GESCHICHTE DER KATH. PFARREI WIRGES
(ca.300-1988
n.Chr.)
Lit. und Quellenangaben:
Staatsarchiv Wiesb. 211/7 Abt. 211, Pfarrei 307, Pfarrei Novalzehnt 970, Kirchenvisitation 99, Kirchenvorstände 99. Abt. 211/1.Bd., 922 Die Besetzung der kath. Pfarrei zu Wirges 1818-1868, 1146 Die Aufstellung eines Inventars über das gesamte Vermögen der kath. Pfarrei zu Wirges, 1340 dto., 1734 Die Zehntgerechtsame der Pfarrei Wirges 1827-1843.
[1]
Inspektor J. Diefenbach, Geistl. Rat: Zur Geschichte des Bannes und des
Fabrikortes Wirges
[2] Rektor
Paul Burghardt: Unser Heimatort Wirges im Wandel der Zeiten
[3] C.W. Schnell: St. Bonifatius Wirges
[4]
Nassauische Annalen; Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes; Die
Anfänge von Montabaur, Limburg und Weilburg; F. Flaskamp: Die hessische
Missionierung durch den hl.Bonifatius
[5]
Geschichte der Stadt Montabaur
[6] Fritz
Michel: Geschichte der ehemaligen Grundherrschaft Humbach (Jahrbuch der Geschichte d. Mittelrheines I
29)
[7] Pfr.
Robert Flink: Die Geschichte der Pfarrei Wirges
[8] Verein
für Denkmalschutz und Heimatpflege in Dernbach 1926; Geschichte von Dernbach:
1. Dr. Domarus: Geschichte von Dernbach; 2. Domdekan Dr. Hilpisch: Die Genossenschaf
der Armen Dienstmägde Jesu Christi; 3. Pfr. B. Meurer: Geschichte der Pfarrei
und Schule
[9] Großer
Westerwaldführer, Westerwaldverein e.V.
[10] C.W.
Schnell, 1985: Kommentare zur Geschichte des Bannes und Fabrikortes Wirges v.
J. Diefenbach
[11] 1000
Jahre Montabaur 930-1930, Festschrift, Stadtverwaltung Montabaur
[12] mdl. Angaben von Katharina Schlotter, Jahrg.
1899 (Anfang des 20. Jh. wurde von Lehrer Urban im Heimatkundeunterricht über
Wirges die genannte mdl. Überlieferung mitgeteilt.)
[13] Pfarrchronik der Pfarrei Wirges
[14] Dehio-Gall: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler
(südl. Hessen)
[15] mdl. Angaben von Sophie Schlotter, geb.
Weiand, Jahrg. 1998 (Ihre Mutter Anna Maria Weiand, geb. Munsch, Jahrg. 1857,
hat ihr dies als Kind erzählt.)
[16] Volk,
1846: Protokolle des Landkapitels Engers 1660
[18] Bruderschaftsandacht zu Ehren des hl.
Sebastian, wie dieselbe gehalten wird in der Pfarrkirche zu Wirges, - Coblenz
1896 -, Druck Ph. Werle, Coblenz
[19] Wendelin Meyer OFM: Heiliges Magdtum vor
Gott, 1937, Matthias Grünewald-Verlag/Wiesbaden
[20] mdl. Angaben von Sophie Schlotter, geb.
Weiand, Jahrgang 1998, von Katharina Schlotter, Jahrgang 1899, sowie von
weiteren Pfarrangehörigen
[21] Dr. M. Pöller-Salzmann: Chronik von Dernbach
[22] Archiv-Unterlagen der Diözese Limburg, Abt.W31
[23] Pfr. Gessner: Das Steimelskapellchen
[24] Briefe des Jacob Alois Gerz S.J., geb.18?? in
Wirges
[25] mdl. Angaben von Katharina Schlotter, Jahrg.
1899, Enkelin des Krugbäckers Wilhelm Gerz und Tochter des Peter Schlotter,
geb.1851 in Wirges
[26] Briefe des Krugbäckers Wilhelm Gerz, geb.
18?? in Wirges
[27] 1975, Stadt Wirges, Stadtverwaltung Wirges
[28] Feldpostbriefe des Peter Schlotter und Kinder
aus dem 1. Weltkrieg (heute im Besitz von W.Schlotter, Hillscheid, Enkel von
Peter Schlotter)
[29] Zeitungsbericht aus dem Jahre 1935 (Archiv
W.Schlotter, Hillscheid)
[30] Eigene Erinnerungen und Aussagen von
Zeitzeugen
[31] Klaus Schatz S.J., 1983: Die Geschichte des
Bistums Limburg
[32] Dr. Franz Baaden, Der Westerwälder Dom feiert
Geburtstag, Wäller Heimat 1987
[33] Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 116 Wirges,
Abt. 211
[35] 100 Jahre Pfarrkirche St. Bonifatius Wirges,
Festbuch anlässlich der 100-Jahrfeier der Pfarrkirche St. Bonifatius Wirges,
herausgegeben von der kath. Kirchengemeinde St. Bonifatius Wirges, September
1987
[36] Festvortrag Dr. Franz Baaden anlässlich der
100-Jahrfeier des Westerwälder Domes
[37] Zeitung "Der Sonntag", März 1988
ca.300
Der Überlieferung nach kam bereits in der 1. Hälfte des 4.
Jahrhunderts der hl. Lubentius von Trier, der ältesten Bischofsstadt
Deutschlands, in die Gegend von Wirges und verkündete hier das Christentum.
Wenn dies historisch auch nicht gesichert ist, so deutet die Tatsache,
dass er sein Grab in Dietkirchen an der
Lahn gefunden hat, doch darauf hin, dass er auch zu Lebzeiten bereits Beziehungen
zu unserem Raum hatte.
498
Nachdem sich im Jahre 498 der Frankenkönig Chlodwig taufen ließ, werden sich in
der Folge auch die Menschen des Westerwaldes, der ja damals zum Kernland des Frankenreiches
gehörte, mehr und mehr dem Christentum zugewandt haben.
nach 718
Spätestens jedoch unter dem hl. Bonifatius, einem Benediktinermönch aus Crediton, der Grafschaft Devon in England, namens Winfrid, der nach 718 im Auftrag des Pap-stes Gregor II. in Hessen und Thüringen missionierte und auch in unserer Heimat predigte, dürfte es zur allgemeinen Annahme des Christentums auch unter den Bewohnern von Uidherigis, wie Wirges mit seinem keltischen Namen ursprünglich einmal hieß, gekommen sein.
Der hl. Bonifatius soll über die "Koblenzer
Straße" kommend nördlich Humbach (Montabaur), über die "steinernen
Brücken" von Almannshausen und Heiligenroth, über Potenhain (wüst
geworden) nördlich Weroth, südlich Hundsangen, Hadamar, Oberweyer, Wetzlar nach
Osten gezogen sein.
739
Dass es in jenen Jahren bereits viele Christen auch in unserer
Gegend gab, geht aus einem Sendschreiben des Papstes Gregor III. hervor, das
dieser 739 an den Missionssprengel des hl. Bonifatius, u.a. an die Nistreci,
Uedricii und Logai (Bewohner der oberen Lahngegend und Wetterauer) richtete [4].
Kenntnis von deren Christentum hatte er durch den hl. Bonifatius erhalten, welcher damals auf
seiner 2. Romreise dem Kirchenoberhaupte über die Ausbreitung des Christentums
an der Lahn und am Main berichtet hatte [1].
Bonifatius wurde vom Papst zum Bischof geweiht und mit einem
Schreiben an jene Gläubigen entlassen, in welchem er sie ermahnt, fest zu
stehen im Glauben, den Götzendienst der Heiden abzuweisen, auch die Wahrsager,
Losdeuter, Totenopfer, die Amulette, die Zauberer, Behexer und mancherlei
gotteslästerliche Gebräuche, welche bei ihnen gefunden werden; gleichzeitig
ermahnte er sie, die Kirchen, diese Gedächtnisplätze der Heiligen, fleißig zu
besuchen [1].
Hieraus ersieht man, dass die heidnischen Bräuche in jener
Zeit in unserem Raum offensichtlich noch stark verbreitet waren.
ca.900-1000
Als Uidherigis zum erstenmal urkundlich erwähnt wird, - dies
geschah anläßlich einer Synode von 16 Bischöfen mit dem König Otto I. im Jahre
958 in Ingelheim am Rhein - gehörte es zum Zehntbezirk der alten Humbacher
(Montabaurer) Terminei, womit die Zehntrechte in Wirges dem Koblenzer
Florinsstift zustanden. Ebenso war Wirges Teil der Pfarrei Humbach.
In Humbach bestand im Jahre 930 bereits eine hölzerne
Kirche, die bald darauf durch Abt Wiliman vom Florinsstift in Koblenz durch
eine steinerne Kirche ersetzt wurde. Die Begräbnisstätte für die Wirgeser war
der Friedhof in Humbach. [5]
Die Toten von Wirges trug man über Staudt und Almannshausen
dorthin [35].
Politisch gehörte Wirges zur Zeit seiner ersten urkundlichen
Erwähnung zum Engersgau, dessen Besitzer bis zu seinem Tode im Jahre 949 der
Gaugraf Herzog Hermann von Schwaben war. Neben vielen anderen Höfen gehörte zu
dieser Grundherrschaft auch ein Hof in Uidherigis. Anläßlich der Synode von
Ingelheim wurden die Besitzrechte von Uidherigis an seine Witwe Reginlind übertragen.
In dieser Schenkungsurkunde Kaiser Ottos I. vom 29. April 958, die sich als
4.ältestes Dokument im Staatsarchiv in Wiesbaden befindet, wird zum erstenmal
die Existenz des Ortes Wirges dokumentiert.
Reginlind war zu diesem Zeitpunkt bereits an Lepra erkrankt
und lebte zuletzt bis zu ihrem Tode am 16. August 958 isoliert auf der Insel
Ufenau im Züricher See. Den nahen Tod vor Augen schenkte sie die Güter von
Wirges dem Marienkloster, dem späteren Florinsstift, in Koblenz zu ihrem
eigenen Seelenheil, wohl aber auch zu dem ihrer beiden Ehegatten. So kam das
Kloster St. Florin in den Besitz der Wirgeser Güter, die es als Zehntherr bis
1803 innehatte. Die Zehntherren hatten umgekehrt die Verpflichtung, die Kirche
zu unterhalten und zu bauen, was auch für Wirges zutraf [35].
nach 1000
Es ist nicht bekannt, wann Wirges eine eigene Kirche bekam
und mit den umliegenden Orten von der Pfarrei Humbach abgetrennt wurde. Wenn
auch der Bau der sogenannten 1. Kirche von Wirges aufgrund ihrer romanischen
Bauweise frühestens in das 11.-13. Jahrhundert datiert werden kann und die
selbständige Pfarrei Wirges erst Anfang des 13. Jahrhunderts nachgewiesen ist,
so darf man doch nicht ganz ausschließen, dass bereits früher eine kleine
hölzerne Kapelle in Wirges existierte, da die Abtei Fulda aufgrund ihres Besitztums
in Wirges hier vermutlich schon frühzeitig eine kleine Hofkapelle besaß [35].
1018
Eine wichtige Veränderung trat für Wirges ein, als Kaiser
Heinrich II. (1002-1024) im Jahre 1018 dem Erzbischof Poppo vom Erzstift
in Trier, dem Wirges bisher nur kirchlich unterstand, Koblenz mit dem
Florinsstift und dessen gesamten Besitz und damit auch den Bann Humbach mit
Wirges als Schenkung übereignete. Es wird vermutet, dass Wirges zu diesem
Zeitpunkt auch von der Urpfarrei Humbach abgetrennt und als Filiale nach St.
Florin incorporiert wurde [6].
Der Propst von St. Florin hatte Archidiakonsrecht. Damit war
er Hauptpfarrer aller in seinem Bezirk
liegenden Einzelkirchen [36].
Wirges blieb bis
1803 sowohl kirchlich als auch politisch bei Kurtrier. Das Kurfürstentum Trier
und damit auch die Ausdehnung dieser Diözese umfasste außer den
links-rheinischen Gebieten den Engersgau sowie den Unter- und Oberlahngau.
ca. 1200-1354
Aus der Zeit des Mittelalters ist nur wenig geschichtlich
Nachweisbares über Widergis (1217), Widirgiis (1243), Weidergys (1326),
Wydergis (1336) bzw. Widdirgiz by Montabur (1354), wie Wirges seinerzeit in
verschiedener Schreibweise genannt wurde, überliefert.
Die Rechte des Trierer Erzbischofs und des Stiftes Trier
umfassten um 1200 mit dem Bann Humbach,
wie Montabaur bis 1217 genannt wurde, auch die Kirchspiele Wirges, Holler,
Kirchähr, Oberelbert und Heiligenroth, die sämtlich zu dem Banne bzw. Gerichte
Montabaur gehörten.
Zu diesem Zeitpunkt ist Wirges also schon selbständige
Pfarrei. Allerdings ist, wie schon gesagt, nicht sicher, wann Wirges aus dem Kirchspiel Humbach
ausschied und damit direkt dem Florinsstift in Koblenz unterstellt wurde.
vor 1211
Aus dem Jahre 1211 ist bekannt, dass das Erzstift in Trier
einen Fronhof in Widergis besaß, der jährlich 3 Scheffel Hafer an den Grund-
und Gerichtsherrn zu liefern hatte.
Wahrscheinlich stand dieser Fronhof in Zusammenhang mit dem ® ehemaligen "Königshof" in Uidherigis, der im Bereich der "Festung" an
der "Huh Betz" lag und vermutlich durch Graben und Pallisadenzaun
befestigt war. [10]
Interessant ist ferner eine mündliche Überlieferung, wonach
ein Ritter von Wirges, der Besitzer des Hofes an der "Huh Betz"
gewesen sein soll, an einem der Kreuzzüge teilgenommen habe, jedoch aus dem Hl.
Land nicht zurückgekehrt, sondern an einer ansteckenden Krankheit gestorben
sei. Seine Frau habe sich an Erinnerungsstücken ihres Mannes, die aus dem Hl. Land nach Hause geschickt
wurden, infiziert, sei an Lepra erkrankt und habe anschließend mit ihrer
Hofdame in der Nähe des Hofbrunnens in einer kleinen Hütte, die eigens für sie
gebaut worden sei, gewohnt und sei von ihrer Hofdame dort bis zum Tode gepflegt
worden. Ihre beiden Söhne sollen als Benediktinermönche im Kloster St. Gotthard
in der Schweiz gelebt haben. [12]
1217
Im Jahre 1217, in dem Erzbischof Dietrich II. von Trier den
Namen der Burg Humbach in den Namen "mons Tabor" (Montabaur) in
Erinnerung an den Kreuzzug ins Hl. Land umbenannte, wurde der Schutz und die
Verteidigung dieser Burg dem Grafen Heinrich von Nassau in Verbindung mit
anderen Rittern der Umgegend übertragen. Unter diesen 27 Mannen der
Burgbesatzung wird auch ein Ritter "Conradus de Widergis" aufgeführt.
Conradus de Widergis führte als Wappen eine weiße Rose im blauen Feld. [11]
1218
1218 besiegelt ein Adliger "Manegoldus von Wirges"
eine Urkunde des Klosters Rommersdorf. [9]
1243
1243 tauscht der Propst Konrad vom Florinsstift die zum Hof
Widirgiis gehörige Landshube gegen ein
Gut in Hundsdorf.
1249
Auch 1249 wird ein Hof des Stiftes in Wirges erwähnt.
vor 1326
Erst im Jahre 1326 ist in Wirges eine eigene steinerne
Kirche, die besagte 1. Kirche von Wirges, nachgewiesen, in der ein Pfarrer
Arnoldus plebanus de Weidergys (plebanus = Leutepriester), dessen Name als
ältester bekannter Pfarrer von Wirges überliefert ist, die hl. Messe las. Geistlicher Rat Johann Diefenbach, der die
1. Chronik von Wirges schrieb, sagt in
derselben, dass die 1. Kirche ebenso wie die 2. Kirche vom Florinsstift in
Koblenz gebaut wurde, und schätzt das Alter des romanischen Turmes beim Bau der
2. Kirche im Jahre 1775 auf 500 Jahre [1].
Der Heimatforscher Dr. Baaden schätzt den Bau dieser
romanischen Kirche in die Zeit von 1150-1200 n.Chr. [36].
Diese 1. Kirche war eine sogenannte Eigenkirche aus
Bruchstein, und es darf nach dem oben Gesagten angenommen werden, dass sie von
dem Zehntherren St. Florin erbaut wurde, und zwar an derselben Stelle wie die
jetzige Kirche. Auch sie war wie die späteren Pfarrkirchen dem hl. Bonifatius
geweiht, so dass man davon ausgehen kann, dass das Bonifatiuspatrozinium so alt
ist wie die Pfarrei Wirges selbst, obwohl es erst 1660 urkundlich nachgewiesen
ist. Es geht vermutlich auf eine Schenkung zurück, die ein gewisser
Regenmar im 9. Jahrhundert dem Kloster
Fulda mit Gütern im Engersgau, und zwar Steinedorf, Hohdorf, Eigenfelden und
Butinebrunn machte. Nach Archivrat Dr. Gensicke ist Butinebrunn bzw.
Dedinsburiam in alter Zeit der Name für Desper, das zu den Wirgeser Gütern
zählte [2].
In dem seit 1827 bestehenden Bistum Limburg ist Wirges die
älteste Bonifatiuspfarrei.
Der romanische Wehrturm dieser 1. Pfarrkirche von Wirges
wurde erst im Jahre 1879 beim Baubeginn der jetzigen 3. Kirche niedergelegt. Er
wird in den Akten der Diözese Limburg als "einfach, stattlich und
repräsentativ" geschildert. Ähnliche, aus gleicher Zeit stammende Türme
befinden sich, wenn auch verändert, in Helferskirchen, Nord-hofen und Rückeroth.
Der Turm dieser Kirche stand dort, wo sich heute Mittel- und
Seitengang kreuzen. Die Größe des Kirchenschiffes entsprach etwa dem heutigen
Mittelschiff ohne den Chor [3].
Nach der Abtrennung von der Urpfarrei Montabaur bestattete
das neugebildete Kirchspiel Wirges seine Toten rund um die Pfarrkirche [35].
ca. 1326
Filialen von Weidergys waren zur Zeit des Pfarrers Arnoldus
Dernbach, Ebernhahn, Siershahn, Staudt, Bannberscheid, Moschheim, Leuterod und
Ötzingen. In Leuterod-Ötzingen stand eine kleine Kapelle, in der die capellane
(Kapläne) von Wirges werktags je eine hl.Messe lasen. [7]
Die Enstehung der Laurentiuskapelle in Dernbach wird bereits
in die Zeit des 12./13.Jahrh. datiert. [8]
Als sich mit der Zeit die Bevölkerung vermehrte, wurde
Wirges auch mit eigenem Bannrechte ausgestattet, das insgesamt 14 Ortschaften
umfasste. Außer den 8 Kirchspielorten waren dies zusätzlich die Orte
Helferskirchen, Hosten, Boden, Eschelbach und Elgendorf.
nach 1326-1354
Nach Arnoldus plebanus war ein Pfarrer namens Franko, Sohn
des Zacharias, bis 1354 n.Chr. Pfarrer von Wirges.
1354-ca.1358
Sein Nachfolger ab 1354 war Johannes von Rübenach. Mit
diesem hatte sogar der damalige Papst Innozenz seine liebe Not. Der Geburt des
Johannes von Rübenach haftete nämlich ein kleiner Makel an, da er der Sohn
eines Verheirateten und einer Ledigen war. Aufgrund einer Dispenz war der
Pfarrer Johannes von Rübenach in den Besitz der Pfarrei Heiligenroth gekommen.
Als er diese Pfarrstelle in Heiligenroth antrat, war er noch nicht Priester,
wie dies früher öfters vorkam. Er musste daher die Seelsorge zunächst durch
einen ordinierten Priester ausüben lassen. Ohne sich die Priesterweihe erteilen
zu lassen, vertauschte dann Johann von Rübenach die Pfarrstelle in Heiligenroth
mit derjenigen zu Wirges, und zwar ohne Dispenz. Erst danach richtete er ein
Bittgesuch an Papst Innozenz. Dieser gestattete ihm, dass er die Pfarrstelle in
Wirges behalten könne. Die Einkünfte aus früheren Pfarreien, die er bezogen
hatte, solange er noch nicht Priester war, musste er zurückerstatten.
In der 2. Urkunde vom 17.05.1354 aus Südfrankreich - es war
damals die Zeit der Päpste in Avignon - sprach der Papst den Johann von
Rübenach von dem Makel verschiedener Vorwürfe frei und rehabilitierte ihn. Der
Papst hielt den Propst von St. Florin als Hauptpfarrer an, Johannes von
Rübenach mit der Pfarrei Wirges zu beauftragen. Vier Jahre später, 1358 n.Chr.,
finden wir Johann von Rübenach als Pfarrer von Montabaur wieder. [36]
1367
Aus dem Jahre 1367
existiert eine Urkunde über die Verpachtung des Zehnten zu Wirges durch das
Florinsstift.
1385
In einer weiteren Urkunde von 1385 ist festgelegt, dass 2/3
des Zehnten von Wirges dem Florinsstift zustehen, während das restliche
Drittel vom Stift als Lehen an Adelsfamilien
übertragen wurde. Bis zum Ende der kurtrierischen Zeit blieb es bei dieser
Aufteilung.
vor 1474 - nach 1491
Pfarrer von Wirges waren zu jener Zeit der vor 1474 gestorbene
Johann Schanz, dann wird 1490 ein Pfarrer Eberhard erwähnt, 1491 ein Christ
Moele mit dem Zusatz "Frühmesser zu Wirges". [36]
Erst ab dem Jahre 1572 sind uns die Pfarrer von Wirges mit
wenigen Unterbrechungen lückenlos überliefert.
1495
Aus dem Jahre 1495 ist uns überliefert, dass der Pastor von
Wirges 1/3 des Zehnten von Nieder- und Oberötzingen besaß. [9]
Im selben Jahr wurden im Kirchspiel Wirges Bücher und Gelder
gestiftet, damit am damaligen Johannesaltar einmal in der Woche eine Frühmesse
gelesen werden konnte. Die Kirchendelegierten sollten dazu einen Geistlichen
auswählen. Die Frühmesse in der Woche kam jedoch nicht zustande, da ein neuer
Pastor nach Wirges kam und dieser das Stiftungskapital für die Frühmesse nicht
freigab.
Das Dorf Wirges zählte damals, also 1495, insgesamt 16
Feuerstätten, d.h. 16 Familien. [36]
ab 1517
Als der Augustinermönch Luther seine 95 Thesen an die
Schloßkirche von Wittenberg heftet, beginnt ein neues Zeitalter. Es ist die
Zeit der Reformation, die sich allmählich in ganz Deutschland ausbreitet.
Die Kirchen- und Pfarrverhältnisse waren in jener Zeit besonders
schwierig. In der Grafschaft Wied und Sayn wurde die Reformation eingeführt.
Wirges, als Bestandteil des geistlichen Kurfürstentums Trier, blieb jedoch von
den reformatorischen Bestrebungen weitgehend unberührt.
In diesem Jahr erhält die Wirgeser Kirche einen spätgotischen
Altarschrein, in dem eine Holzplastik, die "Gottesmutter auf der
Mondsichel mit Kind und Traube" und zwei Holzskulpturen "St.
Laurentius" und "St. Jakobus der Ältere" standen.
Dieser Altar sowie 2 weitere aus dieser Zeit stammende
Holzfiguren der hl. Agnes und Agatha werden in mehreren wissenschaftlichen
Werken ausgewiesen. [14]
So finden wir eine Beschreibung dieses Altares im "Handbuch
der deutschen Kunstschätze" von Dehio-Gall:
"In der Kath. Pfarrkirche zu Wirges befindet sich ein
spätgotischer Altar mit Mutter auf
Mondsichel mit Kind und Traube zwischen den Statuen St. Laurentius, St. Jakobus dem Älteren, St. Agnes und St.
Agathe (1520).
Flügel mit vier gemalten Figuren:
(links) - St.
Blasius mit Bischofsstab und Kerze
- St. Katharina mit Zackenrad und Schwert
(rechts) - St. Christophorus auf Pfahl gestützt, das
Kind
durch den Fluss tragend
- St. Margarethe mit weißem Mantel und Kreuzstab
auf den geschlossenen Flügeln:
- die Verkündigung Mariae." [14]
Die bemalten Flügeltüren dieses Altares sind noch erhalten.
Der Schrein wurde erneuert und steht heute als Sebastiansaltar in der rechten
Seitenapside. Die genannten Skulpturen sind nicht mehr vorhanden.
1521
Die älteste bekannte Glocke von Wirges "St.
Lambertus" wird in Trier gegossen. Sie war aus Bronze, hatte einen
Durchmesser von 95 cm, wog ca. 600 kg und hatte den Schlagton
"gis". Unter ihrer Haube zeigte sie einen Blütenfries, auf der Flanke
das Heiligenbild "Maria Selbdritt" und in Minuskeln (Kleinbuchstaben)
die Inschrift:
"lambertus heischen ich
tzu den dienst gotz
louden ich
den doner verdriven
ich
jan van trier gous
mich
anno dni mvcxxi"
(1521)
1522
Im Jahre 1522, als Johann von Sickingen in den Kurstaat
Trier einfiel, zogen 120 Mann aus dem Amte Montabaur, auch mancher Wirgeser,
auf der Seite des Kurfürsten Richard Greiffenklau ins Feld.
1548
Im Feuerstellenverzeichnis der Gemeinde Dernbach ist uns aus dem Jahre 1548
nachstehende interessante Aufzeichnung überliefert:
"Item ist noch im dorff Dernpach ein capell, filia der
Kirche zu Wirges, sanctus Laurentius ist patronus." Wegen der
Laurentiuskapelle hatte der Pfarrer von Wirges - sein Name ist leider nicht
überliefert - einigen Ärger, und er musste manche "spitze Wort"
hören, als er sich bemühte, die in seinem Pfarrspiel ansässigen Erben der
Ampelstiftung der Laurentiuskapelle zu bewegen, sich nicht mehr ihrer Verpflichtung
zur Zahlung des Unterhaltes "einer immer dagh und nacht brennende ampull
in der St. Lorenzkapell" zu entziehen. [8]
1563
Das Dorf Wirges war bis 1563 auf 53 Feuerstätten angewachsen.
1568
Im Jahre 1568 mussten ausgehobene kurfürstliche Soldaten an der Niederwerfung
eines Aufstandes der Stadt Trier, der
auf Veranlassung des lutherischen Predigers Olivianus zustande kam, teilnehmen.
[1]
1568-1569
Die Bonifatiusglocke wurde 1568 wie ihre Vorgängerin St.
Lambertus in Trier gegossen und war auch aus Bronze. Sie war wesentlich größer
und schwerer als die "St. Lambertus". Sie hatte einen Durchmesser von
116 cm und wog insgesamt 1100 kg.
Sie war auf den Schlagton "fis" abgestimmt und ihre Aufschrift
in Majuskeln (Großbuchstaben) lautete:
"BONIFATIUS HEISCHEN ICH
IN DIE ER GODDES LOUDEN ICH
HEINRICH VAN TRIER GOUS MICH
ANNO DMI
MDLXVIII" (1568). [13]
[35]
Sie wurde 1569 neben der „St. Lambertus“ im alten romanischen
Wehrturm der Kirche installiert.
1572-1586
1572 übernimmt Pastor Abel die Pfarrstelle von Wirges. Mit
diesem Pfarrer Abel hatte es etwas Besonderes auf sich, wie Dr. Baaden in
seiner Festrede anläßlich der 100-Jahrfeier des Westerwälder Domes berichtete. [36]
Danach gab es vor 1572 in Ransbach einen Geistlichen namens
Abel, der seit Jahr und Tag keinen Gottesdienst mehr gehalten hatte und
schließlich bei Nacht und Nebel verschwunden war. Und genau ab 1572 taucht in
Wirges ein Pfarrer Abel auf, der nun noch 14 Jahre in Wirges blieb und sein Amt
ausübte. Während Wirges damals zu Kurtrier gehörte, gehörte Ransbach zu
Isenburg-Grenzau, so dass vermutet werden kann, dass der Pfarrer Abel von
Ransbach nach Wirges auswanderte, ohne dass die Ransbacher zunächst davon
Kenntnis erhielten.
Es sind über ihn
noch folgende interessante Aufzeichnungen erhalten: 1584 schreibt der Dechant
des St. Florinsstiftes in Koblenz, Johann Werl, an den Pfarrer von Wirges und
bittet um Auskunft über die Einkünfte "des Altars der Burg Dernbach".
Pfarrer Abel schickte ihm darauf am 01.05.1584 als "eine kleine Gab"
ein "botter weckelegen" und gab ausführliche Auskunft über die Dotierung
des Altars: "Item haben die junckern (gemeint sind die Besitzer der Burg
Dernbach) einen capellan, geben jars 3 amen weinß." [8]
ca.1584-1587
Vor dem Jahre 1586
hat in Wirges ein größerer Brand gewütet, denn es heißt, dass sich
Pastor Abel nach dem Brande von Wirges, und zwar im Jahre 1586, wegen Alters
nach Montabaur zurückzog. [8]
Zudem ist aus dem Jahre 1586 eine Eingabe des ganzen
Kirchspieles Wirges an den Erzbischof von Trier überliefert. Aus dieser Urkunde
geht hervor, dass das Dorf Wirges einige Jahre vor 1586 von einer Feuersbrunst
heimgesucht wurde, wobei außer dem Dorf auch die Kirche und der Pfarrhof
abgebrannt sind mit Ausnahme des Kirchturms. Die Kirche musste also wieder
aufgebaut werden, was wohl einige Jahre gedauert hat.
So wie es heißt, konnte erst 1585 die Kirche auf einer Seite
mit Leien gedeckt werden und man sei willens, in kurzem auch das andere Teil
mit Leien zu decken.
Das Florinsstift wollte bei diesem Wiederaufbau nur 1/3 der
Baukosten übernehmen, weshalb sich das Kirchspiel Beschwerde führend an den
Erzbischof von Trier gewandt hat.
Dieser ermahnte das Stift, wenigstens die alten Kosten zu
tragen, zumal die Wirgeser weit über ihre Verpflichtungen hinaus die andere
Hälfte freiwillig übernehmen würden.
Schließlich war 1587 die alte romanische Kirche in erweiterter
Form wiederaufgebaut. [35] [36]
An Stelle von Pfarrer Abel schickte das Florinsstift einen
anderen Pfarrer nach Wirges, der, wie es heißt, in einer gelehnten Behausung
wohnen musste, weil der Pfarrhof noch nicht wieder aufgebaut war. [36]
1592
1592 wird ein Pfarrer Johann N. erwähnt. [8]
1599-1602
Von 1599 bis 1602 ist Konrad Tholis Pfarrer von Wirges.
1603
Auf Konrad Tholis folgt Philippus Arnoldi, der 1603 Pastor
von Wirges war. Es ist die Zeit der Hexenverfolgungen unter dem Trierer
Kurfürsten Johann VI. Doch ist unsere Gegend davon offensichtlich verschont
geblieben. Aus dem Bann Wirges sind jedenfalls keinerlei Vorfälle bekannt
geworden.
Im Jahre 1603 konnte die Pfarrgemeinde für das abgebrannte
Pfarrhaus Ersatz schaffen. Sie erwarb im Tausch von einem Wirgeser Bürger
namens Abel Zimmermann ein im Rohbau befindliches Bürgerhaus und baute dieses
zum neuen Pfarrhof mit Stall und Scheune um. [36]
Dieses Pfarrhaus befand sich im Bereich der
"Festung" an dem Platz, der bis ins 20. Jahrhundert noch
"Pfarrgarten" genannt wurde. [3]
1604
Im Jahre 1604 wurde Nicolaus Bredburg Pfarrer von Wirges.
Aus demselben Jahr ist uns auch eine Urkunde des Florinsstiftes in Koblenz
bekannt, in der die Bezahlung "des Ampelgeleuchtes" der Dernbacher
Burgkapelle geregelt wurde. Die Urkunde wurde mit dem großen Kapitelsiegel des
Florinsstiftes versehen und sollte in der Kirchenkiste in Wirges aufbewahrt
werden. [8]
1606
Wegen der Besitzverhältnisse des Burgaltars wurden 1606 auch
die ältesten Leute der zur Pfarrei Wirges
gehörigen Dörfer als Zeugen vernommen. Interessant ist die Aussage des
damals 78-jährigen Arnoldts Hen Peter zu Dernbach: "Bey dem alten juncker
Friderich Hildtgen sey ein behaußungh gewesen und darinnen ein Scheur und darin
gewont ein priester her Johan, hat sondagh und fyerdagh ahn dem althar meß
gehalte; das auch welche nit mogten nach Wirges komen, daselbst meß
hören." [8]
1618-1648
Während solcherlei Sorgen den Alltag in der Pfarrei Wirges
bestimmten, braute sich über Deutschland ein großes Unwetter zusammen, das in
der Folge auch unsere Gegend heimsuchen sollte.
Mit dem Prager Fenstersturz brach am 23. März 1618 ein
30-jähriger Streit los, der schließlich ganz Deutschland in Flammen aufgehen
ließ und Schrecken und Entsetzen auch in unsere Heimat brachte.
Die schlimmste Zeit für unser Gebiet begann, als 1630 die
Schweden in Deutschland einfielen, und mehr noch als 1635 die Franzosen als ihre
Verbündeten am Rhein erschienen.
Die Soldaten raubten, plünderten und zerstörten überall,
einerlei ob die Einwohner lutherisch oder katholisch, ob sie Freund oder Feind
waren. [1]
1633
Der 1. Einfall der Schweden ins Trierische erfolgte 1633.
Die Dorfbewohner flüchteten mit ihrem Vieh und ihren Habseligkeiten in die
Wälder, den Malberg, den Moseberg und den Montabaurer Wald, um den
Scheußlichkeiten und Quälereien, die die Soldaten überall mit den Bauern trieben,
zu entgehen. Die Soldaten, die sich in ihrer Hoffnung auf reiche Beute
getäuscht sahen, rächten sich durch Niederbrennen der verlassenen Häuser. [1]
Auch Wirges war diesem Schicksal geweiht. Die Tradition
berichtet darüber wie folgt:
Der in Wirges einquartierte schwedische Oberst gab den
Befehl, weil die Einwohner geflüchtet waren und Vieh und Habseligkeiten
weggebracht hatten, den Ort anzuzünden. Wahrscheinlich war Nordwind, deshalb
wurden die Häuser an der "Unnerbach" angezündet, damit der Wind das
Feuer in das Oberdorf zwischen Kirche und Oberbach trage. Als das Feuer
angelegt war, ritt er fort nach Montabaur. Auf der Höhe der Ritzmühle habe er
sich von dem Fortgang des Feuers überzeugen wollen und sei willens gewesen,
weil die Kirche nicht brannte, zurückzureiten. Sein Pferd sei jedoch so
störrisch gewesen, dass er davon abstand. Der ganze untere Ort mit Pfarrhaus verbrannte.
