftritt des Hamburger Kabaretts "Die Kneifer" im Bürgerhaus sowie eine Bildausstellung der Kolpingsfamilie und des Kulturkreises Wirges bereicherten das Festprogramm.

 

In diese Festwochen fiel auch die Restaurierung der feh­lenden Dachreiter auf dem Kirchendach. Am 23. Septem­ber war die Dr. Luschberger Straöe für einen ganzen Tag gesperrt. Mit Hilfe eines Spezialkranes mit einem 43 Meter hohen Teleskoparm und einem 42 Meter langen Ausleger wurde der Mittelturm mit einer Höhe von 24 Meter und 8,5 Tonnen Gewicht in seine Verankerung gehievt. Er war vorher in einer Leimkonstruktion mit Schalenbauweise aus dänischem Fichtenholz bis auf die Verschieferung vorge­fertigt worden. Der Dachreiter über dem Ostchor, als der 3. und kleinste Turm wurde in konventioneller Art auf dem Kirchendach montiert. Die Gesamtmaßnahme kostete etwa 160.000 DM.

 

Höhepunkt und Abschluss der Festwochen war am 27. September ein großer Pfarrfamilienabend im Bürgerhaus in Wirges, zu dem auch alle Priester und Ordensleute, die aus der Pfarrei Wirges stammten oder einmal in der Pfarrei tätig gewesen, eingeladen worden waren.

Die Festrede des Abends hielt Dr. Franz Baaden aus Ransbach-Baumbach, der noch einmal einen Überblick über die Geschichte der Wirgeser Kirchen und den Bau des Westerwälder Domes gab.

Umrahmt wurde der Festabend vom Musikverein "Frei weg" Wirges, dem Gesangverein "Lyra" Wirges, dem Akkordeonorchester der Volkshochschule Wirges, dem Turnverein Wirges, der Kirmesgesellschaft  1987, dem TuS 07 Bannberscheid, der Sängervereinigung Bannberscheid, dem Fanfarenzug Staudt und der Frauengymnastikgruppe Staudt.

 

1987/09-1988/09
Mit den bisherigen Baumaßnahmen waren wie gesagt die Arbeiten zur Restaurierung der Wirgeser Pfarrkirche im Rahmen der 100-Jahrfeier noch nicht abgeschlossen. Es folgte der Abschluss der Außenrenovierung, wozu auch eine teilweise neue Dacheindeckung und die Erneuerung der Regenablaufleitungen gehörte. Die Heizungsanlage erhielt den Stand derzeitiger Technik. Der Chorraum bekam seine neugotische Form zurück, indem Stufen und Podest diesem Stil angepasst wurden. An die Stelle des bisherigen Marmoraltares kam ein neuer, dem gotischen Stil mehr entsprechender, aus Stein gehauener Altar.   Auch die Elektroanlagen, die zum Teil noch aus der Entsteherzeit der  Kirche stammten, wurden erneuert. Eine der Hauptmaßnahmen war die Erneuerung der Innenausmalung, die im Januar 1988 begonnen wurde. Hierbei handelte es sich um eine Neufassung in Anlehnung an die alte Ausmalung von August Adam Potthast aus dem Jahre 1905, wobei eine Rekonstruktion der alten Details aus Kostengründen nicht möglich war. Unter dem neuen Anstrich wurde jedoch die neugotische Malerei von Potthast belassen, so dass sie für künftige Zeiten erhalten bleibt. Die Neufassung umschließt jedoch Einzelstreuungen von alten Substanzbildern, die in sorgfältiger Weise hierzu freigelegt wurden.

Die  figürlichen Malereien wurden hierbei allerdings nicht wiederhergestellt.

Die fachliche Leitung der Arbeiten teilten sich Diözesankonservator Dr. Hans Jürgen Kotzur und Architekt Herbert Becher von der Baubehörde des Bischöflichen Ordinariats in Limburg und Architekt Horst Reichwein aus Elz sowie der Malermeister Manfred Gloger. [37]

 

1988/09/04

Pünktlich zum Kirchweihfest 1988 waren die Innenarbeiten abgeschlossen.

Die neue Ausmalung lässt den gotischen Charakter der Kirche vielleicht noch würdiger und schöner zur Geltung kommen als die ursprüngliche Ausmalung von Potthast.  Zwei große neue Deckenleuchter im Hauptschiff der Kirche lassen den Westerwälder Dom, der diesen Namen nun noch mit mehr Recht verdient, in neuem Glanze erstrahlen.

Dieses Kirchweihfest war noch einmal ein großes Fest für die ganze Pfarrei Wirges. Auch viele Besucher von außerhalb waren gekommen, so dass die Sitzplätze der Kirche bei weitem nicht ausreichten.

Umrahmt wurde der Festgottesdienst mit der Messe C-Dur von W.A. Mozart, gestaltet von der Chorgemeinschaft St. Gregorius Wirges und St. Michael Staudt unter Mitwirkung des Collegium musicum Montabaur unter der Gesamtleitung von Kantor Höbelt, wobei der Kirchenchor St. Gregorius Wirges an diesem Tage zudem noch auf sein 150-jähriges Bestehen zurückblicken konnte.

 

Ein besonderes Geschenk hatte die Stadt Wirges der Pfarrei Wirges zu diesem Tag gemacht. Auf Beschluss des Stadtrates schenkte die Stadt der Kirchengemeinde zum 100-jährigen Jubiläum der Pfarrkirche eine neue Figur des hl. Bonifatius, die seither wieder über dem Hauptportal der Kirche als Schutzpatron wacht. Bis 1946 hatte eine Figur des hl. Bonifatius an dieser Stelle gestanden, war jedoch beim Aufzug der neuen Glocken so stark beschädigt worden, dass man sie von ihrem Standplatz entfernen musste. Die jetzige Figur wurde von dem Steinmetz Klaus Zöller aus gelbem Sandstein gearbeitet.

 

1988/11/27

Als Endpunkt eines langen historischen Weges, der uns bis zum Jubiläum des Westerwälder Domes geführt hat, und gleichzeitig als Zeichen einer neuen Zeit, die die geschichtlich gewachsenen Strukturen hinter sich lässt, kann die Weihe des neuen Altares der Wirgeser Pfarrkirche am 27. November 1988 durch Bischof Joseph Ruzindana von der ruandischen Diözese Byamba gesehen werden.

"Mit der Weihe des Altares nehme die Gemeinde das Gotteshaus nach einer langen Zeit der Renovierung endgültig in Besitz", betonte Pfarrer Albert Diefenbach, und Bischof Joseph Ruzindana (Bischof J. Ruzinanda wurde 1994 während des Bürgerkrieges in Ruanda getötet) erinnerte in Französisch "an die Treue Gottes, die den Menschen Hoffnung bringe."