Die Kirche und der obere Ort blieben verschont. Urkunden und Kirchenbücher
gingen mit dem Pfarrhaus zugrunde. [1]
Noch viele Jahre später nach dem Krieg rief man den unartigen
Kindern in Anspielung auf den schwedischen General Oxenstierna zu:
"Kinnercher, Kinnercher, bet, morje kimmt de Schwed,
morje kimmt de Oxenstiern, wird die Kinnercher bete liern!" [1]
Auch ist in Erinnerung an den Schwedeneinfall und den
berüchtigten Schwedentrunk, bei dem den Bauern Jauche, Seifenlauge oder anderes
üble Getränk in den Hals eingetrichtert wurde, noch Ende der 40er Jahre des 20.
Jahrhunderts in der Pfarrei ein bäuerliches Theaterstück aufgeführt worden.
um
1641
Aus jener Zeit ist bekannt, dass die Seelsorge der Pfarrei Wirges vorübergehend
von den Franziskanern aus Montabaur ausgeübt wurde.
nach 1648
Wirges, welches vor dem Krieg 54 Familien zählte, hatte nach
demselben nur noch 29. Vieles war zerstört. Es dauerte etliche Jahre, bis sich
allmählich das Leben wieder normalisierte. [1]
1657/05/26
Am 26. Mai 1657 fand in Wirges eine Kirchenvisitation durch
das Florinsstift statt, die auf Veranlassung des Archidiakon von Dietkirchen,
Karl Heinrich Baron von Metternich, in allen Pfarreien der rechtsrheinischen
Gebiete der Erzdiözese Trier mit Ausnahme der Pfarreien im Hadamarer und
Isenburger Gebiet, deren Landesherren dies nicht duldeten, abgehalten wurde.
Der Visitationsbericht gibt einen guten Eindruck von den damaligen Verhältnissen.
In der Pfarrei Wirges gab es zu dieser Zeit 300 Kommunionpflichtige
in 9 Orten sowie 8 Synodales oder Sendschöffen, die namentlich benannt sind:
Aus "Uetzingh (Ötzingen) Peter Heybell, Leuthern (Leuterod)
Peter Georg, Ebernhain (Ebernhahn) Johannes Söhnigh, Wirrges Johannes Müllher,
Dehrnbach Johannes Güsch (Jösch), Moscheimb Jakob Homerich, Berscheidt
(Bannberscheid) Johann Busch, Syrscheidt (Siershahn) Adam Hömerich, Stauth
(Staudt) Nikolaus Heybell." [8]
Wie es heißt, war die Kirche 1657 in einem ordentlichen
Zustand. In der Kirche befänden sich 4 Altäre, die alle außer dem Hauptaltar
durch Kriegsschäden entweiht worden seien.
Das 2. Pfarrhaus und die Scheune neben der Kirche an der
Stelle des heutigen 3. Pfarrhauses waren damals noch nicht wieder ausreichend
hergestellt. Dies sollte aber innerhalb eines Jahres geschehen. [36]
Dieses 2. Pfarrhaus soll ein Holzbau mit dünnen Wänden
gewesen sein und auf der Nordwestseite eine Schieferbedeckung gehabt haben. Es
wurde beim Bau des jetzigen Pfarrhauses 1895/96 niedergelegt und angeblich in
der Waldstraße wiederaufgebaut. [35]
"Schola non erat" (Eine Schule gab es nicht in der
Pfarrei), so meldet der Visitationsbericht von 1657. Es wurde aber von dem
Visitator gewünscht, dass in Wirges eine Pfarrschule eingerichtet würde..
Die Kirchenfabrik (= Kirchenkasse) hatte an jährlichen
Zinsen 15 Gulden, aus den Wiesen an Pacht 2 Gulden.
Der Visitationsbericht geht auch auf die Verhältnisse der
Dernbacher Laurentiuskapelle als Filialkirche der Pfarrei Wirges ein:
"Sie ist in leidlichem Zustande, wird aus eigenen
Mitteln im Stande gehalten und besitzt einen Altar. Eine heilige Messe für alle
Freitage des Jahres ist gestiftet, die vom Pfarrer, damals Thomas Stein,
gehalten werden müsste, aber bereits über 20 Jahre nicht mehr gehalten wurde
außer dreimal im Jahre, da das Stiftungskapital zu gering geworden war."
Es wurde dem Pfarrer aufgetragen, dass er wenigstens jeden
Monat einmal die heilige Messe dort lesen solle. Die notwendigsten Paramente
seien vorhanden, auch ein silberner, vergoldeter Kelch. [8]
Weiter wird berichtet, dass von den 5 Maltern Korneinnahmen
der Kirche 1 Malter den Armen gegeben und Freitag nach Pfingsten gebacken und
verteilt werde. Pfarrer Thomas Stein habe während der Kriegszeit 7 Jahre lang
kaum das tägliche Brot gehabt.
1660
1660 ist zum erstenmal das sicher alte
Bonifatius-Patrozinium beurkundet. Zu diesem Zeitpunkt ist Adam Oster Pfarrer
von Wirges.
1664
Unter Pfarrer Adam Oster wird 1664 eine Pfarrschule in
Wirges errichtet. In diesem Jahr wurde vermutlich auch das Haus gebaut, das das
1. Schulhaus in Wirges war. Das 1. Schulhaus trug nämlich nach Angaben des
Lehrers Johann Steinebach, des 1. Schreibers der Wirgeser Schulchronik, über
der Haustür die Jahreszahl 1664. Dieses 1. Schulhaus, ein kleines Bauernhaus
am Pfarrgarten gelegen, existierte noch Anfang des 20. Jahrhunderts. Es hatte
zunächst nur ein Stockwerk, bis später eine Aufstockung nötig wurde, um Raum
für ein 2. Klassenzimmer zu schaffen. Über dieses 1. Schulhaus erfahren wir:
"Das hiesige Schulhaus, zwischen Johann Görgs (Johann Görg war von
1872-1904 Bürgermeister von Wirges) Wohnhaus und der Hohenbitze gelegen, war
Eigentum des Kirchspiels." [16]
1664/11/05
Am 5. November 1664 schlägt das Kirchspiel Wirges dem
Florinsstift als Schulmeister und Glöckner Janes (Jonas) Wolff vor. Seine
Besoldung sollte eineinhalb Simmern (ein Simmern war ein kreisförmiges
Behältnis und fasste 25-30 Pfund Korn) Korn für jeden Monat neben dem
"Schuldienerlohn" sein.
Die Aufsicht über die Schule übte der Pfarrer von Wirges
aus. Im gleichen Jahr noch bestätigte das Florinsstift den neuen Schulmeister
und Glöckner zu Wirges. [8]
Es gab aber auch Rückschläge in jener Zeit. So wütete bis
1668 die Pest im Westerwald. Das schlimmste Jahr war das Jahr 1666. Insgesamt
starb damals etwa der dritte Teil der heimischen Bevölkerung an dieser
Krankheit. Wohl aus Dankbarkeit für die Überwindung dieser Seuche und um für
die Zukunft Schutz vor ähnlichen Katastrophen zu erbitten, wurde in Wirges in
den Folgejahren die St. Sebastianus-Bruderschaft gegründet. Neben dem hl. Bonifatius
als Kirchenpatron wurde der hl. Sebastian als Schutzpatron gegen die Pest und
andere Seuchen in Wirges besonders verehrt. Der St. Sebastiansaltar in der jetzigen
Pfarrkirche erinnert noch an die besondere Verehrung, die diesem Heiligen in
Wirges zuteil wurde.
Im 17. und 18. Jahrhundert, bis ins 19. Jahrhundert hinein
kamen am 20. Januar, dem Feste des hl. Sebastian, viele Pilger, auch aus
Ransbach und dem Amte Selters zur Verehrung dieses Heiligen in Prozessionen
nach Wirges. [1] [12]
Auch führte die Pfarrei Wirges gemeinsam mit Helferskirchen,
Ransbach, Breitenau und Nauort in der Notzeit nach dem 30-jährigen Krieg
regelmäßige Sternprozessionen durch. Am Patronatstag einer jeden Pfarrei kamen
die anderen Pfarreien in sternförmiger Prozession zur jeweiligen Patronsfeier
zusammen. Alle, die nur halbwegs gehfähig waren, machten mit, wobei am Zielort
verständlicherweise nicht nur gebetet und gesungen sondern auch tüchtig gezecht
wurde. Leider gabe es bei diesen Anlässen auch Missbräuche und Auswüchse, so
dass später die Mitnahme des Allerheiligsten während der Prozessionen untersagt
wurde. [36]
1669-1748
1669 wird Peter Otto I. Pfarrer von Wirges, welches Amt er
bis 1673 innehat. Sein Nachfolger ist Adam Hartenfels, der aber bereits 1675
durch Pfarrer Jakob Leuterod aus Montabaur abgelöst wird. Auf ihn folgt Pfarrer
Peter Otto II., der von 1679-1693 Pfarrer von Wirges ist. Auch über dessen
Nachfolger ist uns außer dem Namen und der Dauer seiner Amtszeit nichts
überliefert. Es ist dies Johann Visen, der von 1693-1701 Pfarrer von Wirges
ist. Auf ihn folgt von 1701-1748 Johann Jacob de Barrey (Jac de Barrey oder de
Barre). Unter letzterem ist Peter
Mareshall als Vicekurat (Pfarrverwalter) tätig. [1] [3] [7]
ca.1700-ca.1900
Mit dem Geistlichen Rat Johann Diefenbach wollen wir anhand
einer Beschreibung, die weitgehend seiner Chronik von Wirges [1]
entnommen ist, einen Blick auf die Lebensverhältnisse des 18. und 19.
Jahrhunderts in der Pfarrei Wirges werfen, da sie anschaulicher als einzelne
geschichtliche Fakten ein Verständnis für die damalige Lebenssituation der Bewohner
der Pfarrei und des Ortes Wirges vermitteln, die sich auch in der nassauischen
Zeit bis zum Beginn der Industrialisierung nicht wesentlich verändert haben
dürfte.
Hatte Wirges nach dem 30-jährigen Krieg nur noch 29
Familien, so war deren Zahl bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bereits auf über
100 angewachsen. Dennoch war Wirges nur ein bescheidenes Bauerndorf, dessen
rund 100 Häuser sich zwischen Unter- und Oberbach um die Kirche mit ihrem alten
romanischen Turm scharten.
(vgl. ® 1853, Lageplan von Wirges)
Die Wohnhäuser waren meist Holzbauten mit Fachwerk. Im
Stall, der sich zusammen mit der Scheune an das Wohnhaus anschloß, standen
meist nur ein paar Kühe, denn einen Großbetrieb kannte man nicht.
Im Sommer verdiente sich der Bauer ein wenig Bargeld, indem
er mit seinem Fuhrwerk Ton nach Höhr oder Vallendar fuhr, oder er arbeitete
tagsüber als "Ergräwer" in der "Erkaut". Eine weitere
Einnahmequelle war der Anbau von Flachs, der im Herbst in der
"Brechkaut" vor dem Eimet oder vor dem "Hölzbrich"
gebrochen wurde. Der jeweilige Kaplan hatte das Privileg, auf einem Rundgang
im Kirchspiel Flachs "aufzuheben". Die im Stall beim "Flachsschwingen"
beschäftigten Frauen sahen sich durch den Besuch des Geistlichen geehrt und
gaben mehrere "Haspeln"(Gebinde) Kornflachs her. Dieses
"Flachsaufheben" bildete eine schöne Nebeneinnahme für den Herrn Kaplan.
Im Winter kamen die Frauen mit ihren Spinnrädern in der "Spinnstube"
zum Spinnen von Flachs und Schafswolle zusammmen. Während des Spinnens wurde
zuerst der Rosenkranz gebetet. Nach dem Beten wurde geplaudert, es wurden
Lieder gesungen und Geschichten erzählt. Wenn es dann am Fenster klopfte, waren
dies meist die Dorfburschen, welche den Mädchen das Spinnrad, "die
Geiß", nach Hause tragen wollten.
An
Festtagen trug der Bauer die alte trierische Tracht mit dem Dreispitzhut. Die
Tracht der Frauen bestand aus kurzen Röcken aus gefärbtem, halbwollenem, selbstgewebtem
Stoff. Auf dem Kopf trug man ein kleines Häubchen, das sogenannte
"Kommodche" mit langen, breiten, schwarzen Seidenbändern, die zum
Rücken herabfielen.
Bei
Begräbnissen änderte sich die Tracht der leidtragenden Frauen. Unter- und
Oberkleid waren schwarz. Brust, Hals und Kopf aber waren ganz in weiße Schleier
eingeschlagen [1]. Abends versammelten sich die Angehörigen und Nachbarn im Hause der
Verstorbenen, um gemeinsam den Rosenkranz zu beten. Dabei kniete man in der
Stube auf dem Fußboden nieder. Dieser Brauch verschwand erst nach dem 1.
Weltkrieg, als man dazu überging, den Rosenkranz in der Kirche zu beten. [20]
Beim
Traueramte gingen die Angehörigen und das Trauergefolge zum Offertorium (Opferung)
um den Altar, welcher Brauch übrigens auch noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts
geübt wurde. Zur kurtrierischen Zeit ging der nächste männliche Angehörige als
Erster mit bedecktem Haupt. Zum Zeichen der Trauer trug er den Dreispitz verkehrt
herum, mit der Spitze nach vorn und der Rundung nach hinten.
Ein
besonderes Fest war die Hochzeit. Am Hochzeitstage zog der Bräutigam mit
Gefolge vors Haus der Braut, um sie zur Kirche abzuholen. Die Haustüre fand man
verschlossen. Der Bräutigamsführer klopfte und verlangte die Auslieferung der
Braut. Die Tür öffnete sich, und eine alte Frau hinkte heraus. Unter lautem
Protest des Führers verschwand sie. Abermals klopfte der Führer an die verschlossene
Haustür mit gleichem Begehr. Die Tür öffnete sich abermals, und es erschien
eine nicht mehr junge Frau, schielend und hinkend oder bucklig.- Abermals feierlicher
Protest. Dann erfolgte die dritte Aufforderung. Jetzt machte der Humor dem
tiefen Ernste Platz. Langsam öffnete sich die Tür, und tiefbewegt erschien die
geschmückte Braut an der Schwelle. Der Bräutigam schritt auf sie zu und reichte
ihr die Hand. Dann aber traten die Eltern heran, barhäuptig; die Brautleute
knieten auf der Schwelle nieder und empfingen den elterlichen Segen, ehe sie
das Haus verließen. Kein Auge blieb tränenleer bei dieser ergreifenden
Zeremonie, wohl am wenigsten bei der Braut.
In der
Kirche ging gewöhnlich eine hl. Messe oder ein Amt der Trauung voraus. Beim
Ausgang der Kirche spannte man dem Brautpaar ein Seil. Die Brautführer mussten
ein obligates Lösegeld werfen, um den Weg frei zu kaufen.
Das
Hauptfreudenfest bildete jedoch die Kirmes. Sie wurde nach dem Bau der 2.
Kirche, d.h. ab 1775 bis zur Einweihung der jetzigen Kirche stets am Sonntag
nach Mariä Geburt gefeiert. Die Kirmes lag ganz in der Hand der
"Kirmesburschen". Diese verteilten die Dorfmädchen, belegten die
Wirtshäuser, errichteten den Kirmes- oder Maibaum, das äußere Wahrzeichen des
Festes, welcher eine reich verzierte Krone mit Fahne trug. Am Sonntagnachmittag
nach der Vesper wurde die Kirmes eröffnet durch einen feierlichen Zug zum
Maibaum. Jeder Kirmesbursche trug Bänder an der Kappe, einen Rosmarinstrauß in
der Hand und ein Kirmestuch an der rechten Seite, ein Geschenk seiner
Kirmesbraut. Die Mädchen hatten einen Strauß an der Brust angeheftet. Ein durch
Los erwähltes Paar hatte den "Vortanz". Nach dem Rythmus der Musik
tanzte dieses den Ringeltanz um den Baum, so dass der Bursche immer geradeaus
um den Baum im Takte hüpfte, während seine Tänzerin den Zeigefinger des
Burschen in der Rechten haltend, sich fortwährend im Kreise tanzend um denselben
wie ein Kreisel drehte. Danach setzten sich alle Paare in Bewegung und nach 3
vollzogenen Tänzen begann der Rückzug ins Dorf, wo man die Wirtshäuser
aufsuchte. Am Kirmesmontag bewegte sich derselbe, oft noch verstärkte Zug nach
dem Pfarrhofe, woselbst auch ein Maibaum errichtet war. Hier kredenzte der
Pfarrer der in weißen Hemdsärmeln geputzten Schar eine Anzahl von Weinkrügen,
während am Tage vorher nur ein Schnapskrug die Runde gemacht hatte.
Am Montag
wurde das offizielle Kirmestuch, welches der Vortänzer getragen hatte, verlost,
um mit dessen Ertrag die Unkosten des Festes zu bestreiten. Waren am Sonntagabend
die Tanzböden vielfach von Fremden besucht, so gehörte der Montagabend den
Familien des Dorfes. An den beiden Kirmestagen war der Kirmesbursch bei seiner
Kirmesbraut zum Abendessen einquartiert, was mit einem Krug Kirmeswein für die
"Alten" honoriert wurde. Dass während der Kirmes auch für die Jugend
gesorgt war durch allerlei Stände mit Naschwerk und Spielzeug, versteht sich
von selbst. Auch das Karussell durfte nicht fehlen. Dieses war aber bis zur
Mitte des 19. Jahrhunderts sehr primitiv und ohne Musik. [1]
1714-1813
Es wird berichtet, dass von 1714 bis 1813 der Pfarrer bzw.
Kaplan von Wirges jeden Freitag die heilige Messe in der Kapelle am
"Heilborn" in Dernbach gelesen hat. [8]
1748-1766
Von 1748-1749 ist Johann Christoph Schunk, Priester der Diözese Lüttich,
Pfarrer von Wirges. 1749 tauscht er mit Johann Heinrich Schwickart, Kanonikus
von St. Clemens in Mayen, der dann vom 21. Juni 1749 bis 12. Januar 1766
Pfarrer von Wirges ist. In der Pfarrchronik von Wirges ist vermerkt, dass
Pfarrer J.H. Schwickart vermutlich ein Sohn des Wirgeser Valentin Schwickart
gewesen ist. [13]
1752
Unter Pfarrer Schwickart wird 1752 mit der Planung zum Bau
einer neuen Kirche in Wirges, der sogenannten 2. Kirche, begonnen. Zum einen
war die alte Kirche für die wachsende Zahl der Gläubigen zu klein, zum andern
war ihr baulicher Zustand schlecht geworden, wie dies aus einem beim
Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden vorliegenden Visitationsbericht hervorgheht [35]. Eine Untersuchung durch Sachverständige hatte 1752
ergeben, dass sich der mittlere Teil der Kirche zwischen Chor und Turm in einem
baufälligen Zustand befand [36]. Der noch im gleichen Jahr
von dem bekannten kurtrierischen Hofarchitekten Johannes Seiz, der auch das
Schloß in Engers und die Kirche in Herschbach gebaut hat, gefertigte Entwurf
einer Saalkirche wurde jedoch nicht ausgeführt. Die Original-Bauzeichnung ruht
im Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden. [2] [32]
1754-1768
Im März 1754 schreibt der Wirgeser Pfarrer Schwickart, dass
die Kirche kaum ein Drittel des Volkes fassen kann. Zudem stehe das Volk wie
dichte Heringe aufeinander gepackt, so dass alles durcheinander stehe, Geheiratete
und Unverheiratete durcheinander vermengt.
Auch in den nächsten Jahren wurden nacheinander noch mehrere
Baupläne und Kostenanschläge eingereicht. Reparieren oder Neubauen, das war
schon damals die Frage. 1757 war schon die Urkunde für die Grundsteinlegung
angefertigt. Aber, bis es dann zu dem Neubau kam, vergingen noch lange Jahre.
Da sich die zum Neubau verpflichteten Zehntherren über die Kostentragung immer
noch nicht einig waren, wurden 1768 nochmals Reparaturen an der schon
baufälligen Kirche vorgenommen. [36]
1766-1796/03/20
Als Nachfolger von Pfarrer Schwickart war von 1766 bis zum
20. März 1796 Pfarrer Johann Castor
Pfarrer von Wirges.
1773
Erst unter Pfarrer Castor war es 1773 soweit, dass sich das
Florinsstift in Koblenz, dem als Haupt-Zehntherrn von Wirges die Baupflicht
oblag, mit den anderen Zehnt-Herren von Wirges über die Kostenbeiträge für den
Kirchenneubau einigte und der Kirchenneubau vergeben werden konnte. Auf
Vorschlag des Hofbaumeisters Seiz erhielt damals der teuerste Anbieter den
Auftrag für 3.500 Reichsmark. [36]
Das Stift St.Florin übernahm 2/3 der Kosten. Das letzte
Drittel steuerten der Graf von Walderdorff, die Herren von Stein, der Herr von
Sohlern und der Graf von Elz-Rübenach sowie auch die Pfarrherren von Wirges und
Helferskirchen bei. Für die Altäre und die Inneneinrichtung musste das gesamte
Kirchspiel aufkommen.
1774
Unter Pfarrer Johann Castor wurde 1774 das Kirchenschiff
niedergelegt, der Turm aber stehengelassen.
1774/05/06
Am 6. Mai 1774 fand die Grundsteinlegung statt.
1774-1775
Von 1774 bis 1775 wurde an den alten Kirchturm ein basilikaähnliches
Langhaus im Stile des Spätbarock derart angebaut, dass sich dessen vordere
Giebelwand beidseitig an ihn anlehnte. [3] [32]
1775/09/08
Die Einweihung erfolgte am Feste Maria Geburt, am 8. Sept.
1775, durch Bischof d'Erban von Trier. Auch die 2. Kirche wurde wie ihre
Vorgängerin dem hl. Bonifatius geweiht [7]. Der
Grundstein dieser Kirche mit der Jahreszahl 1775 wurde beim Bau der jetzigen
Kirche über dem Westeingang sichtbar eingemauert. Eine leider nur undeutliche
Darstellung der 2. Kirche von Wirges befindet sich auf dem Flügelbild im
Betsaal des Klosters in Dernbach, das der Maler Molitor 1876 aus Anlaß des
25-jährigen Bestehens der Ordensgemeinschaft der Dernbacher Schwestern malte.
In einer Beschreibung zu diesem Bild lesen wir: "Die Perspektive auf
diesem (rechten) Flügel führt das Auge zur altehrwürdigen Kirche von Wirges und
zum Schloß von Montabaur" [19]. Der Grundriss dieser
Kirche ist aus dem Anbauplan, der im Rahmen der Planung der jetzigen Kirche von
Wirges von dem Kreisbauinspektor Büchling aus Montabaur im Jahre 1878 erstellt
wurde, ersichtlich. [32]
Die Kirche besaß keine Orgel, sondern nur ein Harmonium wird
ab 1868 erwähnt. [2] [32]
Die Kirche hatte 3 Altäre. Den Hauptaltar zierte eine lebensgroße
Statue des hl. Bonifatius [1]. Der 2. Altar war der alte Marienaltar aus dem
Jahre ®
1520 mit der Statue der "Gottesmutter auf der
Mondsichel mit Kind und Traube". Dieser Altar soll in einer Nische links
vom Hauptaltar gestanden haben, ungefähr an der Stelle, wo sich heute der
Taufstein befindet. Der 3. Altar zeigte die Statue des hl. Sebastian [1]. Diesen Altar hatte zur Einweihung des neuen Gotteshauses
die St. Sebastians-Bruderschaft gestiftet. Ihn sollen später noch zusätzlich
gemalte Darstellungen des hl. Herzens Jesu und des hl. Herzens Mariae
geschmückt haben. Der Altarschrein soll später an die Filialkapelle in Leuterod
abgegeben worden sein. Die Gottesmutter auf der Mondsichel, St. Laurentius und
St. Jakobus sollen nach Ebernhahn gelangt und dort, völlig verwurmt, verbrannt
worden sein. Auch die Figuren St. Agnes und St. Agatha sind verschollen. Die
Statue des hl. Sebastian von 1775 wurde später, ebenfalls wurmzerfressen, unter
Pfarrer Flink durch eine neue ersetzt. Nur die Türflügel des Altarschreins des
alten Marienaltares von 1520 blieben erhalten und befinden sich heute als Teil
des Sebastiansaltares in der rechten Seitenapside der Wirgeser Pfarrkirche [3]. Die Statue selbst wurde beim ® Kirchenraub von 1986
entwendet und inzwischen durch eine Kopie ersetzt.
Auch der heutige Taufstein stand bereits in der 1775 geweihten
Barockkirche. Seine klassizistische Form weist in die Zeit des 17. Jahrhunderts
[3]. Er stand ursprünglich in der Nische rechts im
Kirchenschiff der alten Taufkapelle. Nach 1918 befand er sich im hinteren
Kirchenraum, von wo er bei der ® Renovierung von 1961-1963
in die linke Apside, die neue Taufkapelle, gelangte.
Nach ihrer Fertigstellung erhielt die Kirche eine kleine,
dritte Bronzeglocke, die "Sancta Susanna", so dass von nun an
zusammen mit der Bonifatius- und Lambertusglocke ein 3-stimmiges Geläut von dem
alten Wehrturm der Wirgeser Kirche erklang. [13]
1777/03/10
Am 10. März 1777 erließ Papst Pius VI. einen Gnadenbrief für
die Mitglieder der ®
St. Sebastians-Bruderschaft, der folgenden
Wortlaut hat:
"Zur größeren Flor und Aufnahme des hl. Martyrers Sebastiansbruderschaft
in der Pfarrkirche zu Wirges haben Ihre Päpstliche Heiligkeit Pius der Sechste
durch einen unterm 10. März 1777 erlassenen apostolischen Gnadenbrief allen und
jeden Mitgliedern jeglichen Geschlechtes nachstehende Ablässe verliehen:
1. Allen und jeden Mitgliedern nach vorhergehender hl.
Beichte und Communion vollkommenen
Ablass am Tage der Einschreibung.
2. Gleichen Ablass denjenigen Mitgliedern in ihrer Sterbestunde,
welche bei ihrem Lebensende nach
reumütiger Beichte und Communion ihre arme
Seele Gott andächtig empfohlen oder, wenn solches füglich nicht geschehen konnte, wenigstens bereut, wo
nicht mit dem Mund, doch mit dem
Herzen den heiligsten Namen Jesus inbrünstig angerufen.
3. Allen Mitgliedern, welche an dem vornehmsten Fest
gemeldeter Bruderschaft, welches das Fest des hl. Martyrers Sebastian ist,
falls selbiges auf einen Sonntag fällt, wo nicht, so ist es der erste Sonntag
nach dem Feste des hl. Sebastian, an welchem Tage morgens ein hohes Amt nebst
mehreren hl. Messen, nachmittags aber Bruderschaft und Predigt gehalten wird,
nach verrichteter Beicht und Communion die Pfarrkirche zu Wirges andächtig besucht
und daselbst für die Erhöhung der hl. Mutter der christ-katholischen Kirche,
Ausrottung der Ketzerei, Bekehrung der Ungläubigen und Vereinigung christlicher
Fürsten, sodann für das Heil ihrer wirklichen regierenden Päpstlichen
Heiligkeit andächtig werden zu Gott gebeten haben, vollkommenen Ablass.
4. Eben diese Mitglieder, welche an folgenden vier Tagen,
nämlich an dem 2. Sonntag im April, am 2. Sonntag im Brachmond, am 2. Sonntag
im Herbstmonat, und am 2. Sonntag im Wintermonat nach vorhergängiger Beicht und
Communion besagte Pfarrkirche mit Verrichtung andächtiger Gebete zu
vorerwähnter Meinung werden besucht haben, an jedem dieser Tage einen Ablass
von sieben Jahren und ebenso viel Quadrenen.
5. Und letzlich, so oft sie der heiligen Messe und anderen
Gottesdiensten nach dem Gebrauch der Mitglieder in besagter Pfarrkirche, oder
den öffentlichen, auch stillen Versammlungen dieser Bruderschaft, der
Beerdigung der Toten fleißig beiwohnen, der das hochwürdigste Sakrament, wenn
solches bei Prozessionen oder zu den Kranken getragen wird, andächtig
begleiten, oder bei desfallsiger Verhindernis nach gegebenem Glockenzeichen für
den Kranken ein Vaterunser und englischen Gruß gebetet, oder die Kranken
besucht und in ihren Trübsalen getröstet haben, oder Fried und Einigkeit unter
ihren eigenen oder fremden Feinden gestiftet haben, oder wenn sie einen Irrenden
werden auf den Weg des Heiles zurückgeführt, oder die Unwissenden in den
Geboten Gottes und dem zum Seelenheil notwendigen Stücken unterrichtet haben,
oder fünfmal das Vaterunser und den englischen Gruß für die verstorbenen
Mitglieder der Bruderschaft beten, oder ein anderes geistliches als leibliches
Werk der Barmherzigkeit verrichten, für jedes dieser gottseligen Werke ein
Ablass von 60 Tagen der auferlegten oder sonst schuldigen Bußen, welche Ablässe
alle und gesamt per modum suffragi bittweis den im Reinigungsort aufbehaltenen
Christgläubigen Seelen zugeeignet werden können. [18]
(Heute besteht die St. Sebastianus-Bruderschaft zwar nicht
mehr, doch finden zum Fest dieses Heiligen in Wirges noch immer St.
Sebastiansbruderschaftsandachten statt.)
Über die Besitzverhältnisse der Pfarrei Wirges wird aus dem
Jahre 1786 wie folgt berichtet:
"1786
bestand das geistliche oder Pastorengut zu Dernbach noch in einem Stück obig
der Pfaffenheck am Wald gelegen, sämtlich in Bauerngut untermenget, worauf Gemeind
das Schutz- und Weidrecht hat; es benutzen solches des Pastoris Hofleut in
Wirges." [8]
Der
Pfarrzehnte aus diesem Besitz wurde erst 1850 durch die Zehntpflichtigen
abgelöst. (® 1850)
1796/03/20
Am 20. März 1796 starb der damalige Pfarrer Johann Castor.
Auf seinen Wunsch hin wurde er im Boden vor dem Altar der unter seiner Amtszeit
erbauten 2. Kirche von Wirges beigesetzt.
1796/06/24
Am 24. Juni 1796 wird Heinrich Hannappel, geboren in
Montabaur, Pfarrer in Wirges. Er schreibt am 24. Juni 1796 die Praefatio der
Wirgeser Pfarrchronik:
"Neopastor in
miserrimo tempore incedi".
"In trübseliger Zeit trat ich als neuer Pastor meine
Stelle an. Jener grausame Krieg, der mit so großer Wucht zwischen dem
römischen Reich und Kaiser einerseits und der gallischen Nation andererseits
geführt wurde, dehnte sich bis in unsere Gegend aus. Im vorhergehenden Jahre
hatte das Heer der Gallier mit 45 000 Mann an verschiedenen Stellen den Rhein
überschritten, hatte die Häuser geplündert und zerstört, darunter besonders
die Pfarrhäuser, in denen sie Reichtümer vermuteten. Sie verübten Grausamkeiten
jeglicher Art, verübten Morde, Vergewaltigungen und schreckten vor Schändung
der Kirchen nicht zurück, bis sie einen Monat später durch einen Sieg unserer
Soldaten teils auf die andere Seite des Rheins, teils an den Main und Neckar
zurückgetrieben wurden. Im folgenden Jahre wurde ein Waffenstillstand für eine
bestimmte Zeit zwischen den Heerführern vereinbart. Aber durch den Kaiser
selbst wurde infolge eines gegen alle Erwartung von einigen Heerführern des
Kaisers begangenen sinnlosen Unrechts neues schlimmes Leid über uns gebracht.
Der Feind wiederholte zum zweiten und dritten Male seine Rheinüberquerung mit
noch größerer Heeresmacht. So wurde unsere traurige Lage wiederholt und die
Raubgier der Feinde offenbar. In dieser trübseligen Zeit, deren Gedächtnis
allzeit haften bleiben wird, habe ich meinen Einzug in diese meine Pfarrei am
Feste des hl. Johannes des Täufers vollzogen. Es gab kaum ein festgefügtes
Haus, es drohte immer ein feindlicher Überfall. Es war darum sehr schwer, für
das Nötige im Haus zu sorgen und es in so großer Gefahr zu bewohnen. Aber mit
göttlicher Hilfe und nach Überwindung gewisser Widerstände habe ich meinen
Missionsauftrag erfüllt, das Pfarrhaus bezogen und meine Pfarrei im Namen des
Herrn zu verwalten begonnen. Und es fehlte nicht an göttlichem Beistand: die ganze
Kriegszeit hindurch bin ich heil und gesund geblieben. Da ein Pfarregister für
die Documente der Pfarrei, ihre Rechte, Einkommen und andere Erzbischöfliche
Verordnungen nicht existierte, sondern nur einige lose Blätter sich fanden, habe
ich dieses Register anzulegen begonnen, das meine Herren Nachfolger fortsetzen
wollen."
H. Hannappel,
Pastor. [13]
(Pfarrer Robert Flink fügt in seiner Geschichte der Katholischen
Pfarrei Wirges aus dem Jahre 1959 diesem Text folgende Bemerkung hinzu:
"Aber der gute Pfarrer und Kirchenrath hat obige Präfatio geschrieben und
dann in den 41 Jahren seiner Tätigkeit in Wirges keine Zeile mehr der
Pfarrchronik hinzugefügt.") [7]
Auch die Zeit des 18. Jahrhunderts war demnach eine unruhige
Zeit, in der unsere Heimat unter den Überfällen der Franzosen besonders im
Anschluss an die Französische Revolution zu leiden hatte.
Schon 1736 und 1756-1763 im Siebenjährigen Krieg zogen
französische Truppen plündernd durch den Westerwald. Dasselbe wiederholte sich
1790, als französische Soldaten im Amte Montabaur wüteten und auch Wirges
heimsuchten und plünderten.
1801-1803
In der Folge brach unter dem Ansturm Napoleons der Untergang des alten deutschen Reiches und auch des Kurstaates Trier herein. Im Jahre 1801 wurden die linksrheinischen kurtrierischen Gebiete französisch. Im Reichsdeputationshauptschluss 1803 wurde der rechtsrheinische Teil des Kurstaates und damit auch das Amt Montabaur mit Wirges dem Herzogtum Nassau-Weilburg einverleibt.
1803-1866
DIE NASSAUISCHE EPOCHE
Durch den
Übergang der rechtsrheinischen trierischen Gebiete an Nassau waren die dem
Florinsstift in Koblenz gehörigen Güter, Gilten, Zehnten etc. an den Fürsten
von Nassau-Weilburg gelangt. Im Jahre 1806 vereinigten sich die beiden
nassauischen Fürstentümer Dillenburg und Weilburg zu einem Herzogtum Nassau.
Pfarrer
Hannappel, der seit Juni 1796 Pfarrer von Wirges war und dies bis zu seinem
Tode am 27.02.1837 blieb, leitete den Übergang aus der trierischen Landeshoheit
in die nassauische über. Er begleitete verschiedene Ehrenämter. Er war
Dekaneiverwalter des Landkapitels Montabaur, welches dem früheren Dekanate
Engers folgte, war nassauischer Schulinspektor und Kirchenrat. Er war, wie Johann
Diefenbach in seiner Chronik berichtet, ein schöner Mann, in Montabaur geboren
und trug die alte klerikale Tracht: Kniehosen, Schnallenschuhe, schwarze
Strümpfe, lange Soutanelle und Dreimaster. [1]
Unter der
nassauischen Regierung wurde der Schulunterricht sehr gefördert. Aus der
früheren Pfarrschule wurde eine Volksschule, in der in 8 Jahrgängen ganzjährig
Unterricht erteilt wurde.
1808-1824
In den
Jahren 1808 bis 1824 wirkte Lehrer Hermann Steinebach als erster ständiger
Lehrer an der Wirgeser Schule.
1809
Für
Dernbach wurde 1809 von Pfarrer Hannappel ein ständiger Lehrer eingesetzt. Er
hieß Matthias Steinebach, ein Bruder von Hermann Steinebach.
1810
Matthias
Steinebach führte im Sommer 1810 auf Anraten des Pastors Hannappel eine Sonn-
und Feiertagsschule ein.
1810-1816
Von 1810
bis 1816 wirkte Kaplan Quirin Klau in Wirges. Es wird berichtet, dass Kaplan
Klau aus Wirges den späteren Lehrer Goldhausen in Dernbach in der deutschen,
lateinischen und französischen Sprache unterrichtete. [21]
1811/03
Im März des
Jahres 1811 hielt Pastor Hannappel zum erstenmal mit seinen Pfarrkindern eine
öffentliche Prüfung in der Pfarrkirche zu Wirges ab. Auch die Kinder der Filialgemeinden
waren hierbei anwesend. Auch in der Folge wurden alle schulischen Prüfungen,
die Frühlings- und Herbstprüfung in der Pfarrkirche zu Wirges abgehalten. Die
Frühlingsprüfung war zu Ostern vor der Einschulung. [8]
1813-1814
Nach der
Niederlage Napoleons im Russlandfeldzug und der Schlacht bei Leipzig (1813)
zogen sich die Franzosen über den Rhein zurück. Ihnen folgten russische
Kosaken. Sie waren ab November 1813 bis 1814 in Wirges einquartiert. Das
Schlimmste, was sie brachten, war die sogenannte "russische
Krankheit", der Typhus. Im Kirchspiel Wirges starben 1814 212 Personen, während es vorher ca. 70 pro
Jahr gewesen waren. [1]
1817-1832
Pfarrer
Hannappel wurde 1817 zum Schulinspektor über alle Schulen des Amtes Montabaur
mit Ausnahme der Stadt Montabaur selbst ernannt, welches Amt er bis 1832
ausübte.
ab 1819
Ab 1819 war
Pfarrer Hannappel auch Landesdechant über 20 Pfarreien des Dekanates Montabaur.
1819
Der alte
Kirchhof an der Pfarrkirche, auf dem die Verstorbenen der Pfarrei Jahrhunderte
lang begraben worden waren, wurde auf Dauer zu klein, so dass 1819 ein neuer
Friedhof hinter dem Reginlindis-Park angelegt wurde.
Zuerst
wollte man einen Friedhof in der Gewann Hopfengarten einrichten. Aus
praktischen Gründen legte man aber 1819
den zur Kirche näher gelegenen Nordfriedhof für das ganze damals 3.000 Seelen
umfassende Kirchspiel an. Zur Unterhaltung der beiden Friedhöfe mussten sämtliche
Filialorte Unterhaltskosten zahlen. [17]
nach 1819
Der alte
Kirchhof wurde vermutlich erst nach dem Bau des 1819 neu angelegten
Nordfriedhofes eingeebnet.
1824-1881
Auf Lehrer
Hermann Steinebach folgten sein Sohn Johann Steinebach, Lehrer Jacob Diefenbach
und Joseph Conradi. Jacob Diefenbach wirkte von 1825 bis 1871 als Lehrer und Kantor
in Wirges. Die Bedeutung von Lehrer Jacob Diefenbach für den Ort und die
Pfarrei Wirges wird deutlich, wenn die Schulchronik über sein goldenes
Lehrerjubiläum berichtet:
"Es
ging wie ein Sturmeswehen durch die Herzen aller, den lieben alten Lehrer zu ehren,
ihm zu zeigen, dass der Same, den er unermütlich ausgestreut hatte, nicht auf
felsigen Boden gefallen sei. Unter dem herrlichen Gesang der Seminaristen, die
zur Verherrlichung des Festes von Montabaur herübergekommen waren, begann die
Feier des hl. Messopfers, dargebracht von den 3 Söhnen des Jubilars, während
ein vierter den Gesang auf dem Harmonium begleitete und die zwei jüngsten mit
dem einzigen Enkel als Messdiener bei der hl. Handlung mitwirkten. Es war ein
ergreifendes Schauspiel für alle Anwesenden." [2]
Jacob
Diefenbach starb 1881. Nach dem Bau der Kapelle auf dem Wirgeser Nordfriedhof
im Jahre 1910 wurde er dorthin umgebettet.
1827
Mit der Neugründung des Bistums Limburg im Jahre 1827, das
sich weitgehend mit den Grenzen des Herzogtums Nassau deckte, ging die
kurtrierische Zeit, die für Wirges vom Jahre 1018 an gedauert hatte, endgültig
zu Ende.
1832
1832 wird
Pfarrer Heinrich Hannappel in den Ruhestand versetzt. Er wohnt jedoch weiterhin
in Wirges.
1835
Im Jahre
1835 feiert Pfarrer Hannappel sein goldenes Priesterjubiläum. Das Fest wurde
zugleich mit seinem Namenstag am 15. Juli gefeiert. [7]
Kaplan
Wolf, der spätere Pfarrverwalter von Wirges, hat den nachstehend überlieferten
Teil eines Festgedichtes verfasst:
Heil dem
Manne, dem das höchste Wesen
Seine
Lebenstage mild verschönt!
Heil dem
Greise, den in diesem Jahre
Gott zum
Jubelpriester hat gekrönt!
Dir, dem
Gott so große Freuden spendet,
Dem des
Himmels voller Segen blüht;
Dir, dem in
dem hohen Greisenalter
Stets das
Herz voll Menschenliebe glüht!
Dir ertönen
heute unsre Freudenlieder,
Dir ergeben
sich mit frommem Sinn
Heut aufs
Neue alle Deine Kinder.
Nimm, o
nimm die Herzenswünsche hin!
1837
Pfarrer
Hannappel stirbt am 27.Februar 1837 am Tische sitzend durch einen Schlaganfall [1]. Er wird auf dem Friedhof seiner Heimatstadt Montabaur
beigesetzt. [35]
Nach dem
Tode von Pfarrer Hannappel wird bis zur Wiederbesetzung der Pfarrei Kaplan
Wendelin Wolf als Pfarrverwalter von Wirges eingesetzt.
1838-1868
Im April
1838 kommt der frühere Kaplan von Wirges Quirin Josef Klau, ebenfalls in Montabaur geboren, als Pfarrer nach Wirges. Er
wurde gleichzeitig Schulinspektor. Später bekommt er auch noch den Titel eines
Geistlichen Rates. Pfarrer Klau war bis zum 3. Juni 1868 Pfarrer von Wirges. [1] [32]
1833-1840
Nachdem die
Schülerzahlen an der Wirgeser Schule gewachsen waren - 1840 gab es 150 Schüler
an derselben - und die Verantwortung
für den Neubau von Schulen von der nassauischen Regierung auf die Ortsgemeinden
übertragen worden war, kaufte die Gemeinde Wirges 1833 wohl zu
Erweiterungszwecken das 1. Schulhaus, das der Pfarrei Wirges gehörte, und von
dem Kaufschilling erhielt jeder der Kirchspielortschaften seinen Anteil [2]. Doch bereits 1838 musste mit dem Bau einer neuen Schule,
dem späteren Bürgermeisteramt, an der Obergasse, an der Stelle der heutigen
Wirgeser Bank, begonnen werden. Über die Einweihung im Jahre 1840 ist in der
Schulchronik nachzulesen:
"Nach
beendigtem Gottesdienst begaben sich die Schulkinder mit Fahnen in einer
Prozession unter Gesang und Glockenklang zum neuen Schulhause. Herr Pfarrer
Klau sprach Segensgebete, und ein Schulmädchen trug ein Gedicht vor. Ich
(Lehrer Diefenbach) öffnete die Tür, und die ganze Versammlung betrat die neue
Schule.." [17]
Pfarrer
Klau gründete im Jahre 1838 auch den Kirchenchor von Wirges, indem er unter
Leitung des Lehrers und Kantors Jacob Diefenbach aus Wirges junge Männer und
Frauen aus der Pfarrei zu einem kirchlichen Singekreis zusammenführte.
1842-1843
Mit der
Ernennung von Dr. Peter-Joseph Blum im Jahre 1842 als Bischof der 1827 neu
geschaffenen Diözese Limburg nahm das kirchliche Leben nach den Stürmen der
Säkularisierung während der napoleonischen Zeit einen beachtlichen Aufschwung.
Die erste
Firmung durch den neuen Bischof im Jahre 1843 wurde sehr glanzvoll begangen.
1844
Im folgenden
Jahre fand eine große Wallfahrt nach Trier statt, wo vom 18. August bis 6.
Oktober 1844 der hl. Rock durch Bischof Wilhelm Arnoldi zur öffentlichen
Verehrung ausgestellt wurde. Aus der Pfarrei Wirges gingen 2 Prozessionen
dorthin, die erste geführt von Pfarrer Klau, die 2. von Kaplan Auer, der im
gleichen Jahr als Kaplan nach Wirges gekommen war. Wirges hatte zu jener Zeit
834 Katholiken, während vergleichsweise nur 8 evangelische Bürger in Wirges wohnten.
[1] [2]
1845
In Dernbach
gründete zu dieser Zeit die am 26.05.1820 in Dernbach geborene Katharina Kasper
einen Krankenpflegeverein mit ersten Statuten im Jahre 1845, aus dem später die
Kongregation der Armen Dienstmägde Jesu Christi hervorgehen sollte. Katharina
Kasper besuchte häufig Pfarrer Josef Klau, dessen Pfarrkind sie ja war und
Kaplan Rasbach, der ab 1838 Pfarrer von
Wirges war und mit dem sie häufigere Unterredungen hatte. [21]
[35]
Domdekan
Prälat Dr.Hilpisch schreibt hierzu:
"Der
fromme Verein der Katharina Kasper fand den vollen Beifall und die tatkräftige
Förderung des zuständigen Pfarrers von Wirges, Quirin Josef Klau, der ein sehr
würdiger Priester und Katharina wie ihrem Verein stets sehr wohlwollend
war." [8]
ab1847
Ab 1847 war
Kaplan Petry in Wirges tätig, dem, wie aus der Chronik von Dernbach zu
entnehmen ist, am 26. Februar 1847 die facultas binandi, d.h. die Vollmacht, 2
hl. Messen an Sonn- und Feiertagen zu lesen, gegeben wurde, um sonn- und
feiertags einen Gottesdienst in der St. Laurentiuskapelle zu Dernbach halten zu
können. Am 21. Dezember 1848 wurde diese Vollmacht auf ein Jahr verlängert. [8]
1848
1848 bezog
Katharina Kasper das 1. Haus in Dernbach, zu dessen Bau ihr Pfarrer Klau 200
Gulden als Grundstock geschenkt hatte. [35]
1848
Ein schönes
Bild des damaligen kirchlichen Lebens schildert Geistlicher Rat Johann
Diefenbach:
"Das
Fronleichnamsfest wurde feierlich gehalten durch Umgang durch die Flur, durch
das Kornfeld. Die Altäre waren höchst einfach; sechs Birken bezeichneten den
Platz des Altares. Ein transportabler Altar, der mit einem Fuße in die Erde
eingesenkt wurde, umstellt von ein paar mitgetragenen Wandlichtern, diente zur
Segensspendung. Und doch hatte der Zug durch die wallenden und wogenden
Kornfelder auf grasigen Feldwegen, der Zug, welcher 1848 bis ins Eimet sich
erstreckte und am Fuße des Steimel sich hinbewegte, etwas wunderbar Erhabenes.
Die Gesänge, von der Musik begleitet, die im Walde den Vollgesang der Vögel
reizte, im Anblick der lachenden Natur, waren Momente von unbeschreiblicher
Schönheit. - In der Karwoche spielte das heilige Grab mit seinen farbigen
Leuchtkugeln eine große Rolle. Es bildete eine Kapelle in der Kirche. Am
Ostersonntag, morgens 5 Uhr, war die Auferstehungsfeier. Ohne Geläute, ohne
Gebet und Gesang, schritt die Prozession dreimal um die Kirche. Der Pfarrer
trug das Kruzifix und klopfte dreimal an die verschlossene Portaltüre mit der
Aufforderung: "Eröffnet euch, ihr ewigen Pforten, damit der König der Ehre
einziehe", worauf im Innern eine Stimme antwortete:"quis est iste
rex gloriae ?" (Wer ist der König der Ehre?) Erst beim drittenmale gab der
Priester die Antwort: "Dominus ipse est rex gloriae." (Der Herr
selbst ist der Ehrenkönig.) Darauf öffnete sich das Tor, die Glocken läuteten
und das Volk zog in die offene Kirche mit dem Gesang: "Christus ist
erstanden."
Während der
drei letzten Tage der Karwoche schwiegen die Glocken. An ihre Stelle traten die
Schulbuben mit ihren Klappern. Zu jedem Hauptgottesdienste zogen sie eine halbe
Stunde vor Beginn laut klappernd zweimal durch den Ort, abwechselnd mit dem
lauten Ruf: "Das ist das erstemal", dann "das ist das
zweitemal." Dafür hatten sie das Privileg, am Samstagmorgen nach dem Amte
mit einem Korbe durch den Ort zu ziehen, um bei den Hausfrauen Ostereier
einzusammeln, welche dann später unter die älteren Jahrgänge brüderlich geteilt
wurden". (Dieser Brauch hat sich erfreulicherweise in Wirges bis in unsere
heutige Zeit erhalten.) [1]
1848
Die 1848er
Revolution ging auch an Wirges nicht ganz spurlos vorüber. Geistl.Rat
Diefenbach schreibt hierzu:
"Die
Stürme des Jahres 1848 tobten auch in dem stillen Wirges. Die Versuche eines
Böswinter, den Pfarrer zu stürzen, misslangen." [1]
1848
1848
erfolgte auch die Neueinweihung der wiederhergestellten Heilbornkapelle in
Dernbach durch Pfarrer Klau von Wirges. [1]
um 1848
Um diese
Zeit wurde erstmals der Neubau der jetzigen 3. Kirche von Wirges erwogen und
durch Verhandlungen mit der nassauischen Regierung ein Übereinkommen getroffen,
wodurch diese die Baulast an die Pfarrei Wirges abtrug gegen eine
Ablösungssumme von 75.000 Taler. Dies war der finanzielle Grundstock, mit dem
der spätere Neubau der jetzigen Kirche möglich wurde. [1]
1850/03
Im März
1850 wurde in Wirges eine "große Mission" durch 6 Redemptoristen-Patres
(Liguorianer) aus Bayern abgehalten. Auch dies diente der allgemeinen
religiösen Erneuerung, so dass ab 1850 auch der häufigere Empfang der
Sakramente üblich wurde, während das kirchliche Leben bis dahin wenig geweckt
war. Wer 2-3 mal im Jahre die hl. Sakramente empfing, galt als fromm. [1]
um1850
Infolge der
allgemeinen religiösen Erneuerung, aber auch aufgrund der Zunahme der
Bevölkerung entstand bei den Filialgemeinden der Wunsch nach Errichtung eigener
Pfarreien mit selbständiger Seelsorge. Zuerst versuchte sich Dernbach von der
Wirgeser Pfarrei zu lösen.
Am 15. März
1850 schreibt der Dernbacher Bürgermeister Christian Paulus an Bischof Peter
Josef Blum wegen des Wunsches nach einer eigenen Vikarie. Unter anderem heißt
es dort:
"Den
Wirgeser Pfarrzehnten, welcher aus
hiesiger Gemarkung nach Wirges fließt, haben die Zehntpflichtigen für 800
Gulden angekauft. Die Pfarrgüter der Pfarrey Wirges in hiesiger Gemarkung
können jährlich ca. 40 fl. eintragen."
Über diese
Pfarrgüter wird bereits im 18. Jahrhundert an anderer Stelle berichtet. (® 1786)
1850/05/24
Am 24. Mai
des Jahres 1850 richtete der Gemeinderats- und Kapellenvorstand von Dernbach
ein Gesuch an das Bischöfliche Ordinariat
und bemerkte dazu: "Über die Notwendigkeit und Nützlichkeit, Dernbach
vorläufig durch eine Vikarie und später durch eine Pfarrey von der Pfarrkirche
zu Wirges zu trennen, davon ist das Hochwürdigste Bischöfliche Ordinariat
selbst überzeugt, da ihm ja die Verhältnisse der Pfarrey Wirges ausführlich
bekannt sind; denn die Kirche zu Wirges ist viel zu klein, zum größeren Bauen
fehlen die Mittel. Die Pfarrey Wirges zählt gegenwärtig 4090 Katholiken."
1850/06/04
Das
Ordinariat stimmte dem zu und erwiderte in einem Schreiben an den Dekan Endres
zu Montabaur am 4. Juni 1850:
"Wenn
erwogen wird, daß die Pfarrei Wirges 4000 Seelen zählt, verteilt auf 9 Orte,
Pfarrer Klau vorgerückteren Alters und mit einem bedauernswerten Augenleiden
behaftet, dass ferner Dernbach schon 1837
785 Katholiken und 2 Schulen hatte, so ist es wohl möglich, deshalb
einen Vikar in Dernbach anzustellen und das Gehalt für denselben, 400 fl.
nebst freier Wohnung, aufzubringen. Der Vikar müsste dann noch Ebernhahn
mitversehen."
1850/12/06
Doch der
Gemeinde- und Kapellenvorstand von Dernbach war mit den finanziellen
Bedingungen nicht einverstanden, so dass die bischöfliche Behörde am 6.
Dezember 1850 den Bescheid gab, sie hätte aus den Äußerungen nicht diejenige
Opferwilligkeit von Seiten der Gemeinde entnehmen können, welche die Gründung
einer Vikarie in Dernbach ermöglichte; ja, man will nicht einmal auf die
Bedingung, unter welcher Herr Pfarrer Klau erbötig ist, einen 2. Kaplan
anzunehmen, der bei ihm logiert und jeden Sonn- und Feiertag zu Dernbach Dienst
halte, wenn ihm nämlich 150 fl. aus dem Kapellenfonds zu Dernbach bewilligt
werden, eingehen." [8]
Somit war
der Gedanke an eine selbständige Pfarrei für Dernbach in weite Ferne gerückt.
Es dauerte
noch bis 1890, und es sollte zuerst noch zur Klostergründung der Armen
Dienstmägde Jesu Christi unter Katharina Kasper in Dernbach kommen, ehe sich
Dernbach als 1. Filialgemeinde von Wirges ablöste.
1851/08/15
Die
Gründung der Genossenschaft der "Armen Dienstmägde Jesu Christi"
Es war am
Feste Mariä Himmelfahrt, am 15. August 1851, als Bischof Dr. Peter Josef Blum
in Anwesenheit von Pfarrer Josef Quirin Klau Katharina Kasper zusammen mit 4
anderen Jungfrauen, nämlich Katharina Schönberger, Anna Maria Müller, Elisabeth
Meuser und Elisabeth Haas in der Pfarrkirche zu Wirges vor dem alten
Marienaltar, etwa an der Stelle der heutigen Taufkapelle, ein geistliches Kleid
anlegte und sie zur Ablegung einfacher Gelübde zunächst für 3 Jahre zuließ.
Nach der Gelübdeablegung zogen sie sich mit dem Bischof und dem Pfarrer in das
Pfarrhaus zurück, wo sie, wie schon zuvor durch den Bischof persönlich in ihr
zukünftiges Tun eingeführt wurden. Von da an erschienen dieselben als
kirchliche Genossenschaft unter dem Namen "Arme Dienstmägde Jesu Christi"
(A.D.J.Chr.). [21] [35]
ab1851
Der Orden
wuchs schnell und gründete überall in Deutschland, später auch in Holland,
England und den USA Zweigniederlassungen.
1852
1852 fanden
für die Schwestern die ersten Exerzitien in der Pfarrkirche in Wirges statt,
abgehalten von Pater Eichelsbacher aus Bornhofen. Bei diesem Anlass erhielten
sie ihre Ordensnamen. Katharina hieß nun Schwester Maria und die anderen
Schwester Theresia, Elisabeth, Clara und Agnes. [21]
1854
1854 stirbt
Schwester Alphonsa als erste Dernbacher Schwester und wird auf dem alten
Wirgeser Friedhof begraben. Die Dernbacher Schwestern wurden noch bis 1870 in
Wirges beerdigt. Ihr gemeinsames Gräberfeld befand sich unweit der
Friedhofskapelle auf der Südseite des Friedhofes. Das Gräberfeld wurde in den
50er Jahren unseres Jahrhunderts eingeebnet und leider erinnert heute kein
Hinweis mehr an diese historische Beziehung zu Wirges.
Vorplanungen
für den Bau der 3. Kirche:
(entnommen
aus Dr. Baaden, Der Westerwälder Dom feiert Geburtstag) [36]
Die
Zehntherren von Wirges, welche für die Unterhaltung der Wirgeser Pfarrkirche
und den geplanten Kirchenneubau zuständig waren, hatten zum Teil gewechselt.
Haupt-Zehntherr war nun die herzoglich nassauische Domänenverwaltung, welche
als Rechtsnachfolger des Florinstifts in Koblenz den größten Kostenanteil zu
tragen hatte. Daneben waren der Graf von Walderdorff zu Molsberg, der Freiherr
von Heddesdorf zu Winningen und die Gräfin von Gieck zu Nassau als
Rechtsnachfolgerin der Freiherrn vom Stein verpflichtet, ihren Anteil an den
Baukosten beizutragen. Nur die Gräfin von Gieck war bereit, den auf sie
entfallenden Anteil zu zahlen. Da die anderen Zehntherren sich weigerten,
musste der Kirchenvorstand 1854 gerichtlich gegen sie vorgehen.
1855/10/25
Am
25.10.1855 erging das Urteil, wonach die Zehntherren verpflichtet waren, Chor
und Schiff der Pfarrkirche zu erbauen bzw. zu vergrößern. Für den Bau des
Turmes war die Kirchengemeinde verantwortlich. Die Gemeindemitglieder hatten
außerdem unentgeldlich Hand- und Spanndienste zum Kirchenbau zu leisten.
Die
Zehntherren gaben sich mit dem Urteil nicht zufrieden und wandten sich an das
herzogliche Hof- und Appelationsgericht in Dillenburg. Ihre Berufung wurde 1858
von dem Gericht abgewiesen. Unterdessen gingen im Dorf die Meinungen darüber
auseinander, ob ein Neubau oder ein Anbau der Kirche geplant werden solle. Der
Kostenanschlag für eine neue Kirche, der von Dombaumeister Wolf in Limburg
aufgestellt worden war, belief sich auf 48.380 Gulden. Da er den Wert der alten
Kirche auf 3.200 Gulden veranschlagte, verblieben nach seiner Rechnung noch
45.180 Gulden, die von den Zehntherren aufzubringen waren.
1856/08/19
Am 19.
August 1856 findet die Primizfeier des Neupriesters Johann Diefenbach, des am
25.01.1832 geborenen Sohnes des Wirgeser Lehrers Jacob Diefenbach, in der
Pfarrkirche zu Wirges statt.
Der schon
hochbetagte Pfarrer Klau zählte es zu seinen größten Freuden auf Erden, dass
unter seiner Amtsführung die Gründung der zu so großer Blüte gelangten Kongregation
der Armen Dienstmägde Jesu Christi erfolgte und seine Pfarrei begonnen hatte,
eine Pflanzstätte und Schule vieler junger Priester zu werden. [1]
1859
Das weitere
Wachsen der Gemeinde hatte zur Folge, dass seit dem Jahre 1859 ernsthaft
erwogen wurde, die Pfarrei Wirges zu teilen und Dernbach und Staudt zu
selbständigen Pfarreien zu machen. Auch Leuterod und Ötzingen drängten auf ihre
Abtrennung von der Urpfarrei und auf den Bau eines ortseigenen Gotteshauses [22]. Hinzukam, dass die 1775 erbaute Wirgeser Kirche schon
lange wieder zu klein war und sich
ferner Risse an dem Bau zeigten,
die vom Fundament bis zum Dach gingen. Pfarrer Quirin Josef Klau bemühte sich
zusammen mit dem Kirchenvorstand um Abhilfe. 1050 Gulden und viel Baumaterial
hatten sie schon gesammelt. Doch nachdem die Bemühungen für einen Kirchenneubau
vorläufig keine Aussicht auf Erfolg hatten, reparierte man das Langhaus der
Pfarrkirche sowie den klaffend gerissenen Kirchturm noch einmal. [3]
1861
1861
erstellte der herzogliche nassauische Bauinspektor Mäurer ein weiteres
Gutachten, wonach der Kirchenneubau 68.000 Gulden kosten sollte. Sofern auch
der Kirchturm und die Sakristei erneuert würden, kämen weitere 20.000 Gulden
hinzu. Für drei neue Altäre, Kanzel, zwei Beichtstühle und neue Kirchenstühle
hatte er zusätzlich Kosten von 8.300 Gulden ermittelt, so daß nach seinem
Kostenanschlag die Gesamtkosten 96.300 Gulden betragen sollten.
1862
Bauinspektor
Mäurer schlug 1862 als Bauplatz den Kirchhof mit der alten Kirche vor. Ein
alternativ vorgesehener Bauplatz am Siershahner Weg liege in der Nähe der Krugöfen
am äußersten Westende und daher zu weit draußen. Die Kirche solle "im Dorf
bleiben!"- Ein Gegengutachten kam zu dem Ergebnis, daß der Baugrund an der
alten Kirche ungeeignet und der Platz außerdem zu klein sei.
1862
Unterdessen
hatten die nassauischen Behörden mit den Zehntherren verhandelt, die ihnen
obliegende Kirchenbaulast endgültig durch eine einmalige Zahlung in Geld abzulösen.
Der Kirchenvorstand und das herzoglich nassauische Finanzkollegium verglichen
sich 1862 dahin, dass als Ablösungssumme für die Zehntverpflichtung 52.000
Gulden gezahlt werden sollten. Damit wäre die Bauverpflichtung der Zehntherren
für eine neue Kirche für alle Zeiten abgelöst. Die vereinbarte Ablösungssumme erschien
der bischöflichen Behörde in Limburg jedoch zu gering. Es wurden neue
Verhandlungen mit den Zehntherren aufgenommen. Rechtsnachfolger für den
Freiherrn vom Stein als Zehntherr war inzwischen der Graf von Kielmannsegg.
1864/02/16
Schließlich
erging am 16.02.1864 ein Urteil des herzoglichen Appelationsgerichts, durch
welches die Ablösungssumme auf 69.706 Gulden 40 Kreuzer festgesetzt wurde. Die
herzogliche Domäne hatte hiervon 59.089 Gulden 11 Kreuzer zu tragen. Mit der
Zahlung der festgesetzten Summe sollte sowohl die Verpflichtung zum Neubau wie
zur Unterhaltung der Kirche in Wirges abgelöst sein.
1864
1864
setzten sich 34 Gemeindemitglieder von Wirges in einer Eingabe an das
bischöfliche Ordinariat in Limburg nachhaltig für einen Umbau der Kirche ein. [32]
1864 wurde
unter Pfarrer Klau auf Anregung von Pfr. Johann Diefenbach die Kapelle auf dem
Steimel und der Kreuzweg auf dem entsprechend benannten Stationenweg gebaut [2]. Die 14 Stationen die vom Ortsausgang bis zum Steimel
aufgestellt waren, waren im Gegensatz zu den jetzigen Stationen rechteckig
geformt. Hinter einer Glasverblendung befanden sich jeweils die Farbdrucke der
Kreuzwegstationen, im übrigen aber ähnelten diese mit ihrem weißen Kalkanstrich
den heutigen Bildstöcken auf dem Steimel. [20]
Der Erbauer
der Steimelskapelle war der Maurermeister und Junggeselle Johann Adam
Quirmbach, genannt "Rurersch Hannes", der in dem heute abgerissenen
alten "Bienersch Haus" in der Nähe der Kirche wohnte. Geholfen haben
die Wirgeser an ihrem Kirchlein alle, gegraben und gerodet, Steine und Sand
gefahren und getragen. Die Euler sorgten für den Bodenbelag. Von ihnen sind
noch folgende Namen überliefert. Euler Pitter (Peter Pitz), Nauheims Pitter und
Eyljock's Willem (Wilhelm Gerz). [23] [20]
Die
Schulchronik berichtet: "Der Herr Kaplan hielt eine schöne Rede über den
Zweck dieses Baues und wünschte, dass er allen Segen bringen möchte. Zum
Schluss wurde das Danklied 'Großer Gott wir loben Dich' gesungen und mit
Böllerschüssen begleitet." [25]
Von jenem
Zeitpunkt an zog Pfr. Klau alljährlich nach der in der Kirche stattgefundenen
Schulvisitation, die Kirchenfahnen voraus, mit den Kindern und Lehrern hinauf auf
den Steimel. Dort fanden nach Gesang und Gebet allerlei lustige Spiele statt. [35]
1865
Ein Jahr
nach dem Bau der Steimelskapelle baute auch Staudt auf Anregung von Pfarrer
Quirin J. Klau und nach finanzieller Unterstützung durch ein Vermächtnis des
Schultheißen Peter Metternich eine eigene Kapelle, die am 24.8.1865 zu Ehren
des hl. Bartholomäus geweiht wurde. In ihr fand jedoch nur jeweils zur
Kirchweih eine heilige Messe statt. [35]
1865/11
Wie im November 1865 berichtet wird, hatten die 3 kleineren Zehntberechtigten
der Wirgeser Pfarrei ihre Ablösungssumme für den Bauunterhalt der Wirgeser
Pfarrkirche von 10.617 Gulden 29 Kreuzer bis dahin bereits eingezahlt. Mit
dem Domänen-Fiskus musste noch jahrelang weiter verhandelt werden, da er den
auf ihn entfallenden Anteil nicht anerkennen wollte. [32]
1866
Wegen der
Verbindung Herzog Adolphs von Nassau mit den Österreichern, die 1866 im
Bürgerkrieg mit den Preußen standen, wurde nach dem Sieg Preußens das Herzogtum
Nassau durch die Preußen besetzt.
Der
Regierungsbezirk Wiesbaden wurde ein Teil der neu geschaffenen preußischen
Provinz Hessen-Nassau.
Mit dem
Übergang in die preußische Oberhoheit sollten sich für Wirges entscheidende
strukturelle Veränderungen ergeben.
nach 1866
In der
Zwischenzeit waren zwar die Planungen für den Kirchenneubau bzw. eine
Erweiterung der alten Wirgeser Kirche
weitergegangen, doch die Auseinandersetzung, ob Neubau oder Umbau, war immer
noch nicht zu Ende gekommen. In jedem Fall brauchte man nun die Zustimmung der
preußischen Regierung. Sie hatte sämtliche Rechte der ehemaligen Zehntherren an
sich gezogen. Deshalb musste sie auch deren Pflichten übernehmen, zumindest der
Baumaßnahme zustimmen.
Eingabe um
Eingabe wurden an diese neue Behörde und das Ordinariat in Limburg gerichtet,
u.a. mit der Begründung:
"sonntags
sei die Kirche so voll, dass das Aufschlagen der Gebetbücher unmöglich sei, die
Mannesjugend während der Messe auf der Mauer der angrenzenden Wirtschaft, ja, in derselben sitze und so sittlich
gefährdet sei." [13]
1868
Es wird
erwähnt, dass ab 1868 das Harmonium reparaturbedürftig und nicht mehr spielbar
war.
1868/02/15
Der Bischof
von Limburg schrieb am 15.02.1868 an die königlich preußische Regierung, dass
die Zahl der Pfarrangehörigen inzwischen auf 4.765 angewachsen sei. Wenn zwei
Drittel Sitzplätze erhalten sollten, so sei die vorgesehene Zahl von 2.664
Sitzplätzen zu wenig. Der Bischof lehnte es ab, dass 3/11 der Pfarrangehörigen
nur Stehplätze bekommen sollten.
1868/06/03
Am 3. Juni
1868 starb Pfarrer Klau.
nach
1868/06/03-1879/03/10
Auf Pfarrer
Klau folgte im gleichen Jahr Pfarrer Peter Prötz, der bis zum 10. März 1879
Pfarrer von Wirges blieb. [7]
1869/07/16
Am
16.07.1869 einigte sich der Kirchenvorstand von Wirges mit der königlich
preußischen Regierung, als Rechtsnachfolgerin der herzoglich nassauischen
Domäne, auf eine Abfindungssumme von 57.000 Gulden wegen des Kirchenum- oder
neubaus.
1869/09/16
Pfarrer
Prötz und der Kirchenvorstand weisen am 16.09.1869 in einer Eingabe nach Limburg nochmals auf die außerordentlich
beengten Raum- und Platzverhältnisse hin. Pfarrer Prötz will um seine
Versetzung bitten, wenn die Missstände nicht bald durch einen Neubau abgestellt
würden, da er seine Pflichten als Seelsorger unter den bisherigen Umständen
nicht erfüllen könne.
Das
bischöfliche Ordinariat erklärte daraufhin, es wolle zunächst eine Kommission
nach Wirges schicken, um auch die Wünsche der Filialgemeinden kennenzulernen.
Durch die
Anhörung der Filialgemeinden ergaben sich unerwartet neue Schwierigkeiten für
den Kirchenneubau. Beim Diözesanarchiv in Limburg lagern Dutzende von Eingaben
und Bittschriften der Filialgemeinden aus den 60er und 70er Jahren des 19.
Jahrhunderts, die einerseits von den Pfarrfamilien, andererseits aber auch von
den Zivilgemeinden unterschrieben wurden. Mehrere Filialgemeinden des
Kirchspiels vertraten die Auffassung, dass sie an der Ablösungssumme zu
beteiligen seien, die von den Zehntberechtigten zwecks Befreiung von der Kirchenbaulast
gezahlt wurde. Da der Kirchenneubau im Wesentlichen mit der Ablösungssumme der
Zehntherren finanziert werden sollte, würde bei Beteiligung der Filialgemeinden
an dem Ablösungskapital ein Teil der Baufinanzierung ausfallen. Dadurch würden
zwangsläufig erhebliche Schwierigkeiten für die Gesamtfinanzierung des Kirchenneubaus
entstehen. Einzelne Kirchenvor-standsmitglieder gingen sogar soweit, zu
behaupten, dass bei einer Abtrennung mehrerer Filialgemeinden die alte Kirche
für die verbleibenden Pfarrangehörigen ausreichen würde, so dass ein Neubau
nicht mehr notwendig sei. Desweiteren wurde das Anliegen damit begründet, dass
die Filialgemeinden teilweise schon eigene Kapellen errichtet hätten bzw. dies
beabsichtigten oder sie hätten erhebliche Stiftungskapitalien angesammelt, um
einen regelmäßigen Gottesdienst in ihren Gemeinden zu ermöglichen. Weitere
Gründe: Der Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes in Wirges würde für viele
Filialpfarrkinder eine Tagereise bedeuten, und es sei zu beschwerlich. Die
Hausfrauen könnten sonntags nicht so lange von Küche und Herd und von ihren
Kleinkindern wegbleiben. Dazu kämen die Unbilden der Witterung auf den langen An-
und Abmarschwegen, was insbesondere den älteren Leuten nicht mehr zumutbar
sei. In Wirklichkeit steckte natürlich mehr hinter diesen Bestrebungen nach Selbständigkeit.
Einige Filialgemeinden wollten nämlich keine anteiligen Kosten für die geplante
neue Kirche in Wirges mehr übernehmen. Andere versuchten sogar, dass sie von
dem Pfarrvermögen nach ihrer Abtrennung noch etwas ausgezahlt bekämen, insbesondere
von dem Ablösungskapital von 57.000 Gulden.
Angesichts
dieser neuen Entwicklung legte das Bischöfliche Ordinariat in Limburg die Pläne
für einen Kirchenneubau zunächst auf Eis. Man wollte zunächst einmal abwarten,
was aus den Abtrennungs- und Verselbständigungsanträgen der Filialgemeinden
werden würde. Denn, so argumentierte man weiter, wenn einzelne Filialkinder aus
der Pfarrei ausscheiden, wäre die alte Mutterkirche unter Umständen gar nicht
mehr zu klein, so dass ein Kirchenneubau nicht mehr erforderlich wäre. [35] [36]
Pfarrer
Prötz vertrat im Gegensatz dazu die Auffassung, dass auch bei einer Abtrennung
einzelner Filialgemeinden eine neue Kirche gebaut werden müsse. Er hatte sich
für diesen Fall schon einen Bauplan von Bauinspektor Nebel aus Koblenz
entwerfen lassen.
1870/01/12
In einer
Sondersitzung des Kirchenvorstands und der Sendschöffen des Kirchspiels am
12.01.1870 sprachen sich 10 Mitglieder für die Ausgliederung von Filialgemeinden
aus; nur 6 Mitglieder einschließlich Pfarrer waren noch für einen
Kirchenneubau. Damit war klar, dass die Filialgemeinden, die bestrebt waren,
eine eigene Pfarrei zu errichten, wie Dernbach und Ötzingen-Leuterod, nichts
mehr zu den Neubau- oder Umbaukosten beitragen wollten.
1870/05/09
Am
09.05.1870 hatte Regens Münzenberger nach Besichtigung der Wirgeser Kirche ein
Gutachten an das bischöfliche Ordinariat über den baulichen Zustand erstattet.
Die Kirche weise zwar viele Schäden auf, jedoch sei das Mauerwerk im Kern
gesund. Der Kirchturm stamme aus dem 11., höchstens aus dem 12.Jahrhundert. Der
Turmhelm sei noch gut. Der Turm sei bei aller Einfachheit stattlich und dürfe
nicht abgebrochen werden. Die Kirche fasse 1200 Personen und biete genug Raum.
Eine Reparatur sei dringend erforderlich und koste 4.000- 5.000 Taler.
1870
Inzwischen
hatte das Dernbacher Kloster schon einenenormen Aufschwung genommen. 1870 gab
es bereits über 80 Niederlassungen mit etwa 500 Schwestern, u.a. auch in Holland
und den USA. [21] 30 Schwestern waren bereits gestorben. Sie wurden noch alle auf dem
alten Wirgeser Friedhof beerdigt.
ca.1870
Über die
damaligen kirchlichen Verhältnisse in Wirges berichtet Geistlicher Rat
Diefenbach:
"Die
alte Kirche besaß keine Orgel. Der Kirchengesang wurde unterstützt von den
Chorsängern unter Leitung des Kantors, Lehrer Diefenbach, welcher die Lieder
anstimmte, worauf der Chor und Gemeinde einfielen. Der Chor hatte männliche
Mitglieder, welche mit dem Kantor die zwei Chorstühle auf der Evangelienseite
einnahmen, während ein Dutzend Chorsängerinnen die vordersten Stühle am Muttergottesaltar
innehatten.
Es galt als
große Ehre, zu den Chorsängerinnen zu gehören. Sie hatten stets einen
bevorzugten sicheren Platz und konnten mit ihrer guten Stimme Lob verdienen.
Als Entgeld für ihre Leistungen wurde jedes 2. Jahr den Chorsängern und
-sängerinnen ein Fest gegeben, unter dem Namen 'Der Sängerwein'.
An einem
Sonntagnachmittage im Sommer versammelten sich die sämtlichen Chorsänger mit
sämtlichen Kirchspiellehrern in einem Schulsaale, wo ein Fässchen Wein auflag
und Tische gedeckt waren zu einem kleinen Schmaus. Die Herren Geistlichen
durften nicht fehlen.
Man pflegte
fast ausschließlich den deutschen Kirchengesang nach dem Diözesan-Gesangbuche,
und wenn den alten Leuten eine besondere Freude bereitet werden sollte, griff
man noch zurück auf alte Lieder aus dem trierischen Gesangbuch."
Über das
Leben am Sonn- und Feiertag sagt Johann Diefenbach an anderer Stelle: "Am
Nachmittag gehen die Frauen zum Kreuzweg oder zur Kapelle auf dem Steimel oder
zum Kirchhof, um zu beten, und dann folgt ein Spaziergang ins Feld, in den
Garten oder in die Wiese, die Kleinen zur Seite." [1]
1871-1884
In die Amtszeit von Pfarrer Prötz fällt der
Kulturkampf, unter dem das Bistum Limburg und auch die Pfarrei Wirges besonders
zu leiden hatten. 1871 begann Preußen, besonders auf Betreiben Bismarcks, die
katholische Kirche an der Ausübung ihrer bisherigen Rechte zu hindern.
ab
1872/07/04
Am 4. Juli
1872 wurden in dem sogenannten Jesuitengesetz der Jesuitenorden und ihm
verwandte Priesterorden im Reichsgebiet verboten. Im Bistum Limburg waren davon
nicht nur die Jesuiten in Marienthal im Rheingau, sondern auch die
Redemptoristen in Bornhofen und die Väter vom Heiligen Geist in Marienstatt
betroffen. [31]
Der aus Wirges
stammende Redemptoristenpater Adam Weiand ging nach Luxemburg und später in die
Missionen, und Jacob Alois Gerz, der Sohn des Wirgeser Krugbäckers Wilhelm
Gerz, verließ Deutschland, um zu den Jesuiten nach Österreich zu gehen. [24]
Die nächste
Stufe des Kampfes war das Klostergesetz, das alle Orden, außer denen, die der
Krankenpflege dienten, aus dem preußischen Staatsgebiet ausschlossen. Hiervon
waren auch die Dernbacher Schwestern betroffen, die ihre Schulen, Kindergärten
und Waisenhäuser aufgeben mussten. [31]
1872/10/25
Am 25.10.1872 richtete der Wirgeser Kirchenvorstand ein dringendes Gesuch an
das bischöfliche Ordinariat, möglichst bald einen Anbau an die Kreuzkirche für
12 000 -
14 000 Taler zu genehmigen. Die innere Ausstattung der Kirche müsse erneuert
werden, da die "Altäre schwarz und schmutzig, die Statuen vom Holzwurm
zernagt und zerstückelt" seien. Außerdem besitze die Kirche keine Orgel.
Die Filialgemeinden Dernbach und Oetzingen-Leuterod protestierten gegen den
Antrag, einen Anbau zu errichten.
ab
1873/05/11
Inzwischen
verschärfte sich der Kulturkampf. Am bedrückendsten waren die sogenannten
"Maigesetze" vom 11. Mai 1873, die dem Staat ein Mitbestimmungsrecht
bei der Besetzung der Pfarrstellen einräumten. Da die Bischöfe dies ablehnten,
wurden die so ohne staatliche Anerkennung ernannten Geistlichen an der Ausübung
geistlicher Amtshandlungen gehindert und mit Geld- und Gefängnisstrafen belegt.
In vielen Orten konnten nur noch "geheime" Gottesdienste stattfinden.
Im Bistum
Limburg übernahm Bischof Dr. Peter Josef Blum selbst die Führung des
Widerstandes. Der Bischof wurde jedoch immer stärker unter Druck gesetzt.
1874
Pfarrer
Prötz beantragte am 22.01.1874 in Limburg erneut die Restauration der Kirche.
Da das Harmonium reparaturbedürftig und
nicht mehr spielbar war, erbat er 1874 von der bischöflichen Behörde auch die
Genehmigung zur Anschaffung einer Orgel. [2]
1874/03/26
In seiner
Antwort vom 26.03.1874 wies das bischöfliche Ordinariat darauf hin, dass die
Restauration unmöglich vor der Entscheidung über die Abtrennung der Filialgemeinden
durchgeführt werden könne.
1875
1875 hatte die Orgelbaufirma Gebr. Keller aus Limburg einen
Kostenanschlag über 2602 Taler für eine neue Orgel mit 23 Registern
eingereicht. Ab 1875 stellte die Orgelbaufirma eine Notorgel für 52 Taler in
der Kirche auf.
1875
1875
schrieb der Diözesanbaumeister Augener in einem Gutachten, dass jede
Restauration und jede Erweiterung der Kirche unter Beibehaltung alter Teile nur
ein Notbehelf für kurze Zeit sein könnten. Der Hauptschaden des Kirchengebäudes
liege in der mangelhaften Fundierung auf schlechtem Untergrund. Zahlreiche
senkrechte Risse hätten den Mauerverband aufgehoben.
1876/01/12
Mit
Schreiben vom 12.01.1876 genehmigte die
bischöfliche Behörde die notwendigen Reparaturen an der Kirche sowie die
Anschaffung einer neuen Orgel, jedoch vorbehaltlich der Zustimmung des Kirchen-
und Gemeindevorstandes.
1876
Im
Kirchenvorstand kam es zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten. Die Probleme
wurden noch dadurch verschärft, nachdem im Oktober 1876 der Bischof von Limburg
wegen des Kulturkampfes verbannt und das bischöfliche Ordinariat aufgelöst
worden war.
1876/10/27
Wegen des
Kulturkampfes musste am 27. Oktober 1876 der Limburger Bischof zum Fürsten
Löwenstein im böhmischen Schloß Haid
bei Eger ins Exil gehen. Am Tag vor seiner Verbannung besuchte der Bischof noch
einmal das Kloster in Dernbach. Eine riesige Menge, unter ihr auch viele
Wirgeser, bereiteten dem Bischof einen herzlichen Abschied. [8]
[22]
1876/10/27-1884
Priesterweihen
waren von nun an in Limburg nicht mehr möglich. Deshalb wurden die Pfarrer Adam
Quirmbach? 1877, Johann Gramig und Jakob Herbst 1880 in Dillingen, Diözese
Augsburg, geweiht. Der bereits oben erwähnte Jacob Alois Gerz wurde in
Innsbruck geweiht und der spätere Wirgeser Pfarrer Geistlicher Rat Dr.
Luschberger, der von 1878-1885 in Rom am Germanicum studiert hatte, war dort
1884 zum Priester geweiht worden. [36]
1876/10/27-1884
Dennoch
wurden in jener Zeit die Planungen für den Neubau bzw. Weiterbau der Kirche vom
Kirchenvorstand vorangetrieben.
Die gesamte
Verantwortung lag damals in den Händen des Kirchenvorstandes, der von alters
her dem jeweiligen Pfarrherrn bei der wirtschaftlichen Verwaltung zur Seite
gestellt war. In jenen Jahren, also während der Bauzeit des neuen Gotteshauses,
gehörten diesem Gremium, in dem normalerweise der Pfarrer den Vorsitz
innehatte, aus Wirges an: Wilhelm Gerz, Krugbäcker, als Vorsitzender (da die
Pfarrei verwaist war), Johann Görg, der damalige Ortsbürgermeister, als
stellvertretender Vorsitzender; aus Ebernhahn: Adolf Haas; aus Siershahn:
Johann Link, Christian Molsberger; aus Staudt: Christian Heibel.
Alle
Planungen und auch der Abschluss von Verträgen lag in ihren Händen.
1877
Die zwischenzeitlich vom Kirchenvorstand beauftragte Orgel wurde 1877 von
der Firma Keller fertiggestellt, doch sie konnte wegen Platzmangel nicht
aufgestellt werden. [35]
1878
Der
Kirchenvorstand schrieb 1878 eigenmächtig, ohne Genehmigung von Limburg, die
Bauarbeiten für einen Anbau an der Kirche aus. Noch im selben Jahr wurde mit
dem Anbau zur Vergrößerung der Kirche begonnen. Nach dem Bauplan des
Kreisbauinspektors Büchling aus Montabaur sollte der Anbau zugleich die
Vorstufe für einen späteren Neubau darstellen. Der alte Turm sollte abgebrochen
und ein neuer Turm vorgebaut werden.
ab
1879/03/10
Pfarrer
Prötz erlebte selbst nicht mehr die Fertigstellung des Anbaus und die
Errichtung des neuen Turmes. Er starb am 10. März 1879.
Mit dem Tod
von Pfarrer Prötz im März 1879 beginnt für die Pfarrei Wirges eine besonders
schwere Zeit. Wegen der Verbannung von Bischof Dr. Blum konnte die Wirgeser
Pfarrstelle nicht neu besetzt werden, und sie blieb bis 1884 verwaist. Zwar
wurde Kaplan Fr. Hannappel, der später Pfarrer von Kestert war, als Verwalter
eingesetzt, doch war ein normales kirchliches Leben aufgrund staatlicher Schikanen
und Unterdrückungen kaum möglich. [1]
1879/06
Die
bischöfliche Behörde versuchte im Juni 1879, die vorgesehene Erweiterung des
Anbaus der Wirgeser Kirche bis zu den Seitentüren der alten Kirche zu unterbinden.
Auch die preußische Regierung wollte den romanischen Wehrturm als "unersetzbaren
Kunstwert" erhalten. Doch auf ein Gutachten des Bauinspektors Büchling
hin, in dem der Turm als
"baufällig" erklärt worden war, wurde er dann abgerissen. Den nun
einmal begonnenen Kirchenbau wollte man zwar nicht aus Sparsamkeitsgründen verunstaltet
und turmlos lassen, jedoch sollte der widerrechtlich begonnene Erweiterungsbau
auch nicht noch weiter vergrößert werden. Die bischöfliche Behörde bat daher um
Bericht, wieviel die jetzige Erweiterung von dem Baukapital der Kirche schon
verschlungen habe und wieviel nach Vollendung des Ganzen von dem Kapital noch
übrig bleiben werde.
Der Anbau
wurde, wie es damals hieß, "zum Ärgernis für weite Kreise der Diözese
ausgeführt." Schiff und Chor der alten Kirche blieben stehen. An Stelle
des alten Turmes wurde ein neuer ansehnlicher Turm nach dem Plan des
Kreisbauinspektors Büchling aufgeführt. [1] [3]
[13] [32]
Geistlicher
Rat Diefenbach, der mit der Niederlegung des alten romanischen Turmes nicht
einverstanden war, schreibt in seiner Chronik:
"Pfarrer
P.Prötz erlebte die ersten Jahre des Kulturkampfes und benutzte das Exil des
Bischofs, um die alte Kirche zu vergrößern und den stillosen neuen Turm zu
bauen. Man kannte den Wert des alten Turmes nicht. Unter dem Vorwande, dass er
alt sei und einen großen Riss habe, wurde er als baufällig erklärt und
niedergerissen zum Nachteile des Unternehmers, dem das alte feste Mauerwerk wie
ein Fels Widerstand leistete und den Verdienst verschlang.
Man hätte
bei Einbeziehung des alten Turmes in die Fassade einer dreischiffigen
romanischen Kirche mit Querschiff in Kreuzesform ein gleich großes im Stil
einheitliches Gotteshaus errichten und viel Geld sparen können." [1]
1879 od.
1880
Nebenbei
sei noch erwähnt, dass beim Bau des neuen Turmes der Sohn des Dachdeckers Ritz
aus Ötzingen tödlich abstürtzte. [3] [25]
1880
Als der
Anbau 1880 fertiggestellt war, waren 80 000 Mark vom Baukapital verbaut. Mit Fertigstellung fand auch endlich die
neue Orgel ihren Platz auf der dort eingebauten Empore. Hinter einem mit
Silberbronze angestrichenen Holzattrappenprospekt befand sich ein Orgelwerk mit
25 klingenden Registern, die sich auf zwei Manuale und ein Pedal verteilten.
Die Traktur war pneumatisch. Die für die Pfeifen erforderliche Luft wurde durch
Treten eines Blasebalges erzeugt. Das Klangbild war stark von der Nachromantik
geprägt. [35]
Die neue Orgel hatte auch Einfluss auf den Kirchengesang. Geistlicher Rat
Diefenbach schreibt hierzu:
"Das Institut der Chorsänger hörte auf. Fortan sangen Kinder die
Ämter an den Wochentagen und ein Kirchengesangverein an Feiertagen den
lateinischen Choral. Die herrlichen Weihnachts-, Oster- und Marienlieder werden
nicht mehr bei voller Kirche aus tausend Kehlen gesungen; sie treten in den
Hintergrund, weil der Chor die lateinischen Ämter an Festtagen singt." [1]
Der Kirchengesangverein, der den Namen St. Gregorius angenommen hatte,
geht in seinem Ursprung auf das Jahr ® 1838 zurück. Allerdings kann über seine Frühzeit
nur wenig berichtet werden. [35]
1880
Wilhelm
Gerz, dessen Briefe an seinen Sohn Jacob Alois Gerz S.J. noch zum Teil erhalten
sind, schreibt 1880: "Der Herr Caplan hat in Wirges die Herz-Jesu-Andacht
eingeführt. Leider verhindert der Culturkampf, dass durch Predigten alle Leute
aufgeklärt werden. Es wird in Wirges noch täglich die Messe gelesen und Kranke
und Sterbende werden versehen." [24]
ab1880
Doch es
kommt schlimmer. So wird in der Folge unter dem Vorwand der Einsturzgefahr, wie
die Wirgeser es sehen, die gesamte Wirgeser Kirche von der Regierung für den Gottesdienst
gesperrt. Die Kirchentüren waren versiegelt und unter Strafandrohung durfte
auch sonst keine hl. Messe in Wirges gehalten werden. [20]
Wilhelm
Gerz, der während des Kulturkampfes und auch noch während des späteren Neubaus
der jetzigen 3. Kirche Kirchenrechner und Vorsitzender des Kirchenvorstandes
war, hatte in seinem Hause in der Siershahner Str. (späteres Haus Eschenauer)
eine kleine Hauskapelle eingerichtet. Fremde Priester kamen als Bauern getarnt,
um dort die hl. Messe zu lesen, während die Knechte oder sonstige Dorfbewohner
das Haus von außen bewachten. Im Hause war ein Verschlag als Versteck eingerichtet,
in das der Priester notfalls flüchten konnte. Der dort benutzte Altar wurde
später noch bei der Fronleichnamsprozession verwendet. [25]
Auch aus
anderen Quellen wird bestätigt, dass es verboten war, Gottesdienst zu halten.
Die Leute verständigten sich heimlich, wo der Gottesdienst stattfand. Der Priester kam abends auf geheime Verabredung
in die Häuser, um die Beichte zu hören. Vorübergehend wurden auch im Pfarrhaus
zu bestimmten vereinbarten Zeiten die Sakramente gespendet. Selbst bei
Beerdigungen war zeitweise kein Priester zugelassen. Der Leichnam wurde in
diesem Fall im Hause eingesegnet. Die
Türen der Häuser wurden verschlossen,
damit niemand unbeobachtet ins Haus konnte [15]. So ist
beispielsweise durch unabhängige Aussagen bezeugt, dass Verstorbene, so z.B.
der am 11.05.1880 verstorbene Peter Munsch aus Wirges, ohne Priester beerdigt und heimlich im Hause eingesegnet wurden. [20]
Die
Schließung der Kirche sahen nicht nur die Gläubigen von Wirges als Schikane
bzw. als Folge des Kulturkampfes an. Davon zeugen auch viele kritische Artikel
in der damaligen Presse, dem "Nassauer Boten". Auf diese hin wurde
dann das neuerbaute erste Joch des
Kirchenschiffes für den Gottesdienst freigegeben.
In der
Geschichte des Bistums Limburgs wird wie folgt berichtet:
"In
den 'illegal' besetzten Pfarreien fand dennoch Gottesdienst statt. Der
Gottesdienst wurde vorher durch Flüsterpropaganda bekannt gegeben. Um den Ort
standen 'Wachposten', die das eventuelle Herannahen von Polizei meldeten."
[31]
1882/03
Ab 1882
bessert sich die Situation ein wenig. Im März 1882 schreibt Wilhelm Gerz an
seinen Sohn Jacob Alois in Österreich:
"Im
preußischen Landtag sind mehrere Maigesetze abgeschafft worden, unter denen die
Katholiken besonders zu leiden hatten; doch kann von Freiheit der Kirche noch
keine Rede sein. Zum Beispiel können die Priester immer noch nicht die
notwendigen Amtshandlungen verrichten. Der Limburger Bischof ist immer noch
verbannt. Doch man hegt Hoffnung, dass er in seine Diözese zurückkehren kann.
Für die Katholiken ist der Abgeordnete Tripp aus Dernbach im preußischen
Landtag" [26]
1882/06
Im
Kirchenvorstand hatte man trotz aller Schwierigkeiten den Gedanken an einen
Kirchenneubau nie ganz aufgegeben. Seit Juni 1882 zeigten sich zudem Schäden im
Gewölbe des alten Kirchenschiffes, die z.T. als eine Folge des Anbaus und des
dabei erfolgten Abbruches der Vorderseite der alten Kirche angesehen wurden. [32]
Wegen der
Schäden an der alten Kirche kam es 1882 zu Meinungsverschiedenheiten in der
Bevölkerung, woraus deutlich wurde, dass nicht alle Wirgeser mit dem Vorgehen
des Kirchenvorstandes einverstanden waren. Auch an früherer Stelle wurde ja
bereits auf die kritischen Äußerungen des Geistlichen Rates Diefenbach
hingewiesen.
Im Nassauer
Boten vom 18.06.1882 erschien ein Leserbrief:
"...ist
nun diese Katastrophe (gemeint ist die Einsturzgefahr der Decke im Altbau) eine
Folge des Neubaues, dann wäre es ratsam, einen anderen Architekten zu nehmen.
Schade, dass der begabte Diözesanbaumeister Augener aus dem Leben geschieden
ist. Derselbe hätte für das bedrängte Kirchspiel ein Retter sein können. Wie
wir hören, will der Kirchenvorstand Rekurs an dem Regierungsbaumeister
ergreifen."
In einer
zum 28.06.1882 angeordneten Vernehmung erklärten Wilhelm Gerz, als Vorsitzender
des Kirchenvorstandes, und Bürgermeister Görg für den Gemeinderat, der (vorstehende)
Artikel sei tendenziös gefärbt von einer mit dem bisherigen Bau nicht
einverstandenen Person ausgegangen.
1882/07
Daraufhin
erschien am 04.07.1882 eine Entgegnung im Nassauer Boten, der mit dem Satz
endete:
"Wir
wollen mit jedem Unbefangenen des Kirchspiels Wirges wünschen, dass an Stelle
der alten Kirche ein Neubau im Stile des Turmes und des Anbaues recht bald
erstehen möge, wobei wir dem Kirchspiel nur Glück wünschen können, wenn es
diesen Neubau denselben Händen anvertraut, die den Turm und den Anbau in so würdiger,
kunstsinniger und solider Weise geschaffen haben." [34]
1882
Auf
Veranlassung des Herrn Dekan Laux in Montabaur wurde 1882 die Decke des alten
Teils der Pfarrkirche entfernt und durch eine Bretterdecke ersetzt. [22]
1883
Wegen des
Kulturkampfes waren 1883 30% aller Pfarreien der Diözese Limburg verwaist,
unter ihnen auch weiterhin die Pfarrei Wirges. [31]
1883
1883 ließ
der Kirchenvorstand entsprechend den eigenen Vorstellungen und mit
Einverständnis des Dekan Laux vom Regierungsbauinspektor Büchling neue Pläne
für einen vollständigen Neubau der Kirche anfertigen. Der Plan wurde vom Dekan
Laux für gut befunden und, wie der Kirchenvorstand in einem Brief vom ® 02.
Juni 1884 meint, auch genehmigt.
Eine
Deputation des Kirchenvorstandes hatte den Bauplan dem Geistlichen Rat Roos bei
dessen Anwesenheit im Dernbacher Kloster vorgelegt, und dieser hatte bei einzelnen
Änderungswünschen sein Einverständnis erklärt.
1883/08/16
Daraufhin
wurde mit Datum vom 16. August beim damals noch bestehenden Königlichen
Kommissariat um Bauerlaubnis nachgesucht.
1883/09/03
Diese wurde
am 3. September 1883 erteilt. Darüberhinaus ging nochmals eine Deputation von
zwei Mitgliedern des Kirchenvorstandes
aus Wirges und Siershahn mit dem Bauplan nach Limburg, um diesen auch noch den
anderen Mitgliedern des Bischöflichen Ordinariats zu unterbreiten.
1883/09/08
Als Antwort
auf einen Brief vom 2. September 1883, in dem Jacob A.Gerz S.J. aus Österreich
an seinen Vater in Wirges die Hoffnung ausdrückt, dass die neue Kirche wohl
jetzt vollendet werden soll, schreibt der damalige Vorsitzende des Kirchenvorstands
Wilhelm Gerz:
"...
Am 8. des Monats (September 1883) erhielt ich
die Genehmigung von Limburg. Jetzt kommen wir zum Ausschreiben und die
Arbeiten zu vergeben. Die alten Meister rechnen fest auf das Ausführen des
Baues. Herr Bauinspektor Bigling (Büchling) wünscht, dass der Maurermeister
Gerharz die Arbeit übernehmen soll. Dem Hochw. Herrn Domcapitel haben wir die
Zeichnung vorgelegt, das hat dem Herrn Bauinspektor Bigling große Ehre gemacht.
Die Hochwürdigen Herrn Geistlichen Räthe haben sich ausgedrückt: 'Die Zeichnung
sei ganz kirchlich. Es gäbe die schönste Kirche in der Diözese Limburg.' Die
Hochwürdigen Herrn freuten sich, dass der Bau vollendet wird." [26] Doch es kommt wider Erwarten ganz anders.
1883/12
Ende 1883
kann Bischof Peter Josef Blum aus dem Exil nach Limburg zurückkehren.
ab 1884
Jene Zeit war auch noch in anderer Hinsicht für Wirges von großer
Bedeutung. Durch die Inbetriebnahme der Westerwaldbahn im Jahre 1884 und den
damit in Zusammenhang stehenden Einzug der Großindustrie erfuhr Wirges in der
Folge eine totale Umwandlung. Der frühere Bauernort, in dem zwar schon die Tongewinnung
und das Krugbäckergewerbe heimisch waren, wurde in der Folge zu einem
Fabrikorte. Schamotte- und Glasfabrik wurden gebaut. In den Folgejahren kam es
zum Bau der Siedlungen auf dem bis zu diesem Zeitpunkt noch bewaldeten
"Dornberg" und "Vor der Asbach", um den zuziehenden
Arbeitern Wohnungen zu beschaffen. Damit entstand neben dem alten Wirges, das
sich um die Kirche herum entwickelt hatte, ein neuer Ortsteil, in dem nun
viele Menschen wohnten, die, sei es wegen ihrer anderen Konfession oder
fremden Herkunft, nur wenig Beziehungen zu dem alten Wirges und seiner Pfarrei
hatten.
Geistlicher Rat J.Diefenbach schreibt: "Aber auch die Lebensart und
die Sitten folgten dem Wandel der Zeit. Es verschwand die uralte trierische
Tracht der Männer und Frauen und machte der
modernen sogenannten städtischen Tracht Platz. Zugleich schwand die alte
Einfachheit und Genügsamkeit, und manche schöne Sitte sank mit ins Grab." [1]
1884/Frühjahr
Mit der Rückkehr des Bischofs aus dem Exil wird die Bischöfliche Verwaltung wiederhergestellt, neue Leute haben das Sagen und vielleicht nicht zuletzt wegen des belasteten Verhältnisses zwischen Staat und Kirche und alter Vorbehalte gegen den Bauinspektor Büchling beauftragt das Bischöfliche Ordinariat "seinen" Architekten, den aus Freiburg im Breisgau stammenden und jetzt in Frankfurt arbeitenden Architekten Max Meckel, statt des vorliegenden Planes einen "stilgerechten" Plan für eine neugotische Kirche mit fünf Schiffen zu entwerfen.
1884/05/04
Der
Kirchenvorstand stimmte am 04.05.1884 auch dem neuen Plan zu und fasste den
offiziellen Beschluss, nach diesem Plan weiterzubauen.
Doch
inzwischen war von den Dernbachern die Frage der Lostrennung von der Pfarrei
Wirges wieder ins Spiel gebracht worden, und das Bischöfliche Ordinariat sah
sich dadurch veranlasst, diese Frage noch vor einer endgültigen Genehmigung zum
Weiterbau zu klären.
1884/05/18
Wilhelm Gerz beklagt sich in Briefen an seinen Sohn darüber, dass die
Notwendigkeit des Kirchenbaues in Limburg nicht richtig erkannt werde. In einem
Brief des Jacob A. Gerz vom 18. Mai 1884 heißt es:
"Wie
es scheint, wird die Kirche in diesem Jahr nicht gebaut; vielleicht wird es
auch noch länger dauern, weil wohl nicht so leicht ein Pfarrer eingestellt
werden wird."
Am 02. Juni
1884 macht der Kirchenvorstand von Wirges eine Eingabe an das Bischöfliche
Ordinariat, in der dieser einmal sein bisheriges Vorgehen rechtfertigt und sich
zum anderen gegen eine weitere Verzögerung des Bauvorhabens wehrt. [22]
1884/Sommer
Im Sommer
1884 kommt Kaplan Braun neu in die Pfarrei Wirges. Von Kaplan Braun wird
berichtet, dass er Schwierigkeiten bei den Leuten wegen seines Gesanges und seiner
Predigt hatte. [24]
1884/07/06
Wegen des
Anwachsens der Pfarrei und im Hinblick auf die Wünsche der noch zur Pfarrei
Wirges gehörigen Gemeinde Dernbach wird die Einstellung eines 2. Kaplanes
beschlossen. In der Kirchenvorstandssitzung in Wirges vom 6. Juli 1884, an der
als Vertreter der Kirchenbehörde Domkapitular Dr. Höhler teilnahm, erklärte
sich der Kirchenvorstand von Wirges damit einverstanden, dass ein 2. Kaplan in
der Pfarrei Wirges bestellt wird, welcher seinen Wohnsitz in Dernbach nimmt und
die volle Pastoration dieser Gemeinde besorgt. [8]
1884/09/18
Am 18.
September 1884 schreiben Wilhelm Gerz als Vorsitzender des Kirchenvorstandes
und Johann Görg als Stellvertreter nochmals an das Bischöfliche Ordinariat:
"Hochwürdigstem
Bischöflichen Ordinariate beehren wir uns in der Anlage nunmehr die
Kosten-Anschläge, Pläne u.s.w. über den Ausbau unserer Pfarrkirche nebst einem
Entwurfe für einen zwischen dem Kirchenvorstande und dem Herrn Architekten
Meckel aus Frankfurt abzuschließenden
Vertrag über die Ausführung des Baues zur hochgeneigten Genehmigung ganz
ergebenst vorzulegen."
1884/09/21
Am 21.
September 1884 fasst der Kirchenvorstand nochmals einen Beschluss, zu dem auch
die Gemeindevertretung ihr Einverständnis erklärt:
"In
der heutigen Sitzung des Kirchenvorstandes wurde beschlossen, daß nach
dem neuerdings durch den von dem Architekten Max Meckel gefertigten Plan
und Zeichnungen mit Kostenvoranschlag der Weiterbau der Pfarrkirche gebaut
werden soll."
Es
unterschreiben für den Kirchenvorstand:
W.Gerz,
Vorsitzender
J. Jörg
Hans
Molsberger
Link
Manns
Für die
Gemeinde unterschreiben wie folgt:
"Mit
obigem Schluß des Kirchenvorstandes erklärt sich die Gemeindevertretung
einverstanden"
Johann
Manns, Vorsitzender
Christian
Schütz
Peter
Zirfas
Christian
Bach
Joh. Adam
Schwickert
Joh. Ritz
Adam
Schräder 2.
Christian
Heibel
1884/09/24
Auch in
Limburg hat man inzwischen offensichtlich erkannt, dass die Situation in der
Pfarrei Wirges ein weiteres Aufschieben der Probleme nicht mehr zulässt.
Am 24.
September 1884, noch vor der Wiederbesetzung der Wirgeser Pfarrstelle, erhält der Kirchenvorstand die
endgültige Genehmigung für den
Weiterbau der Pfarrkirche nach den Plänen des Architekten Meckel. [22]
nach
1884/09/24
Noch 1884
wurde mit dem Abriss der alten Kirche begonnen. [13]
1884/10/01-1886/10/01
Am
01.10.1884 kommt Bernhard Feldmann als Hilfsseelsorger nach Wirges. Ihm wurde
jedoch erst am 01.10.1886 die Wirgeser Pfarrstelle offiziell übertragen.
1884/12-1885
Weiterhin kam im Dezember 1884 Kaplan Johann Roerig nach Wirges, der auch 1885
noch Kaplan in Wirges war.
1884/12/30
Am 30.
Dezember 1884 stirbt Bischof Dr. Peter Josef Blum. Es ist für das Bistum
Limburg ein großer Verlust.
1885
Allerdings
wird der Fortgang des Kirchbaus in Wirges hierdurch nicht beeinträchtigt. Zum
neuen Bischof von Limburg wird Johann Christian Roos ernannt. Dieser wird
jedoch bereits knapp zwei Jahre später Erzbischof in Freiburg. Die Pfarrei
Wirges, die sich auch die Gunst des neuen Bischofs sichern wollte, überbrachte
ihre Glückwünsche mit einem eigens zu diesem Anlass verfassten Gedicht:
"Wirges
naht in Ehrfurcht Dir
Oberhirt, am Tag der Weih,
bringt zum
Angebinde hier
Dir den
Schwur der Lieb und Treu.
Seinem
neuen Hirten thut
es den
Schwur der Lieb mit Lust,
wie er in
dem Herzen ruht,
kommt im
Wort er aus der Brust.
Und es
steigt empor der Blick
auf zu Gott
und fleht ihn an:
O, erhalte
und gib Glück,
Bischof Johann Christian." [24]
1885-1886
1885/86 wird auch in dem Filialort Leuterod eine eigene Kirche gebaut. [7]
1885/05/09
In Wirges
legt Pfarrer Bernhard Feldmann am 9. Mai im Beisein des bauleitenden
Architekten Meckel den Grundstein für die neue Kirche. [13]
1885/05
Wilhelm
Gerz schreibt noch im gleichen Monat an seinen Sohn: "Der Kirchbau macht
gute Fortschritte. Die Leute zeigen große Opferbereitschaft und helfen mit Geld
und durch ihrer Hände Arbeit. Der Kirchbau geht schnell voran." [26]
1885/07/08
Der "Vertrag über die Bauleitung und Bauausführung
beim Anbau der neuen katholischen Kirche zu Wirges zwischen dem kath.
Kirchenvorstand zu Wirges und
Herrn Architekten Max Meckel zu Frankfurt a.Main" wird allerdings erst am
8. Juli 1885 abgeschlossen, nachdem ein Mahnschreiben des Bischöflichen
Ordinariats in Limburg mit gleichem Datum den Kirchenvorstand um Bestätigung
des Vertragsabschlusses mit dem Architekten Meckel ersucht.
Neben dem
Kirchenvorstand musste auch eine "Gemeindevertretung" aller zur
Pfarrei Wirges gehörenden Zivilgemeinden diesem Vertrag zustimmen.
Die
damaligen Gemeindevertreter waren
aus Wirges Johann Manns, Vorsitzender
Christian
Bach
Johann
Schwickert
aus
Ebernhahn Adam Schräder
J.Wagner
aus Staudt Johann König
Müller
aus
Siershahn Peter Zirfas
Christian Schuh
J.Quirmbach
III.
aus
Bannberscheid Christian Heibel
P.
Pfaffhausen
aus
Moschheim Neust
Müller
aus
Leuterod Johann Marx
aus
Ötzingen Peter Ritz
1885-1887
Die Steine
wurden von den Bauern des Ortes mit Fuhrwagen aus dem nahen "Hölzbrich" geholt. Die Pfarrangehörigen
leisteten außer Fuhr- und Spanndiensten auch sehr viele sonstige freiwillige
Arbeiten. [15]
Die
Kirchenfenster wurden teils von Privatpersonen gestiftet. Insgesamt wurden
10.000 Mark an Privatspenden aufgebracht. [32]
1886
Ursprünglich
bestand wohl die Absicht, noch 1886 die Einweihung der Kirche vorzunehmen. So
jedenfalls liest es sich in einem Brief des J.A.Gerz S.J. vom 27. August 1886
an seine Eltern:
"Auch
der Fortgang des Kirchenbaues interessiert mich sehr. Eine Photographie wäre
mir sehr erwünscht. Wegen des späten Ausbaues der Kirche und der Versetzung des
Hochw. Herrn Bischofs Roos wird man wohl den Plan aufgegeben haben, die
Einweihung in der besprochenen Weise feiern zu wollen." [24]
1886/09
Ende
September 1886 kann Wilhelm Gerz an seinen Sohn schreiben:
"Unser
Kirchbau geht zur Vollendung. Bis zum 1. Oktober soll eingezogen werden, wenn
auch noch etwas an der 'Ausstaffierung' fehlt. Die eigentliche Einweihung geschieht
erst nächstes Jahr, bis wir wieder einen Bischof haben; denn unser Bischof ist
in Freiburg Erzbischof geworden. Er ist dort am 20. September eingeführt
worden. Der Verlust ist für unsere Diözese recht hart in dieser Zeit; denn er
war für uns der rechte Mann." [26]
1886/10/01
Der
bisherige Hilfsseelsorger Pfarrer Feldmann wird mit Wirkung vom 01.10.1886 noch
von Bischof Johann Christian Roos als Pfarrer von Wirges eingesetzt. Er
übernimmt damit auch die Aufgabe des Vorsitzenden des Kirchenvorstandes,
welches Amt seit 1879, als die Wirgeser Pfarrstelle nach dem Tod von Pfarrer
Prötz wegen des Kulturkampfes verwaist blieb, von dem Krugbäcker Wilhelm Gerz
ausgeübt wurde.
1886
Wilhelm
Gerz wurde vom Limburger Bischof für seine Verdienste um den Bau der Wirgeser
Kirche und um die Pfarrei während der Zeit des Kulturkampfes ausgezeichnet. [25]
1886-1887
1886/87
wurde eine Anleihe von 60.000 Mark für die Restschuld des Kirchenneubaus und
für die innere Einrichtung aufgenommen. Die Baukosten beliefen sich auf rund
105.000,- Mark. Weitere 35.000,- Mark wurden für die Innenausstattung gezahlt,
Sammlungen und Stiftungen nicht mit eingerechnet, die vom ganzen Kirchspiel mit
seinen damals 4.688 Seelen aufgebracht wurden. Von letzteren wohnten in
Wirges
1054 Oetzingen 219
Dernbach 987 Staudt 310
Siershahn 657 Moschheim 297
Ebernhahn 487 Bannberscheid 219
Leuterod 363 [3]
1887
Nach ihrer
Fertigstellung zeigte sich die Kirche in ihrer Gesamtheit in einem
wohlgelungenen neugotischen Stil.
1887/08/30
Die
Einweihung der Kirche erfolgte am 30. August 1887 durch den neuen Bischof Dr.
Klein. Die Einweihung war ein erhebendes Fest.
"Wirges
legte ein Feierkleid und einen Festschmuck an, auf welchen eine Stadt stolz zu
sein allen Grund gehabt hätte. Am Vorabend zog ein Fackelzug von der Schule auf
der Obergass aus zur neuen Kirche.
Ein
brillantes Feuerwerk in vielfacher Gestaltung durchleuchtete die Abendluft.
Festliche Lieder klangen auf. Am Morgen des eigentlichen Festes begann die
Einweihung der neuen Kirche um 1/2 acht, worauf das feierliche Hochamt durch
den Pfarrer Johann Diefenbach abgehalten wurde.
Nach
Vollendung der kirchlichen Feier begab sich eine zahlreiche Gesellschaft zum
Festessen in den Saal der Witwe Gerz. Herr Architekt Meckel wurde zum Diözesanbaumeister
ernannt." [17]
Rund 100
000 Mark hatte der Bau bis dahin gekostet. Für die innere Einrichtung wurden
rund 30 000 Mark vorgesehen. Zusammen mit dem 1879 gebauten Teil beliefen sich
die Gesamtkosten auf 170 000 Mark.
Die neue
Pfarrkirche von Wirges, ebenfalls auf den Namen des hl. Bonifatius geweiht, im
Volksmund wegen ihrer imposanten Größe "Westerwälder Dom" genannt, beherrschte
von nun an als neues Wahrzeichen von Wirges weithin das Tal.
Die häufig
nachlesbare pauschale Aussage, dass der Westerwälder Dom in der Zeit von 1885 -
1887 nach den Plänen des Diözesanbaumeisters Max Meckel errichtet worden sei,
bedarf allerdings nach dem bisher Gesagten einer Richtigstellung.
Die
Bedeutung des Kreisbauinspektors Büchling, nach dessen Plan der Turm und das
erste Joch 1879 erstellt wurden, darf nicht zu gering eingeschätzt werden,
zumal Meckel, gewollt oder ungewollt,
auf den Vorplanungen Büchlings aufbauen musste.
Die zwei
Bauperioden 'Turm mit erstem Joch' und 'Kirchenschiff mit Chor' lassen sich am
Äußeren der Kirche gut erkennen:
Der Turm
mit erstem Joch wurde in Bruchstein ausgeführt, wobei die Hausteingesimse
Backsteineinfassungen haben. Der Restbau erfolgte in reiner
Bruchsteinausführung.
Die alte
Kirche wurde abgebrochen, wobei die freistehenden Säulen des Mittelschiffes
belassen wurden. Der Neubau wurde an den 1879 erstellten Anbau und den neu errichteten
Turm angegliedert. [32]
In einer
Baubeschreibung von J.G.Schnell, eines Sohnes von C.W.Schnell, heißt es hierzu:
"Die
Pfarrkirche St. Bonifatius, der 'Westerwälder Dom', zeigt in seiner Gesamtheit
einen einheitlichen neugotischen Stil. über einen Grundriss von 27,61 m Breite
und 53,86 m Länge erhebt sich das Kirchenschiff, dem der hochaufragende Turm vorgesetzt ist. Die Wände des Kirchenschiffes
sind außen durch abgetreppte Strebepfeiler gegliedert. Zwischen diesen lassen
hohe Fenster dem Mauerwerk nur wenig Raum. In das hohe Dach des Langhauses
schieben sich beidseitig je drei Walmdächer, die das kurze Querhaus decken.
Die Wände
des Chores sind der Höhe des Mittelschiffes entsprechend höher gezogen als die
Wände des Hauptschiffes. Auch hier gliedern Strebepfeiler und Fenster das
Äußere des Chores, den ein eigenwilliges helmartiges Dach deckt. Dieses Dach
überragt das Dach des Kirchenschiffes um einige Meter und bildet ein
Gegengewicht gegen die Masse des Turmes. Der an den Westgiebel gelehnte
mächtige Turm hat ebenfalls an den Mauerecken je zwei Strebepfeiler, die nach
oben hin treppenartig zurücktreten. Die Rücksprünge sind durch horizontale
Gesimse miteinander verbunden. Über den beiden Strebepfeilern umrahmen je ein
Stützenpaar mit einem Tympanon und darüber einer schlanken, achteckigen
Turmpyramide den Fuß des sehr hohen Turmhelmes, dem ebenfalls eine achteckige
Turmpyramide aufgesetzt wurde.
Das Dach
des Kirchenschiffes war bis in die 50er Jahre mit Gauben geschmückt, die der
Durchlüftung des Dachraumes dienten. Ebenfalls zierte das Hauptdach ein sehr
spitzer, achteckiger Turm, der wiederum ein Pendant auf dem Turmhelm hatte.
(Anmerkung: Dachgauben und Mittelturm wurden im Rahmen der Restaurierung im Jubiläumsjahr
1987 wieder hergestellt.)
Der
Grundriss der Kirche lässt zwei grundsätzlich verschiedene Bauabschnitte
erkennen. Der erste Bauabschnitt besteht aus der Eingangsanlage mit Turm und
zwei Schiffjochen. Die dreiportalige Eingangsanlage ist zusammengesetzt aus
den schweren, den Fuß des Kirchturms bildenden Wänden, zwei an diese
angelehnten Treppenhäuser zu der Empore, die daran anschließenden Nebeneingänge
mit Windfängen, einem nordseitig angeschmiegten Treppenhaus zur Glockenstube
und der Giebelwand in Höhe und Breite des Langhauses. An die Eingangsfront
schließt sofort ein Mittelschiff mit zwei Seitenschiffen an.
Das erste
Joch ist überspannt von einer Empore. Die Empore im zweiten Joch wurde erst in
den 50er Jahren angefügt. Der ursprüngliche Plan sah Kreuzpfeiler vor, die die
Last der beiden hinteren Joche heute noch tragen. Die alte Empore wird von zwei
Kreuzpfeilern, denen zwei schmale Säulen vorgesetzt sind, und zwei Säulen mit
vorgelagerten Diensten zur Aufnahme der Gurtbögen aus dem Emporenjoch getragen.
Der Grundriss des zweiten Bauabschnittes zeigt deutlich die Anlehnung des Architekten an die hochgotischen Kathedralen des Mittelalters in Frankreich. Die Erweiterung der Empore begrenzt vom Eingang her den Blick ins Kirchenschiff. Dem siebenjochigen Mittelschiff ist je ein Seitenschiff zugeordnet, das jeweils von einem dreischiffigen Querhaus durchbrochen wird. (Anmerkung: Der Chorraum des südlichen Seitenschiffes musste kleiner gebaut werden, da das vorhandene Grundstück an dieser Stelle zu klein war). In die Zwickel zwischen Querhaus und Seitenschiff ordnete der Planer auf der Seite des Haupteinganges je einen Seiteneingang an. Im Ostteil hat er nach Süden hin an das Seitenschiff eine kleine Kapelle angefügt. Dem Chor, in der Breite des Mittelschiffes angelegt, wurde an der Südseite eine kleine Kapelle, an der Nordseite eine in der Tiefe und Höhe größere Kapelle angegliedert. Letztere wurde wohl wegen des Zuganges von der Sakristei zum Chor einfach um ein Zwischenjoch vertieft. Heute ist dieses kurze Zwischenjoch Taufkapelle. Ein Umbau der Sakristei brachte die Verlegung des vorgenannten Zuganges mit sich.
Das
Hauptschiff des neueren Teiles bilden fünf weitere Joche auf Rundsäulen. In
diese leiten in der Längs- und Querachse angeordnete Dienste die Lasten aus den
Gurten der Gewölbe von den Schildbögen der Längswände des Mittelschiffes. Sie
laufen optisch bis in den Chorraum durch, erweitern sich aber vom zweiten bis
vierten Joch zu einem Querhaus, dem jeweils ein zweites Seitenschiff angefügt
und deren Höhe fast auf die Höhe des Mittelschiffes gezogen wurde. Überwölbt
sind diese Seitenschiffe mit Spitzbogen-Tonnen.
Der Chor
ist mit schweren viereckigen Pfeilern gegen das Langhaus gesetzt, dessen letzte
Säule als Halbsäule an dieser Steinmasse anlehnt. Ein eingeschobenes schmales
Joch gibt der fünfeckigen Apsis des Chores größere Tiefe. Die Seitenschiffe
werden ebenfalls von fünfeckigen kleineren Apsiden abgeschlossen. Die
nördliche Apside hat ein vorgelagertes Zwischenjoch. Zusammen bilden diese
Grundrissteile ein Kreuz, in dem das Schiff Sammlungsraum, die Eingangsanlage
zweckgebundenes dienendes Glied und das Kopfstück in seiner Staffelung von der
kleineren über die größere Apside zum Hochaltar hin, besonders durch die
Überhöhung der begrenzenden Fenster, Krone und Höhepunkt des Raumes sind.
Der Raum
hüllt den Besucher zunächst in dämmriges Licht. Schwere Pfeiler tragen ein
Kreuzrippengewölbe in den Raum und nehmen die Empore auf. Die Seitenschiffe
werden von schwerem Mauerwerk mit je zwei Kreuzgratgewölben begrenzt. Je zwei
Rundfenster spenden sparsam Licht. Der gleiche Raum wirkt in den Emporen licht,
da hohe Spitzbogenfenster das Mauerwerk verdrängen. Leichte Kreuzrippengewölbe
überspannen den Raum.
Aus der
Schwere und der Sammlung unter dem Emporenraum zieht es den Besucher in den
transparenten Raum des Hauptschiffes. Zarte Dienste, sparsam aufgebaute
Kapitelle nehmen den dort aufsteigenden
Rundsäulen die Schwere, zugleich auch die Last der Kreuz- und Querripppen
der Gewölbe und der die Mittel- und Seitenschiffe begrenzenden Schildbögen ab.
Das
Querhaus wird durch senkrecht zur Längsachse gestellte Spitzbogen-Tonnen
überspannt. Die Wände der Seitenschiffe sind wie die des Chorraumes von weiten
und hohen Spitzbogenfenstern geöffnet, die das Licht ungehindert einströmen
lassen. Licht durchflutet den Raum und nimmt den Mauern alle Schwere. Scheinbar
spielend tragen die Säulen die weitgespannte feingliedrige Decke. Der Chorraum
schiebt sich mit seinem hochstrebenden Scheidebogen an das Langhaus und mit
Scheidebögen unterschiedlicher Höhe an die beiden Seitenschiffe. In den Seitenapsiden
geben schmale Fenster nur sparsam Licht. In die Wände sind Dienste eingebunden,
die das Gewölbe, einer Krone ähnlich, über den Apsiden tragen.
Im Hochchor
sind die Wände aufgelöst in Fenster, Fensterbekleidung und kräftige
Pfeilervorlagen. Die vor diesen angelegten Dienste sind mit reich geschmückten
Kapitellen versehen, die voll Würde die Krone des Rippengewölbes über der Apsis
aufnehmen. Die unter den Fenstern befindlichen Wandreste treten durch die
Lichtfülle und die Leichtigkeit der übrigen Konstruktion kaum in Erscheinung,
trotzdem bilden sie horizontal gelagert das Gegengewicht zur Höhe des Raumes.
Die einzelnen Apsiden bilden, wie im Grundriss mit unterschiedlicher Tiefe, durch die gestaffelte Höhe und den
sich steigernden Schmuck den optischen Zentralpunkt der Raumfolge." [3]
Schiff,
Chor und Sakristei waren 1887 mit gehauenen Steinen geplättet. Kommunionbank
und Kanzel waren aus Holz geschnitzt. An den Wänden standen vier neue gotische Beichtstühle, die 1889
angeschafft wurden. In der Kirche waren 42 Kirchenbänke zum Knien und Sitzen aufgestellt.
[32]
Der innere
Kirchenraum wurde erst nach und nach ausgestaltet. 14 kunstvolle, gemalte
Kirchenfenster mit ihren leuchtenden Farben gaben jedoch bereits der damals
noch nicht ausgemalten Kirche eine anziehende Wärme.
Nachstehende
Beschreibung entnehmen wir aus "St. Bonifatius Wirges" von
C.W.Schnell:
"In
der Hauptapsis hinter dem prunkvollen Hochaltar steigen die drei Hauptfenster
empor, die bei einfallenden Sonnenstrahlen in Goldton leuchten und den Blick
jeden Kirchenbesuchers sofort nach Eintritt in das Gotteshaus auf sich ziehen.
Im
Spitzbogen des Mittelfensters thront über einem angedeuteten Regenbogen, dem
Zeichen des Bundes zwischen Gott und den Menschen, die Allerheiligste Dreifaltigkeit,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist in Gestalt einer Taube.
Auf dem
Regenbogen schweben in symbolischen Darstellungen die vier Evangelisten:
-
Markus als geflügelter Löwe
-
Matthäus als Adler
-
Johannes als Engel
-
Lukas als geflügelter Stier.
Unterhalb
des Bogens halten der Patron der Kirche, Bischof St. Bonifatius, und der Patron
des Bistums Limburg, St. Georg, die Wacht an Kirchenportalen.
In den
seitlichen Fenstern erinnern die eingefügten Rundbilder an die wichtigsten
Daten der Heilsgeschichte:
links (aus
dem alten Testament)
- Die Vertreibung aus dem Paradies
(Verstoßung des Menschengeschlechts)
- Isaaks
Opferung
(Vorbild des Vaters vieler Völker)
- Abraham und
Melchisedech
(Vorbild der Eucharistie)
rechts (aus
dem neuen Testament)
-
die Geburt Christi
(Annahme der Menschennatur)
-
derOpfertod Christi
(Gott Vater opfert seinen Sohn)
-
Jesus mit den Jüngern in Emmaus
(Vater des neuen Gottesvolkes)
und in den
Dreipaßformen dieser beiden Spitzfenster
links -
ein sich für seine Jungen opfernder Pelikan
rechts -
das Opfer des Lammes Gottes
Auf dem
großen, mittleren, zum Pfarrhaus hin befindlichen Mittelfenster erkennt man
- St.Johannnes d.T. im Büßergewand mit Kreuzstab
- St.Agnes vom Schwerte durchbohrt
- St.Katharina mit Zackenrad und Schwert
- St.Petrus mit Buch und Schlüssel
auf dem
gegenüber zu sehenden Mittelfenster
-
St.Jakobus d.Ältere mit Pilgermuschel
an Mütze
und
Stab
-
St.Magdalena mit einem Salbengefäß
-
St.Anna Selbdritt
-
St.Johannes mit Kelch, aus dem Schlangen
züngeln.
In das Maßwerk der Drei- und Vierpässe
eingefügte Bilder zeugen durch ihre Wiederholung im Kirchenraum von der großen
Verehrung der Gottesmutter durch die Gläubigen von Wirges zum Ende des 19.
Jahrhunderts. Sie führen durch das Leben Mariens:
links von -
Maria Verkündigung zu
-
Maria Empfängnis (Taube)
-
Maria Heimsuchung
- Christi Geburt
rechts zu -
Maria der Königin des Himmels und der Erde,
der Herrin des Kosmos, umgeben von den
zwischen Sonne, Mond und Sternen
schwebenden Symbolen der
vier Evangelisten.
In der
ehemaligen Marienkapelle (jetzige Taufkapelle) zeigen die beiden Fenster
Darstellungen aus dem Leben Marias und Josefs. In ihr stand der jetzt im linken
Seitenschiff befindliche Marienaltar.
Man erkennt
in den Fenstern
-
Mariens Vermählung
- die Flucht nach Ägypten
-
Marias Tod
- die hl.Familie in Nazareth
-
Josefs Tod
- Jesus im Tempel zu
Jerusalem
Der Heilige
in den Fenstern über dem Sebastiansaltar ist
-
St.Bernhard von Claireveaux, und zwar
als Cisterzienserabt mit dem Kreuz, den
Leidenswerkzeugen und der Dornenkrone in
der Hand, die Kreuzritter zum Kampf für
Christi Lehre aufrufend.
In einem
kleinen Gefach des Fensters über der Tür zur Sakristei tritt
- St.Barromäus im
Büßergewand, einen Strick
um den Hals, umhüllt von einem kardinalroten
Mantel, als Priester und Abt, für eine
Kirchenreform ein.
Ein
entsprechender Fensterausschnitt auf dem gegenüber befindlichen Fenster bringt
-
St.Sebastian mit Pfeilen beschossen in
ständige Erinnerung.
Alle
Heiligen auf den genannten Fenstern waren Namenspatrone von Angehörigen der
Stifterfamilien. Die Namen derselben stehen am unteren Rand der beiden großen
Fenster:
(links) -
Peter Neeb, Lehrer in Siershahn
-
Johannes Cramig, Pfarrer in Lorchhausen
(rechts) - Jacobus Diefenbach, Magister (Lehrer) in
Wirges
Jene hinter
dem Sebastiansaltar bezahlte
-
Peter Weiand II., Uster- oder auch
Klusterpitter genannt,
weil er
sich sehr um die Gründung der Schwesternnieder-lassung bemüht hatte."
[3]
Die
früheren Klarglasfenster wurden bei der Renovierung 1962/64 durch bunte
Ornamentfenster, die der Künstler Josef Jost aus Hattenheim/M. gestaltete,
ersetzt. Sie ergeben eine gelungene Synthese mit den alten Fenstern von 1887.
Auch die
klaren Rundfenster unter der Empore wurden 1964 durch Buntfenster ersetzt. Sie
erzählen von Begebenheiten des Alten Testamentes, die auf das Opfer des Neuen
Bundes hinweisen:
links vorne
- das Opfer Noahs
Im Hintergrund
Noahs Arche, darüber die
Taube mit
dem Ölzweig. Noah kniet vor einem zum Himmel steigenden Feuer. Als Zeichen des
Bundes zwischen Gott und den Menschen überspannt ein Regenbogen das Bild.
links hinten
- das Opfer Abrahams
Eine Hand
hält die zur Opferung seines
Sohnes bereite Hand Abrahams fest, die
andere
weist auf einen Widder.
rechts vorne
- das Opfer Moses
Nach der
Verkündigung der zehn Gebote
besprengt
Moses das Volk mit dem Blute des
Lammes als
Bundeszeichen.
rechts hinten
- das Opfer des Melchisedech
Melchisedech
bringt im Beisein von Abraham
Brot und
Wein dar. Dieses Opfer gilt als
alttestamentliches Zeichen, das im Opfer Jesu seine Erfüllung findet. [35]
1887
Noch im
Jahre 1887 schuf der "neugotische" Bildhauer und Maler Caspar Weis
aus Frankfurt den prunkvollen Hochaltar. Eine Beschreibung ist ebenfalls
entnommen aus "St. Bonifatius Wirges" von C.W.Schnell [35]:
"Der
Altar zeigt ein sehr schönes, hochaufsteigendes, feingliedriges Gesprenge. Eine
Auswahl von Heiligen der Litanei dieses Namens gruppiert sich, der
mittelalterlichen Feudalordnung entsprechend, um den Thron des (ausgesetzten)
Allerheiligsten, dem ein drehbarer Tabernakel diente.
Die Rangfolge
entsprach der Allerheiligen-Litanei. Leider wurden die Statuen nach der
Restaurierung 1962 nicht nach dieser, sondern "paarig" aufgestellt.
Sie stehen zur Zeit folgendermaßen:
obere Reihe: (von der Mitte aus nach links)
- St.Johannes mit
Kelch
- St.Bartholomäus mit Messer
- die Mutter Jesu
- St.Josef
- St.Franziskus in Mönchskutte mit
Wundmalen
- St.Georg mit Drachen und
Schwert
- St.Laurentius als Diakon mit Rost
- St.Hildegard Kaiserin
mit Krone
od.St.Hildegunde den Bischofsstab
reichend
untere Reihe: (wie oben)
- St.Hieronimus Kirchenlehrer mit
od.Karl Barromäus Buch ohne Druck
- Alexander od. Papst mit Tiara und
Gregord.Gr. oder dreifachem
Leo I. bzw. Sixtus Kreuzstab
- St.Jakobus d.Ältere(?) mit Keule
- St.Thomas mit rechts
abgestrecktem
Winkel
- St.Hildegard v.Bingen Äbtissin mit Stab
und
Buch
- St.Mechtild v. Helfta Seherin mit
od.Hackeborn Adelskrone
und
Buch
- St.Barbara Verehrerin der
hl.Eucharistie
mit
mehrstöckigem
Turm,
eine
Monstranz im
Fenster
obere Reihe (von der Mitte aus nach rechts)
- St.Paulus mit dem Schwert
- St.Matthäus mit langem Bart; Schwert fehlt
- St.Petrus mit Schlüssel
- St.Simon mit Säge
- St.Johannes d.Täufer in Fellkleid mit
Kreuzstab
- St.Antonius v.Padua Prediger/Mönch;
Franziskaner
mit
Rosenkranz, Kind
tragend
- St.Dominikus Prediger/Mönch mit
Lilie
- St.Helena Kaiserin mit Kreuz
untere Reihe (wie oben)
- St.Philippus mit Kreuzstab
- St.Thaddäus mit Lanze und
Hellebarde
- St.Andreas mit Andreaskreuz
- St.Jakobus d.Ältere mit schwarzem
Mantel
und
Pilgermuschel
- St.Benedikt Abt mit weißem
Habit
und
schwarzem
Mantel
- St.Katharina von Seherin mit
Alexandrien Zackenrad und
und
Schwert
- St.Anna das Kind belehrend
- St.Clara Verehrerin der
hl.Eucharistie
in
Clarissinnentracht
mit
Monstranz
In der Predella, dem Unterbau des Altarschreines, stehen folgende
Figurengruppen:
(links) - Maria bei Mutter
Anna
- Josef mit Maria und dem Kind
(rechts) - Die drei Könige, dem Kind in der Krippe
huldigend
Zwei große Gemälde schmücken die Rückseiten der Flügeltüren:
(links) - Die Verkündigung des Erlösers
(rechts) - Die Krönung Marias
Die Anschaffungskosten des Hochaltares einschließlich der Mensa betrugen
7 200 Mark."
1890-1891
Der Bildhauer Caspar Weis schuf auch den heute im linken Seitenschiff
befindlichen Marienaltar, der von 1891 bis 1962 in der jetzigen Taufkapelle
stand, - ein weiteres schönes Stück gediegener Bildhauerarbeit. Der Name des
Künstlers und ein Bittgebet sind in die Predella eingekerbt: "Meister
dieses Werkes, bitt Gott für ihn! 1891" [35]
In der Mitte des Altarschreines steht mit königlichem Diadem
-
"Maria Dei Genitrix"
die hl.Gottesgebärerin, die das Kind und ein Zepter trägt.
Ihr zur Seite drückt
- St. Franziskus das Kreuz in
Verzückung an
sich,
- St. Antonius predigt den Fischen.
Die Altarstaffel enthält drei Büsten:
- St.Bernhard vom
Claireveaux,
als Minnesänger unserer Lieben Frau
(oder nach anderer Deutung)
- St.Bernhard von
Morlus,
dem das Lied "Aller Tage
sing und sage"
zugeschrieben wird
oder
- St.Casimir von Polen,
dem man den Text, nicht aber den
Hymnus
des Liedes zuschreibt, dessen
Anfang auf der
kleinen Tafel zu lesen ist.
- St. Maria
Allacoque,
die salesianische
Herz-Jesu-Verehrerin;
sie hält in ihrer Hand ein von
einem Kreuz
überhöhtes, flammendes Herz und
- St.Dominikus,
der als Urheber des
Rosenkranzgebetes gilt.
Die beiden Altarflügel sind hochreliefartig ausgefüllt mit Darstellungen
aus dem Leben Marias:
- Die Darstellung Mariens im Tempel
- Die Weihe der Jungfrau
Auch die Rückseiten sind derart gestaltet:
- St.Nikolaus, als Bischof
mit Stab und
einem
Buch, auf dem drei
Kugeln
zu erkennen sind
- St.Helena mit der
Kaiserkrone und dem
aufgefundenen
Kreuz.
Das schöne Gesprenge des Marienaltares, das dem des Hochaltares gleich
war, konnte bei der Restaurierung 1962 wegen allzu starkem Wurmfraß nicht mehr
erhalten werden. Dagegen wurde der
- Schmerzensmann,
der in dem Gesprenge stand, restauriert. Er steht jetzt hinten im
Kirchenschiff auf einem kleinen Altar.
Bei seiner Anschaffung kostete der ganze Marienaltar 2700 Mark.
Eine dritte Arbeit desselben Bildhauers ist der zwar einfacher gehaltene,
aber dennoch sehr schöne Josefsaltar mit der Statue
- Josefs, des Nährvaters in der
Mitte
und zwei Hochreliefs:
- die Flucht nach Ägypten
- die hl.Familie in
Nazareth. [3]
Weitere Altäre, die nach der Fertigstellung in der neuen Kirche ihren
Platz fanden, waren der Herz-Jesu-Altar aus Holz mit Terrakotta-Statue (1890)
und der St.-Josefs-Altar (1891). Die von Bildhauer Weis angefertigten schönen Altäre
der hl. Muttergottes und des hl. Josefs kosteten zusammen 7000 Mark zuzüglich
484 Mark für die Mensa des Josefsaltares. Die Kosten wurden durch Spenden finanziert.
[32]
Der Gestalter des Hochaltares, des Marien- und Josefsaltares, Caspar
Weis, war ein heute anerkannter bedeutender Bildhauer und Maler der Neugotik.
1849 in Mehring/Mosel geboren, gründete C.Weis nach langen Lehr- und
Wanderjahren in Frankfurt/M. ein Atelier für christliche Kunst. Für seine
Verdienste um diese verlieh ihm Papst Pius X. den Orden "Pro ecclesia et
pontifex". In mehr als 20 Orten stehen außer anderen Werken ca. 30 große
Altäre, so z.B. in den Stadtkirchen von Limburg und Montabaur.
In Frankfurt schuf C.Weis fast die gesamte Ausstattung der
Deutschordenskirche zu der Zeit, als Johann Diefenbach dort Inspektor und
Pfarrer war. Dabei entstand zwischen den beiden Persönlichkeiten eine feste
Freundschaft. Dem großen Einfluss des Geistlichen Rates J. Diefenbach, den
derselbe in Wirges ausübte, ist denn auch zuzuschreiben, dass C. Weis mit der
Gestaltung der Altäre für den neu erbauten Westerwälder Dom beauftragt wurde.
Auf die enge Verbundenheit der beiden weist auch das Bildwerk "Die
Beweinung Christi" in der kleinen Kapelle des jetzt aufgelassenen
Nordfriedhofes hin. C.Weis schenkte es 1910 seinem Freund Diefenbach zur Ausschmückung
des Familiengrabmals der Diefenbachs. [35]
1889/09/26
Am 26.09.1889 starb der Krugbäcker Wilhelm Gerz, der nach dem Tod von
Pfarrer Prötz im März 1979 bis zur Wiederbesetzung der Pfarrei Wirges durch
Pfarrer Feldmann im Oktober 1886, in der Zeit, da die Wirgeser Pfarrstelle
wegen des Kulturkampfes und des Exils des Limburger Bischofs verwaist war und
die wesentlichen Entscheiungen und Arbeiten beim Bau der neuen Pfarrkirche anfielen,
Vorsitzender des Kirchenvorstandes gewesen war und der sich große Verdienste um
den Bau des ´Westerwälder Domes´ erworben hatte.
Sein Grab
links vor der Kapelle des alten Wirgeser Friedhofes, in seiner Art das älteste
erhaltene Grab in Wirges, blieb auf Beschluss des Stadtrates von Wirges vom
26.08.1982 bei der Einebnung des südlichen Grabfeldes im Jahre 1982 erhalten.
1889/10/01-1898/10/01
Am 1.10.1889 wurde Adam Sturm Pfarrer von Wirges, nachdem Pfarrer
Feldmann dieses Amt im gleichen Jahr abgegeben hatte. Pfarrer Sturm blieb bis
zum 1. Oktober 1898 Pfarrer von Wirges. [7]
Während der Amtszeit von Pfarrer Sturm wurde ein Bauernverein mit einer Darlehenskasse zur Hebung der
Landwirtschaft gegründet. Vorsitzende waren später u.a. "Wissemüllersch
Matthes" und "Trumms Schorch". [20]
1890
1890 zersprang die kleine Glocke "Sancta Susanna" beim Totenläuten
anlässlich des Ablebens der Kaiserin Augusta Victoria. Sie wurde daraufhin
durch den Glockengießer Hermann in Frankental umgegossen und ebenfalls auf den
Namen "Sancta Susanna" geweiht. Ansonsten blieb das alte dreistimmige
Glockengeläut der Kirche erhalten und erklang weiterhin von dem neuen Kirchturm
über das Land. [3]
Bei jener Gelegenheit wurde auch der Glockenstuhl umgebaut und
festgestellt, dass eine Instandsetzung des Kirchturms erforderlich sei.
Diözesanbaumeister Meckel erstellte ein Gutachten, wonach die Kosten auf 3000
bis 10 000 Mark geschätzt wurden.
1890
Unter Pfarrer Sturm begann sich im Jahre 1890 Dernbach als 1. Filialort
von der Pfarrei Wirges zu lösen und wurde selbständige Pfarrvikarie.
Eine Aufteilung des Kirchspieles von Wirges war wegen des Anwachsens der
Anzahl der Gläubigen schon seit langem geplant. So befindet sich eine nach der
Landkarte von Nassau angefertigte Skizze im Hessischen Staatsarchiv in
Wiesbaden, wonach beabsichtigt war, die Orte Dernbach, Moschheim, evtl.
Bannberscheid sowie Ötzingen und Hosten aus der Pfarrei Wirges zu lösen. Dernbach
sollte selbständige Pfarrei werden, Moschheim und evtl. Bannberscheid sollten
zu Boden kommen. Helferskirchen erhielt danach Ötzingen und Hosten, während Staudt,
Ebernhahn, Siershahn und evtl. Bannberscheid zunächst bei Wirges verbleiben
sollten. [36]
In diesem Jahr wurde auch zum letztenmal die Bittprozession am Dienstag
in der Bittwoche von der Pfarrkirche zu Wirges nach Dernbach geführt.
Sie kam über das "Stöckelche", wurde am "Heiligenhäus-chen"
von den Dernbachern in Prozession abgeholt und zur Laurentiuskapelle geleitet,
wo das Bittamt gehalten wurde. Nach demselben fanden die Bäcker, die sich vor
der Kapelle aufgestellt hatten und Weck verkauften, besonders von den Kindern
reichen Zuspruch. Diese Bittprozession fand wohl lange Zeit hindurch
alljährlich in dieser Weise statt mit dem Anliegen, eine eigene Pfarrkirche mit
selbständiger Pfarrei zu erbitten. [8]
1890/10/11
Am 11.10.1890 bekam Dernbach einen eigenen Pfarrvikar.
Auch ein eigener Friedhof für
Dernbach wurde noch im gleichen Jahr angelegt, während die Dernbacher vorher in
Wirges begraben wurden. Der Flurname "Leichenrast" in der Nähe des Grenzweges
erinnert heute noch daran, dass der Leichenzug dort Rast machte. Die ältere Bezeichnung
"Leichenrast" an der Straße nach Montabaur stammt noch aus der Zeit,
da der Trauerzug von Dernbach nach Wirges diesen Weg nahm.
1890
Im gleichen Jahr, als die Pfarrfiliale Dernbach von der Mutterpfarrei
abgetrennt wurde, erkannte der Heilige Stuhl zu Rom die Kongregation der
"Armen Dienstmägde Jesu Christi" und ihre Konstitution endgültig an.
Diese bestand inzwischen aus annähernd 2000 Schwestern, die in 166 europäischen
und 27 nordamerikanischen Niederlassungen segensreich wirkten.
ab 1891/05
Die Loslösung Dernbachs von der Pfarrei Wirges hatte auch zur Folge, dass
ab 1891 am Feste Christi Himmelfahrt die früher zur Laurentiuskapelle nach
Dernbach stattfindende "Pestprozession" nun alljährlich zum Steimelskapellchen
zog. [35]
Die Fronleichnamsprozession, die bis zu dieser Zeit als Flurprozession
mit einem tragbaren Altar begangen worden war, nahm ab jener Zeit einen neuen
Weg, u.z. von der Kirche durch die Siershahner-, Kapellen-, Brücken-, Bach-,
Linden-, Friedrich- und damalige Haupt-Straße zurück ins Gotteshaus.
Den Weg der Prozession schmückten Tannengirlanden, die sich an mit
Fähnchen geschmückten Pfählen entlang rankten. Die Pfähle waren ebenfalls mit
Tannengrün umwickelt und in späterer Zeit mehr und mehr weiß gestrichen. Von
allen Häusern wehten die Fahnen, und vor vielen Häusern standen, von Blumen
umgeben, Hausaltärchen. Am Boden davor waren oft kunstvolle Blumenteppiche
gelegt.
Zu den 4 Segenserteilungen bauten Nachbarschaften reich geschmückte
Altäre, den 1. an der Stelle des heutigen Kapellchen an der Ecke
Siershahnerstraße/ Kapel-lenstraße, den 2. "an der Tränk", wo an der
Nordstraße der Stationenweg zum Steimel begann, den 3. "an der Unnerbach" Kreuzung
Friedenstraße/Bachstraße und den 4. bei den Dernbacher Schwestern in der
Hauptstraße.
Mitglieder des Kirchenvorstandes begleiteten das Allerheiligste, die
Vereine gingen mit ihren Fahnen mit. In der Mitte der beidseitigen Doppelreihen
der Gläubigen gingen klassenweise die Schulkinder, begleitet von den Lehrpersonen.
Die Kleinkinder trugen kleine mit Christus- und Heiligenbildern geschmückte
Fähnchen und streuten Blumen. [35]
1892
Im Jahre 1892, wurde am Malberg neben der Quelle am "Helje
Burn" das Malbergkapellchen, als Marienkirchlein, gebaut. [9]
Schon vorher hatte man an dieser Stelle, an der sich das Wasser einer
kleinen Quelle in dem natürlichen Becken eines großen Malbergfelsens sammelt
und selbst in trockenen Sommern nicht versiegt, einen Bildstock errichtet. In
früheren Jahren gingen die Mädchen der Umgebung am Ostersonntag dorthin und
wuschen sich ihre Gesichter, um schön zu bleiben. Auch bei Augenleiden und Fieber
sagte man dem Wasser der Quelle Heilkräfte nach.
Die Pieta in der Kapelle stammt aus Leuterod. Heute künden im Innern der
Kapelle Votivtafeln von Gebetserhörungen. Seit Ende des 2.Weltkrieges
wallfahren die Moschheimer, aber auch Gläubige der Nachbarorte, am Himmelfahrtstage
zu diesem Kapellchen aus Dank, dass ihre Orte von Bombenabwürfen verschont
geblieben sind. [35]
1894
An der neuen Kirche wurden die
ersten Instandsetzungsarbeiten erforderlich.
Am 17.06.1894 beschloss der Kirchenvorstand die Restaurierung des
Kirchturms und die Anbringung eines Blitzableiters. Die Ausführung übernahm der
Dachdecker Hellbach aus Limburg. [32]
1895/Herbst
Im Herbst 1895 wurden 2 Türen an den Zugängen zur Bühne angebracht. Drei
Kirchentüren im Schiff wurden durch Kunstschreiner Herkenroth aus
Marienrachdorf umgesetzt (Turm- und Seitentüren).
1895
In Wirges wird im Jahre 1895 von den Dernbacher Schwestern an der Stelle des
späteren Kindergartens die erste Kinderbewahrschule errichtet, die bereits ein
Jahr später der 2. Kinderbewahrschule weichen musste. [27]
1895
In Leuterod wird 1895 ein eigener Vikar eingestellt.
1895-1896
In den Jahren 1895/96 wird unter Pfarrer Sturm das jetzige Pfarrhaus
erbaut. Geistlicher Rat Diefenbach schreibt:
"Das neue Pfarrhaus dürfte das 3. sein wie die Kirche, nachdem im
Schwedenkrieg das älteste und erste niedergebrannt war." [1]
1895-1896
1895/96 erhielt auch Bannberscheid eine eigene Kapelle. Im Jahre 1895 hatten am Platze der jetzigen Kirche Bürgermeister
Johann Adam Hehl (genannt Hansam), Christian Reckenthäler, Andreas Keil u.a.
auf privatem Grund eine Kapelle zu Ehren der "Maria, Hilfe der
Christen" erbaut, die sie später der Zivilgemeinde überschrieben, welche
sie dann nach der Bildung der Kapellengemeinde dieser übereignete. Bis 1938
fanden in dieser Kapelle nur vereinzelt Gottesdienste statt. [35]
1896
1896 wurden 3 neue Monstranzen und 4 Kelche für 5000 Mark erworben. Die
wertvolle neugotische Monstranz fertigte der Goldschmied P.Oediger aus Krefeld
an.
Folgende Darstellungen sind auf ihr eingraviert:
-
auf ihrer Fußsäule die Heiligen Anna, Elisabeth,
Rosa von Lima, Barbara, Aloysius und Augustinus
- an ihrem Schaft symbolische Darstellungen bezüglich
des Altarsakramentes: Hirsch, Adler, Phönix,
Pelikan,
Löwe und Lamm.
-
neben der Lunula: den Kirchenpatron St. Bonifatius
und den Nebenpatron St. Sebastian
-
auf den Seitenstücken: den Evangelisten Johannes
und St.Josef
-
auf anhängenden kleinen Medaillons:
St.Klara und St.Helena
-
dazu viele anbetende und musizierende Engel.
1896/08/11
Der Nassauer Bote, die damalige Tageszeitung berichtetam 11. August 1896 von
dieser Monstranz und zollt den Pfarrkindern von Wirges größten Dank und
Anerkennung zu ihrer "unversiegbaren Freigiebigkeit", die es möglich
gemacht hatte, nach der erst wenige Jahre zuvor erfolgten Beschaffung der
herrlichen Altäre des Domes Gott im Sakramente eine so herrliche Wohnstätte zu
schaffen. Sie schließt mit dem Wunsche, dass der "gute, alte, katholische
Geist" der Pfarrei auch in aller Zeit fortbestehen möge.
Waren doch für die Beschaffung dieser Monstranz 2700 Mark gespendet worden,
damals ein Vermögen. Die neue Monstranz wurde von jenem Jahre an auch zu den
Fronleichnamsprozessionen benutzt. [35]
1897/08/03
Nachdem Dernbach im Jahre 1890 als 1. Filialort aus der Pfarrei Wirges
ausgeschieden war, wurden als nächste Filialorte am 3. August 1897 Leuterod und
Ötzingen von der Pfarrei Wirges abgetrennt. In Leuterod war schon
1885/1886 eine eigene Kirche gebaut und
seit 1895 auch ein eigener Vikar eingestellt worden. [7]
1898/02/02
Am 2. Februar 1898 stirbt die Gründerin der Dernbacher Schwestern, die
"Ehrwürdige Mutter" Katharina Kasper, im 78. Lebensjahr. Sie wird
unter großer Anteilnahme des inzwischen auf über 2000 Schwestern angewachsenen
Ordens und der gesamten Bevölkerung am 5. Februar 1898 in Dernbach begraben. [8]
1898/11/01-1938/03/01
Am 1. November 1898 übernimmt Dr. Josef Ignaz Luschberger die Pfarrei
Wirges, nachdem Pfarrer Adam Sturm sich aus Altersgründen nach Koblenz
zurückgezogen hatte. Dr. Luschberger bleibt als Dekan und Geistlicher Rat bis
1.März 1938 Pfarrer von Wirges [7]. Er übt bis 1912(?) auch
noch das Amt des Schulinspektors aus.
nach 1898/11
Er begann seine Amtstätigkeit mit einer Missionierung der Pfarrei durch
Jesuitenpater Bahlmann. Das kirchliche Leben nahm unter ihm einen kräftigen Aufschwung.
1899
Unter ihm gründeten die Dernbacher Schwestern im Jahre 1899 im
Zusammenhang mit dem Kindergarten im jetzigen Schwesternhaus eine feste
Niederlassung. Sie betreuten nicht nur die Kinder, sondern unterhielten auch
eine Nähschule und betätigten sich in der Krankenpflege. [1]
Die im Mutterhaus lebenden Schwestern hatten sich von Anfang an nicht nur
in Dernbach, sondern auch in Wirges und den anderen Nachbarorten aller Nöte der
Bewohner angenommen. In Wirges konnten
sie aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr alle Wünsche erfüllen. Der
durch die beginnende Industrialisierung des Ortes bedingte starke Zuzug von
Glasfacharbeitern mit ihren Familien verlangte dringend nach einer örtlichen
Schwesternniederlassung. Der erste Schritt dazu war bereits 1897 getan worden:
Die Eheleute Peter Weyand stifteten zu diesem Zwecke ihr Anwesen und
Ländereien mit dem Vorbehalt, dass sie zwei Zimmer als Wohnung behielten und in
ihren alten Tagen, besonders bei Krankheit Pflege bekamen. Die Schenkung an die
Kirchengemeinde wurde notariell vollzogen, auch die bischöfliche Behörde war
einverstanden. Die erforderliche Genehmigung der Stiftung durch den Staat
erhielten die Schwestern 1899. Seine Majestät Wilhelm II. hatte sie am
24.10.1898 während seiner Reise ins "Heilige Land" an Bord
des Schiffes "Hohenzollern" vor der Insel Rhodos unterzeichnet.
ab
1899/08/16
Als
Gründungstag der Wirgeser Niederlassung gilt der 16.08.1899, obwohl man wissen
muss, dass schon seit 1897 drei Schwestern in Wirges regelmäßig in der Krankenpflege
tätig waren.
Durch Umbau
des bäuerlichen Anwesens an der heutigen Dr. Luschberger Straße entstanden aus
Stall und Scheune nicht nur eine Verwahr- und Nähschule, sondern auch eine
kleine Kapelle. Der Stifter des Hauses, auch "Ustersch- oder
Klusterpitter" genannt, verstarb am 01.03.1907. Seine Frau Anna, geb.
Alef, folgte ihm am 15.03.1911 in die Ewigkeit.
In den
Folgejahren pflegten die "Wirgeser Schwestern" jährlich etwa 400
Kranke und hielten unzählige Nachtwachen. Täglich besuchten etwa 70 bis 80
Kinder die Verwahrschule und ca. 15 Mädchen die Nähschule der Schwestern. [35]
1899
1899 wurde
auch der Gesellenverein, die heutige Kolpingsfamilie, gegründet. Der 1. Präses
des Gesellenvereins, wie der Kolpingsverein damals noch hieß, war Kaplan
Bill, der im Juli 1899 sein Amt in Wirges angetreten hatte. [20]
[35]
Ebenso
gründete Pfr. Dr. Luschberger den kath. Arbeiterverein Wirges zur Bekämpfung
der sozialen Notstände, der bis zum 1. Weltkrieg existierte. Sein letzter
Vorsitzender war Peter Schlotter. [1] [25]
ab 1899
Wie rege
das kirchliche Leben in jenen Jahren war, zeigen weiterhin die Gründung des
"Marienvereins", des
"kath. Jünglingsvereins", des Müttervereins, eines Lesevereines (später
Borromäusverein genannt), des Vereins für das katholische Deutschland und des
Bonifatiusvereins.
Der
Bonifatiusverein hatte keine eigene Ortsgruppe. Seine Mitglieder waren nur fördernde Mitglieder zur Unterstützung
von Diasporagemeinden in Deutschland. Der Volksverein für das kath. Deutschland
lieferte regelmäßig Schriften, stellte Referenten für Vorträge und bildete in
Seminaren Führungskräfte für den Arbeiterverein und die katholische Zentrums-Partei
aus. Der Leseverein sorgte für guten Lesestoff und schuf eine Leihbücherei, die
sich zuerst im Hause des Anton Kuch, dann im Pfarrhaus und heute im Jugendheim
befindet.
Die
"Marianische Kongregation", so der eigentliche Name des
Marienvereins, wurde 1909 gegründet. Die Führung lag ganz in den Händen der
damals in Wirges tätigen "Dernbacher Schwestern". Sie versammelten
allsonntäglich nachmittags die unverheirateten Mädchen und formten diese durch
religiöse Betrachtungen, Gebet, Spiel und Volkstanz, nicht zuletzt durch
kreatives Gestalten (Anfertigen von Paramenten und Laienspiel) in christlichem
Sinne.
Im
"Jünglingsverein", der zur gleichen Zeit entstand, wurde unter
Leitung eines der Kapläne und von Lehrern die heranwachsende männliche Jugend
in ähnlicher Weise betreut.
1899/09
Der frühere Pfarrer von Wirges Adam Sturm stirbt am 16. September 1899 in
Koblenz. Er wird am 19. September 1899 in Meudt begraben. [7]
1900
1900
eröffneten die Dernbacher Schwestern für den oberen Ortsteil in der Nähe des
Dornbergs einen weiteren Kindergarten. Auch wurde 1900 eine 2.
Schwesternstation in der Hochstr. 7 gegründet, von wo sie 1925 in das Haus
"Am Dornberg 8" umsiedelte. [2]
ab 1901
In Dernbach
selbst baute man im Jahre 1901 eine eigene Kirche, bei welcher Gelegenheit man
leider die Laurentiuskapelle abriss.
Doch es
dauerte noch bis zum 1.3.1914, bis Dernbach entgültig aus der Pfarrei Wirges
ausschied und eine eigene unabhängige Pfarrei wurde. [21]
Die
Filialen Bannberscheid, Moschheim und Staudt wurden 1901 zu Kapellengemeinden
erhoben und durften ab 1912 das Allerheiligste Altarsakrament in ihren Gotteshäusern
aufbewahren., blieben aber bis heute bei der Mutterpfarrei.
Die
Verstorbenen dieser Kapellengemeinden wurden in der Folge, nachdem in den Jahren 1907 in Staudt, 1908 in
Bannberscheid und 1910 in Moschheim eigene Friedhöfe angelegt worden waren,
nicht mehr in Wirges sondern auf den eigenen neuen Friedhöfen beigesetzt. [35]
1904/07
Im Juli 1904 wurde ein elektrischer Antrieb für die Orgel eingebaut. Den
dazu erforderlichen Strom lieferte das 1898 in Betrieb genommene E-Werk des Sägebetriebes
Adam Marx. [32]
1905
Im Jahre
1905 löst sich Siershahn als Filialgemeinde von Wirges ab und wird selbständige
Pfarrei. [7]
1905-ca.1920
Die
Wirgeser Kirche wird im selben Jahr von dem Frankfurter Kirchenmaler August
Adam Potthast im "Jugendstil" ausgemalt, nachdem bereits im Februar
1903 ein Entwurf für die Ausmalung des Chores eingereicht worden war. Die Kosten
beliefen sich auf 36.000 Mark.
In dieser
Zeit entstehen von demselben Maler die sämtlich auf Kupferblech im
"Nazarener Stil" gemalten Bilder:
-
zwölf Bilder der Apostel im Obergaden
- zwei Darstellungen aus dem
Leben des
hl.Bonifatius, die heute zu beiden Seiten des
Ausganges hängen.
Ursprünglich
hingen sie in den Seitenschiffen über den Nebenältären.
- die Taufe Jesu im Jordan
durch Johannes den
Täufer.
Dieses
Gemälde bildete den Hintergrund der Taufkapelle in der Nische auf der
rechten Seite des Schiffes; das Bild wurde nach dem 1.Weltkrieg 1923 wegen
seines damals verpönten "unkünstlerischen Stiles" verschrottet.
Verschollen
ist auch das ebenso große Bild
- Christus Triumphator,
das sich
hoch oben über der rechten Apside befand. [3]
Die 1905
ausgesparten Felder auf den Wandflächen im Chorraum und auf den vorderen
Halbpfeilern wurden nach dem 1. Weltkrieg von Kirchenmaler Pfarrer A.Gessner
und dem Kirchenmaler Busalt aus Limburg in Kalkputzmalerei ausgefüllt, und zwar
-
die Hochzeit zu Kanaan
-
das Opfer des Melchisedech
-
die vierzehn Nothelfer
-
die Opferung Isaaks
-
Jesus mit den Jüngern in Emmaus
-
die Bergpredigt
-
St. Agnes
-
St.Christophorus
(Leider
wurden diese Bilder bei der Innenrenovierung von 1963 übermalt.)
Vor den Halbsäulen standen Figuren der hl.
Theresia vom Kinde Jesu und des hl. Aloysius.
Die gemalten Ölbilder der Kreuzwegstationen
kopierte A.Gessner, Limburg, nach Originalen von Prof. Martin Feuerstein aus
München. [35]
Eine
weitere Ausmalung erfuhr die Kirche im Jahre 1911. In diesem Jahr wurde auch
eine Dampfheizung in der Kirche installiert.[32]
1909-1911
1909 führt
Pfarrer Dr. Luschberger in Wirges die Frühkommunion ein, nachdem Papst Pius X.
die Kommuniondekrete erlassen hatte. In diesem Jahr gingen die 12-jährigen am
Weißen Sonntag zur Erstkommunion, während die 9-jährigen zu Pfingsten die hl.
Kommunion empfingen. [7] [20]
Zwei Jahre
später, vom 28. Oktober bis 5. November 1911, ließ Pfarrer Dr. Luschberger
durch 2 Pallotiner-Patres eine eucharistische Woche abhalten, womit der
eucharistischen Bewegung weiterer Auftrieb gegeben und der häufigere Empfang
der hl. Kommunion grundgelegt wurde. Beteiligten sich an der ersten von ihm
veranstalteten Volksmission nur Alteingesessene aus dem alten Kirchspiel, so
nahmen an der zweiten zu seiner großen Freude auch viele Katholiken des oberen
Ortsteiles teil. [7] [35]
ab 1910
Im Jahre
1910 wurde die Friedhofskapelle auf dem alten Wirgeser Friedhof gebaut. An
ihrer Stelle stand vordem ein großes Holzkreuz mit Korpus, eingerahmt von zwei
Tannen. Die Kapelle wurde als Familiengruft von der Familie Diefenbach
gestiftet und sollte für alle künftigen in Wirges versterbenden Pfarrer als
Grabstätte dienen. Die Steine stammten vom Steinbruch am "Hölzbrich".
Zur künstlerischen Ausgestaltung schenkte der Bildhauer C.Weis dem mit ihm
befreundeten Geistlichen Rat Johann Diefenbach den sehr sorgfältig
ausgearbeiteten Entwurf der" Beweinung Christi" der VI. Station eines
"Leidensweges der sieben Schmerzen Mariens", der für den Wallfahrtsweg
zum Allerheiligenberg in Niederlahnstein vorgesehen war. (Doch nur die VII.
Station wurde von C.Weis in Stein gehauen und steht heute in einer Grotte auf
dem Allerheiligenberg.) [3]
Am 28.
November 1911 stirbt der Geistliche Rat Johann Diefenbach in Eltville. Er wird
am 1. Dezember 1911 in der Friedhofskapelle des jetzigen Nordfriedhofes
beigesetzt. Pfr. Dr. Luschberger hielt im Beisein vieler anderer Kleriker das
Traueramt. Die Kirche fasste nicht die Trauergemeinde. Die Gläubigen standen
teilweise auf dem Kirchenvorplatz. Alle Schulkinder nahmen an der Beerdigung
teil. Sie bildeten einen Trauerzug von der Schule bis zur Kirche. Die älteren
Kinder trugen Sträuße, die Kommunionkinder Kerzen in den Händen, die der kalte
Dezemberwind jedoch allzu oft ausblies. Während der Beisetzung läuteten alle Glocken.
[20]
Mit dem
Geistlichen Rat Diefenbach, einem der Söhne des von 1824 bis 1871 in Wirges
amtierenden Lehrers Jacob Diefenbach, der zwar nie direkt als Seelsorger in Wirges
gewirkt hatte, - er war zuletzt Administrator und Inspektor des
Deutsch-Ordensconvents zu Frankfurt/M.-Sachsen-hausen-, und der wie kaum ein
anderer an seinem Heimatort hing und so vieles für die Pfarrei und den Ort Wirges
getan hatte, sank gleichsam ein Teil des alten Wirges, das inzwischen mehr und
mehr von einem neuen Geiste erfasst wurde, mit ins Grab.
Neben dem
Geistlichen Rat Diefenbach fanden in der Friedhofskapelle des Nordfriedhofs
auch die Wirgeser Pfarrer Josef Klau (+1868) und Pfarrer Peter Prötz (+1879)
sowie sein Vater, der Lehrer Jacob Diefenbach, und sein Bruder, der Kaplan
Kaspar Diefenbach, ihre letzte Ruhestätte. Die vor dem Bau der Friedhofskapelle
Verstorbenen waren zunächst in Normalgräbern im Bereich der Kapelle bestattet
und wurden in die Kapelle umgebettet. Die alten Grabsteine wurden in die Wände
der Friedhofskapelle eingefügt und halten so die Erinnerung an jene bedeutenden
Wirgeser des 19. Jahrhunderts wach. [20]
Die jetzt
im Besitz der Zivilgemeinde Wirges befindliche Friedhofskapelle wurde von
dieser renoviert und im Februar 1987 durch eine Rechtsverordnung der Kreisverwaltung
einschließlich der Plastik von C. Weis und eines Stückes der alten
Friedhofsmauer unter Denkmalschutz gestellt. [35]
ab 1910
Unter
Geistl.Rat Dr. Luschberger bildete sich aus den stillen Freunden des Steimels
eine Gebetsgemeinschaft, die sich auch des Steimels pflegerisch annahm und zum
"Steimelverein" wurde. Dieser ließ 1910 die Steimelskapelle
gründlich überholen und vom späteren Ehrenbürger von Wirges, Peter Munsch, dem
Stil der Domausschmückung angepasst, im Jugendstil ausmalen. Leider wurde
später wieder alles übertüncht.
Gleichzeitig
erhielt das Kapellchen im Austausch mit einer unansehnlich gewordenen Maria-Königin-Statue
eine "Schmerzhafte Muttergottes", hergestellt von dem Maler und Bildhauer
Josef Henke aus Den Haag, der mütterlicherseits von Wirges stammte. Mitglieder
des Lesevereines trugen diese Plastik in feierlicher Prozession von der
Pfarrkirche aus hinauf zur Kapelle. Auch ein großes Kreuz für die Stirnwand der
Kapelle und die Statuen des hl. Josef mit dem Kinde und des hl. Judas Thaddäus
wurden später (1928) gestiftet. [35]
Neben der
Steimelskapelle und der bereits erwähnten Friedhofskapelle wurde zu jener Zeit
in Wirges noch eine weitere kleine Kapelle errichtet, und zwar das Kapellchen
an der Siershahner Straße. Diese kleinste der Wirgeser Kapellen wurde von dem Gemeinderechner
Josef Gerz I. gemeinsam mit Verwandten auf seinem Wohngrundstück, das zu jener
Zeit am Rande des Dorfes lag, erbaut. Vermutlich sollte ein Anlaufpunkt für
die Fronleichnamsprozessionen geschaffen werden.
An dieser
Dorfecke wurde in der Folge bei der alljährlichen Fronleichnamsprozession der
1.sakramentale Segen erteilt. Das Kapellchen gab der talabwärts führenden
Straße den Namen "Kapellenstraße". [35]
Zu erwähnen
ist auch noch die Lourdesgrotte, die Gstl. Rat Dr. Luschberger aus Anlass der
Einsetzung des "Festes der Erscheinung von Lourdes" durch Papst Pius
X. (1903-1922) zunächst am hinteren Ende des ehemaligen Kirchhofes mit der
Rückwand zum Haus Schneider stehend errichten ließ. An einer, wie sich in der
Folgezeit erwies, ungünstigen Stelle. Gehörten doch die entlang der Obergass
liegenden Gärtchen noch den gegenüberliegenden Anwohnern und erschwerten nicht
nur den Zugang zur Grotte, sondern auch zu dem seitlichen Eingang zur Kirche.
Die Grotte wurde daher später (1931) an der jetzigen Stelle zwischen Pfarrhaus
und Kirche neu errichtet. [35]
1914
Die Zeichen
der Zeit standen auf Sturm. Man hatte in Europa allerorts einen glühenden
Nationalismus geschürt und selbst die kirchlichen Kreise waren davon teilweise
angesteckt.
Als in
Sarajewo ein Schuss fällt und den österreichischen Tronfolger tötet, denkt
allerdings in dem zu bescheidenem Wohlstand aufstrebenden Wirges noch niemand
daran, dass damit eine schwere Zeit, vielleicht die schwerste Zeit für Wirges
seit dem 30-jährigen Krieg anbricht.
1914-1915
Der Beginn des 1. Weltkrieges ist für Wirges noch relativ ruhig. Doch ein Jahr
später sind schon viele Wirgeser an der Front gefallen und in Dernbach sind
viele Verwundete im Krankenhaus untergebracht, die von den Dernbacher
Schwestern betreut werden.
1916/08/20
Dennoch
lässt man sich in Wirges nicht abhalten, Feste zu feiern. Am 20. August 1916
wird der Grundstein für das Jugendheim in der Siershahner Str. gelegt. Die vom
Krieg unmittelbar Betroffenen sehen die Dinge jedoch durchaus kritisch. Am besten
wird die Stimmung jener Kriegsjahre aus noch erhaltenen Feldpostbriefen
deutlich, die nachstehend auszugsweise wiedergegeben werden: [28]
1916/08/20
"Heute
wird der Grundstein zum Jugendheim gelegt. Es ist für die Jugendwehr. Dieses
Haus soll 30.000,- Mark kosten. Daraus kann man sehen, dass Wirges 'viel Geld'
hat? Der Pastor gibt aus der Kirchenkasse über 5000,-Mark. Er ist übrigens ein
eifriger Förderer der Jugendwehr.
Zu dieser
Grundsteinlegung ist auch ein Fest notwendig, es werden Festreden und
Musikconcerte, ja auch Gesangvorträge abwechselnd vorgetragen und dies alles,
wo unsere Kinder, Brüder und Männer in der schrecklichen Todesgefahr schweben,
wo an die 70 Wirgeser schon gefallen, und da jubelt und singt, musiziert und redet
man von Glorie und Sieg, und diese Männer reden nur von Durchhalten und wieder
Durchhalten."
1916/10/20
"Heute
rief unser Pastor auf der Kanzel: 'Schafft Euer Korn auf die Speicher der
Mühlen und Euere Kartoffel, Kappus, Wirsing, Möhren, Kohlraben und Obst in die
Städte.' Und er sagte: 'Wenn die Landwirte nicht mehr Lebensmittel herausgäben,
dann ist Deutschland verloren und muss einen Frieden schließen, wie die
Engländer ihn wollen."
1916/12/06
"Es
ist Donnerstagmorgen 1/2 sieben Uhr. Plötzlich fangen alle Glocken an zu läuten
und warum? Natürlich ein Sieg. Was eigentlich los ist, weiß man ja nicht."
1916/12/31
"Heute
am Sonntag wird in allen Fabriken Deutschlands gearbeitet, um Kriegsmaterial
herzustellen. Auch in den hiesigen Fabriken wird gearbeitet. Es bläst wie an
Werktagen."
1917/05/27
"Wenn
du nicht bald kommst, so wirst du unsere Glocken nicht mehr alle 3 hören, sind
sie doch beschlagnahmt und sollen bis zum 20. Juni abgeliefert werden. Die zwei
größten gehen fort, nur die kleine Glocke behalten wir. Es heißt, Fronleichnamstag
würden sie das letztemal läuten. Soweit ist es gekommen, was die Weltgeschichte
noch nicht erlebt hat. Die Glocken, welche mit uns, unsern Eltern, Großeltern
und Vorfahren Freud und Leid geteilt, welche mit ihrem harmonischen Ton uns
beglückt am Tage unserer 1. hl. Kommunion, unsere Anverwandte und Vorfahren,
unsere Eltern und Großeltern zu Grabe geleitet mit tiefem traurigen Ton, mit
einem Wort, sie haben in Freud und Leid uns beglückt, diese Glocken, welche gesegnet,
Gott zum Lob und Preis geweiht, sie sollen jetzt zum Morden dienen. Es ist
haarsträubend, wenn man daran denkt. Wenn diese fort sind, was wird dann noch
kommen."
1917/06/17
"Das Arbeiten am Sonntag auf dem Feld und die Heuernte ist vom Pfarrer erlaubt
worden. Den Leuten geht es wirtschaftlich nicht mehr gut."
1917/06/11
"Denke
dir, gestern Abend haben unsere Glocken das letztemal zusammen geläutet. Es war
Bettag, da war die Kirche voll von Leuten. Beim Letzemal-Läuten hat alles
geweint, der Pfarrer hielt eine kleine Ansprache und erklärte, die große Glocke
habe die Bestimmung: 'Gott zur Ehr läute ich, Bonifatius heiß ich, für Gottesreich
streite ich.' Die 2. hieße Lambertus, Lambertus heiß ich, für Gottes Ehr läute
ich, gegen das Gewitter streite ich. Sie wurden in Trier gegossen. Die Große im
Jahre 1564, die zweite 1571 (tatsächlich wurden die Glocken 1568 bzw. 1521 gegossen).
Sie haben beide den 30-jährigen und den 7-jährigen Krieg überlebt, und niemand
weder Schweden noch Franzosen haben daran gedacht, die Glocken zu vernichten.
Ein Sozialdemokrat sagte im Reichstag, ehe man die Glocken hole, solle man die
Denkmäler holen, er fand aber keine Unterstützung. Es wird nicht dabei bleiben,
auch die hl. Kirchengefäße werden noch weg in die Presse kommen. Als es
gestern abend das letzemal läutete,
konnte ich mich der Tränen nicht erwehren, ich musste an die Strophe im Liede
denken:
'Wie mich
dort als Kind erfreute, kommt mir wieder lebhaft vor, das bekannte Dorfgeläute
widerhallt in meinem Ohr.' Es ist eine traurige Tatsache, wenn forthin jemand
begraben wird, so wird ihm wie einem Verbrecher zur Ruhestätte die kleine
Glocke geläutet werden, die 'arme Sünderglocke' genannt. Was würden unsere
Voreltern sagen, wenn sie wiederkämen. Sie würden sagen: 'Die Glocken lasst ihr
nicht nehmen, die euch und uns zur hl. Kommunion geläutet, die uns in Freud und
Leid mit ihrem Klang begleiteten, die uns zu Grabe geleitet und Gott zur Ehre
ihre Stimme erschallen ließen, die Jahrhunderte hindurch unsere und eure
Freunde waren, die nur bestimmt waren, dem Heile der Menschheit zu dienen. Und
jetzt als Mordwaffe zur Vernichtung der Menschheit zu verwenden, es wird kein
Glück und Segen bringen, denn die Glocken sind vom Bischof geweiht, um Gott zu
dienen." [28]
nach
1917/06
Doch die
beiden größeren Glocken blieben zunächst wider Erwarten auf dem Kirchturm,
nachdem sie vom Konservator als unersetzlicher Kunstwert eingestuft worden waren.
Stattdessen holte man aber dann die
kleine "Susanna", die eingeschmolzen wurde und nicht wieder zurückkam.
[3] [13]
Auch die
Blitzableiter kamen von der Kirche und die
Zinnpfeifen der Orgel wurden beschlagnahmt und eingeschmolzen. [2]
1918
Anfang 1918 wurden dann doch die Bonifatius-Glocke abtransportiert. Als die Glocke zum Abtransport auf dem Wagen stand, lief das "ganze Dorf" zusammen, um Abschied zu nehmen. Zum Glück gelangte die Glocke nur bis Montabaur. So konnte der nach der Revolution auch in Wirges gebildete Arbeiter- und Bauernrat unter der Führung von Christian Manns, genannt "Amtmann", im Herbst 1918 diese Glocke wieder zurückholen. Als die Glocken nach Wirges zurückkamen, war unter den Bewohnern eine große Begeisterung. Die Glocken wurden auf den Turm gezogen, als bereits die Quartiermacher der Amerikaner im Dorf Unterkünfte belegten. [2] [35]
1918-1919
1918/19
erfolgte der Rückzug deutscher Truppen durch Wirges. Schließlich kamen die
Amerikaner als Besatzungsmacht. Insgesamt sind im ersten Weltkrieg 107 Wirgeser
gefallen.
nach 1918
An den
Verlust der vielen Söhne und Ehemänner erinnert heute noch die Mater dolorosa
in der ehemaligen Taufkapelle, der Nische auf der Südseite des Kirchenraumes. Diese, von dem Bildhauer Pius
Vierheiligen, Eltville/Rheingau, hergestellte Plastik, stiftete der Schreinermeister
Jakob Marx zum Gedenken an die Gefallenen jenes Krieges. Ursprünglich stand
diese Skulptur neben der Sakristeitür vor einem großen Bußkreuz, das von zwei
Holztafeln mit den Namen jener Toten flankiert wurde. [35]
ab 1920
Das Leben
nach dem entbehrungsreichen Krieg war in den sogenannten Zwanziger-Jahren auch
in Wirges von Lebenshunger und Vergnügungssucht gekennzeichnet. Die Pfarrer
beider Konfessionen klagten darüber.
Pfarrer Dr.
Luschberger schreibt im Anschluss an die Mission im Jahre 1920, die von 3
Cistercienser-Patres aus Marienstatt gehalten wurde, und obwohl die Teilnahme
der Gläubigen sehr gut und ihre Opferwilligkeit rührend war:
"Es
ist entsetzlich, wie alsbald nach der Mission die Vergnügungssucht ihre
Nahrung sucht und findet: Tanzmusik, Kino, Operettentheater. Teilweise sind
unsere Jungen entsetzlich gleichgültig geworden gegen die Kirchengebote. Auch
das 7. Gebot existiert scheint's nicht mehr, geschweige das 6."
1921
1921 wurde
zum Andenken an die gefallenen Wirgeser am Reginlindispark neben dem früheren
Bürgermeisteramt auch ein Gefallenendenkmal errichtet und im November von Pfr.
Dr. Luschberger eingeweiht. Der Erbauer des Denkmals war der Bildhauer Karl von
Hörde aus Niederlahnstein. Beim Bau des Gedenkkreuzes auf dem neuen Südfriedhof
entfernte man das Kriegerdenkmal. Es liegt heute unter dem Gedenkkreuz auf dem Südfriedhof.
1921
1921 wurde
auch das Glockengeläut der Wirgeser Kirche wieder vollständig, nachdem sich der
Sägewerksbesitzer Adam Marx bereit erklärt hatte, die fehlende dritte Glocke zu bezahlen. Die Weihe dieser neuen
Glocke erfolgte am 18. Januar 1921 auf den Namen ihrer Vorgängerinnen
"Sancta Susanna" mit der Aufschrift:
Ich zersprang MDCCCXC (1890)
Als Augustas Totenlied ich sang
Manches Herz MCMXIV/XVIII (1914/18)
Brach im Weltkrieg durch mein Erz
Wieder neu MCMXXI
(1921)
Ließen mich auferstehen Dank und Treu
Adam
Marx me donavit
Otto von
Hemmelingen me formavit
Decanus Dr.Luschberger me consecravit
* A.D.* MCMXXI (1921)
[3] [13]
1921
1921 löst
sich Ebernhahn von der Pfarrei Wirges ab, während Staudt, Bannberscheid und
Moschheim bis heute als Filialgemeinden bei Wirges blieben.
1923
1923 kann
Pfarrer Dr. Luschberger sein 25-jähriges Ortsjubiläum feiern. Auf seinen
Wunsch und ihm zur Ehre werden die Kreuzwegstationen auf dem Steimel gebaut,
womit gleichzeitig die früheren Stationen auf dem Stationenweg entfernt
werden.
1926
1926 wurden
die im Krieg abgelieferten Zinnpfeifen der Orgel ersetzt und eine größere
Reparatur an der Orgel durchgeführt, nachdem die Kosten für die Zinnpfeifen vom Staat erstattet wordn war. Die Orgel wurde
von dem Orgelbauer Anton Feith, Paderborn, für 2000 RM restauriert. [2]
1928
Der
Mütterverein, zu Beginn des Jahrhunderts gegründet, schloss sich ab 1928 dem
Verband katholischer Mütter und Frauen Deutschlands an.
1929
1929 musste
die Nordseite des Kirchendaches erneuert werden, auch sämtliche Türme wurden neu
eingedeckt. [32]
1930
Der Unterbau der Schmerzhaften Muttergottes wurde 1930 aufgestellt. [32]
1930
1930 wurde
eine weitere Mission von Jesuiten gehalten, von denen ein Pater Schiefer wegen
seiner 'wunderschönen, den Kindern ganz angepassten Kinderpredigten' besonders
hervorgehoben wird. [7]
1935/07/09
Am
09.07.1935 wurde die Anschaffung einer elektrischen Läutemaschine für 3.244 RM
beschlossen.
1935
1935 konnte
der inzwischen zum Geistlichen Rat ernannte Pfarrer Dr. Luschberger sein
goldenes Priesterjubiläum feiern. Es ist die Zeit, da auch in Wirges die
Nationalsozialisten bereits das Sagen haben.
In einem
Zeitungsartikel jener Tage lesen wir hierzu:
"Das
Christkönigsfest wurde in diesem Jahr für die Pfarrfamilie Wirges zu einem
besonders denkwürdigen Ereignis; der langjährige hochverdiente und geschätzte
Seelsorger von Wirges, Geistlicher Rat Dr. Luschberger, konnte sein goldenes
Priesterjubiläum festlich begehen. Überaus herzlich gestaltete sich die
Anteilnahme aller Kreise der Bevölkerung, die in dem Jubilar nicht nur den
pflichtgetreuen und opferfreudigen Priester verehren, sondern auch den
treusorgenden Vater erblicken, der stets bereit ist, die ganze Kraft seiner
Persönlichkeit und seine reichen Fähigkeiten für seine lieben Westerwälder
einzusetzen. So erstrahlte denn der freundliche Ort in herrlich-stem
Fahnenschmuck. Am Vorabend vereinigte sich die Einwohnerschaft von Wirges,
Bannberscheid, Moschheim, Staudt, Ebernhahn und Siershahn zu einem imposanten
Fackelzug, der zu einer eindrucksvollen Ovation für den Jubilar wurde.
Anschließend fand vor der Pfarrkirche
eine Kundgebung statt, welche die SS-Kapelle Wirges mit dem machtvollen
Priesterchor aus der 'Zauberflöte' eröffnete. Nachdem der Kirchenchor im Verein
mit dem MGV. 'Frohsinn' Wirges, dem MGV. 'Frohsinn' Staudt und der Sängervereinigung
Moschheim unter Orchesterbegleitung den Festgesang zum Goldenen
Priesterjubiläum von Wiltberger vorgetragen hatte, brachte Lehrer Schlaudt in
einer herzlichen Ansprache die Glückwünsche der Pfarrfamilie zum Ausdruck und
dankte für die langjährige priesterliche Tätigkeit und Fürsorge. Die Anteilnahme
der politischen Gemeinde bekundete Bürgermeister Schönwetter (Wirges). Für die
Filialen sprach Pfarrer Hehl (Siershahn). Bewegt dankte der Jubilar für die
herzliche und eindrucksvolle Ehrung und forderte die Festversammlung auf, treu
wie bisher zusammenzustehen und zu Kirche, Volk und Vaterland zu halten. Den
machtvollen Ausklang der abendlichen Feier bildete der gemeinsame Gesang des
Ambrosianischen Lobgesanges. In schöner Geschlossenheit beteiligten sich an
dieser Feier Schule und Lehrerschaft, die Gesangvereine, die Arbeitsfront, die
Bauernschaft, die Feuerwehren, SS. und SA., der Gesellenverein, die
katholische Jugend, der Kriegerverein, der Sportverein und die Musikkapellen
der Umgebung.
Den
Höhepunkt der Feierlichkeiten brachte dann der Sonntag. Früh morgens kündete
festlicher Glockenklang dem ganzen Westerwald den hohen Tag. Kurz nach 9 Uhr -
der ganze Ort war von strahlender Herbstsonnne überflutet - geleiteten die
kirchlichen Vereine mit ihren Bannern und Fahnen den Jubilar zum Gotteshaus, wo
er im Kreise zahlreicher geistlicher Brüder ein feierliches Hochamt darbrachte.
Die Festpredigt hielt der Hochwürdige Päpstliche Protonotar, Generalvikar
Domdekan Göbel, der in eindrucksvollen Worten das festliche Ereignis des
goldenen Priesterjubiläums mit dem Christkönigsfest verknüpfte.
'Opera mea
regi' - 'Mein Wirken gilt Christus dem König', diese Worte stellte der Prediger
seinen Ausführungen voraus. Tiefergriffen folgte die Gemeinde, die dichtgedrängt
das weite, festlich geschmückte Gotteshaus füllte, den Ausführungen des
Predigers und dem heiligen Opfer. Der Kirchenchor sang unter der Leitung von
Lehrer Wehlmann (Ebernhahn) die Margaretenmesse von Wiltberger. Zum
Offertorium erklang der stimmungsvolle Chor 'Ein Priesterherz ist Jesu Herz'.
Eine besondere Note erhielten die Vorträge durch die Mitwirkung eines geschulten
Knabenchores, der auch den Choral würdig interpretierte. Tedeum und
sakramentaler Segen bildeten den machtvollen Ausklang des Hochamtes. Anschließend
vereinigten sich der Kirchenvorstand, die Spitzen der Behörden und die
Vertreter der kirchlichen und weltlichen Vereine zu einer Gratulation im Pfarrhaus.
Am Abend
fand in der Kirche, wieder unter überaus zahlreicher Anteilnahme der
Gläubigen, eine weihevolle Feierstunde statt, die Kirchenchor, Feuerwehrkapelle
und MGV. 'Frohsinn' musikalisch aufs wirkungsvollste ausgestalteten. Die Orgel
betreute meisterhaft Lehrer Hissen (Montabaur). Zum Schluß ergriff der
Jubilar, Geistlicher Rat Dr. Luschberger, das Wort, um in einer ergreifenden
Ansprache seinen Pfarrkindern für den schönen Tag zu danken und Gottes
reichsten Segen auf sie herabzuflehen. Das Fest war für die Pfarrgemeinde und
die ganze Umgebung ein Tag herzlicher Freude, stiller Einkehr und eines
machtvollen Bekenntnisses zu Christus und seiner Kirche und zum katholischen
Priestertum." [30]
1935-1938/03
Obwohl das
Nachlassen der Kräfte Geistl. Rat Dr. Luschberger zwangen, die Amtsgeschäfte
weitestgehend seinen Kaplänen zu überlassen, blieb er doch noch bis März 1938
in Wirges.
vor 1937
Bis 1937 und aushilfsweise teils auch danach versahen meist Lehrer der
örtlichen Schule den Organistendienst nebenamtlich. Die Namen folgender
ehrenamtlicher Organisten sind überliefert: Anton Linn, Heinrich Kespe, Heinrich
Jäger, Erich Backes, Wehlmann, Walter Gerz.
1937
1937 wurde die Wirgeser Organistenstelle hauptamtlich mit dem Kantor und späteren Kirchenmusikdirektor Arnold
Freistühler besetzt.
1938
Der Altar der Immerwährenden Hilfe wird 1938 aufgestellt. [32]
nach
1938/03
Pfarrer
Flink, der ihm in das Amt des Pastors von Wirges nachfolgte, war der Meinung,
dass diese letzten Jahre es mit sich brachten, dass vieles von dem Guten, was
Pfr. Dr. Luschberger geschaffen hatte, sich wieder verflüchtigte.
1938/03-1944/10/19
Geistlicher
Rat Dr.Luschberger siedelte nach seiner Pensionierung nach Langendernbach
über, wo er vorher Pfarrer gewesen war und starb dort am 19. Oktober 1944. Er
wurde dortselbst auch beerdigt. Der aus Langendernbach stammende, spätere
Hillscheider Pfarrer Retagne hielt das Beerdigungsamt. Von Wirges konnte nur
eine Abordnung von etwa 15 Personen teilnehmen, da die Westerwaldzüge
vielfachem Beschuss durch Tiefflieger ausgesetzt waren, so dass die meisten
sich fürchteten, nach Langendernbach zu fahren. Umso größer war die Beteiligung
an dem Traueramte, das für den verstorbenen Pfarrer in der Wirgeser
Pfarrkirche gehalten wurde. [7]
1938/03/01-1938/03/20
Am 1. März
1938 wird Pfr. Robert Flink zum Pfarrer von Wirges ernannt und am Sonntag, dem
20. März, von Geistl. Rat Domkapitular Merkel in sein Amt eingeführt.
nach
1938/03
In der
Seelsorge gab es die ersten Probleme mit den NS-Behörden. So wurden die
Geistlichen aus den Schulen verwiesen. Man richtete in Wirges eine Pfarrstunde
ein, die aber den systematischen Unterricht in der Schule nicht ersetzen
konnte, wie Pfr.Flink hierzu bemerkt. [7]
Die
kirchlichen Vereinigungen wurden in ihrer Arbeit immer mehr eingeschränkt.
Ihre Veranstaltungen fanden künftig im geheimen im Pfarrhaus, in dem vom
Gesellenverein ausgebauten Pfarrstall oder im Schwesternhaus statt. Es durften
nur rein religiöse Themen behandelt werden.
Die Jugend
wurde zunächst durch Schikanen oder Versprechungen in Schule und Betrieb zum
Eintritt in die Hitlerjugend veranlasst, später durch Gesetz in diese eingereiht.
Am 15. 09.
1939 wurde Kaplan Schlitt von der Geheimen Staatspolizei verhaftet und bis Juli
1940 in Frankfurt/a.M. eingekerkert, nur weil er in einer Predigt die
Schutzengel mit dem Westwall verglichen hatte.
Auch
Pfarrer R. Flink und Kaplan Falkenstein wurden wegen einer nicht gemeldeten
Gruppenstunde des Marienvereins bzw. wegen Äußerungen in einer Predigt oder einem
Hirtenbrief zum Verhör geholt.
Am ehesten
arbeitete noch der Frauen- und Mütterverein, selbst der NS-Frauenschaft zum
Trotz, wenn auch still und verborgen. [35]
1938-1945
Zunächst
wurde das Mitführen von Fahnen und Bannern bei der Fronleichnamsprozession
untersagt.
Mit Beginn
des Krieges wurde der Fronleichnamstag zum Arbeitstag erklärt, und schließlich
wurde die Fronleichnamsprozession wegen "Fliegergefahr" ganz
verboten und musste in die Kirche verlegt werden. Doch allem zum Trotz nahm die
Beteiligung der Pfarrangehörigen an den Prozessionen nicht ab, 1943 erreichte
sie, während der inzwischen eingerichteten Abendmesse veranstaltet, eine Rekordbeteiligung
der noch in der Heimat verbliebenen Männer. [7] [35]
1938/12
Im Advent
1938 erhielten die Filialen Staudt und Bannberscheid Sonntagsgottesdienste.
Während die Geistlichen von Wirges vorher am Sonntag 3 Gottesdienste halten
mußten, waren es dadurch insgesamt 5.
1939
1939 konnte
Pfr. Flink unter großer Anteilnahme der Gemeinde sein silbernes Priesterjubiläum
feiern, das durch ein Triduum eingeleitet wurde, das ein Franziskaner-Pater aus
Bornhofen hielt.
Für die
Kirche schaffte Pfr. Flink in jener Zeit eine Lautsprecheranlage an.
1940
Trotz des beginnenden 2. Weltkrieges blieb die Opferfreudigkeit der Gläubigen
erhalten, so dass 1940 statt der alten Krippenfiguren mit der Aufstellung einer
neuen handgeschnitzten Krippe begonnen werden konnte, die in den folgenden
Jahren vervollständigt wurde. Auch wurden ein Liedanzeiger, neue Paramente und
neue Altarwäsche angeschafft.
1941-1945
Die
Kirchenfeindlichkeit der Nationalsozialisten war inzwischen immer offenkundiger
geworden. Am 01. August 1941 wurden die Nähschule geschlossen und die Nähmaschinen
beschlagnahmt. Am 12. August 1941 entzog der Staat den 'Dernbacher Schwestern'
die Führung der Kindergärten und übergab diese der NSV, der nationalsozialistischen
Volkswohlfahrt. Doch die meisten Eltern leisteten passiven Widerstand, indem
sie ihre Kinder zuhause behielten, um sie nicht der unchristlichen
Beeinflussung auszuliefern. Erst am 16. April 1945 konnten die Schwestern ihre
alte Arbeit wieder aufnehmen.
1942
1942
konnten die uralten, nicht mehr recht verschließbaren, allem Staub zugänglichen
Sakristeischränke durch eine moderne Sakristei-Einrichtung ersetzt werden.
Doch der
Verlust der Glocken im Jahre 1942 wog schwerer. Aufgrund der Verordnung der
Reichsregierung in Berlin wurden alle Glocken vom Turm der Kirche geholt und
nach Hamburg verfrachtet. Verfügungsgemäß durfte eine Glocke pro Ort zurückbleiben.
Diese Regelung nutzte der damalige Bürgermeister Schönwetter aus:
Anstatt
eine der Kirchenglocken zu erhalten, verblieb in Wirges nur das kleine, 1870 in
Andernach gegossene Glöckchen aus der Steimelskapelle.
Zunächst
versuchte man das Geläute durch eine kleine Glocke aus der Krugbäckerei Peter
Nauheim zu ersetzen, dann mit einer Stahlplatte, einer Feldbahndrehscheibe, die
Schmiede-Adams Albert aus einer Tongrube holte. Sie sollte wie ein chinesischer
Gong geschlagen werden. Erst als sich auch das als unzureichend erwies, holte
man das Glöckchen vom Steimel.
Sein dünner
Klang rief bis zum Ende des grauenhaften Mordens und noch einige Zeit danach
die seinem Ruf zahlreich folgenden Gläubigen zu den Gottesdiensten und zum
Gebet, verkündete aber auch nur zu oft den Soldatentod eines Wirgeser Bürgers. [3] [35]
1945/03/26-1945/03/27
Als am 26.
März 1945 zwei Panzerspähwagen der Amerikaner in Wirges auftauchten, wehte von
den Häusern und auch vom Turm der Pfarrkirche die "weiße Fahne" bzw.
Bettücher zum Zeichen der Kapitulation. Am Nachmittag tauchten SS-Leute, die
noch in Privathaushalten untergebracht waren, auf und drohten damit,
"Pastor's Scheune", die sich neben dem Pfarrhaus an der Stelle des jetzigen
Pfarrheimes befand, "anzuzünden", da der Pfarrer und mit ihm die
Wirgeser die weiße Fahne gehisst hatten. Doch beherzte ältere Wirgeser stellten nachts Wachen auf, und als am
Morgen des 27. März die Amerikaner Wirges mit Panzern besetzten, hatten sich
die letzten SS-Leute aus dem Staube gemacht. Die Übergabeverhandlungen wurden
mit Pfarrer Flink geführt, auf dessen Vorschlag die Amerikaner Edmund
Eschenauer zum Bürgermeister ernannten. [30]
Der Krieg
hatte viel Elend in die meisten Familien gebracht. Insgesamt sind im 2.
Weltkrieg 289 Wirgeser gefallen. Doch war der Ort selbst von jeder Bombardierung und Zerstörung
bewahrt geblieben, obwohl z.B. in den Nachbarorten Ebernhahn und Staudt im
letzen Kriegsjahr durch Bombenangriffe viele Menschen ums Leben kamen.
1945/Sommer
Im Sommer
1945 wurden die amerikanischen Besatzungstruppen durch die Franzosen abgelöst.
Aus der französischen Besatzungszone entstand später Rheinland-Pfalz.
1945/12/31
Als
Ausdruck des Dankes dafür, dass Wirges von jeder Zerstörung verschont geblieben
war, verkündete Pfarrer Flink in der Silvesterpredigt des Jahres 1945 entsprechend
dem Wunsche der Gläubigen ein "Dankgelöbnis", in dem sich die
Pfarrgemeinde Wirges für ewige Zeiten verpflichtete, alljährlich am 15. August,
am Feste Mariä-Himmelfahrt, nachmittags eine Prozession zum Steimel abzuhalten.
[7]
Der
Gebetstext für dieses Gelöbnis lautete: "Gütiger und barmherziger Gott! Du
hast in Deiner erbarmenden Liebe unser Dorf vor den Schrecken des Krieges und
jeder Zerstörung bewahrt. Zum Dank für diese Errettung geloben wir für ewige
Zeiten:
Wir wollen
alljährlich am Feste Mariä Himmelfahrt nachmittags eine Wallfahrt zum Steimel
halten und uns auf diesen Tag des Dankes durch den Empfang der heiligen
Sakramente vorbereiten! Nimm dieses unser Gelöbnis an durch die Hände der
unbefleckten Jungfrau und Gottesmutter Maria! Amen." [35]
1946/11/03-1949
Ein
denkwürdiger Tag war für die Gemeinde der 3. November 1946. Da erhielt die
Kirche 4 neue Glocken, die im Oktober 1945 bei dem Bochumer Verein für Gussstahlproduktion
in Auftrag gegeben worden waren. Die 4 Glocken wurden an diesem Tag auf die
Namen St.Bonifatius, Sancta Maria, St. Georg und St.Conrad geweiht. Die Daten
der einzelnen Glocken und ihre Inschriften
lauten:
St. Bonifatius:
"cis"; d = 1782 mm; 3011 kg
- Sancte Bonifati, clientum fidem serva
St. Maria:
"e"; d = 1414 mm; 1475 kg
- Sancta Maria, gratiam nobis implora
St. Georg:
"gis"; d = 1189 mm; 807 kg
- Sancte Georgi, tremendo praelio nos defende
St. Konrad:
"ais";
d = 1058 mm; 780 kg
- Sancte Conrade, campos agricolasque
tuere
Die
Gesamtkosten des Geläutes betrugen einschließlich eines neuen Glockenstuhles 14
262.- RM.
Die lateinischen
Inschriften lauten sinngemäß:
- Heiliger Bonifatius, bewahre uns im Glauben
- Heilige Maria, erflehe uns Gnade
- Heiliger
Georg, verteidige uns im Kampfe
- Heiliger
Konrad, beschütze den Landmann und die
Fluren
In einem
Gutachten des Glockensachverständigen H.Foersch im Frankfurter Glockenbuch S.
449 heißt es:
"Diese
vier Glocken aus dem Jahre 1946 weisen alle aufdringliche, penetrante
Sekundennebenschläge auf. Die schon an sich ungewöhnliche Schlagtonlinie
(cis-e-gis-ais) ist verworren und bis zur Unkenntlichkeit entstellt."
Die Glocken
mussten zunächst wie auch die alten Glocken mit Glockenseilen geläutet werden,
welche Aufgabe meist die Messdiener übernahmen. Später wurde das heutige Motorläutewerk
installiert.
Wider
Erwarten stellte sich 1948 heraus, dass zwei der historisch wertvollen Wirgeser Glocken, die aus den Jahren 1521
und 1568 stammende St. Lambertus und St. Bonifatius, allerdings ohne Klöppel,
noch in Hamburg standen. Diese beiden Glocken holte der damalige Bürgermeister
Edmund Eschenauer im gleichen Jahr wieder nach Hause. Die kleine
"Susanna" erlitt das gleiche Schicksal wie ihre Vorgängerin.
Die beiden
alten ehemals Wirgeser Glocken wurden nach Bannberscheid gegeben, nachdem die
dortige Kapelle 1949 durch zwei Seitenschiffe und einen neuen Glockenturm erweitert
worden war. Zwei der vorher in Bannberscheid
befindlichen Glocken hatten während des 2. Weltkrieges zur
Munitionsherstellung abgegeben werden müssen und waren nicht wieder
zurückgekehrt. Eine dritte Glocke, "Regina pacis", von Theodor
Lehmann 1869 in Neuwied gegossen, blieb erhalten. Sie ist aber nicht läutefähig
und soll repariert werden. Die beiden ehemaligen Wirgeser Glocken stehen heute
unter Denkmalschutz. Sie rufen vom wuchtigen Kirchturm der Bannberscheider Kirche
- hoffentlich für immer in Frieden- zu Gebet und Gottesdiensten. [3]
[9] [13] [35]
1947
Am 5.
Februar 1947 verschied in Limburg der damalige Bischof Antonius Hilfrich. Die
Pfarrgemeinde versammelte sich am Montag, 17.Februar, zu einem
Trauergottesdienst für den verstorbenen Bischof, der noch im Juli 1946 249
Kindern in der Pfarrei Wirges das hl.Sakrament der Firmung gespendet hatte.
1949-1959
Durch ein
Vermächtnis der Frau Maria Wolf, mit dem diese ihr Hausgrundstück der
Zivilgemeinde Bannberscheid zuwandte, das diese dann 1959 der Kapellengemeinde
übereignete, war es möglich, dass in den Ruhestand getretene Geistliche in
Bannberscheid ihren Alterssitz nahmen und alltäglich am Ort die Seelsorge
verricheten. So lebte dort nach dem Umbau des Hauses von 1949-1951 Pfarrer Karl
Rentz. [35]
1949/12
Im Dezember
1949 wurde im Hinblick auf die für 1950 geplante Mission eine neue
Kirchenheizung montiert.
Am 31.
Dezember wurde die Mission eröffnet. Sie wurde durch 7 Pallottinerpatres
gehalten, von denen 4 für Staudt und Bannberscheid und 3 für die Pfarrkirche in
Wirges vorgesehen wurden. Es nahmen in Wirges 90% und auf den beiden Filialen
sogar 100% der Gläubigen an der Mission teil. Pfarrer Flink stellte fest, dass
in der Folge eine erfreuliche Beteiligung am täglichen hl. Messopfer und ein
reger Empfang der hl. Kommunion stattfand. Das Missionskreuz im Kircheneingang
erinnert heute noch an jene Tage.
ab ca.1949
In jener
Zeit wurde auch die katholische Jugendarbeit wieder aktiviert. Als Mitglied des
Bundes der katholischen Jugend wurden auch in Wirges Jung- und Frohschar gebildet,
in denen sich die einzelnen Schuljahrgänge zu Gruppen zusammenschlossen. [35]
Auch die
Kolpingsfamilie, die 1949 ihr 50-jähriges Bestehen feiern konnte, wurde wieder
aktiv, nachdem sich ein Teil der aus der kath. Jugend Entwachsenen dieser anschloss.
Sie organisierte sich in Alt- und Jungkolping, je nachdem die Mitglieder
verheiratet oder ledig waren. Später nahm sie auch Frauen in ihre Gemeinschaft
auf. [35]
Einer
besonderen Erwähnung bedarf auch noch die Chorgemeinschaft Wirges-Staudt, die
aus den Kirchenchören beider Orte bestand und unter Leitung von Arnold
Freistühler, der 1937 als Organist und Chorleiter nach Wirges gekommen war, in
den Jahren nach dem Kriege zu einer
großen Blüte gelangte.
So wurde am
Karfreitag, dem 15. April 1949, unter Mitwirkung namhafter Solisten und der
Rheinischen Philharmonie von Koblenz die Matthäus- Passion von Johann Sebastian
Bach aufgeführt. Das Hochamt am
Kirchweihfest 1951 wurde durch die Aufführung der Maria Zeller-Messe von
Joseph Hayden für Chor, Orchester und Solo verschönt. Das Kirchweihfest 1954
erhielt eine besondere Auszeichnung durch die Missa solemnis und das Te Deum
von Anton Bruckner. Zum Kirchweihfest 1955 wagte man sich sogar an die
C-dur-Messe von Ludwig van Beethoven, wobei hervorragende Solisten und das
Symphonieorchester der Stadt Wiesbaden mitwirkten. Pfarrer Flink schreibt
hierzu:"Es kam ein Gottesdienst zustande, der für die Gläubigen von
erschütterndem und ergreifendem Eindruck war. Die Darbietung der
Chorgemeinschaft fand allgemeine Anerkennung und der Dom war gefüllt wie noch
nie." [7]
Einer
Erwähnung wert sind auch die Theateraufführungen, vor allem
"Jedermann" von H.v.Hofmannstal, die in der Nachkriegszeit von
Laienschauspielern der Pfarrei unter großer Beteiligung der Bevölkerung
aufgeführt wurden.
um 1950
In der Nachkriegszeit fanden auch wieder die Fronleichnamsprozessionen in
der traditionellen Weise und unter großer Beteiligung der Gläubigen statt. Die
folgenden Fotos vermitteln einen Eindruck davon, mit wieviel Liebe die Altäre
und der Prozessionsweg geschmückt wurden.
ca.1950
Nachstehendes
Foto zeigt einen der in jener Zeit jährlich im Winterhalbjahr im Saal Högner
stattfindenden Pfarrfamilienabende. In der Mitte mit Zigarre ist Pfarrer Flink
zu erkennen.
1950/06/11-1953
Am 11. Juni
1950 konnte in der Filialgemeinde Moschheim die Feier der Grundsteinlegung der
neuen Kapelle begangen werden. Bereits 1900 hatte man an einen Kapellenbau
gedacht. Doch gingen zwei Vermächtnisse in den beiden Nachkriegsinflationen
verloren, so dass erst 1950, begünstigt durch ein Landvermächtnis der Geschwister
Römer und aufgrund der Initiative des damaligen Bürgermeisters Franz Diehl mit
dem Bau einer eigenen Kirche begonnen werden konnte. Damit hatte auch
Moschheim als letzte Filialgemeinde eine eigene Kirche.
Am 8.
Oktober 1951 wurde die Kapelle in Moschheim, die in voller Eigenleistung durch
Moschheimer Bürger nach den Plänen des Architekten Otto Balmert aus Wirges erbaut
worden war, auf den Namen des hl. Apostels Paulus durch Pfarrer Flink unter
Assistenz von Herrn Kaplan Weinriefer und Herrn Regens Kuch feierlich
eingeweiht.
Zwei Jahre
später baute man daneben auch ein Pfarrhaus. [7] [35]
1951-1954
Die
Kapellengemeinde Bannberscheid wurde
von 1951-1954 von dem dort im Ruhestand lebenden Geistlichen Rat Johannes Böhm
betreut.
Besondere
Erwähnung verdient die von Papst Pius XII. eingeführte und erstmals am
24./25.März 1951 gefeierte hl. Osternacht, an der ähnlich wie an der
Christmette sehr viele Gläubige teilnahmen. So wurden in der Osternacht des
Jahres 1951 1203 Kommunionen gezählt.
1954
Am 27. März
1954 konnte Pfarrer Flink sein 40-jähriges Priesterjubiläum feiern. Am Sonntag,
dem 28. März, war ein feierliches Levitenamt unter Assistenz von Regens Kuch
aus Hadamar und einem Pallotinerpater. Das Philharmonische Blasorchester, die
Chorgemeinschaft Wirges-Staudt und die Sängervereinigung Frohsinn verschönten
den Gottesdienst. Die Festpredigt hielt Herr Regens Kuch. Am Abend versammelte
sich die Pfarrfamilie im Saale Högner zu einem Familienabend.
In der
Osternacht 1954 erstrahlte die Kirche in einer neuen Neonbeleuchtung, die die
Pfarrgemeinde ihrem Pfarrer zu seinem Jubiläum gestiftet hatte. [7]
1954-ca.1970
Die letzten
Jahre, in denen Pfarrer Flink Pastor in Wirges war, bis er 1960 in den
Ruhestand versetzt wurde und sich nach Moschheim zurückzog, wie auch die Jahre
unter seinem Nachfolger Pfarrer Karl Brand waren Jahre vieler Neuerungen und
Erneuerungen in der Pfarrei Wirges, die ihren Ausdruck sowohl in baulichen
Veränderungen wie auch in liturgischen Erneuerungen fanden.
In den
Folgejahren wurde der alte Plattenbelag der Kirche durch einen neuen in
Solnhofer Platten ersetzt. Das Geld hierfür kam aus dem Verkauf von Holz aus
dem Pfarrwald, das ein Windbruch im Winter 1956 gefällt hatte und das, wie
Pfarrer Flink schreibt, viele Tausende einbrachte.
Für weitere
Renovierungen der Kirche, die inzwischen notwendig wurden, fehlte allerdings
das Geld. Es wurde daher ein Kirchenpflegeverein gegründet, der für die Zukunft
die nötigen Spendengelder sammeln sollte. So wurde aus Spenden der Gläubigen
ein neuer Tabernakel beschafft. Weiterhin wurde die Empore erweitert, die sich
im zweiten Joch an die alte Empore anfügt.
Unter
Pfarrer Flink wurden auch die beiden Statuen des Bruder Konrad von Parzham und
des hl. Antonius von Padua angeschafft, die sich an den Säulen des hinteren Kirchenraumes
befinden.
1957
1957 wurde
der neue Südfriedhof mit Leichenhalle eingeweiht, nachdem der alte Friedhof zu
klein geworden war und man die Toten auch nicht mehr bis zur Beerdigung in den
Wohnungen behalten wollte. Auch der Brauch, die Verstorbenen während der
Totenmesse vor dem Hauptportal der Kirche aufzubahren, kam damit zum Erliegen.
1958-1959
Am 1. Juni
1958 konnte in Staudt die Feier der Grundsteinlegung für eine neue Kirche
begangen werden, die anstelle der alten 1865 erbauten, aber im Laufe der Zeit
der steigenden Bevölkerungszahl nicht mehr genügenden Kapelle errichtet wurde.
Bereits seit 1937 fanden in der 1865 erbauten Kapelle, nachdem das Bischöfliche
Ordinariat einen entsprechenden Antrag von Pfarrer Dr. Luschberger genehmigt
hatte, regelmäßige Sonntagsgottesdienste statt. Doch erst am 1.6.1958 kam es
zur Grundsteinlegung für den Kirchenneubau. Ausgeführt wurde der Neubau von
Architekt Johannbroer aus Wiesbaden. Eingeweiht wurde die Kirche St.
Bartholomäus am 31.05.1959 durch den Geistlichen Rat Karell. [35]
1958
gründeten Jugendliche in Wirges einen Stamm der St. Georgspfadfinderschaft, der
leider nur 10 Jahre existierte. [35]
1960
1960 wurde
Pfarrer Flink in den Ruhestand versetzt, und Pfarrer Karl Brand als dessen
Nachfolger Pfarrer von Wirges.
1960-1963
Pfarrer
Flink zog sich nach Moschheim zurück und betreute in den letzten Jahren seines Lebens die dortigen
Gläubigen. Er starb 1963 und wurde auf dem Moschheimer Friedhof beigesetzt.
ab 1960
Der Beginn
der Amtszeit von Pfarrer Karl Brand in Wirges fiel zusammen mit dem Einsetzen
der liturgischen Reformbewegungen in der Kirche. Pfarrer Brand war diesen Neuerungsbewegungen
gegenüber besonders aufgeschlossen.
So wunderte
es denn nicht, dass die seit altersher jährlich stattfindenden Flurprozessionen
und auch die Fronleichnamsprozession unter Pfarrer Brand nicht mehr in der traditionellen
Form durchgeführt wurden. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch den
Niedergang des örtlichen Bauernstandes. Waren doch vor allem die Flur- oder Bittprozessionen,
die wohl seit Anbeginn der Pfarrei alljährlich während der Bittwoche an den
drei Tagen vor Christi Himmelfahrt und am Markustage unter dem Gesang der
Allerheiligen-Litanei nach allen Himmelsrichtungen durch die Fluren zogen, dazu
bestimmt, Gott in ganz besonderer Weise zu bitten, die Fluren zu segnen, damit
sie reiche Ernte erbrachten und von Frost und Unwetter verschont blieben. [35]
Bittgänge
fanden in geänderter Form bei rückläufiger Anteilnahme der Bevölkerung zwar
noch bis in die 80er Jahre statt, doch ist dieser Brauch inzwischen ganz erloschen.
In jenen
Jahren der Erneuerung hatte Wirges das Glück, Pater Eberhard von den Kapuzinern
in Koblenz-Ehrenbreitstein häufig zur Unterstützung in der Seelsorge zu haben.
Dieser bescheidene und fromme Pater, der oft zu Fuß von Ehrenbreitstein durch
den Wald bis Wirges kam, hatte die Herzen vieler Gläubigen gewonnen. Wenn er
vor Feiertagen in Wirges die Beichte hörte, standen die Gläubigen vor seinem Beichtstuhl,
der im rechten Seitenschiff stand, oft bis in den hinteren Teil der Kirche
Schlange, während auf der linken Seite, wo Pfarrer Brand im Beichtstuhl saß,
nur solche, die es etwas eilig hatten, zur Beichte gingen.
Doch auch
die Beichtpraxis änderte sich in den kommenden Jahren. Aufgrund der neu eingeführten Bußandacht
zogen es mehr und mehr Gläubige vor, nicht mehr zur Beichte zu gehen und vor
den hohen Feiertagen lieber die Bußandacht zu besuchen.
1961/62
erfolgt unter Pfarrer Brand der 1. Abschnitt der Kirchenrestaurierung mit
umfassenden Außenarbeiten an der Kirche
und um die Kirche. So wurde die Dachkonstruktion teilweise erneuert und
der Turm instandgesetzt. Hierbei wurden die Dachreiter und Dachgauben
entfernt, was sich in der Folge nicht nur aus gestalterischer Sicht als Fehler
erwies; denn aufgrund der dadurch verursachten mangelhaften Belüftung zeigten
sich in den kommenden Jahren
Feuchtigkeitsschäden am Innenputz der Kirche.
Auch der
neue Plattenbelag vor der Kirche, der das alte Kopfsteinpflaster ersetzte, war
im Nachhinein betrachtet, kein Gewinn.
Der 2. Abschnitt der Kirchenrestaurierung,
der in den Jahren 1963/64 die Erneuerung des Inneren der Kirche umfasste,
brachte die Erweiterung des Chorraumes mit dem neuen Marmoraltar. Auch die
Kommunionbank und der Bodenbelag der Apsis wurden im Zuge dieser Maßnahmen
erneuert.
Der
Innenputz der Kirche mußte teilweise ausgebessert werden und man entschloss
sich zu einer Neuausmalung der Kirche,
wobei sicherlich auch die Kostenfrage eine Rolle spielte; denn eine
Restaurierung der ursprünglichen ornamentreichen Bemalung wäre sicherlich sehr
aufwendig und damit teuer geworden. So wurde die bisherige Ornamentik durch
einen einfachen, dem gotischen Baustil und auch dem damaligen Zeitgeschmack
entsprechenden Anstrich übermalt. Das Kanzeldach, das nun nicht mehr zu der
Bemalung der Säulen passte, wurde abgerissen.
Leider
wurden bei der Ausmalung auch die Bilder der hl. Agnes, der Bergpredigt, der
Hochzeit zu Kanaan und des hl. Christophorus von Gessner und Busalt, die sich
an den Halbsäulen neben dem Chorraum befanden, übermalt.
Die Bilder
aus dem Leben des hl. Bonifatius von Potthast, die bis dahin in den
Seitenschiffen an den Wänden über den heutigen Nebenaltären hingen, erhielten
einen neuen Platz an den hinteren Kirchenausgängen. Die Kreuzwegbilder blieben
erhalten.
Der
Marienaltar von C.Weis, der in der linken Seitenapside stand, wurde an seine
heutige Stelle im linken Seitenschiff versetzt, wo vorher der Josefsaltar
stand. Dieser erhielt seinen neuen Platz im gegenüberliegenden rechten Seitenschiff.
Die linke
Seitenapside wurde als Taufkapelle eingerichtet und das Taufbecken erhielt den
schönen Deckel mit dem großen Bergkristall und wurde aus dem hinteren Raum der
Kirche in die neue Taufkapelle aufgestellt.
Die
Skulptur der Schmerzhaften Muttergottes, die an der Stelle des jetzigen
Sakristeieinganges stand, wurde in die Rundnische im rechten Seitenschiff,
versetzt.
Im Rahmen
der Renovierungen wurde auch eine neue größere Sakristei angebaut. Der alte
Eingang der Sakristei zur Kirche, der sich innerhalb der linken Seitenapside befand,
wurde zugemauert und der neue Eingang einige Meter zum Kirchenausgang hin
geschaffen.
Weitere
Maßnahmen, die im Rahmen der Restaurierung und Erneuerung durchgeführt wurden,
waren die Anschaffung neuer, moderner Beichtstühle, die die alten vielleicht
etwas unbequemen, aber mit ihrem
gotischen Schnitzwerk eher zum Stil der Kirche passenden Beichtstühle ersetzten,
sowie die Renovierung der Fenster und Neuverglasung der alten Klarglasfenster.
Diese neuen, bunten Ornamentfenster wurden von Josef Jost aus Hattenheim/M.
gestaltet und ergeben eine gelungene Synthese mit den alten Fenstern von 1887.
Schließlich
wurden auch notwendige Restaurierungsarbeiten an den Altären durchgeführt.
Finanziert
wurden die Maßnahmen zu einem großen Teil durch Spenden der Bewohner von
Wirges, wobei der sich 1962 aus dem Steimelverein gebildete "Verein zur
Pflege der heimatlichen katholischen Kirche und der Steimelskapelle" durch
regelmäßige Haussammlungen in erheblichem Maße zum Gelingen der Finanzierung
beitrug.
Auch das
Steimelskapellchen wurde in dieser Zeit renoviert. Es erhielt eine neue
Tür mit einem bunten Oberlicht. Dieses
Fenster symbolisiert die "Sieben Schmerzen Mariens". Es wurde von
Bruno Wagner nach einem Entwurf von C.W. Schnell, beide aus Wirges,
angefertigt. [35]
vor
1963-1981
In
Bannberscheid wohnte um diese Zeit vorübergehend Pfarrer Josef Markuschik, der
für kurze Zeit diese Kapellengemeinde betreute. Erst ab 1963 hatte Bannberscheid
mit dem seit dieser Zeit dort im Ruhestand lebenden Geistlichen Rat Jakob
Schmidt einen eigenen Priester. Pfarrer Jakob Schmidt war am 02.01.1891 in
Bannberscheid geboren und 1914 in Limburg zum Priester geweiht worden. Seine
Primiz feierte er im Westerwälder Dom. Er wirkte als Kaplan u.a. auch in
Wirges. Er starb am 16.05.1974 und wurde auf dem Friedhof in Bannberscheid
beigesetzt.
Ein zweiter
Bannberscheider, der nach dem Krieg aus Schlesien vertriebene Georg Mainka, der
in Bannberscheid eine neue Heimat gefunden hatte, feierte 1959 seine Primiz in
der Wirgeser Pfarrkirche. Als Karmeliterpater ging er 1961 nach Brasilien und
verstarb dort bereits 1970 in Paravenaia.
Ein eigener
Friedhof war in Bannberscheid bereits 1908 angelegt worden. Dort hatte 1934 die
Dorfjugend in Eigenleistung ein kleines Kriegergedächtniskapellchen gebaut,
das 1981 der neuen Friedhofskapelle weichen musste. Als 1964 die alte
Dorfschule abgebrochen wurde, ließ Pfarrer J. Schmidt das von altersher an
dessen Wand befindliche Kruzifix restaurieren und auf dem Friedhof aufstellen.
[35]
1963
1963 wurde
die 1926 gegründete Filiale der Dernbacher Schwestern in Siershahn aufgelöst,
und so kamen die dort zuletzt tätigen zwei Schwestern nach Wirges hinzu, nachdem
nach Beendigung des 2. Weltkrieges zunächst nur zwei Schwestern in der
Krankenpflege und im Kindergarten in Wirges tätig waren. [35]
ab 1965
Die
Fronleichnamsprozessionen wurden ab 1965 nicht mehr entlang des alten
Prozessionsweges durchgeführt. Anlass boten die in jenem Jahr dort
durchgeführten Kanalbauarbeiten.
Begründet
wurde diese Änderung in der Folge mit der gewandelten Struktur des Ortes. Neue
Baugebiete beiderseits der Bahnhofstraße, Am Merzenborn und vor allem auf dem
sich an diesen nach Süden bis zum Dornberg reichenden Hang hatten aus Unter-
und Oberdorf ein geschlossenes Wohngebiet werden lassen. Durch den Zuzug
vieler Neubürger hatte sich auch die Struktur der Einwohnerschaft geändert.
Der neue
Prozessionsweg ging zunächst durch die Siershahner Straße zum dortigen
Kapellchen, wo der 1. Segen erteilt wurde, dann durch die Kolpingstraße zum
jetzigen Busbahnhof, wo der 2. und 3. Segen erteilt wurden, dann weiter durch
den Merzenborn und die Baustraße zum Schwesternhaus, wo der 4. Segen gegeben
wurde.
Wegen der
sich zeigenden Verkehrsunruhe am Stadtplatz, aber auch aus der Überlegung
heraus, den oberen Ortsteil in die Fronleichnamsfeiern mit einzubeziehen, fand
ab 1968 die Eucharistiefeier nicht mehr in der Kirche, sondern im Freien an
einem auf der Kreuzung Kant-, Gutenberg-, Robert-Koch-Straöe errichteten
Altare statt. Zum Te Deum und Schlusssegen zog man zum Westerwälder Dom, aber
nicht mehr in der alten Form mit Fahnenabordnungen und den Kindern in der
Mitte, sondern in mehr oder weniger lockerer Form über die Bahnhofstraöe. Natürlich
wurden auch die Straßen nicht mehr mit Fahnen, Tannengrün und
Fronleichnamsaltärchen wie früher geschmückt. Denn mit der Aufgabe des alten
Proszessionsweges gehörte in der Folge auch dieser Brauch der Vergangenheit
an. [35]
ab 1966
Auch die
nach dem 2. Vatikanischen Konzil eingeführte Liturgiereform brachte viele
Veränderungen. Der Priester las nun die Messe zum Volke hingewandt, und die lateinische Sprache wurde fast ganz
durch die deutsche Sprache ersetzt. Die Fürbitten, bei denen die Laien stärker
in den Gottesdienst eingebunden wurden, wurden eingeführt, und die
Handkommunion, jetzt auch von Kommunionhelfern ausgeteilt, wurde allgemein
üblich.
In diesem
Zusammenhang erhielt die Kirche auch einen neuen Altar aus rötlichem Marmor,
der allerdings im Rahmen der Renovierung der Kirche zum 100-jährigen Jubiläum
wieder durch einen mehr dem neugotischen
Baustil der Kirche entsprechenden Steinaltar ersetzt wurde. Auch die alte, ganz im Stil der neugotischen Kirche gehaltene Steinkommunionbank wurde damals abgerissen und durch eine moderne Kommunionbank
ersetzt.
In jenen
Jahren wurde auch die Christmette auf den Heiligen Abend verlegt. Die
Samstagsvorabendmesse wurde eingeführt und die Sonntagsnachmittagsandachten
entfielen weitgehend.
1966-1974
In den
Jahren 1966/67 wurde der zu klein gewordene und veraltete Kindergarten am
Schwesternhaus unter der Bauführung von Architekt Otto Balmert, der bereits
während der Kirchenrestaurierung für die Pfarrei tätig gewesen war, umgebaut
und 1974 noch einmal erweitert. [35]
1967-1968
In den
Jahren 1967/68 erfolgte die Renovierung und Erweiterung der Bannberscheider
Kirche. Die Mauern und Pfeiler der alten Kapelle wurden entfernt. Der mit der
Planung und Bauleitung beauftragte
Architekt Otto Balmert aus Wirges schuf einen ganz neuen Raum. Durch das
Aufmauern zusätzlicher Fensteröffnungen wurde das Licht im Innenraum wesentlich
verbessert. Eine Empore für die Orgel und die Sänger wurde eingebaut. Die
Altäre und der ganze Chorraum, der als einziger Bauteil der alten Kapelle
erhalten blieb, ist aus Westerwälder Trachyt gestaltet, der Boden mit
Ziegelfließen aus heimischem Ton belegt.
Gleichzeitig
wurde die Orgel neu aufgebaut und durch eine zusätzliche Mixtur erweitert. Das
wertvollste Stück der Kirche, eine Barockstatue der "Unbefleckten
Empfängnis" von einem unbekannten Künstler aus dem 17. Jahrhundert, die ursprünglich auf dem jetzt nicht
mehr vorhandenen alten, einst von Sinzig übernommenen Altar stand, fand einen
neuen Platz. Der schöne Keramik-Kreuzweg stammt aus der Werkstatt der Abtei
Maria Laach. [35]
ab 1969
Das Jahr
1969 brachte eine weitere, wichtige, in die Zukunft weisende Neuerung in der
Kirche. Gemäß der Empfehlung des 2. Vatikanischen Konzils wurde der Pfarrgemeinderat als Laiengremium neu
geschaffen. Er hat beratende Funktion im liturgischen Bereich und unterstützt
den Pfarrer in der Sozial-, Bildungs- und Jugendarbeit, bei Pfarrfesten, Ausländerbetreuung,
Sammlungen usw. Seit 1975 hat er in der Laienarbeit auch beschließende Funktion.
1971
Im Jahre
1971 stirbt Pfarrer Karl Brand an Krebs. Er findet auf dem Südfriedhof in
Wirges seine letzte Ruhestätte.
ab
1972/09/01
Am 1.9.1972
kommt Pfr. Albert Diefenbach als neuer Seelsorger nach Wirges. Er tritt ein
schweres Amt an. Nicht nur, dass überall die Kirchlichkeit zurückgeht und die
Zahl der praktizierenden Christen abnimmt, vor allem die gestiegene
Erwartungshaltung, dass der Pfarrer nicht nur in Wirges, sondern auch in den
Filialgemeinden ständig präsent sein soll, der gestiegene Verwaltungsaufwand
und die Tatsache, dass die Zahl der Priester überall drastig zurückgeht und
Aushilfe hier und dort erwartet wird, zehren an den physischen und
psychischen Kräften.
ab 1976
Eine neue Bedeutung gewann die Kranken- und
Altenpflege der Dernbacher Schwestern durch die Einrichtung von Sozialstationen
unter der Leitung freier, kirchlicher und sozialer Träger. In Wirges nahm die
Sozialstation Wirges/Selters im Jahre 1976 unter der Trägerschaft des Caritasverbandes
ihre Arbeit auf. Leiterin war bis 1986 Schwester Chrysalda.
Im Jahre
1986 wurde die Leitung der Sozialstation von Schwester Helmtrudis übernommen,
die Oberschwester Chrysalda in diesem Amte ablöste. Oberschwester Chrysalda,
die 27 Jahre in Wirges tätig war, wurde für ihre Verdienste von der Stadt
Wirges der Ehrenring der Stadt verliehen. [35]
Ansonsten wurden auch in Wirges, teils notgedrungen,
immer mehr kirchliche Aufgaben von Laien übernommen. Inzwischen bereiten
Katecheten und ein Frauenkreis die Kommunionkinder und Firmlinge auf den
Empfang der Sakramente vor. Die Kinder- und Jugendarbeit liegt in den Händen
von Gruppenleitern, die vom Kath. Jugendamt in Montabaur geschult werden.
Auch die
Frauen- und Müttergemeinschaft passte sich den Erfordernissen der Zeit an. Je
nach Alter und Interessen treffen sich die Frauen zu Einkehrtagen, Bibel- und Gebetsstunden,
gemeinsam mit der Kolpingsfamilie zu Seniorennachmittagen und Bildungsabenden.
Aber auch Gymnastik, Wandern und Spielen, Handarbeiten und Basteln für die 3.
Welt und Ausländerbetreuung finden sich in ihrem Programm. Viele von ihnen
wirken treu und unermüdlich in einem Helferkreis bei der Fürsorge alter und
kranker Mitbürger, beim Sammeln von Spenden und beim Verteilen von katholischen
Zeitschriften. [35]
1977/05/19
Auch in
diesem Jahr geht zu Christi Himmelfahrt wieder die Prozession zum Steimel.
1978
Am 16.
April 1978 wurde die Gründerin der Armen Dienstmägde Jesu Christi, Katharina
Kasper, durch Papst Paul VI. selig gesprochen, ein Ereignis, das in der Pfarrei
Wirges seine besondere Ausstrahlung hatte. Nicht nur, dass viele Angehörige der
Pfarrei Wirges, unter ihnen auch Pfarrer Diefenbach, an der
Seligsprechungsfeier in Rom teilnahmen, auch in Wirges selbst entsann man sich,
dass die neue Selige in der Marienkapelle der alten Wirgeser Kirche getauft
und in diesem Gotteshaus auch die ewigen Gelübde abgelegt hatte. So wurde an
dieser Stelle, an der Wand der neuen Taufkapelle, ein Bild der Seligen angebracht.
Pfarrer
Diefenbach nahm das Ereignis zum Anlass, allen Dernbacher Schwestern, die in der Vergangenheit und
Gegenwart in der Pfarrei Wirges wirkten und noch wirken, herzlich zu danken:
"Mit
dieser Seligen verbinden uns viele Berührungspunkte; die Selige verpflichtet uns. Möge Maria Katharina
Kasper, die erste seit Bestehen der
Diözese Limburg Seliggesprochene, unser Mühen als christliche Gemeinde mit ihrer
Fürsprache weiterhin begleiten. Allen Schwestern ihrer Kongregation, die heute
und früher für uns, unter uns, wirken und wirkten, danken wir
aufrichtig." [35]
Gemeinsam
mit der Familieninitiative Friedhelm Gerz/Bast entschloss sich 1983/84 der
Steimelverein zu einer Überholung der gesamten Steimelanlage. Dank der vielen finanziellen
Opfer, Sachspenden und vieler unentgeltlich geleisteter Arbeiten durch eine
große Zahl Wirgeser Bürger und Firmen konnten Äußeres und Inneres der Kapelle
sowie der Kreuzweg renoviert werden und erstrahlen seitdem wieder in neuem
Glanze. Die Terrakottareliefs restaurierte der Künstler Erwin Meffert aus
Cramberg, die Statuen in der Kapelle Rosemarie Balmert aus Wirges. Die errechneten
Gesamtkosten in Höhe von 51.000 Mark erforderten aus der Vereinskasse nur etwa
12.000 Mark.
Ein Blitz
beschädigte 1986 das Dach und die Regenwasserabläufe. Deshalb wurde das
Kapellchen mit einer Blitzschutzanlage versehen. Bei der Reparatur des Turmdaches
wurden einige der alten Kreuzwegbilder des ehemaligen Stationenweges, eines
sogar mit Rahmen, wieder entdeckt. Sie haben inzwischen einen würdigen Platz in
der Steimelskapelle selbst gefunden.
Aber nicht
nur sporadisch wird des Steimels gedacht. Unermüdlich pflegen seine Freunde
Kapelle und Kreuzwegplatz, wandern Besucher aus nah und fern zu diesem schönen
Flecken Natur. Vor allem aber beten hier nicht nur viele Einzelpersonen,
sondern halten ganze Gruppen allwöchentlich dort Einkehr und Andachten.
Mit einer
Rechtsverordnung vom 12.09.1984 wurde die Kuppe des Steimels als
"geschützter Landesbestandteil" bestimmt und "zur Erhaltung des
Stationenberges Steimel" am 04.06.1986 Denkmalschutz angeordnet. [35]
In jenen
Jahren entsann man sich in der Pfarrei Wirges auch der Tatsache, daß das
100-jährige Jubiläum der Vollendung und Einweihung des "Westerwälder
Domes" anstand und dass es richtig
und wichtig sei, diesen Geburtstag angemessen zu begehen. Aber noch waren die
Vorstellungen, was zu tun sei, recht vage.
Ein neuer
Innenanstrich für die Kirche war sicher notwendig. Doch die kritischen Stimmen,
die darauf hinwiesen, dass zunächst für eine richtige Belüftung der Kirche gesorgt
werden müsse und dass deshalb die früheren Dachgauben und Dachreiter wieder
angebracht werden müssten, mehrten sich. Andererseits waren die Kosten hierfür
so hoch, dass eine Finanzierung unmöglich schien. Hinzu kamen weitere
notwendige Renovierungsarbeiten an den Außenfassaden der Kirche.
Nach
schwierigen und langwierigen Verhandlungen mit der Diözese Limburg konnte im
Jahre 1986 schließlich mit den Renovierungsarbeiten begonnen werden. Zu diesem
Zeitpunkt stand allerdings der genaue Umfang der durchzuführenden Arbeiten noch
nicht fest. Vor allem konnte man sich nicht auf das Wiederanbringen der teuren
Dachreiter einigen.
Man begann
zunächst mit dem Ausbessern der Schäden im Außenmauerwerk. Auf die
Wiederherstellung der Dachgauben hatte man sich aus Belüftungsgründen geeinigt.
Zudem zeigte sich, dass die Schallöffnungen am Glockenturm erneuert werden
mussten.
Während
dieser Arbeiten gab es am 10. Oktober 1986 eine böse Überraschung. Über Nacht
waren Einbrecher über die Außengerüste an der Südseite der Kirche durch ein
Fenster in das Gotteshaus eingestiegen und hatten insgesamt 22 Heiligenfiguren
vor allem aus dem Hochaltar, aber auch die altehrwürdige Sebastianusstatue vom
Sebastiansaltar entwendet. Am rechten Seitenschiff der Kirche hatten sie ein
bleiverglastes Fenster ausgebaut. Auch zwei Opferstöcke, die jedoch leer waren,
wurden aufgebrochen. Die Suche nach den Tätern und den gestohlenen Figuren
blieb in der Folge ergebnislos.
Dass die
Renovierungsarbeiten bis zum 100-jährigen Jubiläum am Kirchweihfest 1987 nicht
abgeschlossen sein würden, stand bereits fest. Vor allem die geplante neue Innenausmalung
der Kirche würde ein weiteres Jahr in Anspruch nehmen. Vielleicht war dies mit
ein Grund, dass sich das Bischöfliche Ordinariat in Limburg überreden ließ, dem
besonderen Herzenswunsch der Wirgeser nachzugeben, nämlich der Wiedererrichtung
der in den Jahren 1963/64 wegen Baufälligkeit entfernten Dachreiter bei entsprechender
Eigenfinanzierung durch die Pfarrei zuzustimmen.
1987/09
So konnte denn im September 1987 trotz fehlender Heiligenfiguren und noch
ausstehender Innenausmalung der Kirche das 100-jährige Jubiläum des
"Westerwälder Domes" in gebührender Weise gefeiert werden.
Ein
würdiger Beitrag zu diesem Fest war auch das in langer Vorbereitungzeit
erarbeitete Festbuch "100 Jahre Pfarrkirche St. Bonifatius
Wirges", bei dessen Erstellung
sich vor allem der inzwischen verstorbene Carl Wilhelm Schnell besondere
Verdienste erworben hat.
Ein
umfangreiches Festprogramm erstreckte sich fast über den ganzen Monat. Eröffnet
wurde das Festprogramm am 6. September 1987, dem Kirchweihsonntag, mit einem
Pontifikalamt zusammen mit dem Limburger Bischof Dr. Franz Kamphaus und unter
Mitwirkung der Chorgemeinschaft Wirges/Staudt unter Leitung von Kantor Reinhard
Höbelt. Auch in den Filialgemeinden in Staudt, Moschheim und Bannberscheid
fanden in der folgenden Woche unter
Leitung der aus Wirges stammenden Priester Toni Sode, Josef Gerz und Manfred
Link Gedenkgottesdienste statt.
Ein großer
Seniorennachmittag, ein Kindernachmittag, ein Tag der Gemeinde, ein Tag der
Ökumene, ein Mysterienspiel in der Pfarrkirche, der Auftritt des Hamburger Kabaretts
"Die Kneifer" im Bürgerhaus sowie eine Bildausstellung der
Kolpingsfamilie und des Kulturkreises Wirges bereicherten das Festprogramm.
In diese
Festwochen fiel auch die Restaurierung der fehlenden Dachreiter auf dem Kirchendach.
Am 23. September war die Dr. Luschberger Straöe für einen ganzen Tag gesperrt.
Mit Hilfe eines Spezialkranes mit einem 43 Meter hohen Teleskoparm und einem 42
Meter langen Ausleger wurde der Mittelturm mit einer Höhe von 24 Meter und 8,5
Tonnen Gewicht in seine Verankerung gehievt. Er war vorher in einer
Leimkonstruktion mit Schalenbauweise aus dänischem Fichtenholz bis auf die
Verschieferung vorgefertigt worden. Der Dachreiter über dem Ostchor, als der
3. und kleinste Turm wurde in konventioneller Art auf dem Kirchendach montiert.
Die Gesamtmaßnahme kostete etwa 160.000 DM.
Höhepunkt
und Abschluss der Festwochen war am 27. September ein großer Pfarrfamilienabend
im Bürgerhaus in Wirges, zu dem auch alle Priester und Ordensleute, die aus der
Pfarrei Wirges stammten oder einmal in der Pfarrei tätig gewesen, eingeladen
worden waren.
Die
Festrede des Abends hielt Dr. Franz Baaden aus Ransbach-Baumbach, der noch
einmal einen Überblick über die Geschichte der Wirgeser Kirchen und den Bau des
Westerwälder Domes gab.
Umrahmt
wurde der Festabend vom Musikverein "Frei weg" Wirges, dem
Gesangverein "Lyra" Wirges, dem Akkordeonorchester der
Volkshochschule Wirges, dem Turnverein Wirges, der Kirmesgesellschaft 1987, dem TuS 07 Bannberscheid, der
Sängervereinigung Bannberscheid, dem Fanfarenzug Staudt und der Frauengymnastikgruppe
Staudt.
1987/09-1988/09
Mit den bisherigen Baumaßnahmen waren wie gesagt die Arbeiten zur Restaurierung
der Wirgeser Pfarrkirche im Rahmen der 100-Jahrfeier noch nicht abgeschlossen.
Es folgte der Abschluss der Außenrenovierung, wozu auch eine teilweise neue
Dacheindeckung und die Erneuerung der Regenablaufleitungen gehörte. Die
Heizungsanlage erhielt den Stand derzeitiger Technik. Der Chorraum bekam seine
neugotische Form zurück, indem Stufen und Podest diesem Stil angepasst wurden.
An die Stelle des bisherigen Marmoraltares kam ein neuer, dem gotischen Stil
mehr entsprechender, aus Stein gehauener Altar. Auch die Elektroanlagen, die zum Teil noch aus der Entsteherzeit
der Kirche stammten, wurden erneuert.
Eine der Hauptmaßnahmen war die Erneuerung der Innenausmalung, die im Januar
1988 begonnen wurde. Hierbei handelte es sich um eine Neufassung in Anlehnung
an die alte Ausmalung von August Adam Potthast aus dem Jahre 1905, wobei eine
Rekonstruktion der alten Details aus Kostengründen nicht möglich war. Unter dem
neuen Anstrich wurde jedoch die neugotische Malerei von Potthast belassen, so
dass sie für künftige Zeiten erhalten bleibt. Die Neufassung umschließt jedoch
Einzelstreuungen von alten Substanzbildern, die in sorgfältiger Weise hierzu
freigelegt wurden.
Die figürlichen Malereien wurden hierbei
allerdings nicht wiederhergestellt.
Die
fachliche Leitung der Arbeiten teilten sich Diözesankonservator Dr. Hans Jürgen
Kotzur und Architekt Herbert Becher von der Baubehörde des Bischöflichen
Ordinariats in Limburg und Architekt Horst Reichwein aus Elz sowie der
Malermeister Manfred Gloger. [37]
1988/09/04
Pünktlich
zum Kirchweihfest 1988 waren die Innenarbeiten abgeschlossen.
Die neue
Ausmalung lässt den gotischen Charakter der Kirche vielleicht noch würdiger und
schöner zur Geltung kommen als die ursprüngliche Ausmalung von Potthast. Zwei große neue Deckenleuchter im
Hauptschiff der Kirche lassen den Westerwälder Dom, der diesen Namen nun noch
mit mehr Recht verdient, in neuem Glanze erstrahlen.
Dieses
Kirchweihfest war noch einmal ein großes Fest für die ganze Pfarrei Wirges.
Auch viele Besucher von außerhalb waren gekommen, so dass die Sitzplätze der Kirche
bei weitem nicht ausreichten.
Umrahmt
wurde der Festgottesdienst mit der Messe C-Dur von W.A. Mozart, gestaltet von
der Chorgemeinschaft St. Gregorius Wirges und St. Michael Staudt unter
Mitwirkung des Collegium musicum Montabaur unter der Gesamtleitung von Kantor
Höbelt, wobei der Kirchenchor St. Gregorius Wirges an diesem Tage zudem noch
auf sein 150-jähriges Bestehen zurückblicken konnte.
Ein
besonderes Geschenk hatte die Stadt Wirges der Pfarrei Wirges zu diesem Tag
gemacht. Auf Beschluss des Stadtrates schenkte die Stadt der Kirchengemeinde
zum 100-jährigen Jubiläum der Pfarrkirche eine neue Figur des hl. Bonifatius,
die seither wieder über dem Hauptportal der Kirche als Schutzpatron wacht. Bis
1946 hatte eine Figur des hl. Bonifatius an dieser Stelle gestanden, war jedoch
beim Aufzug der neuen Glocken so stark beschädigt worden, dass man sie von
ihrem Standplatz entfernen musste. Die jetzige Figur wurde von dem Steinmetz
Klaus Zöller aus gelbem Sandstein gearbeitet.
1988/11/27
Als
Endpunkt eines langen historischen Weges, der uns bis zum Jubiläum des
Westerwälder Domes geführt hat, und gleichzeitig als Zeichen einer neuen Zeit,
die die geschichtlich gewachsenen Strukturen hinter sich lässt, kann die Weihe
des neuen Altares der Wirgeser Pfarrkirche am 27. November 1988 durch Bischof
Joseph Ruzindana von der ruandischen Diözese Byamba gesehen werden.
"Mit der Weihe des Altares nehme die
Gemeinde das Gotteshaus nach einer langen Zeit der Renovierung endgültig in
Besitz", betonte Pfarrer Albert Diefenbach, und Bischof Joseph Ruzindana
(Bischof J. Ruzinanda wurde 1994 während des Bürgerkrieges in Ruanda getötet)
erinnerte in Französisch "an die Treue Gottes, die den Menschen Hoffnung
bringe."